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Veröffentlicht am 20.03.2022

In einem Tropfen Wasser befinden sich alle Geheimnisse der Ozeane. (Kahlil Gibran)

Gestrandet in Cornwall
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1813 Cornwall. Als Waise hat Laura Callaway Aufnahme in der Familie ihres Onkels Matthew gefunden und lebt mit ihnen zusammen in einem kleinen Fischerort an Cornwalls Küste, wo neben Schmuggel und Strandgut ...

1813 Cornwall. Als Waise hat Laura Callaway Aufnahme in der Familie ihres Onkels Matthew gefunden und lebt mit ihnen zusammen in einem kleinen Fischerort an Cornwalls Küste, wo neben Schmuggel und Strandgut sammeln der tägliche Fischfang das Leben der Menschen bestimmt. Bisher hat sich Laura noch nicht richtig eingelebt und flüchtet sich immer wieder an den Strand, wo sie Treibgut einsammelt, dessen Verkauf zum Unterhalt der Familie beitragen soll. Als eines Tages ein Schiff vor der Küste kentert, rettet Laura einen Verletzten und nimmt sich seiner Pflege an. Schon bald entspinnt sich zwischen Laura und dem geheimnisvollen Fremden namens Alexander eine vertraute Nähe, doch vieles, was Alexander ihr berichtet, stimmt nicht mit den Dingen überein, die Laura auffindet. Wird Laura das Geheimnis um Alexander lüften können?
Julie Klassen hat mit „Gestrandet in Cornwall“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der den Leser ins 19. Jahrhundert zurückversetzt, um dort das Küstenleben Cornwalls zu erkunden und vor allem in die Geschichte von Alexander und Laura einzutauchen. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zur Zeitreise ein, um Laura nicht nur auf Schritt und Tritt folgen zu können, sondern auch ihre Gedanken- und Gefühlswelt kennenzulernen. Laura fühlt sich bei der Familie ihres Onkels zwar geduldet, aber nicht wirklich zugehörig, deshalb flüchtet sie sich in das Sammeln von Strandgut, um dann die eigentlichen Besitzer ausfindig zu machen, was ihr ein wenig Ablenkung von der familiären Situation beschert. Ihr größtes Fundstück ist allerdings der verletzte Alexander, der ihr immer mehr Rätsel aufgibt. Mit farbenfrohen Worten beschreibt Klassen die Landschaft Cornwalls sowie die dort lebenden Bewohner, die in Küstennähe vorbeiziehenden Schiffe sowie das angespülte Treibgut, dass die Menschen sammeln und für ihren Lebensunterhalt verkaufen, so dass der Leser dies alles gut vor dem inneren Auge sehen kann. Während die Autorin die politischen und gesellschaftlichen Verbindungen zwischen Cornwall und Frankreich aufzeigt, liefert sie dem Leser so allerhand historisches Hintergrundwissen direkt mit. Dabei erfährt dieser auch allerlei über die damals gängigen Bräuche und Traditionen der damaligen Zeit. Der christliche Aspekt spielt in dieser Geschichte ebenfalls eine Rolle, denn es geht um Zweifel und Verlustängste, um Schuld und Vergebung, vor allem aber um Gottvertrauen, dass einen durch dunkle Zeiten bringt.
Die Charaktere sind lebhaft in Szene gesetzt und können mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften überzeugen. Der Leser heftet sich gern an ihre Fersen, um mit ihnen gemeinsam ein Abenteuer zu erleben. Laura musste in ihrem jungen Leben schon einiges durchleben, ihre Unsicherheit und Zweifel merkt man ihr an. Sie ist hilfsbereit und mitfühlend, dabei hartnäckig und ehrlich. Alexander Lucas ist ein Ehrenmann, doch umgibt ihn ein Geheimnis, das gelüftet werden will. Lauras Onkel Matthew ist ein liebenswürdiger, freundlicher Mann mit Herzensgüte, was auch auf Jago und Tante Susan zutrifft. Aber auch Eseld, Mrs. Chegwin und einige andere Protagonisten haben wichtige Rollen in dieser Geschichte inne.
Mit „Gestrandet in Cornwall“ hat Julie Klassen diesmal einen historischen Abenteuerroman vorgelegt, der auch eine Liebesgeschichte beinhaltet. Der gut recherchierte geschichtliche Hintergrund und die zwischenmenschlichen Beziehungen wurden spannend miteinander zu einer fesselnden Geschichte gestrickt und bieten historisch interessierten Lesern eine kurzweilige Unterhaltung. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 13.03.2022

"Nach dem Sieg verdienst du ihn, nach der Niederlage brauchst du ihn." (Napoleon Bonaparte)

Kaiserstuhl
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1962. Der Elsässer Paul Duringer soll für den französischen Sicherheitsdienst eine besondere Flasche Champagner aus dem Jahr 1937 beschaffen, die von den Nazis im Jahr 1944 gestohlen und in den Berchtesgadener ...

1962. Der Elsässer Paul Duringer soll für den französischen Sicherheitsdienst eine besondere Flasche Champagner aus dem Jahr 1937 beschaffen, die von den Nazis im Jahr 1944 gestohlen und in den Berchtesgadener Führungsbunker gebracht wurde. Diese Flasche soll beim Zusammentreffen zwischen dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle und dem deutschen Kanzler Konrad Adenauer als Zeichen der Völkerverständigung und des Friedens übergeben werden. Die 40-jährige Freiburgerin Henny Köpfer ist Kriegswitwe und betreibt einen gutgehenden Weinhandel, zudem ist sie im Besitz dieser begehrten Champagnerflasche. Henny und Paul waren kurz nach dem Krieg ein Liebespaar, das am Kaiserstuhl zusammengelebt und sich des Kriegswiesenkindes Kaspar angenommen haben, sogar heiraten wollten. Doch dazu sollte es nicht kommen, die Wege der beiden trennten sich. Bei der Suche nach der Champagnerflasche steht Paul nach Jahren plötzlich wieder Henny gegenüber, sie haben noch eine persönliche Rechnung miteinander offen…
Brigitte Glaser hat mit „Kaiserstuhl“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der nicht nur mit einer abwechslungsreichen Handlung, sondern auch mit einem akribisch recherchierten Hintergrund zu überzeugen weiß. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser eine Zeitreise in die frühen 60er Jahre antreten, um die Begehrlichkeiten rund um eine Flasche Vossinger 1937er Jahrgangschampagner mitzuerleben. Besonders interessant gestaltet die Autorin die Besonderheit dieser Flasche und weshalb sie ausgerechnet eine Rolle bei der Unterzeichnung des Vertrages über die deutsch-französische Freundschaft spielen soll. Ebenso liegt das Augenmerk auf einer vergangenen deutsch-französischen Liebesgeschichte kurz nach dem Krieg, deren Wunden bei den beiden ehemals Verliebten noch nicht verheilt sind und endlich einer Klärung bedürfen. Henny und Paul, einst ein eng verbundenes Paar, stehen sich nun wie Fremde gegenüber. Er begehrt etwas, das sie besitzt und doch nicht hergeben will. Und auch die alten Ressentiments stehen zwischen ihnen. Während die Politik im Hintergrund nur eine Statistenrolle innehat, geht es vor allem um die Vergangenheit von Paul und Henny, zu der auch Ziehsohn Kasper gehört. Zusätzlich webt die Autorin mit anderen Champagnerjägern Extraspannung in die Handlung, so dass der Leser regelrecht an den Seiten klebt, um nur keinen Moment der Geschichte zu verpassen. Die farbenfrohen Beschreibungen bescheren zudem ein wunderbares Kopfkino, der Leser hat das Gefühl, leibhaftig bei allem dabei zu sein.
Die Charaktere sind gut ausgestaltet und gekonnt in Szene gesetzt. Sie besitzen authentische menschliche Züge, mit denen sie den Leser überzeugen können, der sich gern an ihre Fersen heftet, um ihr Schicksal mitzuverfolgen. Henny ist eine starke und mutige Frau, die in ihrem Leben genug erlebt hat. Sie wirkt kraftvoll, selbstsicher und lässt sich nicht die Butter vom Brot nehmen. Paul ist ein Mann mit Gewissen, der sich seiner Schwächen und seiner Schuld voll bewusst ist. Aber auch die anderen Protagonisten wie Kasper spielen wichtige Rollen in dieser vielschichtigen und tiefgründigen Geschichte.
„Kaiserstuhl“ ist ein gelungener Mix aus gesellschaftlicher und politischer Historie, Liebesgeschichte sowie einer schon fast kriminalistischen Suche nach einer geschichtsträchtigen Flasche Champagner, die das Leben von so manchem gehörig durcheinanderrüttelt. Verdiente Leseempfehlung für alle, die anspruchsvolle historische Romane lieben!

Veröffentlicht am 20.02.2022

Nur durch die Hoffnung bleibt alles bereit, immer wieder neu zu beginnen. (Charles Péguy)

Die Frauen von Schönbrunn (Die Schönbrunn-Saga 1)
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1914 Wien. Emma Moser träumt schon lange davon, es ihrem Vater Karl gleich zu tun, der als Tierarzt im Wiener Tiergarten Schönbrunn arbeitet. Da sie als Frau in Österreich keine Chance hat, Tiermedizin ...

1914 Wien. Emma Moser träumt schon lange davon, es ihrem Vater Karl gleich zu tun, der als Tierarzt im Wiener Tiergarten Schönbrunn arbeitet. Da sie als Frau in Österreich keine Chance hat, Tiermedizin zu studieren, tritt sie eine Stelle als Pflegerin in Schönbrunn an und kommt ihrem Traum damit etwas näher. Doch schon einige Tage später beginnt der Erste Weltkrieg und alle Männer einschließlich Emmas Vater Karl und ihrem Schwager werden zum Kriegsdienst eingezogen. Zurück bleiben nur einige wenige, die mit Hilfe der Frauen die Arbeit im Zoo verrichten und dort die Dinge am Laufen halten. Auch Emma übernimmt Verantwortung sowohl im Tiergarten als auch für ihre schwangere Schwester Greta, wobei sie der kriegsversehrte Tierarzt Julius Winter unterstützt. Die mangelnde Lebensmittelversorgung zum Ende des Krieges bringt den Fortbestand des Tierparks und seiner tierischen Bewohner dann doch noch in Gefahr…
Beate Maly hat mit „Die Frauen von Schönbrunn“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der den Leser nach Wien reisen lässt, wo er den Ersten Weltkrieg und seine Auswirkungen sowie Emma und deren Tierleidenschaft kennenlernt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise ins vergangene Jahrhundert ein, wo er mit Emma Moser auf eine ambitionierte Protagonistin trifft, die aufgrund der von der Gesellschaft ihr auferlegten Zwänge den Traum vom Studium der Tiermedizin zwar nicht verwirklichen kann, sich jedoch mit ihrer Arbeit als Pflegerin im Tiergarten Schönbrunn während des Ersten Weltkrieges gemeinsam mit vielen anderen Frauen der Herausforderung stellt, die Tiere dort zu versorgen und vor allem zu schützen. Die Autorin hat den historischen Hintergrund sehr schön mit ihrer Geschichte verbunden und zeigt auf, wie schwierig die damalige Lage war. Die Bevölkerung wurde nicht nur vom Krieg gebeutelt, sondern sah sich auch der Lebensmittelknappheit ausgesetzt. Unter diesen Voraussetzungen war es sehr schwer, die Haltung von Zootieren zu rechtfertigen, für die ebenfalls Mengen an Futter benötigt wurde. Emmas Liebe zu den Tieren und die ihnen angedeihende Fürsorge wird sehr deutlich herausgearbeitet. Aber auch die zwischenmenschlichen Schicksale kommen nicht zu kurz, sei es die Sorge um den Vater und den Schwager, die beide zum Kriegsdienst eingezogen wurden, aber auch die Folgen, die der Krieg bei den Menschen verursacht hat, vor allem bei denen, die an der Front gekämpft und versehrt zurückgekommen sind. Maly malt mit ihren Worten ein lebendiges Bild im Kopf des Lesers während der Lektüre.
Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und überzeugen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten, die sie dem Leser schnell ans Herz wachsen lassen. Dieser heftet sich nur zu gern an ihre Fersen, um nichts zu verpassen. Emma ist eine junge Frau, die ihre Träume verwirklichen will. Sie ist warmherzig, stark, mutig, zupackend und hilfsbereit, vor allem ihrer Schwester Greta gegenüber. Julius ist ein vom Krieg traumatisierter Mann, der erst langsam wieder ins Leben zurückkommt, wobei ihm die Arbeit mit den Tieren hilft. Er ist sympathisch und einfühlsam. Zoologe von Kochauf ist ein eingebildeter, arroganter Kerl, der sowohl Anstand als auch Mitgefühl vermissen lässt. Aber auch Franz, Greta und die unmöglichen Nachbarn von Emma tragen zum Unterhaltungswert der Geschichte bei.
„Die Frauen von Schönbrunn“ ist ein Mix aus Familiengeschichte, historischem Hintergrund, Liebe und Dramatik, der den Leser sofort in seinen Bann zieht. Einmal begonnen, kann man das Buch kaum aus der Hand legen. Verdiente Empfehlung für gute Unterhaltung!

Veröffentlicht am 19.02.2022

Stolz ist sein eigner Spiegel, seine eigne Trompete, seine eigne Chronik. (Shakespeare)

Die wundervolle Miss Winthrop
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1816 England. Catherine Winthrops Leben ändert sich schlagartig, als ihr spielsüchtiger Vater Lord Winthrop stirbt. Mit ihrer verbitterten Mutter Elvira muss sie aus dem herrschaftlichen Anwesen in ein ...

1816 England. Catherine Winthrops Leben ändert sich schlagartig, als ihr spielsüchtiger Vater Lord Winthrop stirbt. Mit ihrer verbitterten Mutter Elvira muss sie aus dem herrschaftlichen Anwesen in ein renovierungsbedürftiges Landhaus ziehen. Doch noch schlimmer allerdings wiegt die Tatsache, dass der neue Lord auf Winthrop Manor mit Jonathan Carlew der Mann ist, der Catherine einst hat sitzenlassen. Obwohl Catherine alles daran setzt, Jonathan bloß nicht über den Weg zu laufen, begegnen sich die beiden trotzdem. Erst nach und nach kommen sich die beiden wieder näher und endlich kommt auch heraus, was sie beide damals getrennt hat...

Carolyn Miller hat mit „Die wundervolle Miss Winthrop“ den vierten Teil ihrer Regency-Reihe vorgelegt, der wie seine Vorgänger erneut mit einer romantischen Liebesgeschichte zu überzeugen weiß. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise ins 19. Jahrhundert ein, um das Schicksal von Catherine hautnah mitzuerleben. Der Tod des Vaters beendet Catherines wohlbehütetes Leben, denn der Titel geht an einen entfernten Verwandten und Catherine muss mit ihrer Mutter das geliebte Zuhause verlassen, um nun in einem heruntergekommenen Landhaus heimisch zu werden. Der neue Erbe ist für Catherine kein Unbekannter, sondern ihre bisher größte Enttäuschung. Das Missverständnis zwischen den beiden bleibt dem Leser lange verborgen, denn die Autorin versteht es wunderbar, hier die Spannung hochzuhalten und zu allerlei Spekulationen zu animieren. Die damaligen Lebensumstände, aber auch die gesellschaftlichen Unterschiede sowie die zeitgemäße Etikette werden wunderbar in die Handlung mit eingeflochten, so dass der Leser das Gefühl hat, die alte Zeit und die Menschen genau vor Augen zu haben. Catherine durchlebt zwar eine harte Zeit, vor allem, da ihre Mutter äußerst schwierig ist, doch ist Freundin Lavinia ihr eine große Stütze und willkommene Abwechslung. Der christliche Glaube wurde unaufdringlich mit der Geschichte verbunden, Themen wie Hoffnung und Gottvertrauen begleiten die Protagonisten auf ihren Wegen, aber auch bei der Lösung des Missverständnisses zwischen Catherine und Jonathan.

Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt, mit ihren Eigenschaften wirken sie glaubwürdig und authentisch, so dass der Leser gern ihren Spuren folgt und an ihrem Leben Anteil nimmt. Catherine wirkt zu Beginn wie eine unscheinbare alte Jungfer, die sich um ihre verbitterte Mutter kümmern muss. Doch zeigt sie schon bald ihre Stärke, denn sie wehrt sich recht selbstsicher gegen den örtlichen Klatsch und Tratsch und beweist zudem ihre Unabhängigkeit. Mutter Elvira ist eine Herausforderung, denn sie grämt sich und trauert der alten Zeit nach. Lavinia ist liebenswert, hilfsbereit und verlässlich. Jonathan ist ein Mann mit Zielen und Prinzipien. Er besitzt Durchsetzungsvermögen und Kampfgeist, ist offen und ehrlich. Aber auch Drusilla, Whitby, Clothilde und Peter bringen etwas Schwung in die Handlung.

Die wundervolle Miss Winthrop“ ist ein unterhaltsamer historischer Roman mit einem gelungenen Mix aus Familienschicksal, Dramatik und Liebesgeschichte, in dem sich auch ein großes Missverständnis verbirgt, das zu klären ist. Schöner Schmöker mit Botschaft, der eine Leseempfehlung verdient!

Veröffentlicht am 06.02.2022

Selbst unter den Amish scheinen andere Amish seltsam zu sein. (Ira Wagler)

Der Himmel über Amerika - Esthers Entscheidung
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1861. Wohlbehütet durch ihre Familie ist Rebekkas Enkelin Esther in einer Amish-Gemeinde in Pennsylvania aufgewachsen. Der herrschende Sezessionskrieg verbreitet Angst und Schrecken, zieht auch in die ...

1861. Wohlbehütet durch ihre Familie ist Rebekkas Enkelin Esther in einer Amish-Gemeinde in Pennsylvania aufgewachsen. Der herrschende Sezessionskrieg verbreitet Angst und Schrecken, zieht auch in die Gemeinde ein und hinterlässt seine Spuren ebenso wie Banditen und Rebellen, die eine Schneise aus Raub und Plünderungen mit sich bringen und kaum jemanden verschont. Als Esther einen schwer verwundeten feindlichen Soldaten auf dem Grundstück ihrer Familie findet, pflegt sie ihn unter dem Dach ihrer Eltern gesund. Doch schon bald verbindet Esther viel mehr mit dem Soldaten Jack, was für Esther zum Dilemma wird. Einerseits liebt sie Jack, aber andererseits setzt sie mit dieser Liebe ihr Leben in der Gemeinde aufs Spiel. Wie wird Esther sich entscheiden?
Karin Seemayer hat mit „Esthers Entscheidung“ den zweiten Band ihrer historischen Amish-Trilogie vorgelegt, der dem Vorgänger an Spannung, Romantik und Unterhaltung in nichts nachsteht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise ins 19. Jahrhundert nach Amerika ein, um sich dort auf dem Mühlenhof von Rebekka und Daniel einzunisten und das Leben der Amish-Gemeinde sowie das von Rebekkas Enkelin Esther im Besonderen mitzuverfolgen. Esther lebt nach den strengen Regeln ihrer Glaubensgemeinschaft, die recht abgeschottet von der Außenwelt leben und sich auch nicht auf Kriegshandlungen einlassen. Obwohl im heiratsfähigen Alter möchte Esther keinen der Männer aus ihrer Gemeinde heiraten, auch ihr Bruder Ben steht vor einigen Herausforderungen und muss Entscheidungen treffen, die nicht immer im Einklang mit den Vorgaben der Glaubensgemeinschaft einhergehen. Als Esther sich ausgerechnet in den feindlichen Soldaten verliebt, den sie gesund gepflegt hat, ist der Konflikt gut spürbar, denn die Gemeinde erlaubt keine Verbindung mit Außenstehenden und würde Esther aus ihrer Gemeinschaft ausschließen, womit sie auch den Kontakt zu ihrer Familie verlieren würde. Großvater Daniel und auch Ben haben sich der Underground Railroad angeschlossen und versuchen gemäß ihren Glaubensvorstellungen, flüchtigen Sklaven zu helfen, ohne ihrer Gemeinde zu schaden. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und den historischen Hintergrund sowie das damalige Leben der Amish-People wieder lebendig werden lassen. Noch heute sind die Amish in Pennsylvania verwurzelt und leben dort wie vor über 100 Jahren, wobei sie sich mehr und mehr als geschäftstüchtig und mit dem Zeitgeist gehend bewiesen haben.
Die Charaktere sind authentisch und glaubwürdig herausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Der Leser wird zum Teil ihrer Gemeinschaft und kann hautnah die Gewissenskonflikte und Entscheidungen miterleben. Rebekka und Daniel sind immer noch die Stützen ihrer großen Familie. Enkelin Esther stellt die Regeln ihrer Gemeinschaft zwar nicht in Frage, jedoch hat sie ihren eigenen Kopf, hinterfragt die Dinge und stellt sich dem Leben. Bruder Ben setzt sich ebenso mit dem Glauben seiner Gemeinde auseinander und trifft für sich eigene Entscheidungen im Einklang mit seinem Gewissen. Jack war das Leben der Amish bisher unbekannt, doch gefallen ihm die Werte und die Gemeinschaft sehr gut. Doch als Außenstehender ist ihm der Eintritt in ihre Welt bisher verschlossen.
„Esthers Entscheidung ist ein unterhaltsamer historischer Roman, der Seemayers wunderbare Trilogie über die Amish-People fortsetzt. Der sehr gelungene Mix aus Familiengeschichte, Romantik, Spannung und historischen Fakten lässt den Leser das Buch kaum aus der Hand legen. Verdiente Leseempfehlung!