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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.06.2017

June

June
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Cassie ist nach dem Unfalltod ihrer Eltern von ihrer Großmutter June großgezogen worden. Die ist jetzt leider auch verstorben, und die 25-Jährige lebt allein in deren Haus Two Oaks und versinkt in Selbstmitleid. ...

Cassie ist nach dem Unfalltod ihrer Eltern von ihrer Großmutter June großgezogen worden. Die ist jetzt leider auch verstorben, und die 25-Jährige lebt allein in deren Haus Two Oaks und versinkt in Selbstmitleid. Eines Tages geschieht jedoch etwas, das ein neues Licht auf Junes Vergangenheit wirft. Genauer gesagt auf das Jahr 1955, in dem Hollywood in das kleine Heimatstädtchen eingefallen war…

Auf zwei Zeitebenen erzählt die Autorin ihre Geschichte, zwei Ebenen, die sich sehr gut zu einer Geschichte verbinden. Sehr flüssig der Erzählstil, leicht die Dialoge. Die Charaktere fand ich etwas durchwachsen, gerade Cassie ging mir mit ihrer Kindergartenkindart echt auf die Nerven. Eine weinerliche, trotzige Person, die sich für die Ärmste auf der ganzen Welt hält. Keine Figur, über die ich lange lesen möchte. Die June aus dem Jahr 1955 gefiel mir da schon etwas besser, erzählt wird dieser Handlungsstrang jedoch von ihrer besten Freundin Lindie. Lindie war für mich der heimliche Star der Geschichte, ihr bin ich gerne über die Seiten gefolgt und ich mochte ihre Art wirklich gerne. Der Glamour der Hollywoodstars, das Flair der frühen 60er Jahre, die ganze Atmosphäre dieser Zeit hat die Autorin gut eingefangen, man kann sich sehr gut einfühlen. Insgesamt fand ich den früheren Handlungsstrang wesentlich ansprechender, als den von Cassie. Der neigt dazu ins Lächerliche abzudriften, sodass ich das Geschehen dort nicht wirklich ernst nehmen konnte.
Eine süße Liebesgeschichte, die oft kitschig wirkt, aber auch große Gefühle zu transportieren weiß. Nicht unbedingt die größte Lovestory der Welt, aber für Fans des Genres bestimmt ein Versuch wert.

Veröffentlicht am 05.06.2017

Die Kings

Die Hummerkönige
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„Der Ozean schenkte uns Leben und nahm es auch.“ (S. 76)
Seit 300 Jahren lebt die Familie Kings auf Loosewood Island vom Hummerfang. Sie haben sich zu wichtigen Persönlichkeiten in der Inselgemeinschaft ...

„Der Ozean schenkte uns Leben und nahm es auch.“ (S. 76)
Seit 300 Jahren lebt die Familie Kings auf Loosewood Island vom Hummerfang. Sie haben sich zu wichtigen Persönlichkeiten in der Inselgemeinschaft gemausert und leben wirklich gut. Doch das Meer fordert auch immer wieder einen Preis, schon seit den Zeiten ihres Vorfahren, dem Landschaftsmaler Brumfitt Kings: das Leben des ersten Sohnes. Und so wird aus der mittleren Tochter Cordelia plötzlich die Älteste, die, die die Tradition des Hummerfangs weiterführen muss.

Alexi Zentner hat einen ruhigen, manchmal aber auch stürmischen Roman geschrieben, der mich vor allem durch seine präzisen Beschreibungen fasziniert hat. Der Autor weiht den Leser in die Geheimnisse des Hummerfangs ein, malt deutliche Bilder des Ozeans und der Insel. Auch die Gemälde Brumfitts kann man sich erstaunlich gut vorstellen. Eine düstere Stimmung zieht sich durch den Roman, die glaubhaft die einsame und verschworene Gemeinschaft der Hummerfänger umgibt. Mir war dieses Inselvölkchen meist relativ suspekt, erst recht ihre Einstellung „Probleme“ selbst zu lösen. Da bleibt auch der klassische Lynchmob nicht aus. Diese Mentalität hat sie mir alle ziemlich unsympathisch gemacht, auch Cordelia. Die ist eine taffe Frau, lebt für den Hummerfang und versucht ihrem Vater den verlorenen Sohn zu ersetzen. Sicherlich keine leichte Aufgabe, trotzdem muss man deswegen nicht den harten Cowboy geben und in bester Wild-West-Manier durch die Gegend ballern. Gerade in der zweiten Hälfte konnte ich mich mit der Handlung so gar nicht mehr anfreunden, zeigt der Autor vorher ein ruhiges, fast schon langweiliges Leben, überschlagen sich hier die Ereignisse und man kommt aus dem Drama gar nicht mehr raus.
Im Ansatz hat mir das Buch gut gefallen, aber irgendwann wollte der Autor für meinen Geschmack dann doch zu viel. Weniger ist halt manchmal wirklich mehr.

Veröffentlicht am 22.05.2017

Ein Kann, aber kein Muss

Sweetgirl
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Die 16jährige Percy ist eigentlich auf der Suche nach ihrer Mutter. Die findet sie jedoch nicht wie erwartet in der Drogenhöhle des verrückten Shelton, sondern ein Baby. Percy nimmt die vernachlässigte ...

Die 16jährige Percy ist eigentlich auf der Suche nach ihrer Mutter. Die findet sie jedoch nicht wie erwartet in der Drogenhöhle des verrückten Shelton, sondern ein Baby. Percy nimmt die vernachlässigte Kleine kurzerhand mit, um sie in die Obhut eines Krankenhauses zu geben. Doch Shelton ist von der Entführung gar nicht begeistert, und so muss Percy sich nicht nur durch den Schneesturm schlagen, sondern sich auch noch vor ihren Verfolgern hüten.

Travis Mulhauser hat mit seinem Debut die klassische Verfolgungsjagd wieder aufgegriffen. Die Geschichte weiß durchaus zu unterhalten, wirklich Neues hat sie leider nicht zu bieten. Percy ist eine Protagonistin, die zwar durch ihr jugendliches Alter hervorstechen sollte, über weite Teile gelingt es dem Autor aber leider nicht ihr Alter glaubhaft darzustellen. Sie hätte genausogut 30 sein können, das hätte an der Story nichts geändert. An sich war sie mir aber ganz sympathisch. Die Verfolgungsjagd durch die verschneiten Berge Michigans ist recht spannend, Percy muss sich nicht nur mit den Bösewichtern, sondern eben auch mit der Witterung herumschlagen, was der Autor authentisch wiedergibt. Mulhauser erzählt flüssig, hält einen ordentlichen Spannungsbogen und lässt ab und an etwas schwarzen Humor einfließen. Insgesamt ist „Sweetgirl“ angenehme Unterhaltung, ohne jedoch viel Neues zu bieten. Ein Kann, aber kein Muss.

Veröffentlicht am 21.05.2017

Sommerkind

Sommerkind
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Es gibt Winterkinder, und es gibt Sommerkinder. Winterkinder brechen in zugefrorene Seen und Teiche ein, ihr Gehirn kann dank des Kälteschocks jedoch mit weniger Sauerstoff auskommen und so stehen die ...

Es gibt Winterkinder, und es gibt Sommerkinder. Winterkinder brechen in zugefrorene Seen und Teiche ein, ihr Gehirn kann dank des Kälteschocks jedoch mit weniger Sauerstoff auskommen und so stehen die Chancen nach erfolgreicher Rettung etwas besser als die der Sommerkinder. Koljas Schwester Malu ist ein Sommerkind, halb ertrunken im heimischen Schwimmbad. Doch gerettet hat sie nicht Kolja, sondern Ragna. Die macht sich nach Jahrzehnten auf, um Kolja und Malu zu suchen. Denn die Erinnerung an das Sommerkind lässt sie nicht los.

Monika Held thematisiert in ihrem Roman das, was man landläufig als „Wachkoma“ bezeichnet. Sie beschäftigt sich mit den medizinischen Hintergründen, aber auch mit den Veränderungen im Familienleben, wenn ein Mitglied erkrankt. Die psychische Belastung gibt sie sehr authentisch wieder, auch die Tatsache, dass Menschen unterschiedlich mit dieser Belastung umgehen. Mir hat der Erzählstil der Autorin leider nicht so zugesagt, ihre Figuren wirkten auf mich nicht richtig greifbar und so habe ich der ernsten Thematik dann doch irgendwie leidenschaftslos gegenübergestanden. Weder Ragna, die als Ich-Erzählerin fungiert, noch Kolja sind mir wirklich nahe gekommen. Die Handlung entwickelt sich recht interessant, einige Längen haben sich aber leider doch eingeschlichen.
Ein Roman über Freundschaft und Liebe, Verantwortung, Trauer und Schuld; der mich dann aber leider doch nicht richtig erreicht hat.

Veröffentlicht am 18.05.2017

Zufälle gibt‘s

Dinge, die vom Himmel fallen
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Die 8-jährige Saara verliert ihre Mutter an einem strahlenden Frühsommertag; sie wird von einem Eisbrocken erschlagen, der sich von einem Flugzeug löste. Saara trauert, doch in ihrer Trauer fragt sie sich ...

Die 8-jährige Saara verliert ihre Mutter an einem strahlenden Frühsommertag; sie wird von einem Eisbrocken erschlagen, der sich von einem Flugzeug löste. Saara trauert, doch in ihrer Trauer fragt sie sich auch immer wieder: was sind Zufälle? Was wäre passiert, wenn ihre Mutter nur einen Meter weiter links gestanden hätte, wenn sie später in den Garten gegangen wäre oder es geregnet hätte? Auch Saaras Tante ringt mit dem Zufall, denn sie hat im Lotto gewonnen. Zweimal. Ein Fischer wird vom Blitz getroffen. Wieder. Und wieder. Und wieder…

Selja Ahava hat mit „Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm“ ein hervorragendes Debut abgeliefert. Für mich kommt ihr zweites Buch nicht an den Erstling heran, sie zeigt aber auch mit diesem Werk, dass sich nachdenklich und schräg nicht ausschließen müssen. Die Geschichte der kleinen Saara ist berührend und gefühlvoll geschrieben, trotzdem konnte ich mich nicht so richtig einfinden. Im Verlauf wechseln Perspektive und Stil, doch richtig gut hat mir eigentlich nur Saaras Sicht der Dinge gefallen. Die ist keine typische Achtjährige und hat mich manches Mal zum Schmunzeln gebracht. Ahava schlägt einen melancholischen Ton an, der überzeugt. Märchenhafte Elemente gesellen sich zu der schrägen, aber realistischen Geschichte; nicht immer klappt das Zusammenspiel. Zum Ende hin verliert die Story für mich immer mehr, sodass mein Fazit eher gemischt ausfällt. Ein Buch, das ein bisschen sperrig ist und bei mir leider nicht ins Schwarze getroffen hat.