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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.08.2017

vielschichtig

Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins
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Dies Buch ist so vielschichtig, dass mir eine Rezension zum ersten Mal richtig schwer fällt. Auch hat es sehr gemischte Gefühle ausgelöst. Von manchen Gedanken war ich sehr angetan. Vieles machte nachdenklich. ...

Dies Buch ist so vielschichtig, dass mir eine Rezension zum ersten Mal richtig schwer fällt. Auch hat es sehr gemischte Gefühle ausgelöst. Von manchen Gedanken war ich sehr angetan. Vieles machte nachdenklich. Manches erschütterte. Einiges habe ich mir rausgeschrieben, weil ich zu wichtig fand, um es zu vergessen. Und anderes fand ich so abstoßend, dass ich den ganzen guten Eindruck des Buches in Frage gestellte habe. Wieder andere Dinge fand ich zutiefst verstörend.

Zum Inhalt : Die Geschichte spielt in Tschechien zur Zeit der Russischen Okkupation (1968). Tomas, ein Arzt, ist mit Teresa verheiratet, hat aber viele Geliebte. Vor allem mit Sabina hat er eine längere Affaire. Sie wiederum ist im Laufe der Geschichte mit Franz zusammen. Erzählt wird das Ganze aus den verschiedenen Perspektiven der Figuren und der des Autors, sodass man einen tiefen Eindruck gewinnt, von der Gedanken- und Gefühlswelt der Personen, sowie ihre Entwicklung. Es findet ein ständiger Wechsel von Zeiten und Rückblicken, Vorschauen, Träumen und Gegenwart statt, die aber nicht verwirren. Man kann trotz dieser Zeitsprünge dem Geschehen sehr gut folgen.

Dies Buch ist einerseits sehr politisch, andererseits werden die Beziehungen der Personen bis ins kleinste Detail philosophisch analysiert, und dann folgt wieder spannende Handlung. Trotzdem ist es nicht chaotisch, sondern läßt sich wunderbar lesen.

Erschütternd fand ich, wie die Radioansprache von Dubcek geschildert wird, der nach 6 Tagen Haft kaum noch sprechen kann, so zugerichtet war er. Auch sonst wird immer wieder Bezug auf die geschichtlichen Ereignissen dieser Zeit in Prag genommen. Es wird z.B. erwähnt, wie in allen Städten sämtliche Straßenschilder über Nacht verschwanden als die Russen einmarschierten und diese somit eine Woche lang umher irrten, ohne zu wissen, wo sie waren oder die strategisch wichtigen Gebäude (z.B. Rundfunk und Fernsehen) zu finden. Aber die historischen Geschehnisse sind nicht nur Kulisse, sondern haben auch Einfluß auf das Leben der Figuren. So darf Tomas nicht länger als Arzt praktizieren und wird Fensterputzer. Durch sein Schicksal wird deutlich, wie perfide die Methoden der Besatzer sind, um Leute zu zwingen, das zu tun, was ihnen im innersten (aus moralischen, ethischen oder Loyalitätsgründen) widerstrebt. Das Regime bringt die Leute in eine ausweglose Situation. Um sich selbst zu retten (Job, Wohnung, Ansehen oder auch das Leben selbst), muß man andere fälschlich beschuldigen und somit seine Ehre, seinen Anstand, seine Selbstachtung und seine Seele verkaufen. Dadurch, dass immer mehr Menschen gezwungen werden, Statements oder Dementi zu unterschreiben und somit andere zu denunzieren, kommt es zu einer gezielten, systematischen Demoralisierung des Volkes. Und diejenigen, die versuchen sich dem entgegen zu stellen, indem sie z.B. Unteschriften sammeln, um politische Gefangene zu befreien, wissen, dass sie nichts erreichen werden. Sie stehen also "vor der Wahl : entweder Theater zu spielen oder gar nichts zu tun ". (S. 256). Schlimm fand ich auch die Schilderung, wie das Volk in eine bestimmte Richtung gelenkt wurde, um Hemmschwellen abzubauen, die Aggressivität zu fördern und zu lenken und diese Kampagne (zunächst nur gegen Tiere z.B. Hunde) von den Zeitungen geschürt wurde. Es ist echt erschreckend, wie einfach das geht und das Buch ist daher immer noch ziemlich aktuell.

Wie gesagt, wird die Geschichte aus der Sicht der verschiedenen Personen, aber auch der des Autors erzählt. Sei es, dass der Autor einige Seiten einschiebt, wo er detailiert erklärt, was einzelne Begriffe für Sabina und für Franz bedeuten (z.B. Frau, Musik, Friedhof) und weshalb dies so ist, sei es, dass er philosophische Betrachtungen anstellt, warum seine Figuren so handeln. An einer Stelle schreibt er, dass die Personen seines Romans seine eigenen Möglichkeiten seien, die sich nicht verwirklicht haben. Manchmal mischt er auch die Erzählweisen: " Einige Tage später fiel Tomas ein Gedanke ein, den ich als Ergänzung zum vorigen Kapitel hier anführen will :..." (S.215). Dieser Schreibstil hat mir sehr gefallen, denn er ist dem Autor unglaublich gut gelungen und bereichert das Buch.

Was mich ein wenig verstört hat, ist die Mutter von Teresa und wie sie sich in ihr gegenüber verhalten hat. Teresas daraus resultierende Alpträume werden ausführlich analysiert und da die Mutter Teresa sehr geprägt hat, sind sie in den verschiedensten Situationen immer wieder Thema. Was mich sehr verstört hat, ist eine Szene, in der Tomas Teresa einen Berg hochschickt, wo ein Mann Menschen erschießt, die Selbstmord begehen wollen. Dies ist die einzige Stelle, wo ich nicht sicher bin, ob ein Traum oder Wirklichkeit geschildert wird. Mit keinem Wort wird angedeutet, es könne ein Traum sein, aber wenn das die Wirklichkeit ist, dann will ich dies gar nicht wahrhaben. Völlig daneben fand ich die seitenlange philosophische Abhandlung über Sch... und die Frage, ob Gott auch Darmtätigkeit hat, wo er uns doch nach seinem Ebenbild erschaffen hat. Da hätte ich das Buch am liebsten weggelegt und nicht weiter gelesen. Den Sch... hätte er sich echt schenken können.

Dies ist absolut nicht mein Genre (bin Krimifan), aber es war interessant, lies sich gut lesen und hatte einen ungewöhnlichen Schreibstil, der mir sehr gefiel. Der Klappentext besagt, es sei "einer der witzigsten und intelligentesten Romane", der "höchste inrellektuelle Ansprüche befriedigt." Dem kann ich mich allerdings nicht anschließen. Dennoch kann ich dies Buch empfehlen.

Veröffentlicht am 19.05.2017

tolle Sprache, zog sich gegen Ende hin

Katzenauge
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Auch dieses Buch kann, obwohl es gut geschrieben ist, nicht an den "Report der Magd" heranreichen.

Es geht um die Geschichte eines Mädchens, ihre Kindheit und die Freundschaften der Kindheit, die dann ...

Auch dieses Buch kann, obwohl es gut geschrieben ist, nicht an den "Report der Magd" heranreichen.

Es geht um die Geschichte eines Mädchens, ihre Kindheit und die Freundschaften der Kindheit, die dann in Ausgrenzung und Demütigungen umschlagen.

Aufgewachsen in der 40zigern, wird die Familie von Elaine das erste mal seßhaft, als sie 8 Jahre ist. Zuvor lebten sie mal hier, mal dort in Zelten oder Unterkünften, oder einfach im Wald, da der Vater Insektenforscher war und oft dort gebraucht wurde, wo Schädlingsepidemien auftraten. Elaine hat im neuen zuhause das erste mal mit anderen Mädchen zu tun und freundet sich an. Später erlebt sie das, was man heute mobbing nennt. Sie leidet so darunter, dass sie zu selbstverletzendem Verhalten greift, sich die Haut von den Füßen reißt und ihre Finger zerbeißt. Später entdeckt sie Ohnmachten für sich. Entlastung erfährt sie nur, wenn die Familie von Sommer bis Herbst 4 Monate wieder in die Wälder fährt. Hände und Füße heilen ab und sie wird wieder sie selbst. Doch bei der Rückkehr gehen die Peinigungen weiter. Suizidideen drängen sich auf. Lehrerin und Mutter merken, dass etwas nicht stimmt, aber statt Hilfe gibt es ratloses Bedauern.

Die Geschichte wechselt zwischen dem Jetzt, wo Elaine als Künstlerin bekannt ist und ihren Rückblicken auf die Kindheit, Studium und Ehen, wobei der Schwerpunkt auf der Kindheit liegt und - trotz Verdrängung - ihr Denken bis heute beeinflußt.

Ein starkes Buch, das wegen des Mobbings und dessen psychischer Folgen auch heute noch nichts von seiner Aktuallität eingebüßt hat, wobei eigentlich der Rückblick in die alten Zeiten (Ende 40ziger, Anfang 50ziger) den Charme des Werks ausmachen. Der erste Teil der Kindheit hat mich besonders interessiert.

Auch wenn das Buch flüssig und gut geschrieben ist und die Art, wie Atwood die Dinge ausdrückt, immer wieder begeistert, zog es sich irgendwann sehr hin und zog sich und zog sich. (War allerdings auch etwas in Zeitdruck beim Lesen)

Veröffentlicht am 11.05.2017

gut

Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
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Eigentlich sind diese leichten, seichten Romane nicht so mein Fall. Aber ich hatte ihn hier liegen und suchte was Leichtes zum Lesen.
Da die Geschichte um 2 Senioren, die an einer gewonnenen Busreise ...

Eigentlich sind diese leichten, seichten Romane nicht so mein Fall. Aber ich hatte ihn hier liegen und suchte was Leichtes zum Lesen.
Da die Geschichte um 2 Senioren, die an einer gewonnenen Busreise teilnehmen mit viel Humor geschrieben wurde, kann ich es weiterempfehlen. Manchmal mußte ich laut lachen, so herrrlich sind einige Situationen beschrieben. Der Schluß kommt etwas zu kurz, aber bei so einer gute Laune Lektüre will man ja nicht zu anspruchsvoll sein. Vor allem der schreckliche Reiseleiter ist gut beschrieben; solche Leute gibt es ja wirklich. Man leidet direkt mit. Ideal zum Lesen im Freibad oder beim Eisessen.

Veröffentlicht am 11.05.2017

spannend

Meteor
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Eigentlich ist mir das Buch zu James Bond mäßig. Zuviel Politik, zuviel Hightech und es ist sehr unglaubwürdig was für Anschlägen Manche entkommen bzw. was ein Mensch alles überlebt...

Aber auch wenn ...

Eigentlich ist mir das Buch zu James Bond mäßig. Zuviel Politik, zuviel Hightech und es ist sehr unglaubwürdig was für Anschlägen Manche entkommen bzw. was ein Mensch alles überlebt...

Aber auch wenn es nicht mein Genre ist (ich habe es wegen des Autors gelesen), ist es superspannend und liest sich in einem weg. Die Figuren gefallen mir und auch die Gegenspieler sind gut dargestellt (Bei dem unsympathischen, machtgierigen, sexistischen, über Leichen gehenden, korrupten Senator, der Präsident werden will, hatte ich immer Donald Trump vor Augen).

Das Buch hat viele überraschende Wendungen, bei denen einem die Luft wegbleibt und man das Gelesene erstmal verdauen muß, bevor man weiterlesen kann. Wie gesagt, es ist spannend und super geschrieben.

Vom Inhalt selbst will ich nicht viel verraten : Rachel, die Tochter des erwähnten Senators wird an den Nordpol geschickt, ohne zu wissen warum. Die Nasa hat dort einen ........ mehr will ich nicht verraten, da ich sonst zuviel vorweg nehme. Auf dem Klappentext steht mehr dazu . Aber ich glaube, das Buch ohne den Klappentext zu lesen macht es noch spannender.Und wie erwähnt, es geht um Politk, Technik, Nasa, Intrigen und viel viel Aktion, weil die Wahrheit natürlich vertuscht werden muß, was bedeutet, man muß Zeugen und Mitwisser eliminieren...

Eine Leseempfehlung auch für Genrefremde Leute.

Veröffentlicht am 01.05.2017

herbe.derbe Polizistin

Die Insel
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Dies ist das 2. Bella Block Buch, das ich gelesen habe. Das erste (Weinschröter, du mußt hängen), fand ich schon krass. Sprachlich hat es mich beeindruckt, absolut schrecklich fand ich die Vergewaltigung ...

Dies ist das 2. Bella Block Buch, das ich gelesen habe. Das erste (Weinschröter, du mußt hängen), fand ich schon krass. Sprachlich hat es mich beeindruckt, absolut schrecklich fand ich die Vergewaltigung durch den Eber. Hatte nicht vor, noch ein Buch aus der Reihe zu lesen, weil ich das so grauenvoll fand.

Auch dies Buch hat mich sprachlich wieder begeistert. Bella Block will Erholungsurlaub auf einer spanischen Insel machen. Sie ist Polizistin, trinkt zuviel und ist eher der no nonsense Typ - herb, fast derb wurde ich sagen. Auch in ihrer Art zu denken und zu sprechen findet sich das Direkte und Deftige wieder, sodass man oft lachen muß. Sie geht ihren eigenen Weg, hält sich nicht an das, was andere üblicherweise tun und das macht viel ihres Charmes aus.

Auf der Insel merkt sie bald, dass etwas Geheimnisvolles vor sich geht. Sobald man die Bucht erwähnt, reagieren die Bewohner auffällig. Ob sie der Sache auf den Grund gehen soll ? Noch während sie unschlüssig ist, überschlagen sich die Ereignisse. Gegen Ende kommen wieder so schreckliche und bizarre Sachen vor. (Nicht so schlimm, wie das mit dem Eber, aber auch pervers). Die Auflösung finde ich etwas abstrus und der Schluß ist eher abrupt. Die letzten 2 Seiten haben mich dann wieder verwirrt. Aber das Buch ist schon allein wegen der Figur Bella Block lesenswert.

Hier ein paar Zitate, die zeigen, wie sie die Welt sieht :

"Und ab sofort würde sie nicht mehr ihren Verstand davor verschließen,...daß die Welt nicht nur aus Mondschein und Blumenduft, sondern aus Scheiße geformt war. Womit sich auch jedes Weglaufen von selbst erledigte." S.44

Über ihre Worte, dass ein Mädchen, das weggelaufen ist, doch zurückkommen könnte, wenn es ihr nicht gefällt, wo sie gelandet ist, denkt sie : " Oh, Gott, Block, was redest du für Quatsch. Als ob es nicht genügend Leute gäbe, die sich in Scheiße suhlen, merken, dass es stinkt, und trotzdem nicht aufhören." S 102

Wie gesagt, deftig, aber direkt. Ich glaube es gibt auch eine Fernsehserie mit diesem Charakter, aber die habe ich nie gesehen. Das Buch ist sehr spannend geschrieben und liest sich sehr schnell. Es ist auf jeden Fall anders, als die üblichen Krimis.