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Veröffentlicht am 25.05.2022

Wenn die Erinnerung zermürbt

Eine andere Zeit
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Nachdem mir "Luzies Erbe" von Helga Bürster sehr gut gefallen und mich der Klappentext ihres neuen Romanes sehr angesprochen hat, habe ich mich sehr gefreut, dass ich bei der Lovelybooks Leserunde mitlesen ...

Nachdem mir "Luzies Erbe" von Helga Bürster sehr gut gefallen und mich der Klappentext ihres neuen Romanes sehr angesprochen hat, habe ich mich sehr gefreut, dass ich bei der Lovelybooks Leserunde mitlesen durfte.

Helga Bürster erzählt in ihrem neuen Roman eine ruhige Geschichte über eine Familie in Vorpommern, deren Welt sich kurz vor dem Mauerfall für immer verändert. Die Autorin berichtet auf zwei Zeitebenen, die nicht wie üblich voneinander getrennt sind, sondern oftmals unkontrolliert hin und herspringen, was ein konzentriertes Lesen erfordert. Man gewöhnt sich aber schnell daran, während Rückblicke und Erinnerungen der einzelnen Familienmitglieder die Handlung ergänzen.

Wir lernen als Leser die Familie Jendrich mit ihren beiden Töchtern Enne und Suse kennen. Letztere ist ein kränkliches Kind, das alle Aufmerksamkeit auf sich zieht, während Enne immer zurückstecken muss und eher "mitläuft". Als Suse Jahre später bei einem Urlaub in Ungarn an der österreichischen Grenze plötzlich spurlos verschwinder, bringt dieser Vorfall einen großen Keil und Sprachlosigkeit in die Familie. Dreißig Jahre nach Suses Verschwinden zieht eine geheimnisvolle Frau im Nachbarhaus ein, die kaum jemand zu Gesicht bekommt. Die Gerüchteküche beginnt zu brodeln…

Das zurückgezogene und ruhige Landleben in Pommern wird sehr bildhaft beschrieben. Christine, die Kusine aus dem Westen, die jedes Jahr mit ihrer Mutter in den Sommerferien die Verwandtschaft im Osten besucht, liebt die Gegend. Sie fühlt sich am Land viel wohler, als in der grauen Stadt im Westen, wo sie mit ihrer Mutter in einem seelenlosen Wohnblock wohnt.

Gerne habe ich das Leben der Familie in Ost- und West vor dem Mauerfall begleitet. Die Sprachlosigkeit der einzelnen Familienmitglieder übt eine gewisse Distanz aus und auch die Atmosphäre eher erdrückend. Düsternis und Traurigkeit herrschen vor, aber es scheint auch immer wieder Hoffnung durch. Man spürt deutlich, dass ein Ereignis nicht nur das Leben eines Einzelnen verändert, sondern auch dessen Umkreis.

Die Darstellung der Lebensverhältnisse im geteilten Deutschland wurden von der Autorin sehr eindringlich dargestellt. Dabei verzichtet sie auf Klischees oder Beurteilung.

Leider gibt es auch einen Kritikpunkt, der auch vielen Mitlesern nicht gefallen hat. Das Geheimnis um Suse wird nicht aufgeklärt und bleibt offen. Das finde ich sehr schade, auch wenn es die Fantasie des Lesers anregen soll. Für mich war das Verschwinden von Suse ein sehr wichtiger Punkt im Roman, der den roten Faden bildet.
Durch den Klappentext und der Lektüre von "Luzies Erbe" hatte ich eindeutig mehr erwartet. Trotzdem war der Roman lesenswert.

Schreibstil:
Der Schreibstil der Autorin ist schnörkellos und passt zur kargen Gegend in der Nähe der Ostsee. Helga Bürster bleibt dem Leser gegenüber auf Distanz. Trotzdem sind die Beschreibungen des Dorfes und der Landschafts sehr bildhaft. Die plattdeutschen Dialoge geben dem Roman mehr Authentizität und versprühen Lokalkolorit.

Fazit:
"Eine andere Zeit" kommt leider nicht an "Luzies Erbe" heran, hat aber einige Berührungspunkte, die mir gut gefallen haben. Mit dem eher offenen Ende habe ich leider (immer) Schwierigkeiten und deshalb gibt es diesmal 3 Sterne von 5.

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Veröffentlicht am 25.04.2022

Für mich der bisher schwächste Band der Reihe

Grabesstern
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Voller Vorfreude wartete ich auf den dritten Band rund um die Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und Kommissar Erik Schäfer. Auf Instagram habe ich schon zur Veröffentlichung des Buches ein Interview ...

Voller Vorfreude wartete ich auf den dritten Band rund um die Investigativ-Journalistin Heloise Kaldan und Kommissar Erik Schäfer. Auf Instagram habe ich schon zur Veröffentlichung des Buches ein Interview mit der Autorin verfolgt, in dem sie erzählt, wie sie zum Thema Sterbebegleitung für ihren neuen Thriller gekommen ist.

Mit ihrer weiblichen Protagonistin Heloise, die für ihre Zeitung zu diesem Thema recherchiert und einen Artikel schreiben soll, geht die Autorin in diesem Band tiefer darauf ein. Unterstützung bekommt Heloise von Erik Schäfers Ehefrau Connie, die als ehrenamtliche Sterbebegleiterin tätig ist. Auf diesem Weg macht die Journalistin Bekanntschaft mit Jan Fischhof. Der Mann leidet an Demenz und hat Lungenkrebs. Als er einige lichte Momente hat, erzählt er von einer Schuld, die ihm schwer zu schaffen macht. Heloise lässt dies keine Ruhe und beginnt nachzuforschen. Bald kommt sie auf die Spur eines ungeklärten Vermisstenfalls in Südjütland, der 20 Jahre zuvor verdächtig schnell für abgeschlossen erklärt wurde. Die erst 19jährige Mia Stark verschwand an einem Abend spurlos. Heloise reist deshalb von Kopenhagen nach Südjtland, nahe zur Grenze Deutschlands. Sie entdeckt schnell, dass Mia nicht die einzige junge Frau war, die zu dieser Zeit als abgängig gemeldet wurde. Auf dem Land gehen die Uhren anders als in der Hauptstadt. Heloise trifft auf eine Mauer des Schweigens und erkennt bald, dass die hiesige Polizei damals so einiges vertuscht hat. Sie gräbt immer tiefer und findet einige Ungereimtheiten, denen sie auf den Grund geht. Doch der Fall ist alt, ein Cold Case, und im Ort scheint niemand daran gelegen zu sein, ihn nach all den Jahren aufzuklären. Heloise möchte aber unbedingt noch vor Fischhofs Tod die Fälle aufklären, wobei sie unbewusst den Tod ihrer eigenen Eltern verarbeitet.

Im dritten Band steht diesmal Heloise im Vordergrund und Erik spielt nur eine kleine Rolle. Der Fall beginnt ruhig und wird mit der Zeit immer komplexer. Bald bringt Heloise nicht nur sich, sondern auch Erik Schäfer in Gefahr. Die Autorin setzt, wie schon in den beiden Vorgängerbänden, gekonnt falsche Fährten. Trotzdem gab es für mich, vorallem in der Mitte, so einige Längen. Auch der Fall an sich erinnert eher an einen Krimi, als an einen Thriller. Zum Ende gibt es einen richtigen Knalleffekt, den Anne Mette Hancock hervorragend inszeniert hat und der alles noch einmal auf den Kopf stellt. Diese Wendung fand ich richtig klasse! Der Rest konnte mich diesmal hingegen leider nicht so überzeugen, wie die beiden Vorgängerbände.


Fazit:
Für mich ist "Grabesstern" der bisher schwächste Band der Reihe. Über weite Teile ist der "Thriller" eher spannungsarm. Erst das phänomenale Ende macht wieder einiges wett. Trotzdem erhoffe ich mir für den nächsten Teil wieder mehr Thrillerspannung!

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Veröffentlicht am 21.02.2022

Willkommen im Mostviertel

Mostbarone
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Mit "Mostbarone" schickt Helmut Scharner den aus den Vorgängerbänden bereits bekannten Kommissar Brandner vom LKA Niederösterreich, zu einem Mord nach Neuhofen an der Ybbs. In der Zwischenzeit wurde Brandner ...

Mit "Mostbarone" schickt Helmut Scharner den aus den Vorgängerbänden bereits bekannten Kommissar Brandner vom LKA Niederösterreich, zu einem Mord nach Neuhofen an der Ybbs. In der Zwischenzeit wurde Brandner vom Kommissar zum Major befördert.
Diesmal geht es sprichwörtlich um den Most, der im niederösterreichischen Mostviertel, in dem auch ich lebe, das "Nationalgetränk" ist. Naja, nicht ganz...es ist eigentlich die Mostbirne aus der man nicht nur den Most, sondern auch Fruchtsäfte, Edelmost, Schnaps, Birnen-Frizzante oder auch Essig herstellen kann. Diese Produkte werden von den Bauern bei Mostheurigen oder auch "Ab Hof" verkauft. Zu den ausgewählten Höfen, die ganz besonders gute Qualität liefern, gehören die Mostbarone. Und genau so einer liegt tot vor seinem Hof - erschlagen mit einer Mostflasche eines Konkurrenten. Der Tote ist noch dazu der Primus der Mostbarone, Franz Haider. Seine Frau verdächtigt sofort einen Kontrahenten, mit dem ihr Mann erst vor kurzem einen Streit hatte. Die Mordwaffe trägt zusätzlich noch das Logo des Bauern. Aber wäre das nicht zu offensichtlich?
Brandner erfährt, dass der Ermordete sich in seinem Amt als Vereinsprimus nicht nur Freunde gemacht hat und er scheint obendrein eine Affäre gehabt zu haben. Die Verdächtigen werden immer mehr und Brandner beginnt zu ermitteln....

Der Regionalkrimi spielt im Sommer 2020 und Helmut Scharner hat die Corona Pandemie ebenso in die Geschichte miteinfließen lassen, wie auch die Reisebeschrämkungen. Letztere bringen die geplante Urlaubsreise von Branders Familie gehörig durcheinander. Seine beiden Teenagertöchter wollten nach Mallorca ans Meer, doch nun ist Österreichurlaub angesagt. Im Westen und im oberösterreichischen Seengebiet gibt es so kurzfristig keine freien Zimmer mehr und so bucht Brandners Frau Eva eine Woche in einem Hotel mit Pferdegestüt unweit der Blindenmarkter Auseen. Sie ahnt nicht, dass ihr Mann genau in dieser Gegend ermittelt.

Ich bin gut in den Krimi eingestiegen und liebe es, wenn ich die Orte kenne, die der Autor im Buch beschreibt. Nach dem ersten Mord geht es zuerst um Befragungen und um das Motiv. Man beginnt als Leser fleißig mitzuraten und stellt nacheinander seine eigenen Hypothesen auf. Die Handlung bewegt sich eher gemächtlich und beginnt nach den ersten 120 Seiten etwas zu schwächeln. Die Gedanken von Brandner und seiner Familie, die in kursiver Schrift dargestellt werden, haben mich eher im Lesefluss ausgebremst bzw. wurden mir zu oft eingesetzt. Das Privatleben des Majors und seiner Familie war mir diesmal zu präsent und hat leider die Ermittlungen in den Hintergrund gestellt. Doch ab der Mitte des Krimis beginnt die Geschichte langsam eine überraschende Wendung zu nehmen und wird immer spannender. Ab diesem Zeitpunkt konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen und habe den Rest in einem Rutsch durchgelesen.
Helmut Scharner gelingt es nach dem Durchhänger in der Mitte einige spannende Wendungen einzubauen. Der Krimi gewinnt an Fahrt und endet in einem tollen Showdown. Die Auflösung des Falles konnte mich auf jeden Fall überzeugen.

Schreibstil:
Helmut Scharner schreibt flüssig und sehr dialoglastig. Die Kapitel sind kurz gehalten und am Kapitelanfang findet man Ort, Datum und Uhrzeit. Es gibt auch Kapitel, die einige Wochen vor der Tat spielen und in Rückblenden erzählt werden. Wechselnde Perspektiven sorgen für Dynamik.
Der Regionalkrimi ist atmosphärisch und birgt viel Lokalkolorit. Leser, die nicht aus der Gegend kommen, erfahren zusätzlich mehr über die Herstellung von Most und über die Rituale rund um die Mostbarone. Einiges davon war auch mir neu ;)

Fazit:
Ein eher gemächtlicher Regionalkrimi, der im letzten Drittel aber sehr an Fahrt aufnimmt und mit einem tollen Ende glänzt. Bis dahin empfand ich allerdings das Privatleben des Ermittlers als zu präsent. Als Mostviertlerin hat mir natürlich das Lokalkolorit sehr gefallen und ich freue mich auf weitere Krimis aus meiner Gegend.

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Veröffentlicht am 16.02.2022

Familiengeschichte mit vielen Themen

Der Friesenhof
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Ostfriesland - für mich ein unbeschriebenes Blatt. Bisher habe ich diese Gegend nur buchtechnisch bereist, aber leider nicht im richtigen Leben. Marschland ist mir bergverwöhnte Österreicherin völlig unbekannt.
Fenja ...

Ostfriesland - für mich ein unbeschriebenes Blatt. Bisher habe ich diese Gegend nur buchtechnisch bereist, aber leider nicht im richtigen Leben. Marschland ist mir bergverwöhnte Österreicherin völlig unbekannt.
Fenja Lüders bringt mir mit ihrem neuen Roman "Der Friesenhof - Auf neuen Wegen" diese Gegend näher.

Leider haben wir hier wieder einen Klappentext, der nicht wirklich zum Inhalt des Buches passt. Das Thema Tee ist kaum oder nur wenig behandelt. Vielmehr geht es um den titelgebenden Friesenhof und das bäuerliche Leben nach dem Krieg. Und es steht auch nicht Gesa im Mittelpunkt, sondern viel mehr ihre jüngere Schwester Hanna.
Die Geschichte beginnt mit dem Tod des Vaters, Onno de Vries, der plötzlich und unerwartet an einer Blutvergiftung stirbt. Es bleiben seine Ehefrau und die gemeinsamen Töchter Gesa und Hanna, sowie die alte Tanti übrig. Der einzige Sohn blieb im Krieg. Zu dieser Zeit ist es üblich, dass nur ein männliches Oberhaupt den Hof weiterführen soll und der Streit ums Erbe beginnt. Günther, der Mann der dritten Schwester Helga, beansprucht den Hof für sich. Sollten die Familie sein Ansinnen ablehnen, besteht er auf die Auszahlung des Erbes von Helga, welches Günther bei der Hochzeit als unzureichend fand. Hanna und Gesa sind empört und versuchen alles, damit ihr Schwager den Hof nicht bekommt. Während Hanna gemeinsam mit den Knechten und Flüchtlingsfrauen den Hof so gut es geht bewirtschaftet, versucht Gesa auswärts zusätzlich Geld zu verdienen. Doch die Vorurteile sind groß und die eingefahrenen Ansichten der Dörfler nur schwer zu vertreiben. Können sie den Hof retten?

Fenja Lüders erzählt die Geschichte abwechselnd aus der Perspektive von Gesa und Hanna, wobei nicht die im Klappentext erwähnte Gesa im Vordergrund steht, sondern Hanna. Das hat mich bereits bei der Leseprobe etwas verwirrt, ist aber eigentlich egal.
Was mich viel mehr störte, war der Tee, der nur am Rande vorkam. Der Untertitel "Die Teehändler-Saga" lässt einen anderen Inhalt erwarten, wobei wieder der Titel "Der Friesenhof" perfekt zur Geschichte passt. Irgendetwas ist da beim Verlag schief gelaufen, denn der Leser hat andere Erwartungen an die Geschichte. Das ist schade, denn die Handlung lässt sich sehr flüssig lesen und wir erleben einige interessante und spannende Vorfälle, die mich das Buch kaum aus der Hand legen ließ.

Die Autorin greift in ihrer Geschichte eine Vielzahl von Themen auf. Dies sind vorallem die gesellschaftlichen Rollenbilder der damaligen Zeit, aber auch das Schicksal von Fremdarbeitern, die Nachwirkungen des Nationalsozialismuses bis hin zu sexuellem Missbrauch.
Hingegen vermisst habe ich die Einblicke in den Teehandel. Die Abschnitte rund um Gesa im Teekontor greifen zwar das Thema auf, aber schon bald rückt die Liebesgeschichte in den Vordergrund. Diese konnte mich leider nicht richtig abholen. Der bereits verheiratete Keno war mir nicht wirklich sympathisch. Außerdem konnte ich mir nicht vorstellen, dass Gesa innerhalb weniger Wochen die richtige Ostfriesenmischung beherrscht, womit andere Jahre benötigen.

Besonders gut umgesetzt fand ich hingegen die anhaltende Feindlichkeit und die Vorurteile gegenüber den ehemaligen Fremdarbeitern. Wie tief diese Vorurteile verwurzelt sind erleben wir an Tomek, der Knecht auf dem Friesenhof ist. Nach Kriegsende kehrt er nicht nach Polen zurück, sondern er sieht seine Zukunft in Deutschland. Dies liegt nicht nur daran, dass alle seine Familienangehörigen tot sind, sondern auch an Hanna. Doch eine Beziehung zwischen einen Fremdarbeiter und einer Bauerntochter ist unmöglich.

Wenn ich auch einige Kritikpunkte habe - die Autorin konnte trotzallem mit ihrem wunderbaren Schreibstil punkten. Die Geschichte liest sich flüssig und bildhaft. Ebenso hat Fenja Lüders viel Lokalkolorit einfließen lassen. Die Nachkriegszeit wurde sehr treffend dargestellt und man muss hier oftmals kräftig schlucken, wenn die Auswüchse des braunen Mobs noch immer vorhanden sind.
Die zahlreichen Charaktere wurden authentisch dargestellt, obwohl manche etwas eindimensional und schwarz-weiß gezeichnet wurden.

Fazit:
Der Auftakt der neuen Teehändler-Saga von Fenja Lüders lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Der Klappentext verspricht eine andere Geschichte, als wir sie tatsächlich erhalten. Wer sich darauf einlässt nur wenig Tee zu finden, bekommt eine turbulente, teils tragische Familiengeschichte präsentiert, die viele andere Themen aufzeigt und von einer schwierigen Zeit erzählt. Die Geschichte rund um Gesa konnte mich allerdings trotzdem nicht wirklich begeistern, während ich Hanna ins Herz geschlossen habe.

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Veröffentlicht am 08.02.2022

Schuld und ein Geheimnis

Das Geheimnis
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Die Rezension zu Ellen Sandbergs neuem Roman fällt mir diesmal etwas schwer. Bisher hat mir von ihren Romanen, die sie unter Pseudonym schreibt, ihr erstes Buch "Die Vergessenen" am besten gefallen. Dieser ...

Die Rezension zu Ellen Sandbergs neuem Roman fällt mir diesmal etwas schwer. Bisher hat mir von ihren Romanen, die sie unter Pseudonym schreibt, ihr erstes Buch "Die Vergessenen" am besten gefallen. Dieser beschäftigt sich mit dem Thema der Euthanesie im Zweiten Weltkrieg.

Diesmal haben wir in "Das Geheimnis" drei verschiedene Zeitebenen: 1945, 1975 und 2020. Zuerst sind wir in der Gegenwart bei Ulla, einer Frau Ende Fünfzig, mit der ich mich - trotz ähnlichem Alters - kaum identifizieren konnte. Frisch geschieden und ohne Existenzängste begibt sie sich an den Platz ihrer Kindheit, den sie als Neunjährige verlassen musste. Als sich ihre Eltern scheiden ließen, zog ihre Mutter Helga in eine Kommune auf einem Hof in Moosleiten am Chiemsee. Ulla liebte das freie Leben in der Natur und hatte gleichaltrige Freunde, als ihre Mutter sie von einem Tag auf den anderen zu ihrem Vater schickte und sie nicht mehr sehen wollte, was Ulla natürlich sehr verstörte. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter wurde dadurch sehr schwierig und bis heute leidet Ulla an dieser Zurückweisung. In Moosleiten erhofft sie sich Antworten auf einige ihrer Fragen und findet im Nachlass besprochene Kassetten, die an sie gerichtet sind.
Helga litt unter einem schweren Trauma. Die damalige Flucht aus Schlesien hat ihr Leben zerstört und ließ sie zerbrochen zurück. Sie war voller Selbsthass und selbstzerstörerisch, bis sie dann eines Tages ihrem Leben ein Ende setzte. Ulla beginnt daraufhin einige Seiten ihrer Mutter zu verstehen. Bald überfallen sie Zweifel, ob Helga wirklich Selbstmord begangen hat, da sie erst wieder eine neue Liebe gefunden hat.
Ulla kommt seit kurzem ebenfalls nicht mehr mit ihrer Tochter klar. Sandra möchte Abstand von ihrer "Helikopter-Mutter", als die sich Ulla aber keineswegs sieht.
Als dritte Frau kommt Luise ins Spiel, die schon am Mossleiten Hof wohnte, als auch Helga sich der Künstlerkommune angeschlossen hatte. Durch Luise erhofft sich Ulla ebenfalls Antworten betreffend ihrer Mutter.

Der Roman von Ellen Sandberg behandelt vorallem ein Mutter-Tochter-Problem, welches sich über drei Generationen zieht. Gestört hat mich, dass alle wohlhabend sind und keinerlei Existenzprobleme haben. Selbst Helga schien sich nie Sorgen machen zu müssen, wie sie die kommenden Wochen und Monate am Chiemsee verbringen kann. Einzig Luise muss jeden Euro umdrehen. Doch sie ist voller Neid und schwelgt noch immer in ihren Erinnerungen aus der Vorkriegszeit, wo sie ein luxuriöses Leben führte. Durch die Flucht aus Schlesien hat sie alles verloren. Sie sieht jedoch bis heute nicht ein, dass ihr kein Leben in Luxus mehr zustehen soll. Keine der drei Frauen war mir sonderlich sympathisch, denn jede von ihnen sucht die Schuld bei den anderen und nicht bei sich selbst. Sie sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um miteinander zu reden und kleine Probleme auszudiskutieren. Schlussendlich werden dieser immer größer bis es zur Eskalation kommt.
Die Atmosphäre im Roman wirkt dadurch manchmal etwas düster, vorallem wenn es um die etwas entartete Kunst von Helga geht.
Teilweise tritt die Handlung auf der Stelle und es gibt doch auch einige Längen. Der Schreibstil lässt sich wie gewohnt sehr gut lesen, ist bildhaft und detailliert. Die Charaktere sind lebendig, bleiben aber diesmal etwas eindimensional.
Das Ende war für mich nicht ganz schlüssig. Ich kann aber nicht näher darauf eingehen, ohne zu Spoilern. Sagen wir so...ich kann die Handlungsweise nicht ganz nachvollziehen....wer das Buch gelesen hat, weiß hoffentlich, was ich meine.

Fazit:
"Das Geheimnis" ist ein Familienroman voller psychologischer Abgründe, der für mich allerdings nicht ganz an die anderen Romane der Autorin anschließen kann. Zusätzlich sind mir alle Figuren nicht wirklich sympathisch, was aber die Bewertung deswegen nicht beeinträchtigt.

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