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Veröffentlicht am 28.06.2017

Brisantes Thema der französischen Geschichte geschickt verpackt

Hôtel Atlantique
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Das „Hotel Atlantique“ im gleichnamigen Debütroman von Valerie Jakob steht an der französischen Atlantikküste in St. Julien de la mer, einem fiktiven Ort in der Nähe von Biarritz. Eine entsprechende Karte ...

Das „Hotel Atlantique“ im gleichnamigen Debütroman von Valerie Jakob steht an der französischen Atlantikküste in St. Julien de la mer, einem fiktiven Ort in der Nähe von Biarritz. Eine entsprechende Karte zur Lokalisierung findet sich auf den Vorsatzblättern. Das Hotel Atlantique liegt wie auf dem Titelbild zu sehen, direkt am Meer und ist der wöchentliche Treffpunkt der Protagonistin Delphine mit ihrer älteren Freundin Aurélie.

Delphine Gueron hat lange Jahre als Kommissarin in Paris gearbeitet. Seit sie in Rente gegangen ist, lebt sie wieder in ihrer Heimat St. Julien de la mer. Jeden Dienstagnachmittag trifft sie sich mit der kürzlich verwitweten Aurélie de Montvignon im angesehenen Hotel Atlantique. Aurélie ist seit langer Zeit Dauermieterin einer der Suiten im Hotel. Eines Tages fällt sie kurz vor dem Treffen mit Delphine vom Balkon ihres Zimmers ohne erkennbaren Grund. Delphine glaubt an Fremdeinwirkung, ein Nachweis gestaltet sich schwierig. Der fünfzehnjährige Karim, der erst vor kurzem versucht hat, bei ihr zu Hause einzubrechen und dem sie angeboten hat, sie bei einigen Tätigkeiten zu unterstützen statt ein Anzeige zu erstatten, trägt mit seinem Wissen zu den Nachforschungen bei. Über einen langjährigen Freund der Familie, der Wohnrecht im Haus der Montvignons besitzt, führen die Ermittlungen zu einem dunklen Kapitel der französischen Geschichte.

Obwohl der Roman äußerst raffiniert konstruiert ist konnte mich die Erzählung nicht mitreißen. Zwischen den Zeilen liest man die Begeisterung der Autorin für die Gegend an der französischen Küste in der Nähe zur spanischen Grenze. In den Beschreibungen der Landschaft kann man sich verlieren, mir persönlich gefielen die ausschweifenden Beschreibungen der Umgebung nicht so gut, weil ich mehr Romantik erwartet hatte. Die durchaus interessant gestalteten Charaktere blieben für mich auf Distanz, was im Fall von Delphine wohl auch dem höflichen Umgangston mit ihrer Freundin bei dem beide sich Siezen geschuldet ist und im Fall der Figur des Richard, dem alten Freund des Hauses, daran liegt, dass er als fragwürdige Person aufgebaut ist.

Der Roman führte mich zu dem mir unbekannten und gerne verschwiegenen Thema der horizontalen Kollaboration in der Vergangenheit der Franzosen. Einen Bogen von den damaligen Ereignissen zur heuten Zeit schafft Valerie Jakob durch den Charakter des Karims, so dass deutlich wird, dass es auch heute noch Vorbehalte gegen Personen gibt, bei denen mindestens ein Elternteil ausländischer Herkunft ist. Mein Lesefluss wurde leider immer wieder durch französische Floskeln und kurze Sätze unterbrochen. Es erfolgt nicht immer eine Übersetzung und so waren meine Grundkenntnisse der Sprache gefordert.

„Hotel Atlantique“ fasst in einem unterhaltsamen Roman, der wenige Längen verzeichnet, brisante Themen der französischen Geschichte aus Vergangenheit und Gegenwart auf. Ein Spannungselement ergibt sich aus dem Tod von Aurélie. Die Aufklärung der Umstände gestaltet sich jedoch eher schwierig. Wer sich gerne an die Küste des Atlantiks, umgeben von französischem Lebensstil versetzen lassen möchte und ein in der französischen Öffentlichkeit verschwiegenes Kapitel entdecken will ist bei diesem Buch richtig.

Veröffentlicht am 31.07.2024

Roman über eine toxische Beziehung

Die schönste Version
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In ihrem Roman „Die schönste Version“ schreibt Ruth-Maria Thomas von der toxischen Beziehung zwischen ihrer Protagonistin Jella und ihrem Freund Yannick. Eines Tages sitzt Jella auf der Polizeiwache einer ...

In ihrem Roman „Die schönste Version“ schreibt Ruth-Maria Thomas von der toxischen Beziehung zwischen ihrer Protagonistin Jella und ihrem Freund Yannick. Eines Tages sitzt Jella auf der Polizeiwache einer kleinen Stadt in der Lausitz und zeigt Yannick an, weil er ihre Kehle zugedrückt hat. Gleichzeitig erfährt der Lesende, dass sie ihn heftig mit einem Gegenstand geschlagen hat, um sich zu befreien, was aber ebenfalls als Straftat gilt. In der Folge blickt die Autorin zurück auf die Vergangenheit von Jella und lässt sie selbst erzählen, wie es zu dem Vorfall kommen konnte. Durchgehend besteht eine Hintergrundspannung dadurch, dass man wissen möchte, ob es Jella schafft sich von Yannick zu lösen oder ob es eine Möglichkeit gibt, den Konflikt beizulegen.
Die Eltern der Protagonistin leben seit vielen Jahren getrennt, weil Jellas Mutter von der Kleinstadt gelangweilt war und nach Berlin zog. Jella blieb bei ihrem Vater, weil sie als Grundschulkind bereits erkannte, dass er sie an seiner Seite brauchte. Als Teenager versuchte sie sich so zu geben wie andere Gleichaltrige, deren Verhalten und äußeres Aussehen ihr gefielen. Sie zeigt dabei die für sie schönste Version von sich selbst. Jahre später lernt sie Yannick in einer Bar kennen. Er ist Künstler und mit seinen Arbeiten bisher wenig erfolgreich, versteht sich selbst aber in der Beziehung als maßgebend kultiviert. Jella wird neben ihrem Studium und ihrem Job zu seiner Muse. Bald ziehen die beiden in eine gemeinsame Wohnung. Die beiden verstehen es zunehmend, den anderen an seinen verwundbaren Stellen zu treffen.

Die Autorin beschreibt ein denkbares Szenario in einer teils derben, offen ehrlichen Sprache mit der sie Szenen schildert, die genau hinschauen auf weibliche Befindlichkeiten. Mir persönlich war das häufig zu nah, mir blieb wenig Raum für eigene fantasievolle Gedanken. Positiv an der Geschichte fand ich neben der Thematisierung des schwierigen Aspekts der häuslichen Gewalt das Herausarbeiten der Bedeutung von Erfahrungen aus der Kindheit auf das spätere Verhalten und die Relevanz von Freundinnen, beides verbunden mit der Suche nach Identität. Dennoch hätte ich mir gewünscht, dass die Themen stärker ins Alltagsleben integriert worden wären und weniger in einer detaillierten Veranschaulichung jeder sexuellen Vereinigung der Hauptfigur. Grundsätzlich wird durchgehend viel geweint und geschluchzt in allen möglichen Lebenslagen. Wer das mag, ist hier richtig. Meine Erwartungen, nach Lesen des Klappentextes, wurden leider nur teils erfüllt.

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Veröffentlicht am 06.02.2022

Unterhaltsamer Roman bei dem mir die Figuren nicht nah kamen

Ende in Sicht
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Der Roman „Ende in Sicht“ von Ronja von Rönne lässt mich zwiegespalten zurück. Gerne hätte ich ihn gemacht, denn durch seinen Humor und der mit viel Phantasie gefüllten Reise der beiden ungleichen Protagonistinnen ...

Der Roman „Ende in Sicht“ von Ronja von Rönne lässt mich zwiegespalten zurück. Gerne hätte ich ihn gemacht, denn durch seinen Humor und der mit viel Phantasie gefüllten Reise der beiden ungleichen Protagonistinnen Hella und Juli hat er Unterhaltungswert. Aber die Handlung ist an manchen Stellen unglaubwürdig und es gelang mir nicht, mich in die Gefühlswelt von Hella und Juli einzufinden.

Hella ist 69 Jahre alt und lebt im Norden von Nordrhein-Westfalen. Früher war sie ein gefeierter Schlagerstar mit einigen Marotten, heute lebt sie allein in ihrer Wohnung und ignoriert jede Anfrage nach einem Auftritt. Der Titel des Romans lehnt sich an Textzeilen einer ihrer Songs an. Die fünfzehnjährige Juli lebt mit ihrem Vater in der Nähe von Bielefeld, ihre Mutter hat die Familie verlassen als ihre Tochter ein Kleinkind war. Juli überlebt den Sturz von einer Grünbrücke auf die erste Fahrspur einer Autobahn nahezu unverletzt. Hella ist währenddessen mit ihrem Auto auf dem Weg in die Schweiz um ihrem Leben mittels Sterbehilfe ein Ende zu setzen. Sie schafft es, rechtzeitig abzubremsen und die junge Frau auf den Standstreifen zu ziehen. Die Inhaltsangabe ist in der Beschreibung des Hergangs nicht korrekt.

Die Autorin zeigt anhand ihrer Protagonistinnen auf, dass die Krankheit Depression sich nicht an einem Alter festmachen lässt. Aber für mein Empfinden lässt sie die Gründe hierzu leider viel zu sehr im Verborgenen. Juli ist in einem schwierigen Alter. Sie ist auf dem Weg zu sich selbst zu finden. Ihre Stimmung schwankt und sie wendet sich zunehmend von möglichen Kontakten mit Menschen ab. Offensichtlich ist ihr verstörendes Verhalten bereits auffällig geworden, denn sie ist in Therapie. Es verwundert mich jedoch, dass ihr Vater dabei außen vor bleibt, niemand scheint ihn in die Behandlung seiner Tochter einzubeziehen. Es wirkte auf mich so, als ob die Vater-Tochter-Beziehung seit Jahren unverändert blieb, für mich ist keine Entwicklung zu erkennen. Ein Grund zu sterben, ist auch im schulischen Umfeld nicht zu finden. Ich halte Julis Wunsch für möglich, aber es fehlte mir die Tiefe in der Darstellung ihrer Gefühle und ich finde die geringen Folgen ihres Sturzes von der Brücke für anzweifelbar.

Die Beweggründe von Hella zum Sterben konnte ich noch weniger nachvollziehen. Wie ich im Laufe der Geschichte erfuhr, ist sie durchaus ein Mensch, der sich für bestimmte Dinge begeistern kann. Auf der anderen Seite sind auch weiterhin Fans, die sich immer noch an ihren Songs erfreuen. In ihr psychisches Leid hat sie sich durch ihre Abkapslung von der Umwelt selbst eingefunden. Sie verfügt immer noch über Willensstärke und es überrascht mich, dass sie auf der tagelangen Fahrt keinen Draht zu Juli findet für eine offene und ehrliche Aussprache, die eventuell zu mehr Verständnis füreinander geführt hätte. Stattdessen ist es in Ordnung für Hella Juli immer weiter mitzunehmen ohne sich einen tatsächlichen Beweis von ihr zu holen, dass sich kein Elternteil Sorgen macht. Auch aufgrund des übertriebenen Alkoholgenusses und der Aufforderung zur Fälschung wurde mir die Figur immer unsympathischer.

Ronja von Rönne hat mit „Ende in Sicht“ einen unterhaltenden phantasiereich ausgestalteten Roman geschrieben, in dem es zu einigen amüsanten Szenen kommt. Dennoch fehlte mir der ernste Tiefgang bei dem wichtigen Thema „Depression“ als Hintergrund für die Geschichte. Durch die schwankende Gefühlslage bei den Figuren kamen mir diese nicht nah, aber das bringt halt die Krankheit so mit sich. Manche Handlungen der Protagonistinnen empfand ich unrealistisch. Nach dem Lesen blieb ich nachdenklich und uneins über die konstruierte Darstellung der Ereignisse zurück. Ich spreche eine Triggerwarnung aus in Bezug auf die offene Beschreibung in der Erzählung, wie man seinem Leben ein Ende setzen kann. Am Schluss des Buchs gibt es glücklicherweise ein Hinweis auf eine helfende Anlaufstelle.

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Veröffentlicht am 04.01.2022

Wirkte auf mich wenig realitätsnah

Sommersprossen – Nur zusammen ergeben wir Sinn
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Der Roman „Sommersprossen“ von Cecelia Ahern trägt den Untertitel „Nur zusammen ergeben wir Sinn“, der sich auf einen Ausspruch des Motivationstrainers Jim Rohn bezieht. Er sagte, dass jeder der Durchschnitt ...

Der Roman „Sommersprossen“ von Cecelia Ahern trägt den Untertitel „Nur zusammen ergeben wir Sinn“, der sich auf einen Ausspruch des Motivationstrainers Jim Rohn bezieht. Er sagte, dass jeder der Durchschnitt der fünf Menschen ist, mit denen er die meiste Zeit verbringt. Der Ratschlag bringt Allegra Bird zum Grübeln. Sie ist die Protagonistin und Ich-Erzählerin des Buchs, 24 Jahre alt, trägt den Spitznamen „Sommersprosse“ aufgrund der Pigmentflecke auf ihrer Haut, lebt in Dublin und arbeitet als Verkehrshostess. Ein Falschparker hat ihr den Spruch wütend entgegengeworfen, als sie ihm erneut einen Strafzettel ausgestellt hat.
Allegra ist bei ihrem Vater, einem Musikdozenten, aufgewachsen. Ihre Mutter kennt sie nicht. Später ist sie dann im Internat gewesen. Sie hat ihre frühere Heimat an der Westküste Irlands zurückgelassen, um eine persönliche Mission in Dublin auszuführen, die erst nach der Hälfte der Buchseiten thematisiert wird. In der Hauptstadt hat sie kaum Freunde. Ihre Kontakte beschränken sich auf ihr berufliches Umfeld und die Vermieter ihrer Wohnung. Daher fragt sie sich in Bezug auf das Zitat von Rohn, von wem sie selbst sich inspiriert fühlt oder wen sie gerne an ihrer Seite sehen möchte.
Ich fand es am Beginn es Romans interessant, dass die Autorin einen Motivationsspruch als Hintergrund der Erzählung für ihre Protagonistin wählt. Allerdings merkte ich sehr rasch, dass die Einbindung eigenwillig erfolgte. Allegra ist eine Persönlichkeit, die sich nicht leicht fassen lässt. Ihr Vater ließ ihr bei seiner Erziehung viel Freiraum, im Internat hatte sie sich dagegen an viele Regeln zu halten. Zu diesem Zeitpunkt begann sie, sich selbst zu verletzen. Inzwischen ist sie sehr pedantisch und ordnungsliebend, vor allem im Berufleben.
Das Ziel, dem sie in Dublin nachgeht, hat sie noch nicht erreicht und von ihren Vermietern wird sie manchmal ausgenutzt. Das führt häufig zu einer betrübten Stimmung bei ihr. Sie schafft es nicht, über ihren Schatten zu springen. Obwohl sie eher kontaktscheu ist, hat sie keine Probleme damit, sich bei Gelegenheit Zufallsbekanntschaften leidenschaftlich hinzugeben.
Das Handeln von Allegra kann ich nicht immer nachvollziehen. Das, was sie unternimmt, um die fünf Personen entsprechend des Ausspruchs zu benennen, fand ich ungewöhnlich, aber auch unbeholfen. Die Protagonistin wurde mir nicht sympathisch und auch andere Figuren beschrieb die Autorin mit vielen Makeln, so dass ich sie suspekt wahrnahm.
Leider konnte mich insgesamt gesehen die Geschichte zu „Sommersprossen“ von Cecelia Ahern nicht berühren, weil ich die Eigenschaften der Protagonistin sehr konstruiert fand und ihre Handlungen zwar unterhaltend waren, aber auf mich wenig realitätsnah wirkten.

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Veröffentlicht am 17.05.2021

Roman auf zwei Zeitebenen-die Erzählung in der Gegenwart hat mich nicht berührt

Die Geschichte von Kat und Easy
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Katharina, genannt Kat und Isolde, genannt Isi, werden im Jahr 1973 sechszehn Jahre alt und sind neugierig auf das Leben. Sie sind die Protagonistinnen im Roman „Die Geschichte von Kat und Easy“ von Susann ...

Katharina, genannt Kat und Isolde, genannt Isi, werden im Jahr 1973 sechszehn Jahre alt und sind neugierig auf das Leben. Sie sind die Protagonistinnen im Roman „Die Geschichte von Kat und Easy“ von Susann Pásztor. Kennen gelernt haben sie sich vor gar nicht so langer Zeit auf dem Gymnasium des fiktiven Orts Laustedt. Anfangs hat nur Kat zu Isi Easy gesagt, doch langsam nehmen die Freunde den Klang auf. Easy ist wohlbehütet aufgewachsen, doch auf einer heimlichen Liste hat sie Dinge gesetzt, die vielleicht anstößig sind, die sie aber unbedingt erleben möchte. Kat unterstützt sie dabei, nach eigener Aussage hat sie manche Sachen der Auflistung bereits ausprobiert.

In der Silvesternacht 1972/73 begegnen sie einem jungen Mann im Jugendzentrum des Orts, in den sie sich beide verlieben und der ihre Liebe erwidert. Nach den tragischen Ereignissen des folgenden Sommers verlieren sich die ehemals besten Freundinnen allerdings aus den Augen. Erst als beide 62 Jahre alt sind kommt ein erneuter Kontakt zustande durch den Blog, den Kat professionell betreibt. Kat willigt nach kurzem Zögern ein, als sie von Easy dazu eingeladen wird, gemeinsam mehrere Tage in einem Ferienhaus auf Kreta zu verbringen. Voller Skepsis über den weiteren Verlauf des Urlaubs, aber auch gespannt auf das, was die inzwischen wieder in Leustedt wohnende Easy zu berichten hat, bricht sie zu ihrer Reise auf.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Einerseits erzählt Susann Pásztor die Geschichte von Kat und Easy im Jahr 1973 als allwissende Erzählerin im Präsens, was mich als Leserin die Geschehnisse intensiver erleben ließ. Auf der anderen Seite lässt die Autorin Kat die Ereignisse in der Gegenwart im Urlaub auf Kreta in der Retrospektive selbst erzählen. Unterbrochen werden die Kapitel gelegentlich von Blogeinträgen, auf die Kat in ihren Schilderungen Bezug nimmt. Den beiden jungen Protagonistinnen scheint im Jahr 1973 die Welt offen zu stehen, sie können alles werden und alles sein. Während Kat die mehr treibende Kraft ist, hat Easy kühne Träume und lässt sich unbeschwert und offenherzig durch den Tag treiben. Die Autorin zeigt auf dieser Handlungsebene eine Coming-of-Age-Geschichte mit den dabei typischen Gefühlen der Jugendlichen von Zusammenhalt, sich füreinander freuen, aber auch Missgunst und Eifersucht auf. Was mich gestört hat, war der Umgang mit Drogen, der nach der Darstellung kaum unliebsame Konsequenzen hatte.

Die in der Gegenwart spielende Geschichte auf Kreta warf von Beginn an nicht nur für Kat, sondern auch für mich als Leserin die Frage auf, welche Stimmung sich bei einem Zusammentreffen mit der ehemals besten Freundin nach so langer Zeit entwickeln würde. Durch den Beruf als Blogbetreiberin bekommt der Roman einen modernen Touch, doch es irritierte mich, dass die Freundinnen sich in ihrem reifen Alter auch während des persönlichen Zusammenseins über Soziale Medien austauschen. Nach meinem Empfinden konnte dadurch eine gewisse Distanz zwischen den beiden nicht abgebaut werden, was mir als Leserin ein Störgefühl verursachte, genauso wie der weitere sorglose Umgang mit Rauschmitteln. Vom Charakter her haben sich beide über die Jahre hinweg wenig geändert. Bis zum Schluss bleibt eine gewisse Hintergrundspannung darüber, welchen Grund es dafür gibt, dass die Freundschaft damals jäh endete.

Da ich nur wenig jünger bin als die Protagonistinnen im Roman „Die Geschichte von Kat & Easy“ von Susann Pástor, habe ich mich gerne in das Jahr 1973 mitnehmen lassen. Doch das Verhältnis der Freundinnen in der Gegenwart zueinander hat mich wenig berührt, vor allem weil ich empfunden habe, dass die Handlung langatmig verlief und auf beiden Zeitebenen der Konsum von Rauschgift bagatellisiert wurde.

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