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Veröffentlicht am 25.02.2022

Familiengeschichte

Das verschlossene Zimmer
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Marie lebt wohlbehütet und umsorgt von ihrem Vater, einem angesehenen Arzt, in Krakau. Die beiden waren schon immer zu zweit, von ihrer Mutter weiß Marie nichts und ihr Vater weigert sich, auch nur das ...

Marie lebt wohlbehütet und umsorgt von ihrem Vater, einem angesehenen Arzt, in Krakau. Die beiden waren schon immer zu zweit, von ihrer Mutter weiß Marie nichts und ihr Vater weigert sich, auch nur das Geringste von ihr zu erzählen. Ein großes Geheimnis umgibt ihn und seine Vergangenheit, zudem ist in ihrem Zuhause das Zimmer des Vaters immer verschlossen. Marie hat sämtliche Freiheiten, aber dieser Raum ist für sie tabu.

Wir schreiben das Jahr 1939 und der Krieg rückt näher, mit ihm die Judenverfolgung, einhergehend mit dem Gedankengut der Nationalsozialisten.

„Das verschlossene Zimmer“ spielt in Polen, für ihre Recherche ist die Australierin Rachel Givney hierhin gereist, hat polnisch gelernt, sie hat sich vielen Geschichten um den Holocoust angenähert. Das Buch thematisiert die Stellung der Frauen in der patriarchalen Gesellschaft, Antisemitismus ist zunehmend spürbar.

Marie ist blitzgescheit, aber ihr großer Wunsch, Ärztin zu werden, wird ihr verwehrt mit der Begründung, sie wäre nur eine Frau und unfähig, einen Männerberuf auszuüben. Mit ihren siebzehn Jahren ist sie eine willensstarke junge Frau und kann so gar nicht verstehen, warum ihr geliebter Vater so ein großes Geheimnis um ihre Mutter macht. Nicht einmal ihren Namen will er ihr verraten. Sie aber bleibt hartnäckig, ihre Suche zieht sich durchs Buch. Erst ziemlich zum Schluss wird klar, warum ihr Vater die ganzen Jahre über so beharrlich schwieg.

In unruhigen Zeiten beginnt der Roman und endet am 1. September 1939, dem Beginn des Zweiten Weltkrieges. Die Autorin schreibt und beschreibt klar und klug das Leben kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, der spürbar näher kommt, die Intoleranz den Juden gegenüber überschattet zunehmend ihr friedliches Zusammenleben. Die Charaktere sind gut nachvollziehbar beschrieben, die nie endende Liebe zu einem Kind bedeutet auch, loszulassen.

„Das verschlossene Zimmer“ ist eine sehr lesenswerte Familiengeschichte in unruhigen Zeiten, lediglich den bittersüßen Schluss finde ich ein wenig zu konstruiert.

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Veröffentlicht am 14.02.2022

Ein buttriger Blick in die Gesellschaft Japans

Butter
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Genuss steht an erster Stelle, Manako Kajiis Leidenschaft für Butter ermöglicht es der jungen Journalistin Rika, mit dieser – einer vermeintlichen Serienmörderin - in Kontakt zu treten.

Ein ganz anderer ...

Genuss steht an erster Stelle, Manako Kajiis Leidenschaft für Butter ermöglicht es der jungen Journalistin Rika, mit dieser – einer vermeintlichen Serienmörderin - in Kontakt zu treten.

Ein ganz anderer Roman, ein nicht alltägliches Thema hat mich neugierig werden lassen. Ja, das Kulinarische steht oft im Mittelpunkt von interessanten Geschichten. Butter jedoch in seiner Einzigartigkeit ist mir so noch nicht untergekommen. Mit all den Köstlichkeiten verführt werden nicht nur die Männer – die Sinnlichkeit des Essens steht im Vordergrund.

Ausschließlich über ihre Kochkünste will sie reden – Manako Kajii. Bisher war es niemandem gelungen, an sie heranzukommen. Rika umschmeichelt sie, würde sich freuen, sie kennenzulernen, sich über all die herrlichen Speisen mit ihr auszutauschen. Es gelingt ihr tatsächlich. Sie trifft auf eine selbstbewusste Frau, die reihenweise die Männer betörte.

Zwei Frauen, die sich annähern. Genuss steht für die eine schon immer ganz weit vorne, die andere will sich eher ernähren, ihre Top-Figur erhalten. Kein Gramm zuviel darf es sein, eher einige zu wenig. Der auch in Japan übertriebene Schlankheitswahn ist bestens eingebettet in all die buttrigen Exzesse. Der Lebensstil ist geprägt von gesellschaftlichen und beruflichen Zwängen, die Zeit ist sehr begrenzt. Der Stellenwert der Frau wird thematisiert, sie muss sich viel zu oft hintanstellen, die Männer haben den Vortritt. Emanzipation ist in dieser patriarchalen Gesellschaft noch nicht richtig angekommen.

Den Roman habe ich gerne gelesen, mich mit dem Lebensstil von Rika auseinandergesetzt, dem ganz anderen Lebensentwurf ihrer Freundin Reiko zugesehen, Manako Kajiis Gaumenfreuden gelauscht, habe über die japanische Gesellschaft so einiges erfahren und war in der eisigen Kälte Tokyos unterwegs. Das alles hat mich beeindruckt, was mich aber so gar nicht mitgenommen hat waren die gelben Pfützchen, die allzu buttrigen Genüsse. Auch ich ziehe Butter der pflanzlichen Variante vor, käme jedoch nie auf die Idee, diese in den Vordergrund zu stellen.

Für mich hätte es etwas weniger Butter sein sollen, dieser kulinarische Teil war für meinen europäischen Gaumen kein Genuss. Der gesellschaftskritische Blick hingegen mit all seinen Facetten ist gelungen, hier war ich ganz dabei und letztendlich überwiegt dieser Aspekt doch und Butter ist für mich eher ein Synonym für all die herrlichen, genussvollen Erlebnisse, europäisch geprägt.

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Veröffentlicht am 14.02.2022

Abhängigkeit und Leidenschaft

Unser wirkliches Leben
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Anna lebt in London, ihr Gesangsstudium finanziert sie sich nachts in Jazzclubs und dort begegnet ihr der äußerst charmante wie wohlhabende Max, zu dem sie sich sofort hingezogen fühlt. Das prickelnde ...

Anna lebt in London, ihr Gesangsstudium finanziert sie sich nachts in Jazzclubs und dort begegnet ihr der äußerst charmante wie wohlhabende Max, zu dem sie sich sofort hingezogen fühlt. Das prickelnde Spiel beginnt.

„A very nice girl“ (wie der Originaltitel lautet) ist sie, in ihrer immer wieder zur Schau gestellten Arglosigkeit wie geschaffen, das aufreizende Spielzeug für einen nicht alten, aber doch älteren Mann zu sein. Er weiß um seine Macht, sie ist wie Wachs in seinen Händen. Mit ihm erlebt sie erst wie es ist als Frau begehrt zu sein, schwebt in ungeahnten Sphären, lässt sich komplett vereinnahmen und will dann doch wieder weg. Ganz weit weg von ihm.

Ein sehr nettes Mädchen ist sie, hat ihr großes Ziel einer Karriere in der Opernwelt vor Augen. Sie ist jung, naiv und nicht sehr erfahren, was Männer anbelangt. Es reicht gerade mal so zum Leben und dann zeigt er ihr eine ganz andere Welt. Immer mehr gleitet sie ab in eine betörende Welt voller Glitzer und Glamour, wird in seinen Bann gezogen. Arglos lässt sie sich vereinnahmen, ist dabei, ihren Traum aufzugeben. Sie sollte sich entscheiden – entweder er oder weiter ihre Gesangskarriere verfolgen.

Es geht um Macht. Um Abhängigkeit. Um Unterordnung und Selbstaufgabe, ja Hörigkeit. Um zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Eine durch und durch toxische Beziehung, die so schön begonnen hatte, voller Leidenschaft, in der nur einer gewinnen kann. Wer wird das sein? Wird sie sich ihm entwinden können?

Sandra Voss hat das Hörbuch eingesprochen, sie ist eine erfahrene Sprecherin, die ich immer wieder gerne höre. Der Klang ihrer Stimme ist sehr variabel, sie gibt jedem einzelnen Charakter seine eigene Persönlichkeit. So kann ich mich ganz entspannt der Story widmen. Sie vermittelt mir das Gefühl, als stiller Beobachter direkt dabei zu sein.

Imogen Crimp hat selbst kurzzeitig Operngesang studiert, sie kennt sich aus in diesem ganz eigenen Kosmos. Und jung – sind oder waren wir mal alle. „Unser wirkliches Leben“ ist ihr Romandebüt, das von Liebe erzählt, aber so viel mehr vermittelt.

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Veröffentlicht am 13.02.2022

Ein perfides Spiel, spannend in Szene gesetzt

Die Stimme des Wahns
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Francis Ackerman jr. ist wieder gefordert. Der dritte Band um den berüchtigten Serienmörder ist endlich da. In einem der sichersten Strafanstalten der Welt sollte er einsitzen – Demon. Wie sich herausstellt, ...

Francis Ackerman jr. ist wieder gefordert. Der dritte Band um den berüchtigten Serienmörder ist endlich da. In einem der sichersten Strafanstalten der Welt sollte er einsitzen – Demon. Wie sich herausstellt, ist da eher ein umprogrammierter Jemand, der eigentliche Verbrecher ist nach wie vor auf freiem Fuß. Das ruft Ackerman auf den Plan denn er weiß, dass der echte Demon auf Rache sinnt.

Es sind mehrere Handlungsstränge, die jeder für sich spannend und undurchschaubar daherkommen. Wie kann es sein, dass der sicher hinter Gitter geglaubte Serienmörder einen Doppelgänger ins Gefängnis schleusen konnte?

Ackermans Partnerin Nadia Shirazi hat gleich mal ihren Auftritt, die Dialoge zwischen den beiden sind gelungen, sie bietet ihm ordentlich Paroli. Leider geht Nadia im Laufe der Handlung ziemlich verloren, es wird zunehmend ein Alleingang von Francis. Dafür tritt Marcus (Francis Bruder) und Dylan, dessen Sohn, auf den Plan. Was hat Demon mit ihnen vor? Und im U-Bahn-Tunnel wird es direkt surreal, hier wären Wahnvorstellungen durchaus angebracht.

Bösartig, hinterhältig, ja teuflisch geht es zu, eine Gemeinschaft von Killern schreckt vor nichts zurück. Der Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn Demon ist gut gerüstet. Ein perfides Spiel - gute Nerven sind unabdingbar.

„Die Stimme des Wahns“ hat es in sich, auf der rasanten Suche nach ihm, dem Demon, ist der Abgrund so manches Mal nicht weit. Es knüpft an die beiden Vorgängerbände an, jedoch kann man in diesen dritten Band einsteigen, ohne die Stimmen des Zorns und die der Rache zu kennen. Gut ins Geschehen integrierte Rückblenden machen das möglich. Aber warum sollte man?

Auch wenn dieser dritte Band nicht ganz so stark daherkommt wie die ersten beiden, so habe ich ihn doch sehr genossen, er hat mir so manch gruselige Lesestunde beschert. Noch immer gilt: Man sollte sich nicht mit Francis anlegen!

Es wird wohl einen nächsten Band geben, das offene Ende deutet darauf hin. Wohin wird Francis Ackermans Reise gehen? Ich werde hoffentlich nicht zu lange auf eine Antwort warten müssen.

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Veröffentlicht am 10.02.2022

Spannendes Hörerlebnis mit einigen Längen

Ein Grab für zwei
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Die erfolgreiche Langläuferin Hege Morell steht vor den Scherben ihrer Karriere – sie wird des Dopings beschuldigt. Während ihr Vater die Rechtsanwältin Selma Falck beauftragt, Licht ins Dunkel zu bringen, ...

Die erfolgreiche Langläuferin Hege Morell steht vor den Scherben ihrer Karriere – sie wird des Dopings beschuldigt. Während ihr Vater die Rechtsanwältin Selma Falck beauftragt, Licht ins Dunkel zu bringen, hat diese selbst mit schwerwiegenden Anschuldigungen zu kämpfen. Nicht genug damit, erschüttert den norwegischen Langlaufverband die Nachricht vom Tod eines jungen Läufers.

Anne Holt ist eine der erfolgreichsten Krimiautorinnen Skandinaviens und hat hier den ersten Fall einer neuen Reihe um die Juristin Selma Falck vorgelegt. Aus der arrivierten Anwältin Selma ist eine Verliererin geworden, ihre Spielsucht hat ihr alles genommen.

Es sind mehrere Handlungsstränge, die es zu entwirren gilt. Da ist die ziemlich heruntergekommene Selma Falck, die in ihrer sympathisch-unsympathischen Art sehr lebendig wirkt. Sie hat keine geradlinige Karriere vorzuweisen – nein. Da ist der Bruch, der Wendepunkt und dann wird sie durch ein entsetzliches Ereignis direkt hineingezogen in allzu finstere Machenschaften. Der Verdacht des Dopings zieht sich durch. Wird Selma diese schweren Anschuldigungen gegen Hege Morell entkräften können? Auch dem tödlich verunglückten Langläufer haftet der Dopingverdacht an. Zieht da jemand im Hintergrund die Fäden und wenn ja – warum?

Die Charaktere haben Ecken und Kanten und das nicht zu knapp. Spielsucht und Doping sind Themen, auch die Pennerszene wird ein wenig ausgeleuchtet und alles miteinander bildet ein komplexes Ganzes, das jedoch zuweilen Längen aufweist. Dennoch warte ich gespannt auf das zweite Buch um Selma Falck.

USB Audio hat „Ein Grab für zwei“ in 13 Stunden und 26 Minuten als ungekürzte Hörbuchfassung vorgelegt, nuanciert gesprochen von Katja Bürkle. Die einzelnen Personen sind fassbar und klar zu unterscheiden, den häufigen Szenenwechsel hat sie gut gemeistert, man kann sich die einzelnen Sequenzen gut vorstellen. Ein kriminalistisches Hörerlebnis.

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