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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.12.2022

Ziemlich heftig

Die Grenze der Dunkelheit
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„...Jede Weiterentwicklung ist schmerzhaft. Wer Neues entdecken will, muss akzeptieren, dass nicht alle den Weg dorthin überstehen...“

Als Ishmael diese Worte von sich gibt, ahnt er nicht im Mindesten, ...

„...Jede Weiterentwicklung ist schmerzhaft. Wer Neues entdecken will, muss akzeptieren, dass nicht alle den Weg dorthin überstehen...“

Als Ishmael diese Worte von sich gibt, ahnt er nicht im Mindesten, was noch auf ihn zu kommt.
Der Autor hat eine spannende, aber teilweise sehr heftige Geschichte geschrieben. Ich hatte mit SF gerechnet, weniger mit Horrorszenarien.
Der Roman folgt nicht dem zeitlichen Ablauf der Handlung. Dadurch ergibt sich ein hoher Spannungsbogen.
Erin macht sich in einem Raumschiff mit ihrer Frau, der Ärztin Jantila, auf den Weg, um das Forschungsschiff ihres Großvaters Ishmail Molina zu finden. Der wollte durch ein Portal die Galaxis erreichen. Erin hatte von einem Fremden einen Datenträger ihres Großvaters erhalten. Wie das funktioniert hat, wurde mir allerdings im Laufe des Buches nicht klar.
Es gelingt ihnen, am Rande des Sonnensystems das Raumschiff zu finden. Was sie dort vorfinden, wirft eine Reihe an Fragen auf.
Erst nach und nach wird deutlich, dass Ishmail bei dieser Reise mit dem Leben der Besatzung gespielt hat. Er wollte einen Evolutionsschub für die Erde. Es gelingt ihm gerade noch, eine Warnung auszusprechen. Die Rückkehr des Raumschiffs aus dem Portal könnte das Ende des bisherigen Lebens bedeuten.
Die astronomischen und physikalischen Hintergründe der Geschichte werden nach und nach verdeutlicht. Hier werden ein bisschen Fakten der Quantenphysik eingezogen. Die technische Seite allerdings kommt mir zu kurz.
Wer aktionsreiche SF mag, ist bei dem Buch richtig.

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Veröffentlicht am 16.02.2022

Unser "liebes" Geld

Inflation ausbremsen
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„...Aber woran liegt es eigentlich, dass immer alles teurer wird? Ja, vor allem: Was kannst du tun, damit die Teuerung dich persönlich nicht so sehr trifft? Das sind die beiden wesentlichen Fragen, denen ...

„...Aber woran liegt es eigentlich, dass immer alles teurer wird? Ja, vor allem: Was kannst du tun, damit die Teuerung dich persönlich nicht so sehr trifft? Das sind die beiden wesentlichen Fragen, denen wir in diesem Buch auf den Grund gehen werden...“

Durch diese Sätze weiß ich, was mich erwartet. Der Autor stellt außerdem klar, dass es kein wissenschaftliches Buch zum Thema ist. Trotzdem hätte ich mir gerade bei der Frage nach den Ursachen der Inflation ein tieferes ökonomisches Eindríngen gewünscht.
Gut gefallen hat mir der Ansatz, dass aufgezeigt wird, wie jeder durch sein persönliches Verhalten zur Inflation beiträgt. Auch der Zusammenhang von Angebot und Nachfrage wird angesprochen.
Deutlich wird, dass nicht jede Preissteigerung etwas mit Inflation zu tun hat, sondern manchmal dem höheren Standard geschuldet ist. Gerade beim Bezug auf Autos wird das verdeutlicht.
Bei den Beispielen, wie man mehr aus seinem Geld machen kann, bleibt der Autor eher bei wenig differenzierten Ratschlägen. Das hat er allerdings schon im Vorwort angekündigt.
Umsteigen auf billigere Produkte ist eben nur punktuell eine Lösung. Gerade im Lebensmittelbereich bedeutet das, Umweltstandards als weniger wichtig zu betrachten und den einen oder anderen Inhaltsstoff außer Acht zu lassen.
Eines allerdings muss man dem Buch lassen: Es regt zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten an, ermöglicht einen neuen Blick auf den Wert des Geldes und lässt auch kontroverse Gedanken zu den Vorschlägen des Autor hochkochen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er ist verständlich. Mit Fachbegriffen hält sich der Autor zurück. Sind sie doch notwendig, werden sie kurz erklärt.
Insgesamt hat mir das Buch als Ideengeber gut gefallen.

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Veröffentlicht am 12.02.2022

Suche nach dem perfekten Leben

Die Mitternachtsbibliothek
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„...Das Universum tendiert zu Chaos und Entropie. Das sind die Grundlagen der Thermodynamik. Vielleicht sind es auch die Grundlagen des Daseins...“

Diese Gedanken gehen Nora durch den Kopf. Sie hätte ...

„...Das Universum tendiert zu Chaos und Entropie. Das sind die Grundlagen der Thermodynamik. Vielleicht sind es auch die Grundlagen des Daseins...“

Diese Gedanken gehen Nora durch den Kopf. Sie hätte viele Möglichkeiten im Leben gehabt, ist aber in ihrem Heimatort hängengeblieben. Nun hat sie ihren Job verloren, ihr Kater ist gestorben und ihr Bruder ist auf sie sauer. Sie beschließt zu sterben.
Der Autor hat einen philosophisch und physikalisch angehauchten Roman geschrieben. Die Geschichte ließ sich anfangs flott lesen. Gegen Ende aber weist sie unerwartet Längen auf.
Nachdem Nora sich mit Tabletten vollgepumpt hat, landet sie in einer Bibliothek. Hier trifft sie Mrs Elm wieder. Es ist die Bibliothekarin ihrer Kindheit, die einst mit ihr Schach gespielt hat.
Die Bibliothek enthält Bücher mit all den Leben, die es für Nora gegeben hätte, wenn sie an den Abzweigungen ihres eigenen Lebens andere Entscheidungen getroffen hätte. Auch jetzt führen beide spannende Gespräche.

„...Doch Mrs Elm schüttelte den Kopf. „So funktioniert das nicht mit dem Tod.“ „Warum nicht?“ „Du gehst nicht zum Tod. Der Tod kommt zu dir.“...“

Nach und nach probiert Nora aus, was passiert wäre, wenn sie sich anders entschieden hätte. Doch sie muss begreifen, dass sie damit plötzlich in fremde Leben einsteigt. Ihr fehlt das Wissen der Vergangenheit. Und keines dieser Leben ist wirklich ihr Leben. Mich fesseln die Gespräche, nicht die Handlung.

„...“Katzen sind zu ungehorsam“, sagte er und klang jetzt ganz wie der Bruder, den sie in Erinnerung hatte. „Hunde kennen ihren Platz.“ „Ungehorsam ist das wahre Fundament der Freiheit. Die Gehorsamen sind Sklaven.“...“

Während ich die ersten neuen Leben noch nachvollziehen kann, wird es mir am Ende zu viel des Guten. Hier wäre weniger besser gewesen. Klar spricht die Quantenphysik von unzähligen Multiversen. Doch Nora bringen die Erlebnisse eher durcheinander, als das sie sie weiterbringen. Nur wenige der Erlebnisse zeigen ihr, was sie wirklich will. In Todesangst begreift sie, dass sie leben will. Und sie ist noch jung genug, dass ihre alle Möglichkeiten offenstehen. Sie muss sich nur trauen. Gut finde ich den Vergleich zwischen Leben und Schachspiel.

„...Und es gibt nicht den richtigen Weg, die Partie zu spielen; es gibt viele Wege. Im Schach wie im Leben basiert alles auf Möglichkeiten...“

Eines wird deutlich herausgearbeitet. Der Mensch ist kein Einzelwesen. Jede Entscheidung, die Nora fällt, beeinflusst das Leben andere Menschen, mal positiv, mal negativ. Das erfährt sie bei ihrer Reise durch die Möglichkeiten.
Trotz manchem Kritikpunkt hat mir die Geschichte sehr gut gefallen.


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Veröffentlicht am 07.12.2021

Die Geschichte ihres Großvaters

Der Rote Drache oder Die Frau am Klavier
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„...Wenn ich meine Lebenserinnerungen neiderschreibe, so will ich damit kein literarisches Werk erschaffen, das einen Vergleich mit den Erinnerungen berühmter Männer aushalten soll...“

Diese Worte schreibt ...

„...Wenn ich meine Lebenserinnerungen neiderschreibe, so will ich damit kein literarisches Werk erschaffen, das einen Vergleich mit den Erinnerungen berühmter Männer aushalten soll...“

Diese Worte schreibt Walther Hultsch 1943 nieder. In dem Buch hat die Autorin die Hinterlassenschaft ihres Großvaters aufgearbeitet und durch historische Fakten ergänzt. Allerdings endet ihre Geschichte nicht 1943, sondern sie führt weiter in die Gegenwart.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Dabei ist zu beachten, dass die Geschichte nicht zeitlich linear erzählt wird. So beginnt sie zum Beispiel in Moritzburg in den 1980er Jahren.
Dann wechselt die Geschichte ins Jahr 1826 ins Lausitzer Bergland. Solche Zeitsprünge gibt es immer wieder. Eingeflochten werden ebenfalls Erinnerungen und Lebensläufe anderer Personen. Ich erfahre eine Menge über die Kindheit von Walther. Das kulturelle Leben spielt in der Familie eine besondere Rolle. Den Aufzeichnungen ist zu entnehmen, was Walther wichtig war. Das wurde ausführlich geschildert. Politische Fragen werden logischerweise persönlich gefiltert. Das zeigt sich insbesondere bei der Darstellung der Kriegsziele europäischer Staaten vor dem Ersten Weltkrieg. Während die Autorin an anderen Stellen gern weitere Dokumente zitiert, lässt sie diese Meinungen unkommentiert stehen.
Das persönliche Leben wird detailliert wiedergegeben. Das betrifft auc hdas Leben im Hause seiner Ehefrau.

„...Je nach Tageszeit kamen die unterschiedlichen Meißner Porzellane zum Einsatz, wie das Gedeck Ming – Drache, auch einfach Roter Drache genannt. Es gab allerhand Personal...“

Der Zweite Weltkrieg bedeutet einen Einschnitt. Walther arbeitet zwar als Jurist bei der Polizei, geht aber in den Widerstand. Sein christlicher Glaube und seine Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg sind dabei wichtige Triebkräfte.
Viele Bilder geben dem Buch seine Authentizität.
Das Buch hat mir gut gefallen. Manchmal aber hätte ich mir eine klarere Struktur gewünscht.

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Veröffentlicht am 13.11.2021

Realistische Geschichte

Elise, das singende Domkind
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...Solange sich Elise erinnern konnte, war der Monat Dezember in ihrer Heimatstadt am Fuße des Erzgebirges etwas Besonderes, nicht nur weil Elise zwei Tage vor Weihnachten Geburtstag hatte, sondern weil ...

...Solange sich Elise erinnern konnte, war der Monat Dezember in ihrer Heimatstadt am Fuße des Erzgebirges etwas Besonderes, nicht nur weil Elise zwei Tage vor Weihnachten Geburtstag hatte, sondern weil in diesem Monat die Stadt und selbst die grauen, einst schönen Häuserfassaden glitzernd verzaubert zu sein schienen...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein Buch, das mich als Leser in das Jahr 1982 führt. Im Mittelpunkt steht die knapp 12jährige Elise mit ihrer Familie.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er bringt die Lebensfreude des Mädchens zum Ausdruck, zeigt aber auch die Konflikte der Zeit.
Elises Vater ist Tierarzt. In seiner Kleintierpraxis hilft die Mutter mit. Sie legt Wert auf die musische Erziehung ihrer Kinder, stößt dabei beim Vater aber nicht unbedingt auf Gegenliebe. Das kann dann schon mal so klingen:

„...Die Tonleitern sägen an meinen Nerven, und wenn Elise bei den Akkorden danebengreift, löst das mitunter bei mir sogar einen Migräneanfall aus...“

Elise ist mir nicht in jeder Beziehung sympathisch. Klar ist sie in einem schwierigen Alter. Aber auch dann sollte man es mit der Wahrheit etwas genauer nehmen.
Gegenüber Tieren ist Elise sehr einfühlsam. Oft kümmert sie sich um Asko, den Hund des Kantors Darian. Mit ihm sind ihre Eltern befreundet.
Natürlich geht auch in der Schule nicht alles glatt. Es gibt solche und solche Lehrer. So kann die Musiklehrerin nicht verstehen, warum das Mathegenie der Klasse beim Singen völlig talentfrei ist.
Elises Vater wird auch ab und an zu Bauern gerufen. Die Bezahlung kann dabei durchaus in Naturalien erfolgen.
Ab und an durchzieht die Geschichte ein feiner Humor. Sehr realistisch wird der Zwiespalt zwischen dem Auftreten in der Öffentlichkeit und vorsichtig geäußerter politischer Meinung im privaten Kreis wiedergegeben. Dabei gibt es selbst in einer Familie unterschiedliche Meinungen.
Begriffe, die in der DDR üblich waren, werden gut im Text erklärt. Es geht vor allem um Geschäfte, die höherwertige Waren im Angebot hatten.
Sehr schön finde ich den Notenschlüssel zu Beginn jedes Kapitels.
Das Buch hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Es ermöglicht einen Einblick in eine Zeit, die nun auch schon wieder etliche Jahre zurückliegt. Damit ist es eine Art Momentaufnahme aus einer Kleinstadt.

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