Familienfehde mit subtilen Boshaftigkeiten
Kleine GrausamkeitenWie echt kann Trauer sein, wenn die Umstände, die zum Tod geführt haben, tragisch sind ? Eines steht jedenfalls fest - auf der Beerdigung sind die Brüder Luke, William und Brian wieder vereint, aber nur ...
Wie echt kann Trauer sein, wenn die Umstände, die zum Tod geführt haben, tragisch sind ? Eines steht jedenfalls fest - auf der Beerdigung sind die Brüder Luke, William und Brian wieder vereint, aber nur zwei von ihnen sind unter den Lebenden. Doch wer betrauert hier wen und welches Schicksal geht dem Todesfall voraus ?
"Kleine Grausamkeiten" bietet vom ersten Satz einen ausgefeilten Plot mit unendlich viel Konfliktstoff, bei dem die Zündschnur so kurz ist, dass es jeden Augenblick zur großen Explosion kommen kann.
Die Autorin lässt ihre Leser;innen an einem ungesunden Familienleben teilhaben, bei dem Sarkasmus, Neid, Gier, Lieblosigkeit und Hass an der Tagesordnung sind. Der Titel ist dabei federführend, denn all die kleinen Grausamkeiten, die hier bewusst und unbewusst seit Kindheitstagen recht großzügig verteilt werden, prägen die Brüder und sorgen dafür, dass sich ihre Beziehung zueinander, aber auch zu ihren Mitmenschen, in einer regelrecht vergiftete Atmosphäre entwickeln muss.
Angeheizt durch die offen zur Schau getragene Ablehnung der Mutter zu Luke, macht sich eine ungesunde Stimmung breit, die im Verlauf der Jahre eine Dynamik annimmt, die nur ein Ziel kennt -den jeweils Anderen zu vernichten, seinen Untergang zu provozieren und dabei genüsslich zuzusehen, wie sich derjenige windet, um doch noch den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.
Die Schreibende hat ihre Protagonisten präzise beschrieben und zieht die Leser:innen mit hinein in eine absurde Spirale der fiesen Sticheleien und Provokationen, die verstörend und herausfordernd zugleich ist.
Drogen, Alkohol, Vergewaltigung, Intrigen am laufenden Band, Rücksichtslosigkeit und purer Egoismus treiben die Brüder an und es scheint so, als wollten sie sich gegenseitig an Niederträchtigkeit und Gehässigkeit übertrumpfen, nur um Anerkennung zu erhalten.
Aus den Perspektiven eines jeden einzelnen Bruders erzählt, erhalten die Leser:innen einen sehr tiefen Einblick in die Gefühls- & Gedankenwelt von Luke, Brian und William. Das Fehlverhalten der Mutter in Kindertagen ist ein Saatgut, das im Erwachsenenalter aufgeht und dafür sorgt, dass Impertinenz und Wahn aus den Männern spricht.
Zwar wird das Buch als Kriminalroman gehandelt, es ist jedoch ein gut durchdachtes Familiendrama, das mit einer Zeitreise durch die letzten 50 Jahre und einem erstklassig inszenierten Plot und die Leser:innen an die Seiten fesselt.