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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.02.2022

Minenfelder im Gedächtnis

Der Erinnerungsfälscher
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Said Al-Wahid ist auf dem Rückweg von einer Lesung, als ihn die Nachricht erreicht, dass seine Mutter im Sterben liegt. Er hat sie lange nicht gesehen, da sie immer noch im Irak lebt, von wo Said vor der ...

Said Al-Wahid ist auf dem Rückweg von einer Lesung, als ihn die Nachricht erreicht, dass seine Mutter im Sterben liegt. Er hat sie lange nicht gesehen, da sie immer noch im Irak lebt, von wo Said vor der Diktatur geflohen ist und nun schon viele Jahre in Deutschland lebt. Er lebt in Berlin, zusammen mit seiner Lebensgefährtin Monica und dem kleinen Sohn Ilias.
Said beschließt, sofort nach Bagdad zu fliegen, um keine Zeit zu versäumen, denn er möchte seine Mutter noch einmal sehen. Den deutschen Reisepass hat er immer dabei, er ist für ihn das wichtigste Dokument, denn es erleichtert sein Leben. Unterwegs hat er nun viel Zeit, sich emotional auf seine alte Heimat einzulassen, und damit kommen auch zahlreiche Erinnerungen auf.
Viele seiner Erinnerungen sind negativ besetzt, denn in seiner Heimat sind schlimme Dinge passiert, auch innerhalb seiner Familie, ebenso auf der Flucht. Dies sind die Minenfelder in seinem Gedächtnis, die er nicht gern betreten möchte. Dazu gehört z.B. der sinnlose Tod seiner Schwester und ihrer Familie.
Er bezeichnet sich selbst als Erinnerungsfälscher, denn er füllt leere Erinnerungsrahmen mit fiktiven Inhalten aus, bzw. weiß er nicht, ob sie Realität sind oder nicht, denn es gibt mehr als eine Variante dieser Erinnerungen, aber was ist authentisch? Ich denke, die erlittenen Traumata bringen ihn dazu, die Vergangenheit in einigen Bereichen zu verdrängen.
Irgendwie scheint mir Said ein einsamer Mensch zu sein, der auf sich allein gestellt ist. Er hat zwar Kontakte, sogar eine eigene Familie, aber wichtige Entscheidungen trifft er allein. Und er ist auch oft allein, allein mit seinen Erinnerungen. Daher ist die Atmosphäre oft niederdrückend, was zum Inhalt des Buches passt.
Der Schreibstil das Autors ist flüssig und gut verständlich. Er benutzt eine einfache Sprache, ohne Verschnörkelungen, was meiner Meinung nach aber gut zum Inhalt passt, denn auch das geschilderte Leben ist bescheiden und schmucklos. Teilweise hat man das Gefühl, biographische Züge zu erkennen, vielleicht auch nur auf der Gefühlsebene.
Nach dem 'Palast der Miserablen' hat mich auch dieses Buch von Abbas Khider wieder sehr beeindruckt, und ich spreche eine eindeutige Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 01.02.2022

Ergreifende Lebensmomente in Kurzgeschichten

Milch Blut Hitze
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Dies ist ein Buch, das man nicht einfach nur liest und abhakt, sondern es beschäftigt den Leser weiter. Die Themen der Short Stories sind sehr lebensnah, und man fragt sich, wie man sich selbst in einer ...

Dies ist ein Buch, das man nicht einfach nur liest und abhakt, sondern es beschäftigt den Leser weiter. Die Themen der Short Stories sind sehr lebensnah, und man fragt sich, wie man sich selbst in einer solchen Situation verhalten würde. Da ist z.B. Lucas, der sich mit dem Rest der Familie zerstritten hat, weil er der einzige war, der den von ihm gehassten Vater hätte am Leben halten können. Aber er hat abgelehnt, ich als Leser setze mich mit dieser schwierigen Situation auseinander und frage mich, wie ich entschieden hätte.
Alle Storys spiegeln verschiedene Situationen im Leben wieder, die nicht einfach zu bewältigen sind und von einer gewissen Schwermut überlagert sind.
Eine Story hat mich besonders aufgewühlt, da sie grausame soziale Gegensätze herausstellt. Es geht da um einen elitären Club, der sich durch besondere Vorlieben auszeichnet.
Die Situationen berühren den Leser, weil sie Gefühle ausdrücken, mit denen sich fast jeder mal auseinander setzen muss, es geht um Verluste, Verlustängste, Einsamkeit, Rebellion, Schuld und Vergebung, Verzweiflung , Angst....die Authentizität der Geschichten ist eindeutig gegeben. Die Protagonisten sind überwiegend weiblich und mit dunkler Hautfarbe. Naheliegend sind daher auch Diskriminierung und soziale Ungerechtigkeit.
Der Schreibstil ist sehr elaboriert, die sprachliche Vielfalt bemerkenswert. Die Autorin beschreibt die jeweiligen Szenen sehr eindrucksvoll und gut vorstellbar. Teilweise sind die Enden offen, man kann seiner Gedankenwelt freien Lauf lassen. Oder das Ende kommt mit aller Macht und überrascht den Leser.
Das Buch hat mich positiv überzeugt, ich spreche eine Leseempfehlung aus und gebe gern die volle Punktzahl.

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Veröffentlicht am 17.01.2022

Extremspannung

Das Loft
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Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt, da es ein regelrechter Pageturner ist, und zwar bis zur letzten Seite. Ich habe meine Lektüre sehr ungern unterbrochen, da mich das Geschehen in seinen Bann gezogen ...

Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt, da es ein regelrechter Pageturner ist, und zwar bis zur letzten Seite. Ich habe meine Lektüre sehr ungern unterbrochen, da mich das Geschehen in seinen Bann gezogen hat. Für den Schluss habe ich bis tief in die Nacht gelesen.
Das Genre wird als psychologischer Thriller eingeordnet, mit Recht! Es gibt keine großartigen Action-Szenen, das meiste spielt sich in Gedanken und Dialogen ab, was aber sehr fesselnd ist.
Durch den ständigen Perspektivwechsel verstärkt sich die Spannung noch, denn der Autor baut regelmäßig Cliffhanger ein, die den Leser sehnsuchtsvoll auf den nächsten Abschnitt aus gleicher Sicht warten lassen.
Inhaltlich geht es um drei junge Leute, die sich eine Wohnung teilen. Sarah und Marc sind ein Paar, Henning ist Marcs bester Freund. Das Verhältnis zwischen Sarah und Henning ist nicht problemlos. Henning wir eines Tages brutal erstochen, haben seine Mitbewohner mit dieser Tat zu tun? Oder ist der Täter im weiteren Umfeld zu suchen? Alle drei haben ein Luxus-Leben geführt, ohne dass klar ist, woher das Geld fließt, liegt der Mord hier begründet? Nach einem gemeinsamen Urlaub in der Karibik hat sich vieles verändert, was ist damals in Nicaragua geschehen?
Es stellen sich viele Fragen, und ich als Leser habe mitgerätselt, wobei ich oft meine Gedanken neu sortieren musste, was mir sehr gefallen hat. Am Ende wurde ich sehr überrascht, damit hatte ich nicht gerechnet! Aber alles ist plausibel erklärt und macht Sinn. Sehr gelungen!
Sehr interessant fand ich auch die Einblicke in Verhör-Taktiken, die durch die Chefermittlerin Bianca Rakow preisgegeben werden. Psychologisch raffiniert übt sie Druck auf die Verdächtigen aus, und auch ihren Co-Ermittler Höger, der eher plumpe Verhörmethoden anwendet, kann sie auf freundliche, aber bestimmte Weise für sich gewinnen.
Ich möchte mit keinem der drei jungen Protagonisten befreundet sein, sie erscheinen mir sehr oberflächlich, und ihre angeblich tiefe Zuneigung erweist sich als trügerisch. Diese Charakterzüge hat der Autor sehr gekonnt dargestellt.
Alles in allem kann ich eine klare Leseempfehlung aussprechen. Das Buch hat mich überzeugt, großes Lob an den Autor, gerne mehr davon!

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Veröffentlicht am 09.01.2022

Das royale Rätsel um das Britannia-Gemälde

Die unhöfliche Tote
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Die Queen liebt ihre geheime Detektivarbeit, die zwar gemächlich verläuft, aber durchaus effektiv ist. So nun auch hier. Diesmal dreht sich alles um zwei Probleme, die aber letztendlich miteinander verwoben ...

Die Queen liebt ihre geheime Detektivarbeit, die zwar gemächlich verläuft, aber durchaus effektiv ist. So nun auch hier. Diesmal dreht sich alles um zwei Probleme, die aber letztendlich miteinander verwoben sind. Die Queen stellt eines Tages im Rahmen einer Ausstellung fest, dass eines ihrer Bilder (mit der Yacht Britannia) plötzlich den Besitzer gewechselt hat, es befindet sich in Plymouth. Es ist zwar kein sehr wertvolles Gemälde, aber für Elizabeth sind schöne Erinnerungen damit verknüpft. Wem hat sie diese Frechheit zu verdanken? Ein Fall für die königliche Miss Marple! Und dann wird am königlichen Pool die Leiche der langjährigen Haushälterin gefunden. Was zunächst wie ein Unfall aussieht, erweckt kurze Zeit später das Misstrauen der Queen, zumal auch noch Drohbriefe bei einigen Angestellten auftauchen. Und sie beginnt mit ihren Ermittlungen...Sie recherchiert natürlich nicht direkt und nicht allein, sondern dirigiert aus dem Hintergrund ihre Leute, insbesondere ihre Privatsekretärin Rozie, die aus Nigeria stammt. Die beiden sind wieder ein perfektes Team und verstehen sich fast ohne Worte.
Das Audio-Buch wird gelesen von Sandra Voss. Sie hat eine angenehme Stimme und man kann ihr gut folgen. Was mir allerdings nicht gefällt, ist ihre Interpretation der Stimmen der Queen und ihres Gatten Philipp. Das passt überhaupt nicht, wenn man die realen Stimmen in den Medien bereits gehört hat. Schade!
Wie erhofft hatte auch dieser zweite Band wieder viel für Royal-Fans bereit: das Hörbuch ist durchdrungen von feinem britischen Humor, skurril und voller Ironie, sowie auch von bedeutungsträchtigen Anspielungen auf andere bekannte Royals sowie Personen des öffentlichen Lebens in GB. Diesmal hat mich die Beschreibung der Premierministerin Theresa May begeistert, insbesondere bezüglich ihres Schuh-Ticks. Das war ganz nach meinem Geschmack. Außerdem hat die Autorin augenscheinlich gut recherchiert, denn man erfährt so einiges über die Gewohnheiten und Vorlieben der Queen, die ich teilweise auch bereits aus anderen Büchern oder Zeitschriften kannte und die dadurch ergänzt wurden. Für mich sehr informativ!
Insgesamt hat mir dieser Band besser gefallen als der erste, weil hier für mich alles nachvollziehbar und verständlich war. Allerdings gibt es auch hier wieder einige Längen, wo man immer denkt, es passiert gleich was, aber da kommt nichts mehr. Die Spannung lässt an diesen Stellen zu wünschen übrig. Aber man wird entschädigt durch den wunderbaren Humor.
Alles in allem kann ich das Hörbuch auf jeden Fall empfehlen, angenehme royale Unterhaltung und immer wieder witzige Einlagen.

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Veröffentlicht am 22.12.2021

Emotionaler Kampf um Anerkennung

Diana (Ikonen ihrer Zeit 5)
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Nachdem ich mich bereits in der Ikonen-Reihe für Fräulein Mozart und Madame Curie begeistert hatte, war dieser neue Band über Prinzessin Diana ein Muss, denn als Fan des englischen Königshauses habe ich ...

Nachdem ich mich bereits in der Ikonen-Reihe für Fräulein Mozart und Madame Curie begeistert hatte, war dieser neue Band über Prinzessin Diana ein Muss, denn als Fan des englischen Königshauses habe ich Dianas Leben seit ihrem Eintritt in die Öffentlichkeit mit Interesse verfolgt, alle glücklichen Momente, alle Tiefgänge, alle Skandale. Ihr Tod hat mich total schockiert, denn sie wurde aus dem Leben gerissen, als dieses gerade begann, wieder Spaß zu machen. Als ich in den sonntäglichen Nachrichten den ersten Satz hörte ('Prinzessin Diana ist tot' ) hat mich dies emotional sehr getroffen, denn irgendwie hatte ich ihr insgeheim immer gewünscht, dass ihre Rebellion gelingt.
Das Buch beschreibt ihr Leben ab dem ersten schüchternen Kennenlernen von Prinz Charles, und es zeigt die tiefe Kluft auf, die seit Beginn dieser Beziehung zwischen den beiden hervortrat. Sie liebt ihn zunächst aufrichtig und würde alles für ihn tun, aber Charles sucht 'nur' eine Frau, die seiner Familie zusagt und die ihm Thronfolger schenkt. Die strengen Sitten und Regeln im Palast stoßen Diana vor den Kopf, aber für ihre große Liebe ist sie bereit, sich unterzuordnen. Von Anfang an hat sie es nicht leicht, denn da ist einerseits Charles Familie, die ihr mit Vorsicht und teilweise auch Spott begegnet, und andererseits ist da diese ständige Dritte im Bunde: Camilla Parker-Bowles. Ich weiß nicht, ob ihr Einfluss auf Charles hier übertrieben dargestellt wird, mir war jedenfalls nicht bewusst, wie tief das Band zwischen beiden war.
Diana leidet zunächst unter einer extremen Einsamkeit und Kälte im Palast, da ist keiner, der ihr Zuwendung und Verständnis entgegenbringt. Sie befindet sich in einem tiefen Zwiespalt zwischen ihrer Liebe zu Charles und ihrer Angst, ihr eigenes Ich aufgeben zu müssen. Da ist es kein Wunder, dass ihre Psyche rebelliert, z.B. in Form von Bulimie. Erst als sie auf ihr Herz hört, tritt eine Wendung ein, denn sie merkt, dass es das ist, was die Menschen haben wollen. Sie geht auf die einfachen Leute zu und lässt ihren Gefühlen freien Lauf. Damit hat sie das Volk auf ihrer Seite!
Das Buch ist spannend und unterhaltsam geschrieben, am liebsten möchte man die Lektüre nicht unterbrechen. Sie zieht einen mit in eine andere Welt, die Welt der britischen Royals.
Sehr gefallen haben mir auch die Hintergrundinformationen zu den verschiedenen Wohnsitzen der königlichen Großfamilie und zu ihren Eigenheiten und Charaktereigenschaften. Immer wieder gab es kleine Überschneidungen mit anderen Büchern, die ich gelesen habe, und die mir so manches 'Ach ja'- Erlebnis brachten.
Was mir nach der Lektüre bleibt, ist die Erinnerung an eine starke Frau, die es geschafft hat, sich gegen unsinnige Traditionen zu wehren und sich trotz mancher Niederlage zu behaupten in einem Umfeld, das ihr nicht wohlgesonnen war.
Mir gefällt dieses Buch sehr und ich möchte eine klare Leseempfehlung aussprechen.

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