Ungewöhnlich
Gleich der erste Satz des Buchs ‚knallt‘: „Zu behaupten, ich hätte mich niemals über das Leid meiner Mutter gefreut, wäre eine glatte Lüge.“
Beziehungen zwischen Müttern und Töchtern sind zwar nicht immer ...
Gleich der erste Satz des Buchs ‚knallt‘: „Zu behaupten, ich hätte mich niemals über das Leid meiner Mutter gefreut, wäre eine glatte Lüge.“
Beziehungen zwischen Müttern und Töchtern sind zwar nicht immer einfach.
Dass aber jemand Gefühle gegenüber seiner Mutter in einer solchen Radikalität äußert, ist dann doch etwas ungewöhnlich.
Und so begann ich die Lektüre von Avni Doshnis Debütroman „bitterer zucker“ mit einer ganz bestimmten Erwartungshaltung. Gleich vorweg. Der Roman erwies sich für mich nicht als das Psychogramm einer schwierigen Mutter-Tochter-Beziehung und schon gar nicht als Liebesgeschichte, wie der Klappentext zum Buch suggeriert.
Im Mittelpunkt steht natürlich die komplizierte Beziehung zwischen Antara und ihre Mutter Tara. Diese brach in jungen Jahren aus ihrer arrangierten Ehe aus und flüchtete in einen Ashram, wo sie die Geliebte des Gurus wurde, ihre kleine Tochter sich mehr oder weniger selbst überlassen ist. Später lebt sie mit Tara als Bettlerin auf der Straße. Das birgt natürlich erhebliches Konfliktpotenzial, als die Mutter immer vergesslicher wird und die Tochter sich um die Frau kümmern muss, die ihrer Mutterrolle nie so richtig gerecht wurde.
Ich fand das Buch sehr interessant und hatte auch das Gefühl, streckenweise in Indien einzutauchen, besonders an den Stellen, an den Indien durch Taras in Amerika aufgewachsenen Mann der westlichen Welt gegenübergestellt hat. Seltsamerweise hat mich die Geschichte die ersten ¾ des Buchs emotional nicht so gepackt, wie ich bei dem Stoff vermutet hätte. Ich fand die Darstellung der Autorin doch etwas distanziert.
Insgesamt finde ich, dass es ein interessantes, lesenswertes Buch ist, das aber meine Erwartungen nicht immer ganz erfüllen konnte. Aber muss ein Buch das?