Schein oder Realität
„Mord als Schauspiel“ von Luc Winger, bereits der 14. Fall, den Lucie Girard, die Kommissarin in Saint Tropez, zu lösen hat, ist ein wohl einer der packendsten.
Worum geht es?
Bei Dreharbeiten zu einem ...
„Mord als Schauspiel“ von Luc Winger, bereits der 14. Fall, den Lucie Girard, die Kommissarin in Saint Tropez, zu lösen hat, ist ein wohl einer der packendsten.
Worum geht es?
Bei Dreharbeiten zu einem Film wird einer der Schauspieler während einer gestellten Szene tatsächlich getötet. Lucie steht vor einer besonderen Herausforderung, denn es vermengt sich Wirklichkeit mit der fiktiven Handlung des Filmes.
Luc Wingers Schreibstil ist leicht und flüssig, die Kapitel angenehm kurz. In den Text eingeflochtene Floskeln und Worte in französischer Sprache unterstreichen, dass der Krimi in Frankreich spielt. Eine Besonderheit dieser Reihe ist auch der Zeitraum, in dem sich die Verbrechen zutragen, die 70er-Jahre, als man noch keine Internet-Recherchen abrufen konnte, es keine Mobiltelefone gab, Protokolle auf elektrischen Schreibmaschinen getippt wurden und sich analoges filmisches Beweismaterial auf Filmspulen befand, die man erst entwickelt musste. Diese gewissermaßen entschleunigte und nicht so techniklastige Ermittlungsweise finde ich stets sehr angenehm.
Der Fall an sich ist durchaus auch für Neueinsteiger problemlos verständlich, kurze Hinweise auf Lucies privates Umfeld und frühere Fälle sind eingeflochten, verdeutlichen Lucies Kompetenz. Wer die Reihe regelmäßig verfolgt, wird wohlwollend festgestellt haben, dass nahtlos an die Ereignisse des vorigen Bandes angeknüpft wurde und die nach Klärung des letzten Falles noch offenen polizeiinternen Massnahmen bzw. Konsequenzen erwähnt werden.
Das Spannungsniveau war während des gesamten Romans gegeben. Primär durch den stetigen Wechsel von den Ermittlungen in der Gegenwart zu den Rückblenden auf die Ereignisse während der Dreharbeiten. Auf diese Art und Weise kamen in kleinen Dosen unerwartete neue Aspekte und überraschende Wendungen ans Tageslicht. Zudem herrschte innerhalb der Gruppe eine derart geladene Atmosphäre, dass explosive, übergriffige Handlungen stets in der Luft lagen.
Die Charaktere der Schauspieler sind sehr gefühlsstark beschrieben. Die Emotionen prallen nur so aufeinander: Eifersucht, Begehren, Konkurrenzneid, Verletztheit, Verlustängste, Aggressivität. Ein vielschichtiger Nährboden für Mordmotive. Einer ist verdächtiger als der andere. Im Gegensatz dazu die Kommissarin, die sich freundlich, ruhig und doch zielstrebig durchsetzt und sich von falschem Getue nicht irreführen lässt. Lucies Ermittlungsstil erinnerte mich diesmal sehr stark an Hercule Poirots Vorgangsweise: Befragungen, Nachdenken, Schlüsse ziehen und am Ende wird im Kreise aller Beteiligten der Mörder entlarvt.
Wiederum ist Luc Winger ein fesselnder Kriminalroman gelungen, den man kaum aus der Hand legen möchte.