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Veröffentlicht am 20.02.2022

Wir sind alle der Bösewicht in irgendjemandes Geschichte

Vicious - Das Böse in uns
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Ich bin ja eigentlich nicht so der Superhelden Fan, aber dieser Ansatz der “Umkehrung” von Held und Bösewicht fand ich interessant genug, um das Buch lesen zu wollen.

Vergangenheit und Gegenwart
Ich ...

Ich bin ja eigentlich nicht so der Superhelden Fan, aber dieser Ansatz der “Umkehrung” von Held und Bösewicht fand ich interessant genug, um das Buch lesen zu wollen.

Vergangenheit und Gegenwart
Ich las als neugierig drauf los. Die Geschichte wird von Anfang an auf zwei Zeitebenen erzählt, zum einen die Vergangenheit, genauer gesagt 10 Jahre zuvor und zum anderen die Gegenwart. An jedem Kapitelbeginn steht in welcher Zeitebene wir uns gerade befinden, jedoch muss man bei den Gegenwartskapiteln ein bisschen genauer hinschauen, da auch diese Ebene mehrere Tage umfasst, wobei die Angaben aber einen bestimmten Tag als Bezugspunkt haben, was dazu führt das man am Kapitelanfang Angaben hat wie “zwei Tage zuvor” oder “Heute Morgen”. Das ist im ersten Moment tatsächlich etwas verwirrend und ich hatte zu Beginn des Buches Schwierigkeiten mich zwischen den ganzen Zeitebenen zurechtzufinden.
Dies wurde noch dadurch verstärkt, dass die Kapitel extrem kurz sind. Häufig gehen sie nur über 2-7 Seiten, über zehn Seiten geht kaum ein Kapitel hinaus. Man switcht also gerade in der ersten Hälfte des Buches quasi im Sekundentakt von einer Zeitebene zur anderen. Da kann einem schon mal der Kopf schwirren und ich gebe zu, dass ich mich an diesen Stil erst gewöhnen musste.

Wir sind alle der Bösewicht in irgendjemandes Geschichte
Hat man sich aber erstmal eingefuchst, wird man mit einer spannenden und vor allem vielschichtigen Story belohnt. Die ganz große Stärke dieses Buches ist definitiv das Spiel mit den klassischen Schemata von Gut und Böse, Held und Bösewicht. Kein einziger Charakter ist eindeutig als das eine oder andere zu benennen, alle vereinen sowohl gute, als auch schlechte Eigenschaften in sich, wobei ich persönlich schon zugeben muss Victor über Eli deutlich zu favorisieren, was vor allem daran lag, dass Victor sich völlig im Klaren ist, dass er moralisch bedenklich handelt (es stört ihn bloß nicht) während Eli sich für einen waschechten Helden hält, aber eben auch in Wahrheit nicht besser ist. Aber das ist nur meine persönliche Meinung, objektiv lässt sich sagen, dass beide Charaktere wirklich sehr, sehr gut ausgearbeitet sind. Man bekommt als Leser/in einen tiefgreifenden Blick in ihre Denkweise, ihre Wünsche, Ziele und Motivationen inklusive aller Abgründe, die darin liegen. Es hat schon fast eine Tragik dabei zuzusehen, wie Ehrgeiz, Rivalität und der Wille etwas Unvergessliches zu erschaffen, die Beiden gleichermaßen in den Abgrund ziehen, aber genau das macht das Buch gleichzeitig auch so fesselnd.
Es bekommt der Geschichte gut, dass die Autorin ihren Fokus auf nur eine handvoll Charaktere setzt, diese aber ausführlich und glaubhaft ausarbeitet. Natürlich geschieht das bei Protagonisten immer im größeren Ausmaß, las bei Nebencharakteren, das ist hier nicht anders, trotzdem haben manche Nebencharaktere aus Vicious mehr Tiefe, als manch anderer Protagonist aus anderen Büchern und das hat mir mehr gut gefallen.

Auch was die Spannung angeht, konnte ich fast nicht klagen. Trotz der vielen, vielen Rückblicke blieb für mich die Spannung meistens hoch. In dieser Hinsicht waren die kurzen Kapitel wohl sogar förderlich, denn dadurch, dass Geheimnisse und häppchenweise gelüftet wurden, war man immer neugierig auf mehr, auf das große Ganze, dass sich nur Stück für Stück entfaltet. Kurz nach der Hälfte gab es für mich einen kleineren Einbruch. Es wirkte, als hätte die Autorin ihre Figuren bereits für das Finale positioniert und musste jetzt noch ein bisschen Zeit tot schlagen. Im letzten Drittel zieht das Tempo dann aber nochmal ordentlich an und gipfelte in einem gut gelungen Showdown am Ende, dessen Ausgang ihr natürlich selbst herausfinden müsst.

Fazit:


Vicious: Das Böse in uns überzeugt mit einem kreativen Spiel von Superheldenklischees, Moralvorstellungen und dem Gut und Böse Schema. Tiefgründige Charaktere und ein zumeist guter Spannungsbogen fesseln den/die Leser/in. Lediglich für einen holprigen Start und einen kleinen Hänger würde ich je einen halben Punkt abziehen.

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Veröffentlicht am 20.02.2022

Kein Highlight, aber solide YA-Fantasy für Zwischendurch.

Rabenprinz
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Jugendbücher und ich, das ist ja mittlerweile so eine Sache. Ein bisschen eine Hassliebe. Oft habe ich bei YA-fantasy mittlerweile das Gefühl, dass mich entweder das Geschilderte kaum noch anspricht, mir ...

Jugendbücher und ich, das ist ja mittlerweile so eine Sache. Ein bisschen eine Hassliebe. Oft habe ich bei YA-fantasy mittlerweile das Gefühl, dass mich entweder das Geschilderte kaum noch anspricht, mir die Probleme zu banal und oberflächig sind, und/oder dass ich den Plot so oder so ähnlich schon x-fach gelesen habe. Und wenn ich ehrlich und objektiv bin, trifft beides auch auf Rabenprinz zu. Trotzdem hat es mir gut gefallenen, wovon ich selbst wohl am meisten überrascht war. So richtig sagen kann ich auch gar nicht wieso weshalb warum, weshalb mir die kommende Rezension sehr schwerfällt, aber ich werde es mal trotzdem mal versuchen.

Das Mädchen und der Elfenprinz
Normalerweise fange ich ja meist mit dem Worldbuilding an, heute möchte ich aber zuerst über die Charaktere sprechen. Protagonistin Isobel war mir am Anfang sehr sympathisch. Sie wirkte pragmatisch und erwachsen, ließ sich vom Glanz der Elfen nicht einwickeln und dachte nach, bevor sie etwas tat oder sagte. Ein Teil dieser Eigenschaften behält sie auch das ganze Buch über bei, was ich zu den Gründen zählen würde, warum mir das Buch letztendlich doch gefiel. Ganz besonders ihre Abneigung der Unsterblichkeit gegenüber fand ich großartig. In wie vielen Fantasybüchern wird das unsterbliche Leben als etwas Tolles und Erstrebenswertes dargestellt? Selten wird thematisiert, was Unendlichkeit wirklich bedeutet und welche negativen Aspekte ein ewiges Leben mit sich bringt, doch Isobel gibt sich in der Hinsicht keinerlei Illusionen hin und das hat mir wirklich gut gefallen.
Leider ist sie dann mit Auftauchen von Rook doch nicht gegen alle Teenie-Schwämerei gewappnet und lässt sich trotz ihrer eigentlich klugen und resoluten Art für meinen Geschmack unnötig oft zur Damsel in distress machen.

Wo wir dann auch gleich bei Rook wären. Konnte mich Isobel noch zum großen Teil überzeugen, muss ich bei ihm im Nachhinein gestehen, dass er etwas zu blass blieb. Der Grund, warum er für mich trotzdem halbwegs in der Geschichte funktionierte war eigentlich nur der, dass es der Autorin gut gelingt den Kontrast zwischen ihm und Isobel darzustellen. Aus dieser Ambivalenz zwischen dem pragmatischen Menschenmädchen und dem von der Glanz- und Glimmerwelt verwöhnten Prinzen entstanden auch die meisten humorvollen Szenen. Die Szene, bei der er durch das simple Braten eines Kaninchens über dem Feuer fast drauf geht, bleibt bis zuletzt mein Liebling. (Die Szene mag vielleicht gar nicht so witzig gemeint sein, ich fand sie aber urkomisch).

Von aufrichtiger Kunst und schummelnden Schein
Kommen wir nun doch zum Worldbuilding. Dieses hat mir nämlich in vielen Aspekten gut gefallen. Am meisten haben mich die Elfen selbst begeistert. Das Elfen, gerade auch in der originalen Folklore, eher zwieträchtige Wesen sind, ist prinzipiell nichts Neues, doch wie Rogerson diese innere Verderbtheit auch nach außen trägt und ihre Elfen unter deren Glitzer zu faulenden, verrottenden Wesen macht, fand ich genial. Der Ausdruck “der schöne Schein” bekommt ihr nochmal eine ganz andere Ausdruckskraft und die Art und Weise wie die Autorin ihre Elfen unter deren magischen Masken beschreibt war für mich ein Punkt, der das Buch fürwahr von anderen Elfenbüchern abhebt. Tatsächlich führte die Beschreibung der Elfenwelt auch dazu, dass ich das eher ruhigere Tempo der Handlung, gerade im Mittelteil, gar nicht wirklich als störend empfand. Dazu hatte ich zu viel Spaß dabei hinter den Glanz ins Antlitz des Verderbten zu blicken.

Ein weiterer positiver Punkt, den ich nun beim Schreiben doch noch benennen kann, ist wie Isobel als Malerin bez. die Malerei allgemein dargestellt wird. Ich mag Bücher, in denen Figuren ein Handwerk oder einer Kunst nachgehen und bei denen man die Liebe zu diesem Handwerk auch spürt. Man merkt auch, dass sich Rogerson mit der Malerei im Mittelalter/der frühen Neuzeit beschäftigt hat. Während Malen und Zeichnen ein im YA-Bereich sicherlich häufig anzutreffendes Hobby ist, wird selten so ausführlich auf die Maltechniken und die Farbherstellung eingegangen und diese kleinen Details waren es, die Isobel als Künstlerin für mich greifbar und vor allem glaubhaft machten.

Fazit:


Rabenprinz ist sicherlich kein perfektes Buch. Es folgt in seiner Handlung so manchem altbekannten YA-Muster und der titelgebende Rabenprinz blieb doch erstaunlich blass. Nichtsdestotrotz konnte mich die Geschichte in ihren Bann ziehen, was nicht zuletzt an der wirklich gelungenen Darstellung der Elfen, eine spürbare Liebe zur Kunst und einer, zumindest größtenteils gelungenen Protagonistin lag. Es mag keine Offenbarung oder ein Alltime-Favourite sein, bietet in meinen Augen aber kurzweilige Unterhaltung für ein paar schöne Lesestunden.

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Veröffentlicht am 18.02.2022

Sollte auch in Deuschland bekannter sein

Little Women. Beth und ihre Schwestern
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Little Women stand schon lange auf meiner Leseliste. Leider gab es bisher kaum anständige deutsche Ausgaben von dem Buch. Während Little Women im englischsprachigen Raum weit bekannt ist, haben die March ...

Little Women stand schon lange auf meiner Leseliste. Leider gab es bisher kaum anständige deutsche Ausgaben von dem Buch. Während Little Women im englischsprachigen Raum weit bekannt ist, haben die March Schwestern hierzulande bedauerlicherweise (noch) nicht ganz so viel Bekanntheit erlangt. Bisher war Alcotts Jugendroman hierzulande vor allem unter dem Titel “Betty und ihre Schwestern” verlegt worden. Ein furchtbarer Titel, wie ich finde, da ich zu einem keinen Grund sehe, warum Beth als Betty eingedeutscht werden musste, während andere typisch englische Namen wie Amy bestehen blieben und zum anderen suggeriert er, dass Beth die Hauptperson sei, was aber nicht stimmt, da alle Schwestern im Fokus stehen und nicht nur Beth/Betty.
Umso erfreuter war ich, dass dieses Jahr einige Neuauflagen des Buches erschienen sind. Ob das nun der neuen Verfilmung mit Emma Watson oder einem gesteigerten Interesse an Klassikern liegt, sei dahingestellt, die Hauptsache ist, dass Meg, Jo, Beth und Amy endlich auch bei uns die Gewandung bekommen, die sie verdient haben.

Kurz ein paar Worte zu dieser Ausgabe: Der erste Vorteil liegt ganz klar darin, hier eine Gesamtausgabe in den Händen zu halten. Little Women ist nämlich ursprünglich in zwei Teilen erschienen (Teil 1 Little Women und Teil 2 Good Wives) wurde später aber dann im englischsprachigen Raum eigentlich immer zusammen als Little Women verlegt. In der deutschen Übersetzung wird aber offenbar immer noch gerne die ursprüngliche Teilung beibehalten (so z. B. bei der ebenfalls neuen Atrium Ausgabe). Hier haben wir jedoch beide Teile vereint. Zusammen, was zusammen gehört eben. Zudem gibt es keine sinnlose Kein Eindeutschung von Namen.Natürlich gefällt mir diese Ausgabe auch deshalb so gut, weil sie einfach wunderhübsch ist. Der Umschlag ist schon hübsch, aber darunter sieht es noch viel besser aus, mit bedrucktem Einband, den zahlreichen, Illustrationen und Seiten, die optisch handgeschöpftes Papier nachempfunden und den farblich abgesetzten Briefen im Text.

Das einzige, was ich an dieser Ausgabe weniger gut finde ist, dass es zwar einen Anhang mit erklärenden Ergänzungen gibt, man im Text aber nirgends Verweise zu ihnen findet, das ist leider sehr schlecht gemacht.

Nun aber zum Inhalt. Little Women ist vor allem deshalb auf meiner Leseliste gelandet, weil es bez. die Schriftstellerin oft in einem Atemzug mit Lucy Maud Montgomery (Anne auf Green Gables) und Jean Webster (Lieber Daddy-Long_Legs) genannt wird. Sowohl Anne, als auch Daddy-Long-Legs habe ich bereits gelesen und geliebt und habe, wie so viele andere vor mir auch schon, insbesondere die für die jeweilige Zeit sehr fortschrittlichen Position im Hinblick auf Frauenrechte und die Selbstbestimmung der Frau geschätzt. Zwar sind auch Anne und Judy am Ende verheiratet, aber die Suche nach einem passenden Mann stand nie im Vordergrund, stattdessen versuchen beide Romanheldinnen vordergründig ihre beruflichen Ziele und Träume zu verwirklichen und sich ein unabhängiges Leben aufzubauen. Ähnliches erwartete ich daher auch von Little Women, was ich dabei jedoch nicht bedachte war: Das Buch ist gut 50 Jahre älter als Anne oder Daddy Long-Legs. Doch was bedeutet das genau?

Es bedeutet vor allem, dass sich die Lebenswelten der Charaktere doch noch sichtlich unterscheiden. Das häusliche Glück für die Frau spielt hier noch eine wesentlich größere Rolle und über das ganze Buch verteilt wird immer wieder betont, dass im resoluten Führen des eigenen Haushaltes und dem Dasein für die eigene Familie das größte Glück einer Frau liegt, vermischt mit starken religiösen Mahnungen und Predigen hat das Buch schon manchmal den unangenehmen Beigeschmack einer Moralapostelpredigt. Doch das ist der oberflächliche Blick. Sicherlich, vieles, was Alcott in ihrem Roman anpreist, ist aus unserer heutigen feministischen Sicht nicht mehr akzeptabel, aber ich finde es sowieso immer schwierig ein 150 Jahre altes Werk, nach heutigen feministischen Maßstäben bewerten zu wollen. Stattdessen sollten wir uns lieber vor Augen führen, was die Autorin TROTZ ihres Zeitalters bereits geleistet und “vorgedacht hat”, denn wenn man genau hinschaut lässt sich da so einiges finden.

Den meisten Leser*Innen würde da bestimmt als erstes Jo einfallen und das auch zurecht. In ihr zeigt Louisa May Alcott wie bei keinem anderen Charakter, was sie sich für die Zukunft von Frauen wünscht: Unabhängigkeit, die Freiheit auch mal wild zu sein und zu toben, die Auflockerung von Anstandsregeln und vor allem die Möglichkeit zur beruflichen Selbstbestimmung. Eine Protagonistin wie Jo, die so “jungenhaft” ist, so unkonventionell und sich gegen bestehende gesellschaftliche Normen auflehnt UND TROTZDEM ein positiv behafteter Charakter bleibt, hat es zuvor noch nie gegeben, hier zeigte Alcott klar feministische Pionierleistung und schaffte ein Vorbild für viele junge Mädchen ihrer Zeit und noch weit drüber hinaus.

Darüber hinaus lassen sich zwischen den Zeilen viele weitere moderne Denkansätze finden, so zum Beispiel der positive Einfluss von Frauen. In einer Zeit, in der der Mann das Oberhaupt der Familie und der Herr des Hauses war, war es noch schwer vorstellbar, dass seine Frau ihn positiv beeinflussen könnte. Das Bild der Femme Fatale, die Männer verführt und zum Schlechten verleitet, ja das kannte man, doch ein positiver Einfluss, nein das lief doch genau umgedreht, dachte man. Doch an Laurie zeigt Alcott subtil aber deutlich, dass es eben doch in beide Richtungen funktioniert und dass ein Mann auch, oder besser gesagt vor allem, durch den Einfluss von Frauen erst einen guten Charakter ausbildet. Das hebt die Rolle von Frauen in der Familie, von Arbeitskraft und “Seelsorgerin” auf Erziehungsfigur und das ist ebenfalls ein neuer Meilenstein, galt die Erziehung, gerade von Söhnen doch als Sache des Vaters.

Doch auch abseits großer feministischer Gedanken und Ideen lohnt sich das Buch auf jeden Fall. Zum einen überzeugte mich auch der sozialkritische Charakter des Buches, den Einfluss von Dickens, den Alcott mal als ein literarisches Vorbild nannte, lässt sich deutlich spüren und während Dickens sich doch damit begnügte den Sozialrealismus aus männlicher Perspektive zu schildern wie z.B. in Oliver Twist, führt Alcott das ganze mit weiblicher Perspektive fort (ja, ja da bin ich ja schon wieder beim Feminisms, sorry, not sorry)

Und auch wer einfach nur Unterhaltung und etwas für’s Herz sucht, kann beherzt zu Little Women greifen, denn neben alldem, was ich gerade genannt habe, ist Little Women vor allem eine Geschichte über Schwesternliebe, Freundschaft, familiärer Zusammenhalt und dem Chaos des Erwachsenwerdens und gerade bei letzterem mögen sich die Details im Laufe der Zeit geändert haben, die großen Kernfragen jedoch wie z.B. Wer bin ich? Was will ich mit meinem Leben anfangen? Etc. sind noch genauso aktuell wie vor 150 Jahren und können damit auch heute noch junge Menschen ansprechen, was Little Women einfach zeitlos macht.

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Veröffentlicht am 23.01.2022

Wir bluten. Get over it!

Periode ist politisch
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Dieses Buch wanderte im Zuge meines “Mehr Sachbücher lesen Plans” auf meine Leseliste. Vielleicht auch wurde meine Motivation dazu auch ein bisschen von den “Pinky Gloves” beeinflusst. Zwei Männer “erfinden” ...

Dieses Buch wanderte im Zuge meines “Mehr Sachbücher lesen Plans” auf meine Leseliste. Vielleicht auch wurde meine Motivation dazu auch ein bisschen von den “Pinky Gloves” beeinflusst. Zwei Männer “erfinden” pinke Handschuhe, weil sie in der WG im Badmülleimer eingewickelte Tampons entdeckten und das total unangenehm [sic] fanden. Zwar rechtfertigt diese unnütze und umweltbelastende Idee nicht die Anfeindungen bis Morddrohungen gegen die Beiden, sie führt eine jedoch vor Augen, wie tabuisiert und als “versteckenswert” die Periode immer noch betrachtet wird.

Wir bluten. Get over it!
Alles begann mit einer Abschlussarbeit und einem Facebookpost. Mehr zufällig, als geplant wird, Franka Frei zur Menstruationsaktivistin, doch dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass jeder etwas bewegen kann. Was als Idee für die Bachelorarbeit begann, ist nun eine waschechte Kampfansage an das Menstruationstabu geworden und dieses Manifest ist das vorläufige Ergebnis. Und das Wort Manifest trifft es schon ganz gut, aber dazu später mehr.

Als Erstes möchte ich näher auf den Inhalt des Buches eingehen und warum wir Bücher wie dieses so dringend brauchen und warum nicht nur Menschen mit Uterus es lesen sollten. Was mir beim Lesen erneut klar geworden ist, ist, wie viel Glück ich selbst hatte. Ich hatte eine Mutter, die bereits vor meiner ersten Periode mit mir offen über das Thema sprach, sodass ich wusste, was auf mich zukommt, ich habe die finanziellen Möglichkeiten mir die Menstruationsprodukte zu kaufen, die ich bevorzuge und ich habe einen Partner mit dem ich offen und über meinen Zyklus und meine Menstruation reden kann, ohne dass er angewidert den Mund verzieht. Alles Gründe warum ich heute unbeschwert und frei heraus über das Thema Menstruation reden kann, doch es sind Privilegien, das ist mir bewusst, denn ein beträchtlicher teil der menstruierenden Menschen auf dieser Welt hat diese Freiheit nicht und Schuld daran ist, wie Franka Frei in diesem Buch mehr anschaulich aufführt, nicht ausschließlich, aber zum großen Teil das Menstruationstabu.

"Tabus machen unfrei, denn sie beschneiden das elementare Recht, Fragen zu stellen […] Am Ende sind es die Frauen, die draufzahlen. Und zwar nicht nur mit Geld, sondern auch mit Schmerzen, Stress, Scham und anderen negativen Gefühlen, die sie daran hindern, wirklich “befreit” zu leben."
(Periode ist politisch: Ein Manifest gegen das Menstruationstabu von Franka Frei, HeyneHardcore, 2020, S. 14)

Anschaulich und mit einer ordentlichen Portion Witz, Ironie und Sarkasmus zeigt die Autorin, was das Menstruationstabu für Menstruierende im Einzelnen bedeutet. Dabei hat sie einen globalen Blick und schilder beispielsweise die Art und Weise, wie Menstruierende während ihrer Tage in manchen Teilen der Welt von der Gesellschaft ausgeschlossen werden, aus dem Haus ausgesperrt oder in eigens dafür vorgesehenen Menstruationshütten ausharren müssen. Nicht selten auch in bitterer Kälte. In Nepal und anderen Ländern sterben jedes Jahr, trotz Verbot der Menstruationshütten Menschen, weil sie in diesen Hütten erfrieren, ersticken oder von Tieren getötet werden und die Zahl derjenigen, die im Schutz der Abgelegenheit vergewaltigt worden sind, ist dunkel, aber garantiert erschreckend hoch. Und das alles nur, weil ein eigentlich natürlicher Prozess, der Grundlage allen menschlichen Lebens ist, von einer Handvoll Männern als unrein und schmutzig deklariert wurde.

Aber auch die Menstruationsarmut ist ein Problem, das Franka in ihrem Buch anspricht. In Kenia bieten 10% der 15-jährigen Sex gegen Geld für Binden an. Wer sich keine Menstruationsprodukte leisten kann benutzt andere Materialien von Lumpen, über Pflanzen bis zu getrockneten Kuhmist. Doch Menstruationsproblem ist nicht nur in Entwicklungsländern ein Problem, auch in Europa gibt es Menschen, die sich diese Produkte nicht leisten können. Hinzu kommen Ausfälle in der Schule oder auf der Arbeit während der Periode. Das Menstruationstabu verursacht damit also auch neben den persönlichen verminderten Bildungs- und Arbeitschancen von Menstruierenden einen reellen Wirtschaftsschaden und geht damit uns allen etwa an, auch Menschen ohne Uterus.

Erhebt eure Stimme
Doch Franka Frei zeigt uns nicht nur die Probleme, sie spricht auch über Lösungen und räumt in ihrem Buch viel Platz diversen Aktivist/innen ein und schildert, wie diese in ihren Ländern gegen das Menstruationstabu ankämpfen. Zugegeben, nicht mit allen Positionen, die Franka vertritt, stimme ich überein und ich kann auch diejenigen Rezensent*innen verstehen, die die Art der Autorin ihre Position zu vermitteln als belehrend empfinden. Hier zeigt sich schon deutlich, dass Manifest das treffende Attribut für dieses Buch ist. Mich persönlich hat das nicht so gestört. Ich muss nicht mit allen Aussagen übereinstimmen, um aus einem Buch dennoch lehrreiches mitzunehmen, aber das ist auch eine Sache des persönlichen Empfindens.

Was mich jedoch gestört hat und im Endeffekt den Punkt Abzug bedeutete ist zum einen, dass sich viele Aussagen zum Ende hin wiederholten und zum anderen, dass das Buch noch etwas mehr Struktur vertragen hätte. Die Ansätze dafür sind da, trotzdem verfällt die Autorin hin und wieder in einen sprunghaften Erzählstil. Hier einfach etwas mehr Fokus und das Kernthema des Kapitels und alles wirkt gleich viel klarer. Auch hätte ich mir zum Ende noch ein knackiges, ordentliches Fazit gewünscht, dass die Positionen zusammenfasst und die wichtigsten Aussagen nochmal unterstreicht. Das Buch plätschert nämlich leider so lapidar aus, da fehlt der letzte verbale Wumms am Ende.

Fazit:


Das Buch verdient eine klare Leseempfehlung, und zwar nicht nur an Menschen mit Uterus. Locker und humorvoll führt Franka Frei aus, was das Menstruationstabu im Einzelnen bedeutet, welcher Schaden entsteht und gibt jenen eine Bühne, die dagegen ankämpfen. Ein klein wenig mehr Fokus, ein schnittiges Fazit und etwas weniger Wiederholungen zum Ende und das Buch hätte sich die volle Punktzahl erkämpft. Trotzdem bleibt es eine mehr als lesenswerte Lektüre.

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Veröffentlicht am 23.01.2022

Opulent, imposant, gruselig.

Echo
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Echo stand schon auf meiner Wunschliste, seit ich es Jan. 2021 in den Neuerscheinungen entdeckte und ich habe mich daher sehr auf das Lesen gefreut.

Die Macht des Maudit
Eigentlich wollte Nick Grevers ...

Echo stand schon auf meiner Wunschliste, seit ich es Jan. 2021 in den Neuerscheinungen entdeckte und ich habe mich daher sehr auf das Lesen gefreut.

Die Macht des Maudit
Eigentlich wollte Nick Grevers nur seinem geliebten Hobby, dem Bergsteigen nachgehen, doch sein und das Leben seines Lebensgefährten Sam ändert sich auf einen Schlag, als Nick auf seiner Tour einen Berg entdeckt, den er noch nie gesehen hat: den Maudit. Während Anwohner ihn zu fürchten scheinen und Reiseführer und Internet auffallend wenig Informationen über ihn liefern, ist Nick von dem Berg wie magisch angezogen und das Unheil nimmt seinen Lauf.

"Der Berg hat gerufen, und wir sind ihm untertan. Wir können seinem Sirenengesang nur folgen."
(Echo von Thomas Olde Heuvelt, Heyne, 2021, S. 100.)

Das Berge etwas Dunkles und Bedrohliches haben können, wissen wir nicht erst seit Lovecrafts “Berge des Wahnsinns” aus dem Heuvelt auch mehrmals zitiert. Und dennoch wie Thomas Olde Heuvelt hier einem Haufen Fels eine abgrundtief böse Seele verleiht, ist einzigartig. Der Autor ist ein Meister der Atmosphäre. Egal ob es sich um eine dunkle Berghütte, die windgepeitschten Gipfel der Berge oder um ein kleines Bergdorf vom Sturm umtost handelt, Heuvelt erschafft Gänsehautbilder im Kopf, lässt den/die Leser/in das Gefühl schwindelerregende Höhen verspüren, die Eiseskälte fühlen und die finstersten Schatten sehen. Grund dafür ist sicherlich der für einen Horrorroman eigenwillige, aber faszinierende Schreibstil. Man kann es eigentlich schon opulent nennen, denn der Autor geizt nicht an Sprachgewalt und imposanten Metaphern. Aber was anderes würde auch zu den gewaltigen alterslosen Berge der Alpen passen? Wenn man man Naturgewalten beschreiben will udn eine solche zum Kern des Romans macht, dann braucht es eben große Worte.

Die Abgründe in jedem einzelnen
Doch genauso, wie man einen Berg nicht in Eiltempo besteigen kann, lässt sich auch Echo nicht mal eben weglesen. Denn nicht nur Sprachstil, auch Heuvelts Erzählweise bedürfen einer gewissen Konzentration. Das Buch ist nicht chronologisch aufgebaut, sondern eine Aneinanderreihung diverser Aufzeichnungen von Nick und Sam. Zwar fügt sich am Ende alles schlüssig und chronologisch nachvollziehbar zusammen, aber auf dem Weg dahin kann es schon mal etwas verwirrend werden. Wenn man sich jedoch darauf einlässt und akzeptiert nicht alles sofort zu erfahren, wird das Durchhaltevermögen belohnt. Dies sei ebenfalls in Bezug auf die Spannung gesagt. Nach einem nervenaufreibenden, gruseligen Prolog, der mich das Licht im ganzen Haus anmachen ließ, folgt das erste Drittel des Buches eine Phase des langsamen Storyaufbaus, in dem wir vor allem mit den Charakteren, ihren Eigenarten und Abgründen vertraut gemacht werden. Hier hätte man sicherlich die ein oder andere Szene kürzen können, aber ich kann euch trotzdem raten, drann zu bleiben, die zweite Hälfte wird dann deutlich ereignisreicher und Geheimnisse beginnen sich zu lüften.

Ich denke mit ein Grund, warum der Autor sich für eine so lange “Aufbauphase” entschieden hat ist, dass er die Protagonisten Sam und Nick dem/r Leser*in bis ins kleinste Detail nahe bringen wollte. Das ist nicht immer angenehm, denn gerade Sam ist kein sympathischer Charakter. Er ist egoistisch und extrem oberflächlich. Und doch, in Nachhinein, bin ich überzeugt, dass die Geschichte mit keinem anderen Charakter funktioniert hätte, denn Heuvelt arbeitet nicht nur mit dem Horror einer dunklen, uralten Macht, sondern setzt auch viel auf die ganz persönlichen Abgründe seiner Protagonisten. Die innere Finsternis, dunkle Wünsche und Begehren stellen für Sam und Nick eine ebenso große Bedrohung dar, wie der Maudit selbst. Tatsächlich kann man nicht immer sagen, was an Dunkelheit vom Maudit, und was von den Protagonisten selbst kommt. Das mag ein subtilerer Horror, als eine böse Macht ein, verfehlt ihre Wirkung aber nicht.

"Wenn man die Dynamik zwischen zwei Menschen verändert, starren beide mit großen Augen in ihre eigene Finsternis."
(Echo von Thomas Olde Heuvelt, Heyne, 2021, S. 50)

Das Einzige womit ich dann doch gar nicht klarkam, war Sams Denglisch. Das war einfach zu viel, ein Anglizismen jagt das nächste und es wirkte insgesamt einfach nur aufgesetzt, unnatürlich und lächerlich. Dies ist zusammen mit dem etwas langsamen ersten Drittel der Hauptgrund für meine einen Punkt Abzug. Was mir auch nicht hundert Prozent zusagte, war das Ende. Für meinen Geschmack war das nämlich etwas zu psychedelisch, aber das ist, glaube ich, tatsächlich eher Geschmackssache, weshalb ich das zwar erwähnen wollte, aber nicht direkt als Kritikpunkt betrachte.

Fazit:


Echo ist gewaltig, in mehr als einer Hinsicht. Sprachlich opulent und mit einem feinen Gespür für Atmosphäre und subtilen Horror erzählt Thomas Olde Heuvelt von Naturgewalten, inneren Abgründen und dem Grauen im Angesicht der Endlosigkeit. Echo muss man sich mit Muße und Geduld zugute führen, wer sich aber darauf einlässt wird mit einem imposanten Leseerlebnis belohnt. Lediglich den überbordernden Gebrauch von Anglizismen hätte sich der Autor wirklich sparen können.

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