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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.02.2022

Familiengeheimnisse

Die andere Tochter
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Toni ist 39, entrümpelt in Berlin die Häuser Verstorbener und befindet sich in einer unbefriedigenden On-Off-Beziehung, als sie bei einem Arbeitsunfall fast das Augenlicht verliert. Die einzige Rettung ...

Toni ist 39, entrümpelt in Berlin die Häuser Verstorbener und befindet sich in einer unbefriedigenden On-Off-Beziehung, als sie bei einem Arbeitsunfall fast das Augenlicht verliert. Die einzige Rettung ist die Transplantation der Hornhaut einer Verstorbenen. Als sich Clara Mertens, die Mutter der Cornea-Spenderin Zsazsa, bei Toni meldet, ändert sich ihr Leben komplett. Sie besucht die Familie in Frankfurt und ist direkt fasziniert von deren vollkommen anderen Lebensstil, sie fühlt sich zugehörig, verwandelt sich in Antonia, die so ganz anders ist als die Toni aus Berlin. Und sie hat immer wieder das Gefühl, dass in ihr eine weitere Person lebt, die ihre Schritte lenkt…

Die andere Tochter ist ein vielschichtiger, intelligenter und spannender Roman. Erzählt wird auf verschiedenen Zeitebenen und auch die Erzählperspektiven wechseln vom Ich-Erzähler in die Beobachter-Perspektive, bis sich alle Ebenen zu einem unerwarteten Ende vereinen. Dabei wird der innere Kampf einer traumatisierten Persönlichkeit sehr eindrucksvoll geschildert. Ein weiteres großes Thema des Buches ist die Beutekunst der Nazizeit und deren Verbleib. Das ist so spannend und fesselnd geschrieben, dass man diesen Roman kaum noch aus der Hand legen kann.

Mein Fazit: ein fesselnder und bewegender Roman über Traumata, Vergangenheitsbewältigung und Familiengeheimnisse. Für mich eines der Lesehighlights des Jahres!

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Veröffentlicht am 16.02.2022

Spannender Thriller

Böse
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Wer kennt sie nicht, die idyllisch gelegenen kleinen Ortschaften, in denen alles bilderbuchmäßig ordentlich und gepflegt ist und bei denen man sich direkt denkt, hier wäre es sicher toll, zu leben. Sicher ...

Wer kennt sie nicht, die idyllisch gelegenen kleinen Ortschaften, in denen alles bilderbuchmäßig ordentlich und gepflegt ist und bei denen man sich direkt denkt, hier wäre es sicher toll, zu leben. Sicher und ordentlich. Das denkt sich auch Katharina Bosch, als sie frisch geschieden mit ihrer 17-jährigen Tochter Fenja nach Hussfeld zieht, einem 2000-Seelen-Dorf im Erzgebirge. Das sicherste Dorf Deutschlands, in dem nie etwas passiert. Doch dann verschwindet Fenja spurlos und Katharina muss feststellen, dass sie vollkommen auf sich alleine gestellt ist. Denn die Dorfbewohner, die von Anfang an die beiden alleinstehenden Frauen misstrauisch beobachtet haben, wollen nicht helfen. Schnell wird klar: in Hussfeld ist es nicht so idyllisch, wie es auf den ersten Blick erscheint…

Mit Böse hat Jonas Wagner einen wirklich spannenden, atmosphärisch dichten Thriller geschrieben, der von der ersten Seite an den Spannungsbogen stetig steigert. Man kann die Abneigung und das Misstrauen der Dorfbewohner gegen die Frau aus der Stadt förmlich spüren und erhält tiefe Einblicke in die Gedanken- und Gefühlswelt der verzweifelten Mutter. Und über allem schwebt das Motiv von Schuld und Buße.

Mein Fazit: ein spannender faszinierender Thriller, absolut lesenswert!

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Veröffentlicht am 16.02.2022

Deutsche Geschichte im Kalten Krieg

Die Experten
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Als die Familie 1961 von Hamburg nach Kairo zieht, geschieht dies aus wirtschaftlichen Gründen. Deutschland darf nach dem Krieg keine Rüstungsindustrie haben und Friedrich Hellberg ist Flugzeugbauer. Was ...

Als die Familie 1961 von Hamburg nach Kairo zieht, geschieht dies aus wirtschaftlichen Gründen. Deutschland darf nach dem Krieg keine Rüstungsindustrie haben und Friedrich Hellberg ist Flugzeugbauer. Was die Familie in Kairo erlebt, ist unglaublich und doch wahr; Nasser hat gerufen und die deutschen Experten sind gekommen, unter ihnen viele ehemalige Nazis. Schnell entbrennt ein Spionagekrieg, denn sowohl der Mossad als auch der BND bespitzeln die Ingenieure und Wissenschaftler und es dauert nicht lange, bis es Tote gibt.

Dieses Buch ist mehr als ein Politthriller. Äußerst vielschichtig und kurzweilig zu lesen berichtet Merle Kröger von dem Aufeinandertreffen gegensätzlicher Kulturen: auf der einen Seite die ägyptisch-arabische, in der es durchaus emanzipierte Frauen und hoffnungsvolle Jungingenieure gibt, die sich den alten Traditionen beugen; auf der anderen die nicht weniger in alten Strukturen verhafteten deutschen Experten, die sich für unglaublich fortschrittlich und überlegen halten. Und dann sind da noch alle die alten Nazis, die Politiker, die ein doppeltes Spiel treiben und undurchsichtige Agenten.
Das alles vor der wunderschönen Kulisse Kairos und der Wüste.
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Das alles ist keineswegs reine Fiktion, es ist – wie Merle Kröger selber schreibt – ein dokumentarischer Roman, der äußerst gut recherchiert und belegt ein unglaublich klares Bild jener gefährlichen Zeit widerspiegelt. Kein Roman, den man schnell runterlesen kann, dazu ist er viel zu bewegend und schockierend.

Mein Fazit: ein aufwühlender Roman, der einen anregt, sich mehr mit der deutschen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Absolut lesenswert!

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Veröffentlicht am 16.02.2022

Aufwühlender autobiographischer Roman

Das achte Kind
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Schon als Kind erfährt Alem, was es heißt, nirgendwo richtig zuhause zu sein. Geboren in Würzburg als Sohn einer kroatischen Fabrikarbeiterin, die einst in der Hoffnung auf ein besseres Leben ihre Heimat ...

Schon als Kind erfährt Alem, was es heißt, nirgendwo richtig zuhause zu sein. Geboren in Würzburg als Sohn einer kroatischen Fabrikarbeiterin, die einst in der Hoffnung auf ein besseres Leben ihre Heimat verließ, und eines Bosniers, der ein Krimineller war, wächst er bei einer deutschen Pflegefamilie auf. Hier fehlt es dem Jungen an nichts und sein Leben könnte perfekt sein. Doch sein Pflegevater Robert ist ein Nazi und der neue Mann im Leben seiner Mutter ist ein Alkoholiker, der Frau und Kind verprügelt. In der Schule wird Alem für seine jugoslawische Herkunft beschimpft, bei Besuchen in Jugoslawien wird er als Deutscher schräg angesehen. Doch Alem zerbricht nicht an seinem schweren Leben sondern geht seinen Weg und zeigt, dass man immer eine Chance hat.

Mich hat dieser Roman beeindruckt und sehr berührt. Beeindruckt hat mich der ruhige und sachliche Ton, mit dem Alem Grabovac seine eigene schwere Kindheit und Jugend beschreibt und trotzdem beim Leser starke Emotionen hervorruft. Und ganz nebenbei erfährt man auch einiges über das schwere Leben im ehemaligen Jugoslawien unter Tito und den beginnenden Kriegen in dem ehemaligen Vielvölkerstaat.

Mein Fazit: ein aufwühlender autobiographischer Roman, der lange im Gedächtnis bleibt. Harte Kost!

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Veröffentlicht am 16.02.2022

Wunderbarer Coming-of-Age Roman

Big Sky Country
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August wächst auf der Farm seines Vaters in Michigan auf. Das Leben ist einfach, die Arbeit hart, aber August fühlt sich wohl damit. Nur die Tatsache, dass seine Mutter in einem kleinen Haus auf dem Farmgelände ...

August wächst auf der Farm seines Vaters in Michigan auf. Das Leben ist einfach, die Arbeit hart, aber August fühlt sich wohl damit. Nur die Tatsache, dass seine Mutter in einem kleinen Haus auf dem Farmgelände wohnt, während die Aushilfe Lisa bei seinem Vater eingezogen ist, ist betrüblich und schwierig. Schließlich zieht Augie mit seiner Mutter nach Montana, ins Big Sky Country. Und anstatt zu studieren und ein besseres Leben als sein Vater anzustreben, zieht er los und sucht sich einen Job auf einer Farm. Sein Leben ist ruhig, entspannt, schlafen, essen, arbeiten, schlafen. Abwechslung bieten nur die gelegentlichen Kneipentouren mit seinem Freund Tim und die Rodeos. Wenn nicht die Mädchen wären, die immer Ärger bedeuten, wäre August mit seinem Leben vollauf zufrieden……

Big Sky Country ist ein gelungener, ruhiger, entspannter Roman über das Erwachsenwerden. Vor der großartigen Kulisse der Berge Montanas wird aus einem Jungen ein richtiger Mann, ein Farmer, ein wortkarger Einzelgänger, der die Dinge beobachtet und einfach seinen Weg geht. Natürlich gibt es die kleinen und großen Dramen und Tragödien, die unser Leben so mit sich bringt, und an einigen Stellen bietet dieser Roman auch interessante philosophische Betrachtungen. Vor allem zeichnet Wink ein eindrucksvolles Bild der kleinen Leute in Amerika, die mit wenig Geld und viel Arbeit, mit einer Menge Alkohol und Schimpfwörtern ihr Leben bestreiten, dem rauen Klima trotzen und versuchen, das Beste aus ihrer Situation zu machen.

Mein Fazit: ein schöner ruhiger Coming-of-Age-Roman für entspannte Stunden. Absolut lesenswert.

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