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Nilchen

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Veröffentlicht am 11.05.2022

Der Alltag des Fußvolkes zu unwirtlichen Zeiten

Diebe des Lichts
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Kleine Warnung vorab, denn dieser historische Roman ist brutal und beschreibt das Niedermetzeln des gemeinen Volkes nur zu eindringlich. Es ist erschütternd zu lesen, dass ohne Geld, Macht und Ansehen, ...

Kleine Warnung vorab, denn dieser historische Roman ist brutal und beschreibt das Niedermetzeln des gemeinen Volkes nur zu eindringlich. Es ist erschütternd zu lesen, dass ohne Geld, Macht und Ansehen, dass eigene Leben ständig in Gefahr war. Daher die kleine Warnung, dass der Roman stellenweise bei mir Atemnot hervorbrachte, weil die menschlichen Grausamkeiten so genau beschrieben wird.
Genauso startet der Roman im Jahr 1572 in dem eine Krähe einen brutalen Überfall spanischer Soldaten in Flandern auf einem Hof beobachten. Die beiden Söhne des Hofes, Sander und Hugo können sich in den Wäldern verstecken und überleben. Es ist die Zeit in der Fernando Alvarez de Toledo die Calvinisten niedermetzelte in Flandern, die sich gegen die katholische Kirche aufgelehnt hatten.
Die beiden Brüder verschlägt es im Laufe des Romans nach Rom, den Sander hat eine Begabung. Er zeichnet und malt hervorragend Blumen, Gestecke, Stillleben. Er heuert bei einem berühmten Maler in dessen Werkstatt an und wird ein gefragter Maler. Hugo, der verstummte Bruder, weicht nicht von seiner Seite und wird sein Assistenz. Außerdem ist da noch die Tochter des Meisters: Chiara. Das Leben könnte etwas Glück für die beiden bereithalten, aber leider trifft es sie erneut und im zweiten Teil verschlägt es die beiden auf weniger schöne Art nach Neapel. Mittlerweile ist es 1601 und ihr neuer Herr ist ein spanischer Kardinal. Auch er durch Rücksichtslosigkeit, Gier und eigenem Vorteil getrieben.
Philipp Blom hat ein extrem gut recherchiertes Buch geschrieben, ist er doch von Hause aus Historiker und präsentiert hier die Fakten außerordentlich gut. Auch besonders gut an diesem Roman ist die Würdigung des normalen Volkes und die klare Tatsache, dass man ohne Macht, ohne Geld und ohne jeglichen Schutz der Welt und dem Tod täglich ausgesetzt war durch Hunger, Krankheiten, Kriege und Angriffe. Dieser Kontrast ist hervorragend ausgearbeitet. Auch das Malereihandwerk wird vortrefflich beschrieben.
Auf knapp 450 Seiten wird ein Bild vom damaligen Europa als fiktionale Geschichte gestrickt, die einem diese Epoche weit näherbringt als viele trockene historische Sachbücher. Durch die detaillierten Beschreibungen muss man aber ein Faible für historische Stoffe haben, wenn man zu diesem Roman greift.

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Veröffentlicht am 31.03.2022

Rabenstarke Lektüre

Millenia Magika - Das Vermächtnis der Raben
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Um es vorweg deutlich zu machen: Dies ist bereits Band 2 einer Reihe, die mit Millenia Magika „Der Schleier von Arken“ begann und nun mit „Das Vermächtnis der Raben“ weitergeht um dann im dritten Band ...

Um es vorweg deutlich zu machen: Dies ist bereits Band 2 einer Reihe, die mit Millenia Magika „Der Schleier von Arken“ begann und nun mit „Das Vermächtnis der Raben“ weitergeht um dann im dritten Band „Der Schlüssel der Vergangenheit“ zu landen, denn noch sind Fänden nicht alle zu Ende gesponnen und es wäre auch zu schade, wenn es hier endet. Erscheint allerdings erst im nächsten Jahr (2023).
Besonders gelungen neben der spannenden Geschichte sind die großartigen Zeichnungen von Falk Holzapfel. Er ist ja bekanntlicherweise auch Illustrator, nicht nur für seine eigenen Texte. Aber hier wo er seine eigene Welt erschaffen hat, merkt man wie gut es passt. Die Illustrationen sind im übrigen dreifabig, dieses mal Schwarz, Weiß und Lila. Und wieder sehr detailverliebt, vor allem fanden wir die Karte wieder super!
Die Seiten sind mit viel Text bedruckt und das Werk mit über 350 Seiten etwas für Leserratten ab 10 Jahren für alle geeignet. Der Verlag gibt das Alter von 12 Jahren an, ich werte das als ein durchschnittliches Alter, daher für geübte Vielleser mit Faible für komplexe Welten auch schon früher möglich.
Aber was passiert überhaupt? Es gibt im Grunde zwei verschiedene Handlungsstränge und natürlich ist Adrian mit seinen Fähigkeiten gefragt hier zwischen Geister- und Menschenwelt zu vermitteln. Einfach nur Alltag ist für ihn halt leider nicht drin seit er endlich in Arken ist. Und es verschwinden leider Kinder. Adrian macht sich auf herauszufinden was da passiert. Zum anderen sind Jazz und Juri in der Menschenwelt, in der unmagischsten Stadt Deutschlands: Frankfurt um dort Hilfe zu finden.
Auch dieser zweite Band ist locker leicht zu lesen und spannend! Wir können eine sehr positive Empfehlung aussprechen und wünschen der Reihe noch viele viele Leser:innen, jung wie alt. Ich finde besonders gut, dass diese Reihe so herrlich genderfrei ist und alle anspricht!

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Veröffentlicht am 11.03.2022

Berliner Kiez-Kinderroman

Auf dem Gipfel wachsen Chinanudeln
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Sebastian Kiefer & Benjamin Tienti nehmen uns mit nach Neukölln, Berlin. An den Hermannplatz mit seiner näheren Umgebung und auch etwas weiter wird der Kreuzberger Kiez angekratzt und auch ein Zipfel Tempelhof, ...

Sebastian Kiefer & Benjamin Tienti nehmen uns mit nach Neukölln, Berlin. An den Hermannplatz mit seiner näheren Umgebung und auch etwas weiter wird der Kreuzberger Kiez angekratzt und auch ein Zipfel Tempelhof, am Platz der Luftbrücke. Warum ich das so sehr in den Fokus stelle? Weil aus meiner Sicht dieser sehr detailgenaue Bezug auf den Kiez das ganze Flair des Romans ausmacht.
Ich selbst kenne die Gebiete wie meine Westentasche, bin ich doch recht nah dran (für Berliner Verhältnisse) dort groß geworden und habe immer noch sehr gute Freunde genau am Spielort. Daher ist der Reiz dieses Szenarios für mich persönlich sicherlich besonders reizvoll.
Der Protagonist in ‚Auf dem Gipfel wachsen Chinanudeln‘ ist Elmo, 11 Jahre alt und hat gerade eine Tragödie miterlebt. Sein Bruder Berthold wurde durch eine Ampelfehlschaltung als Fußgänger in einem Autounfall getötet. Nun ist Elmo in Trauer und Schock. Nach Wochen ist da dieser Hund im Innenhof der durch sein Bellen alle nervt, aber Elmo holt er aus seiner Schockstarre heraus und ist seine Brücke ins Leben. Aber das ist ein Strang der „nebenbei“ läuft, Elmos eigentlichen anliegen ist seine berufliche Karriere als Detektiv. Er IST Detektiv und nun wartet der erste und auch gleich der zweite Fall.
Kein Standard-Ansatz für ein Detektiv-Krimi für Kinder. Es ist aus meiner Sicht eher ein Roman, der das Leben eines Jungen in einer schwierigen Lebenslage beleuchtet umgeben von einigen Typen. Oh ja, die Figuren sind besonders, wenn man von außen auf Neukölln schaut. Lokal eher normal.
Der Roman ist geeignet für Kinder ab der 5./6. Klasse (ca 10 Jahren) zum Selbstlesen. Viel Text, gespickt mit wenigen aber gut nuancierte Illustrationen von Stephan Pricken.
Fazit: Anders, interessant, reflektiert.

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Veröffentlicht am 27.02.2022

Realistisches negatives Zukunftsszenario mit mega spannendem Plot in Berlin!

2040
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Wie konnte dieses Buch in meinem SuB untergehen? Es hätte mich schon viel eher unterhalten und überzeugen können, doch es wanderte immer weiter runter. Zu unrecht! Großes Glück, dass ich es nun aus dem ...

Wie konnte dieses Buch in meinem SuB untergehen? Es hätte mich schon viel eher unterhalten und überzeugen können, doch es wanderte immer weiter runter. Zu unrecht! Großes Glück, dass ich es nun aus dem Stapel befreit habe und dieses spannende Buch gelesen habe!
Denkt euch mal 20 Jahre in die Zukunft, der Tag der deutschen Einheit 2040 steht vor der Tür. Wir befinden uns in Berlin. Die Rechten haben die Oberhand gewonnen und die „PAD“ = Patriotische Alternative Deutschlands regiert mit ihrem gestellten Kanzler Wischnewski. Die PAD ist dabei die demokratischen Strukturen zu unterwandern, ein autokratischer Überwachungsstaat ist das Ziel welches mit Hilfe eines Technologieriesens erreicht werden soll: Sunrise.
In diesem Thriller wird ein sehr realistisches Bild einer nicht so freundlichen Zukunft in Deutschland gezeichnet, die es JETZT gilt abzuwenden. Genau aus diesem Grund schätze ich die fiktive Aufarbeitung von politischen Szenarien, in diesem Fall eine klare Dystopie, die uns zeigt, dass wir handeln sollten.
Ach ja und das ist eingebettet in eine spannende Thrillerhandlung. Aber, keine Sorge, hier überwiegt der gut angelegte Plot in der rechtsradikalen Überwachungsstaat-Dystopie. Komplex? Ja! Überfordernd? Nein! Und auch was für Leser, die sonst keine Thrillerfans sind (ich!).
Spannung kommt durch Paul Kanter zustande. Kiosksbesitzer, der unermesslich hohes Schutzgeld zahlen muss an die Al-Fasi für seinen Neuköllner Kiosk. Seine Ex-Freundin, eine Journalistin wird in ihrer Wohnung überfallen und Kanter gerät leider ins Visier der Ermittler, da er ein Ex-Verbrecher ist. Nun ermittelt er auf eigene Faust parallel zur Polizei und der neuen SNS (=Sonderstelle Nationale Sicherheit).
Schnell getaktet, kann man diesen Thriller kaum aus der Hand legen. Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und fand es thematisch gut mit dem negativen Zukunftsszenario verzahnt. Geschrieben wie Kopfkino, blitzen die Bilder in einem nur so auf und ich wollte einfach wissen wie es ausgeht.
Spannend ist, dass Patrick Baumann das Buch in Eigenregie publiziert hat, lasst euch davon nicht abschrecken. Ich würde behaupten, da ist den großen Verlagen was durch die Lappen gegangen, denn er hat es von Anfang an als Alleingang so geplant!
Eine klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 06.02.2022

Mist der uns das Leben schenkt

Ende in Sicht
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Wenn einer zum Sterben das Haus verlässt, dann geht es meist nicht gut aus. Hier sieht die Lage anders aus, denn hier treffen zwei Frauen mit demselben Ziel ungewollt aufeinander. Die 15jährige Juli hat ...

Wenn einer zum Sterben das Haus verlässt, dann geht es meist nicht gut aus. Hier sieht die Lage anders aus, denn hier treffen zwei Frauen mit demselben Ziel ungewollt aufeinander. Die 15jährige Juli hat vor von einer Grünbrücke auf die Autobahn zu springen, um sich das Leben zu nehmen. Ihr Glück im Unglück ist Hella, die sie rettend auf den Grünstreifen manövriert. Zwar arg lädiert, aber lebend. Ironischerweise ist auch sie auf dem Weg zum Sterben, denn die 69 Jahre alte Popikone mit hohlem Leben will ihrem Ganzen in einer Sterbeklinik in der Schweiz ein Ende setze. Tja, und da sind sie ungewollt vereint in einem klapprigen Passat, sind schroff im Ton und besorgt in der Brust, obwohl der Gegensatz nicht größer sein könnte.
Ronja von Rönne legt mit „Ende in Sicht“ ihren zweiten Roman vor. Sie ist von Hause aus Journalistin der ‚Zeit‘ und Moderatorin ein Philosophie Magazin auf ARTE namens Streetphilosophy und betreibt einen Podcast. Vor allem wird momentan gerne in den Medien ihre Depression in Bezug auf das Buch durchleuchtet, ich halte davon wenig und freue mich, wenn die Autorin sagt, dass das Buch nicht WEGEN der Depression entstand, sondern TROTZ. Dabei belassen wir es.
Ich finde sie schreibt gut, der Klartext-Ton findet sich gerne rotzig und frech wieder. Der ruppige Ton genau das richtige was die beiden Frauen verkörpern, keine Freundlichkeit, aber eine tieferliegende Zuneigung zueinander. Hier werden Chinaböller gezündet, aber Knallfrosch-Sound ertönt, wie im echten Leben nehmen hier Formulierungen einen großen Anlauf, aber es geschieht dann eher wenig. Kennen wir das nicht alle?
Wenn Hella ironischerweise ihren One-Hit-Wonder „Ende in Sicht“ in Dauerschleife besingt und Juli mit der Lüge ihres Lebens hadert im den die Schnecke auf dem Cover eine große Rolle spielt, dann ist da ein Funken Hoffnung für das gegensätzliche Paar. Natürlich: Das Roadtrip-Sujet ist nicht neu und innovativ, aber Ronja von Rönne hat es auf ihre ganz eigene Art zum Ereignis der Sonderklasse gemacht.

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