Interessante Adaption, die für mich nicht ganz so leicht zu bewerten ist
Wendy & Peter. Verloren im NimmerwaldSeitdem Wendy und ihre Brüder vor 5 Jahren im Wald verschwanden und nur Wendy ohne Erinnerung an das, was passiert ist, wieder zurückkehrte, ist in ihrer Familie nichts mehr so wie es einmal war. Als in ...
Seitdem Wendy und ihre Brüder vor 5 Jahren im Wald verschwanden und nur Wendy ohne Erinnerung an das, was passiert ist, wieder zurückkehrte, ist in ihrer Familie nichts mehr so wie es einmal war. Als in der heutigen Zeit mit plötzlich erneut Kinder spurlos verschwinden, kehren die Ängste der Vergangenheit mit einem Schlag zurück. Und auch ein mysteriöser Junge tritt in Wendys Leben, der behauptet Peter Pan zu sein und Wendy darum bittet ihm bei der Suche nach den verschwundenen Kindern zu helfen und seinen entflohenen Schatten wieder einzufangen. Dafür muss sich Wendy ihrer Vergangenheit und alten wiederaufflammenden Gefühlen stellen.
Zuallererst möchte ich sagen, dass es mir sehr schwer fällt das Buch angemessen mit einer Sternenanzahl zu bewerten. Ich liebe Märchenadaptionen und ich liebe auch die Geschichte rund um Peter Pan. Im Gesamtbild betrachtet finde diese Adaption und ihre Ideen und neuen Sichtweisen dahinter auch wirklich sehr gut gelungen und mit dem Plot Twist am Ende hätte ich wirklich nicht gerechnet. Die Hinweise waren tatsächlich da, jedoch habe ich diese wohl gekonnt verdrängt oder einfach erst sehr spät verstanden. Zuerst hat mir der Plot Twist auch nicht gefallen, dazu aber später mehr. Was ich teilweise schwierig fand war wie Wendy dargestellt wurde. Ich habe sie teilweise als zu stark genervt von Peter empfunden und sie war sehr oft sehr negativ eingestellt, ihr lag so eine tiefe Melancholie und Traurigkeit zugrunde. Wenn man sich die Wendy aus der Originalfassung oder die Wendy aus dem Disneyfilm ansieht, wirkt sie für ihr Alter zwar schon sehr erwachsen, dennoch aber auch kindlich, verspielt und fröhlich, dies sucht man bei dieser Wendy zu Beginn vergeblich. Wenn man aber bedenkt, dass sie schon seit 5 Jahren mit dem Verschwinden ihrer Brüder, welches ein tiefes Loch in ihr Leben und das ihrer Eltern gerissen hat, wodurch auch deren Beziehung untereinander sehr gelitten hat, zu kämpfen hat, versteht man, warum Wendy so ist wie sie ist. Schön fand ich, dass Peter im Laufe des Buches immer wieder versucht Wendy aus sich rauszuholen und auf andere Gedanken zu bringen und dies auch schafft. Gegen Ende des Buches findet Wendy sogar ihren Mut und auch einen Teil ihrer Lebensfreude wieder.
Peter Pan fand ich wiederum sehr authentisch, er war eigentlich genau so wie man ihn sich vorgestellt hat und wie aufgrund seiner Zuneigung für Wendy nachher alle Fäden zusammengelaufen sind, fand ich sehr spannend. Auch die neue Interpretation des Schattens war sehr gelungen. Seine Gestaltung war düster, geheimnisvoll, leicht beängstigend und sehr greifbar.
Auch der Schreibstil der Geschichte hat mir gut gefallen, er war sehr detailliert und man konnte sich gut in die Charaktere hineinversetzen, auch wenn er an einigen Stellen leider etwas langatmig war und ich mir an ein paar anderen Stellen vielleicht etwas mehr Ausführungen gewünscht hätte, z.B. im Hinblick auf die Feen und die Eichel.
Was ich wirklich ganz fantastisch und brillant fand, war die ganze Symbolik in diesem Buch, die man erst am Ende komplett versteht. Nichtsdestotrotz gibt es hier einen Fantasieanteil, der nicht zu dominant, aber auch nicht zu schwach ausgeprägt war, für diese Geschichte genau richtig.
Kommen wir nun dazu, warum mir der Plot Twist zuerst nicht so zugesagt hat und Achtung ab hier folgen Spoiler, also wenn ihr das Buch noch lesen wollt und nicht MASSIV gespoilert werden wollt, solltet ihr hier besser aufhören zu lesen!!! Es gibt leider, so sehr ich es mir gewünscht hätte, kein Happy End für Wendy und ihre Brüder, denn John und Michael sind tot. Im Nachhinein hätte ich aber darauf kommen können, wenn ich die Hinweise direkt gedeutet und ich mir ins Gedächtnis gerufen hätte, dass es sich hierbei um einen Mystery-Thriller handelt. Zuerst hat mir dieser Plot Twist nicht gefallen, da John und Michael in der Originalfassung wieder ganz normal zurückkehren. Nach einigem Sacken lassen der Geschehnisse war diese Wendung aber sehr klug konzipiert und die Neuinterpretation des Nimmerlandes sehr innovativ. So ist Peter Pan hier eine Art Lotse für Kinder, die auf brutale Weise ums Leben gekommen sind und Nimmerland eine Art Übergang in das Leben nach dem Tod, wo die Kinder das Erlebte verarbeiten können. Das wiederum hinterließ zwar einen bitteren Beigeschmack, war aber wirklich sehr gut und interessant.
Deswegen kann Peter Pan auch leider nicht bei Wendy und mit ihr zusammenbleiben, denn er hat eine wichtige Aufgabe zu erledigen. Ich fand es sehr traurig, dass auch die Liebesgeschichte hier ohne Happy End bleibt, dennoch war es verständlich, aber bittersüß.
AB HIER KANN WIEDER OHNE SPOILER WEITERGELESEN WERDEN. Der wirkliche Endkampf mit dem Schatten war für meinen Geschmack leider etwas zu kurz und zu schnell abgehandelt, dafür, dass er doch so stark und an anderen Stellen immer sehr präsent war.
Was ich auch schade fand, war, dass Wendys beste Freundin komplett im Ungewissen über alles gelassen wird, es hätte mir gefallen, wenn sie mehr involviert und nicht nur ein Anker für Wendy gewesen wäre.
Aus diesen Gründen lässt mich die Geschichte mit gemischten Gefühlen zurück. Dennoch vergebe ich sehr gute 3,5 Sterne mit Tendenz zu 4 Sternen, da ich die Neuinterpretation sehr interessant und spannend fand und ich bis zum Schluss nicht auf die Auflösung gekommen bin. Anders als erwartet, aber dennoch wirklich ein sehr gutes Buch.