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23,00
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  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 23.02.2022
  • ISBN: 9783257072006
Joachim B. Schmidt

Tell

Joachim B. Schmidt schreibt Geschichte neu. Seine ›Tell‹-Saga ist ein Pageturner, ein Thriller, ein Ereignis: Beinahe 100 schnelle Sequenzen und 20 verschiedene Protagonisten jagen wie auf einer Lunte dem explosiven Showdown entgegen. Schmidt bringt uns die Figuren des Mythos nahe und erzählt eine unerhört spannende Geschichte.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.02.2022

Im Land der Schwyzer

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Wilhelm Tell – wer kennt ihn nicht, den legendären Schweizer Freiheitskämpfer. Seine Geschichte wird auf das Jahr 1307 datiert, Schiller setzt ihm später mit seinem Drama ein Denkmal. Und jetzt greift ...

Wilhelm Tell – wer kennt ihn nicht, den legendären Schweizer Freiheitskämpfer. Seine Geschichte wird auf das Jahr 1307 datiert, Schiller setzt ihm später mit seinem Drama ein Denkmal. Und jetzt greift Joachim B. Schmidt nach ihm, nach Tell - hoch droben im Isenthal lebt er.

Ein hartes Leben führen sie, die vom Tellhof. Wilhelm ist unterwegs mit seinem ältesten Sohn Walter in diesem unwegsamen Gelände, in dem man immerzu fürchten muss, einen falschen Tritt zu machen. Es ist verboten hinaufzuklettern, beim Wildern dürfen sie sich nicht erwischen lassen und doch gehen sie, Walter muss mit ob er will oder nicht. Ein unguter Mensch scheint der Vater zu sein, wortkarg eher, unerbittlich und hartherzig. Sein Wort gilt. Drei Generationen leben in der Hütte, alle müssen sie mit anpacken, es wird ihnen nichts geschenkt.

Ein wenig annähern musste ich mich schon, mit Hedwig beginnt der Roman. Draussen hockt ein Bär, mitten auf der Wiese und Wilhelm greift nach seiner Armbrust, das Fleisch könnten sie schon brauchen. „Hep, hep, hep“ – zwei Topfdeckel schlägt sie Großmutter aufeinander, um das Tier zu verscheuchen. Wilhelm gefällt dar gar nicht, brüllt nach seinem Sohn.

Der Ton ist rau, Tell ein Eigenbrötler – auch dem kargen, entbehrungsreichen Dasein geschuldet, so kam es mir vor. Bis sich immer mehr seine ganz eigene Geschichte offenbart. Kurze Kapitel aus den Blickwinkeln der Familienmitglieder wechseln sich ab mit denen des Landvogts, auch sein Untergebener Harras kommt zu Wort. Ein harter Hund ist der, geht immer einen Schritt zu weit und genießt es sichtlich, wie sich alle vor ihm ducken, hat auch ein Auge drauf, dass der Hut auch ordentlich gegrüßt wird…

…Der habsburgische Landvogt Gessler lässt der Legende nach einen Hut auf eine Stange stecken und jeder Untertan hat ihn zu grüßen, sobald sie an ihm vorübergehen. Auch Wilhelm, der mit seinem Sohn Walter unterwegs zum Viehmarkt ist, muss vorbei. Der eigensinnige Tell denkt gar nicht daran zu grüßen und so nimmt der Apfelschuss Gestalt an.

Joachim B. Schmidt interpretiert die Geschichte des Wilhelm Tell neu. Und doch könnte es so oder so ähnlich gewesen sein, ich habe seine Auslegung mit Vergnügen gelesen, auch wenn es zuweilen ganz schön brutal zuging. Das Bild des Wilhelm Tell, des ungehobelten Bergbauern, ist mitsamt seiner Familie für mich gut nachvollziehbar gezeichnet. Auch der Landvogt und seine Gesellen wirken glaubhaft, jeder für sich ist ein ganz eigener Charakter – der zaghafte, total überforderte Gessler ebenso wie der grobschlächtige Harras und die jungen, noch unerfahrenen Söldner.

Ja, er hat hier gelebt. „Manchmal kann man sein Gesicht in den Felsen erkennen.“ Die letzte Klappe fällt, der Rückblick lässt sie alle los, Schmidts Neuinterpretation klingt aus.

Ein Wort zum Cover – unverkennbar ein Diogenes-Buch. Es braucht wenig, um alles zu sagen. Der Apfel als Symbol für den Apfelschuss – mehr wäre hier zuviel gewesen.

Nachdem ich „Kalman“ so sehr ins Herz geschlossen habe, musste ich „Tell“ natürlich lesen. Auch wenn ich skeptisch war, was denn aus der so bekannten Geschichte herauszuholen wäre, hat mich Joachim B. Schmidt eines Besseren belehrt. Ein literarischer Leckerbissen, der gelesen werden will!

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Veröffentlicht am 23.02.2022

Bei Schmidt wird Wilhelm Tell lebendig

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REZENSION – Spätestens seit seinem vielgerühmten vierten Roman „Kalman“ (2020) weiß man, dass der seit 2007 in Island lebende Schweizer Schriftsteller Joachim B. Schmidt (41) sich in der Charakterisierung ...

REZENSION – Spätestens seit seinem vielgerühmten vierten Roman „Kalman“ (2020) weiß man, dass der seit 2007 in Island lebende Schweizer Schriftsteller Joachim B. Schmidt (41) sich in der Charakterisierung ungewöhnlicher, skurriler Figuren versteht. Äußerst ungewöhnlich ist auch der Protagonist seines neuen Romans „Tell“, im Februar beim Diogenes Verlag erschienen, in dem Schmidt es wagt, den Schweizer Nationalhelden Wilhelm Tell von seinem Sockel zu holen und ihn in einer spannenden Handlung statt eines heldenhaften Widerstandskämpfers gegen den Habsburger Landvogt als einen einfachen, recht eigenbrötlerischen, schon in Kinderjahren vom Schicksal geprägten Bergbauern, Wilderer und Querulanten im Kanton Uri zu schildern. Schmidts Tell ist wahrlich kein legendärer Held, sondern ganz im Gegenteil ein Antiheld, der eigentlich nur seine Ruhe und für sich und die Familie ausreichend zu essen haben will.
Nun weiß man natürlich, dass Wilhelm Tell nur eine fiktive Figur ist, dessen im Jahr 1307 zur Zeit der Schweizer Habsburgerkriege verortete Geschichte vom Apfelschuss erstmals 1472 niedergeschrieben wurde. Das Motiv des Apfelschusses wurde sogar schon hundert Jahre vor Tell zu Beginn des 13. Jahrhunderts in der „Geschichte der Dänen“ von Saxo Grammaticus erwähnt. Dort ist es der prahlerische Schütze Toko, der einen Apfel vom Kopf seines Sohnes schießen muss. Doch Schmidt lässt uns diese Fakten in seinem in 100 kurzen Kapiteln von 20 Personen temporeich erzählten Roman schnell vergessen und schafft es spielend, uns an eine tatsächliche Existenz Tells glauben zu lassen.
Analog zum dänischen Apfelschützen Toko, dessen Name sprachwissenschaftlich als „alberner Mann“ gedeutet wird, folgt Autor Schmidt in der Charakterisierung seines Protagonisten Tell auch dessen sprachwissenschaftlicher Bedeutung als „einfältigen Mann“ und charakterisiert Wilhelm Tell als wortkargen bis mürrischen, sturen und nur unwillig als Bergbauer weit abseits von Altdorf Vierwaldstättersee) am Fuß der Voralpen lebenden Kleinbauern. Dort lebt er in seiner Hütte in eheähnlichem Verhältnis mit der Witwe seines verunglückten jüngeren Bruders Peter, den drei Kindern Walter, Willi und Kleinkind Lotta sowie Mutter und Schwiegermutter. Tell hat sich schon in der Jugend von seinen Mitmenschen abgewandt, lässt jedes Mitgefühl anderen gegenüber, auch seiner eigenen Familie gegenüber, vermissen. Als er aus Gründen der Not eine Kuh auf dem Markt in Altdorf verkaufen will, versäumt er es, den auf dem Marktplatz auf einer Stange aufgestellten Hut des habsburgischen Landvogts Gessler untertänig zu grüßen – nicht etwa aus politischem Widerstand, sondern weil er einfach nicht auf den Hut geachtet und nichts von der Grußpflicht gewusst hatte. Der zufällig mit seinem brutalen Truppführer Harras anwesende Landvogt befiehlt ihm zur Strafe, mit der Armbrust aus weiter Entfernung einen Apfel vom Kopf seines Sohnes Walter zu schießen. Dies gelingt Tell zwar, dennoch wird er gefangen genommen, kann sich aber später selbst befreien und sich rächen.
Es ist nicht nur die episodenhafte, bis in kleinste Einzelheit authentisch wirkende Handlung, die uns von Tells Angehörigen, Nachbarn sowie von seinem Jugendfreund und Pfarrer Tauffer erzählt wird, oder die beeindruckende Charakterisierung jeder einzelnen Figur, die uns an ihrer Welt und ihrem erbärmlichen Leben teilhaben lassen, was uns an eine tatsächliche Existenz des erst durch Schillers Drama (1804) zum Nationalhelden gewordenen Wilhelm Tell glauben lässt. Sondern Schmidt verbindet seine Geschichte im Epilog auch geschickt mit Fakten: So wird Tells Tochter Lotta, inzwischen selbst schon Großmutter, vom Obwaldner Landschreiber Hans Schriber aufgesucht, um mehr über Tell zu erfahren. Tatsächlich ist diesem Landschreiber und Dichter – wenn auch erst 100 Jahre später – die erste, 1472 veröffentlichte Niederschrift der Tell'schen Geschichte zu verdanken. Lotta täuscht zudem in diesem Gespräch mit Schriber vor, nicht auf dem Tell-Hof, sondern auf dem Tschudi-Hof zu leben, da sie die Witwe des Theodor Tschudi sei. Auch dieser Name ist bezeichnend, war es doch der spätere Chronist Aegidius Tschudi, der in seinem um 1550 verfassten Werk „Chronicon Helveticum“ die bis heute gültige Version der Tell-Sage erzählt.
So verleitet Schmidts Roman „Tell“ unwillkürlich zur weiteren Beschäftigung mit dem Schweizer Nationalhelden. Man sollte „Tell“ sogar zur Schullektüre machen: Wer sich bei Schillers Drama langweilt, findet sicher in dieser Erzählung um den Antihelden Wilhelm Tell den nötigen Anreiz, sich literarisch mit dieser Sagengestalt und historisch mit der Geschichte der Schweiz auseinanderzusetzen. Denn auch für junge Leser, die noch nie von Wilhelm Tell gehört haben, liest sich Schmidts Roman überaus spannend.

Veröffentlicht am 23.02.2022

Alte Geschichte im neuen Gewand

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Kann interessante Literatur entstehen, wenn jemand die alte Geschichte um Wilhelm Tell nochmal neu aufbereitet? Ist es lohnenswert, eine Geschichte, die man glaubt zu kennen? Diese Fragen trieben mich ...

Kann interessante Literatur entstehen, wenn jemand die alte Geschichte um Wilhelm Tell nochmal neu aufbereitet? Ist es lohnenswert, eine Geschichte, die man glaubt zu kennen? Diese Fragen trieben mich um, als mir der Klappentext von Schmidts Tell begegnet ist. Da mir sein Roman „Kalmann“ gut gefallen hatte, lies ich mich auch auf dieses Leseabenteuer ein.

Nach wenigen Seiten versetzt uns Joachim B. Schmidt um Jahrhunderte in der Zeit zurück und verfrachtet uns in das beschwerliche Leben der Schweizer Bergbauern, wo kleine Kinder schon den Stall ausmisten und kräftig mit anpacken müssen. Familienväter wildern für ein bisschen Fleisch. Mit den alten Weibern sitzen wir auf der Bank vor der Hütte und genießen das bisschen Sonne, das die Berge freigeben. Die geformte Atmosphäre aus bedrohlicher Natur und Gottesfürchtigkeit hat mir sehr gefallen. Hervorragend war meinem Empfinden nach auch der sprachliche Support für die Zeitschiene. Die Artikulation und die Verhaltensweisen sowohl der Bergbauern als auch der Habsburger kamen wirklich glaubwürdig rüber.

Tell selbst schien mir lange Zeit unnahbar. Er wirkte auf mich, als wäre er überfordert vom Leben, als wäre Tell nie richtig erwachsen geworden. Ich schob es auf das harte Leben in den Bergen und wurde eines besseren belehrt. Geschickt ist dem Autor hier ein Querverweis ins aktuelle Zeitgeschehen gelungen ohne dass es aufgesetzt wirkt.

Die Geschichte selbst wird rasant erzählt. Prägnante Sätze lassen kurze Kapitel entstehen, die einzelnen Charakteren zugeschrieben sind. So wechselt ständig der Blickwinkel auf das Geschehen, das dadurch stark an Plastizität gewinnt. So sind die vom Autor gezeichneten Bilder stets deutlich, die Gefühlswelt der Protagonist:innen regt zum Mitfiebern an. Letztlich trägt diese alte Geschichte ein ganz neues thrillernes Gewand.

Mir hat das gefallen. Gern spreche ich eine Leseempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 23.02.2022

Tell

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Nachdem mir Kalmann von Autor Joachim B. Schmidt gut gefallen hat, war ich neugierig auf diese Neuerzählung von Schillers Drama Wilhelm Tell.
Zugegebenermaßen war ich mit der ursprünglichen Erzählung ...

Nachdem mir Kalmann von Autor Joachim B. Schmidt gut gefallen hat, war ich neugierig auf diese Neuerzählung von Schillers Drama Wilhelm Tell.
Zugegebenermaßen war ich mit der ursprünglichen Erzählung nicht sehr vertraut und wusste nur grob, worum es bei Wilhelm Tell geht - ein Nachteil für die Lektüre dieses Buches ist es aber nicht, zumindest habe ich es so nicht empfunden. Auch wenn ich natürlich nicht vergleichen kann, in wie fern die Charaktere Schillers Originalfiguren ähneln oder in welchen Aspekten sich diese neue Fassung unterscheidet.
Die Handlung wird aus 20 verschiedenen Perspektiven erzählt, die sehr schnell wechseln, einige kommen häufiger, manche seltener zu Wort. Jede Person hat einen unverkennbar eigenen Charakter. Tell ist Mittelpunkt der Erzählung, jedoch werden auch die anderen Charaktere ausreichen dargestellt. Insgesamt hat sich ein sehr gutes, passiges Bild ergeben. Ich habe "Tell" innerhalb eines Tages ausgelesen, ich konnte es nicht aus der Hand legen. Die Spannung nimmt immer mehr zu, die knappen Sätze geben ein Tempo vor, das dazu sehr gut passt.

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Veröffentlicht am 23.02.2022

Großartig

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Joachim B. Schmidt ist wieder ein hervorragendes Werk gelungen, er hat die dramatische Saga um Wilhelm Tell in eine Geschichte verwandelt wo die Menschen nur Menschen sind und die Heldtaten erstehen aus ...

Joachim B. Schmidt ist wieder ein hervorragendes Werk gelungen, er hat die dramatische Saga um Wilhelm Tell in eine Geschichte verwandelt wo die Menschen nur Menschen sind und die Heldtaten erstehen aus purer Not. Wilhelm Tell ist hier kein Held, er ist ein Bauer, geplagt von Armut und Habsburgern , er ist sehr wortkargig und seltsam, er meidet die Menschen und ist am besten allein, er ist ein verletztes Mensch , geschändet und psychisch verletzt und er ist ein Mann welche, sein Bruder und seine Familie von die schlimmsten schützt- ein Held.

Die Geschichte ist großartig erzählt- von vielen verschiedenen Leuten und in kurzen Kapiteln, die ständige Perspektivenwechsel macht das ganze sehr rasant und die Neugier von der Leser ist immer größer, die dramatische Szenen mischen sich mit die Satire und die ist sehr geschickt in die historische traurige Hintergrund geführt.



Noch eine Sache ist bewundernswert, in die kurzen Kapiteln sind sehr, sehr viel Informationen aus damaligen Alltag zu entnehmen, die Geschichte um Tell bringt uns die Zeiten näher und der Leid von die untersten Schichten ist hier gewaltig zu spüren.

Der Schreibstil ist klar, deutlich und mit viel Resonanz , jeder Satz hat ein Klang wie ein Gong in der Kirche, ich glaube niemanden wird das Buch kalt lassen.