Eine prägende Geschichte für das Leben, das Herz und der Seele
Whitestone Hospital - High HopesIch sitze hier und überlege nun, wie ich die richtigen Wörter finden soll, die dem Buch gerecht werden. Wo soll ich bloß anfangen und wo enden? Noch immer galoppiert mein Herz und meine Finger zittern ...
Ich sitze hier und überlege nun, wie ich die richtigen Wörter finden soll, die dem Buch gerecht werden. Wo soll ich bloß anfangen und wo enden? Noch immer galoppiert mein Herz und meine Finger zittern ununterbrochen, wenn ich nur an all das denke, was ich in High Hopes erlebt habe. Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle und Erlebnisse. Und immer, wenn ich dachte, dass es vorbei ist, kam der nächste unerwartete Loop und stellte meine Welt komplett auf den Kopf. Denn genau das tut Ava mit uns und unseren Gefühlen. Sie lässt sie vorsichtig aus uns hervorrufen, nur um uns in ebendiesen Emotionen ertrinken zu lassen. Mein Herz schmerzt noch immer und hat sich nicht erholt.
Ach, Ava, was hast du bloß getan? Wenn du mir so sehr das Herz brechen wolltest, dann musstest du mir bitte auch eine Anleitung zum Flicken und Pflegen dessen geben!
Fangen wir aber mal mit den einfachen Sachen an: In diesem Buch begleiten wir die junge Ärztin Laura auf ihrem Weg der Assistenzzeit im Whitestone Hospital. Auch Nash Brooks, der Stationsarzt, dürfen wir über die Schulter blicken. Die Geschichte wird nämlich aus beiden Perspektiven geschrieben, sodass uns die Sicht der beiden nicht verwehrt bleibt und wir ein rundes Bild und die geballte Ladung an Gefühlen abbekommen.
Der Schreibstil ist sehr flüssig und angenehm zu lesen. Gepaart mit dem spannenden Inhalt fliegen die Seiten nur dahin. An den richtigen Stellen nimmt er an Schwere zu, wird locker und humorvoll, aber auch ernst. Avas Schreibstil fängt uns ein, katapultiert uns in eine andere Welt und lässt die reale anhalten, damit wir in die reelle absteigen können. Ava nimmt uns mit all unseren Sinnen ein und zieht uns mit ihren poetischen Sätzen in den Bann, sodass wir der Geschichte hilflos ausgesetzt sind und nichts tun können, außer zu lesen, zu fühlen und zu bangen.
Zu Beginn tasten wir uns an die Geschichte ran, kommen mit Laura an, bis nach und nach die volle Bedeutung und Verantwortung eines Arztes bei uns ankommt, als wir unseren ersten Fall erleben. Sobald Laura einen Fuß ins Whitestone setzt, wissen wir sofort, dass wir angekommen sind. Dass wir endlich an einem Ort sind, der für uns ein Safe Place sein wird, da wir hier keine Maske zu tragen brauchen. Keine Fassade, kein falsches Spiel. Nur Ehrlichkeit. Und Wahrheit. Vollkommen entblößt. Doch geborgen und sicher.
High Hopes gibt uns realistische Einblicke in den Alltag eines Arztes. Auch wenn man keine Ahnung von der Medizin hat, werden die Fälle so dargestellt, dass sie für jeden verständlich sind. Und falls man doch etwas nachschlagen mag, gibt es am Ende ein Glossar.
Hautnah erleben wir verschiedene Aspekte im Alltag einer Chirurgin. Von Notaufnahme, OP, Station bis hin zum Rettungsdienst - alles ist dabei. Dabei kommt die Konkurrenz, der Neid und das Gefühl der Benachteiligung unter den Kollegen nicht kurz. Auch im wahren Leben kommen solche Gefühle trotz Freundschaft auf. Authentisch greift Ava viele kleine, aber wichtige Punkte auf, die leider in der Welt passieren, und macht uns auf einer sanften, aber dennoch bestimmten Art und Weise auf sie aufmerksam und klärt uns auf. Es werden so viele Themen angeschnitten, sie mit so viel Ehrlichkeit und Authentizität aufgezeigt und mit so viel Feinfühligkeit und Sensibilität behandelt, dass Ava jenen eine Stimme verleiht, die keine haben und sonst untergehen. Um Spoiler zu vermeiden möchte ich nur Zeenah sagen. Dafür bin ich Ava auf ewig dankbar!
Still und leise lernen wir mit Laura, stoßen an unsere Grenzen, lernen unsere Kapazitäten neu kennen und geben mehr als wir haben. Die anfängliche Blase aus Liebe, Humor und Leichtigkeit, die Ava um uns errichtet, zerplatzt jäh und plötzlich, als die Schattenseiten dieser Welt, der Welt des Arztseins, aufgezeigt werden. Denn Ärzte sind eben auch nur Menschen und müssen nach den Spielregeln der Natur und des Schicksals spielen. Aber auch die Tatsache, wie viel ein Arzt reinstecken muss, mitmachen muss, und wie viel er opfern muss, damit vieles halbwegs reibungslos läuft, wird in der Geschichte aufgegriffen. Denn oftmals ist den Patienten gar nicht bewusst, dass viele Ärzte psychisch belastet sind und einen Schutzmechanismus aufbauen müssen. Dass sie dabei „kalt“ und „gefühllos“ wirken könnten, ist eine der vielen Konsequenzen. Ava gelingt es, mit den Fällen diese Belastung detailliert darzustellen und wie ihre Charaktere in dem Moment damit klarzukommen versuchen. In vielen Situationen habe ich mich wiederfinden können und so das Geschehen viel intensiver erleben dürfen, weil ich eben persönliche Erfahrungen mitbringe.
Aber nicht nur die Welt der Mediziner, sondern auch die der Liebe und des Lebens finden ihre Stimme in High Hopes.
Laura und Nash sind beide direkte Charaktere, die ohne Scheu offen ihre Gedanken und Gefühle mit uns teilen, weshalb sie von Anhieb wie Freunde sind und uns das Gefühl vermitteln, dass wir sie bereits kennen und nicht erst kennenlernen müssen. Durch ihre Direktheit spüren wir die Anziehung zwischen den beiden sofort und können diese nicht leugnen. Das Aufeinanderprallen, die Schlagabtausche, das Hin und Her zwischen den beiden gleicht einem Tanz, der seine Choreografie noch lernen muss. Es ist eine leise, aber intensive Liebesgeschichte, die in einer lauten Umgebung ihre ersten Wurzeln schlägt. Bis sie jedoch vollständig erblühen kann, müssen einige Hürden überwunden werden. Denn das Schicksal legt uns Steine in den Weg. Arztsein ist nicht einfach.
Auch die Nebencharaktere sind alle greifbar gezeichnet, jeder mit seiner besonderen Eigenschaft ausgestattet. Insgesamt ist es eine tolle Truppe, die uns herzlich aufnimmt. Besonders Ian hat mir sehr angetan. Seine lockere und humorvolle Art half mir, das Buch zu überstehen. Denn die Fälle und vor allem das Ende nehmen uns psychisch viel mit.
Ach ja, das Ende. Wir ignorieren gekonnt, dass es sowas gibt. Okay? Danke!
Da wir vom Ende nicht reden wollen, weil es zu schmerzhaft ist, kann ich zusammenfassend sagen, dass das Buch ein Muss für jeden ist. Von Gänsehaut-Momenten, über emotionale Phasen bis hin zu nervenaufreibenden Szenen bietet High Hopes alles, was ein perfekter Roman ausmacht. Es ergreift unser Herz, spricht mit unserer Seele und berührt unsere Sinne. Mit diesem Werk zeigt uns Ava nicht nur die wunderschönen, sondern auch die schmerzvollen Seiten des Lebens - Genau wie das Leben, ohne Filter und ohne Rücksicht auf uns zu nehmen. Weil das Leben eben rücksichtslos sich nimmt, was es will.
Ava hat so viel Mühe in diesem Werk gesteckt, so viel Arbeit und Recherche und Fleiß und Liebe und auf so viele Sachen geachtet, dass diese unbändige Liebe in jedem Satz, jeder Zeile und jedes Wort sichtbar wird. Es wird romantisch, emotional, schmerzvoll und ehrlich. Es wird weh tun, sehr weh tun, weshalb wir verzweifeln werden und das Gefühl haben, dass Ava uns die Luft zum Atmen nimmt - was sie ja auch tut. Wir werden so viele tolle Menschen kennenlernen (Ian!!!), Gutes und Schlechtes erleben, Verluste und Gewinne wahrnehmen. Wir werden fallen, uns wehtun, vor allem aber wieder aufstehen, lernen und wachsen. Ava hat eine Geschichte für das Leben geschrieben, die uns alle prägen wird. Weil High Hopes eben ein Buch ist, wo wir nicht nur unser Herz, sondern auch unsere Seele und uns selbst verlieren, nur um uns neu zu finden und stärker als zuvor hervorzukommen. Denn die Geschichte zeigt uns, welche grundlegenden Werte letztendlich zählen, nichts bestand hat und alles vergänglich ist. Dass wir Menschen Menschen sind unabhängig Herkunft, Nationalität, Religion und Aussehen. Die Geschichte verlangt viel ab - deswegen unbedingt die Triggerwarnung beachten! -, nimmt viel von uns, gibt aber auch vieles zurück. Weil es uns Lebensweisheiten und Dinge fürs Leben lehrt. Das Whitestone ist für mich ein Zufluchtsort, ein Safeplace, geworden, weil jeder willkommen ist und er selbst sein kann, ohne sich verstecken zu müssen. Denn das Whitestone fängt uns auf, hält uns fest und wenn wir ehrlich sind, wollen wir es selbst nicht mehr loslassen!
Ava hat mit dem Auftakt der Reihe eine vielgestaltige, -geschichtete und komplexe Welt erschaffen, die Grundlage einer tollen und tiefgründigen Welt sind. Eine ganz klare Leseempfehlung von mir!