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Veröffentlicht am 16.03.2022

So wie das Leben eben ist

Das Fundbüro der verlorenen Träume
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Für das Fundbüro lebt sie – Dot Watson. Sogar eine Uniform trägt sie, wenngleich diese ihrer Fantasie entsprungen ist und doch passt genau dieser Kleidungsstil perfekt zu ihrer überaus korrekten Art. Sie ...

Für das Fundbüro lebt sie – Dot Watson. Sogar eine Uniform trägt sie, wenngleich diese ihrer Fantasie entsprungen ist und doch passt genau dieser Kleidungsstil perfekt zu ihrer überaus korrekten Art. Sie katalogisiert akribisch genau all die hier abgegebenen Dinge und wenn dann diese im Fundbüro aufbewahrten Stücke ihren Besitzer wiederfinden, ist Dots Freude groß. Eines Tages erscheint Mr. Appleby, der untröstlich darüber ist, seine Tasche samt den für ihn sehr wertvollen Inhalt verloren zu haben.

Das Buch beginnt ganz interessant, es scheint die Geschichte um Mr. Appleby zu sein, der Dot den Grund, warum er unbedingt diese Tasche wiederhaben möchte, erzählt hat. Eine ganze Weile plätschert die Geschichte vor sich hin, der Alltag im Fundbüro entspricht einer festgesetzten Norm.

Julia Meier, die das Hörbuch eingesprochen hat, macht daraus sehr viel. Dots Stimmungen arbeitet sie gut heraus, schon deshalb lohnt es sich dranzubleiben. Jedem einzelnen Charakter gibt sie seine Persönlichkeit, man merkt der Sprecherin ihre Ausbildung an, sie studierte Schauspiel und hat viel Erfahrung als Hörbuchsprecherin.

Man braucht schon etwas Durchhaltevermögen, denn es ist so viel mehr als die Geschichte um die verlorenen Gegenstände. Das Vergangene schimmert durch, es geht um Verlust und Trauer, Dots Leben war nicht immer so durchgetaktet. Regeln bestimmen ihr jetziges Dasein, fast meint man, sie hält sich daran fest, lässt nichts mehr an sich herankommen. Und doch schält sich zunächst zaghaft, dann sehr durchdringend ihr doch sehr vielschichtiges Leben heraus. Missverständnisse müssen erkannt und aufgearbeitet werden, was gar nicht so einfach ist. Je weiter man hört, desto intensiver wird es. Das zu Herzen gehende Ende hätte ich so nicht erwartet. Es hätte mir gefallen, die Geschichte dahinter sehr viel eher gehört zu haben. Der doch recht langwierige Anfang hätte dafür gerne gekürzt werden können. Julia Meier habe ich gerne zugehört, sie hat mir unterhaltsame 11 Stunden und 50 Minuten beschert.

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Veröffentlicht am 14.03.2022

Ein Sommer, der alles verändert

Leo und Dora
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So hat sich Leopold Perlstein das nicht vorgestellt. Schlecht gelaunt sitzt er in der Kleinbahn, die sich entlang des Harlem River hinaufschiebt. Seine Schreibblockade will er endlich überwinden und so ...

So hat sich Leopold Perlstein das nicht vorgestellt. Schlecht gelaunt sitzt er in der Kleinbahn, die sich entlang des Harlem River hinaufschiebt. Seine Schreibblockade will er endlich überwinden und so hat ihm Alma ihr Haus zur Verfügung gestellt, das aber leider abgebrannt ist. Im einem zweitklassigen Hotel wird er untergebracht, das die putzwütige, äußerst kleinliche Dora führt mit ihren stotternden Helfern und einer schwäbelnden Köchin, deren Essen ungenießbar ist. Wer will schon ein zu Stein gebratenes Steak oder Würstchen aus der Dose! Auch sein Zimmer ist eine Zumutung! Ja, er würde Alma telegrafieren, dass sie ihn rettete oder ihm eine Schiffspassage zurück nach Jaffa schickte. Aber hier – hier konnte er nicht bleiben.

Amüsant und ein wenig exaltiert geht es los, wir sind mit im Juni des Jahres 1948 gelandet, mit ihm sozusagen gestrandet. Mit Leo, dem Nörgler, dem so gar nichts passt. Er beobachtet die anderen Gäste, es sind Ferien und die Mütter mit ihren Kindern nehmen viel Platz ein, er muss sich ein wenig unterordnen. Noch dazu gibt es sowas wie einen Geist, den es zu vertreiben gilt.

Wie das Leben eben so ist, so sind auch die Charaktere. Alle mit Ecken und Kanten, anfangs eher unsympathisch, man muss sie erst etwas näher kennenlernen. Da sind die Geringers, mit denen Leo sich anfreundet oder Anton, der mit seinen jungen Jahren so einiges zuwege bringt. Und natürlich Dora. So unterkühlt, wie es anfangs scheint, ist sie gar nicht und auch Leo taut immer mehr auf.

Aus den unnahbaren titelgebenden Protagonisten werden immer mehr dem Leben zugewandte, sich öffnende Personen, denen das Schicksal nicht immer wohlgesonnen war. Und doch gilt es, jetzt zu leben, nach vorne zu schauen. Ein Sommer, der so viel ändert, der ihren Leben eine Wendung gibt, die sie nicht mehr für möglich gehalten hätten… Und dann ging er hinunter und begann zu schreiben. ‚Romanze in Triest‘ soll es heißen, Leos Buch. Eine Liebesgeschichte mit einem Gespenst.

„Leo und Dora“ - ein unaufgeregtes Buch, ein sich annähern. Eingefahrene Bahnen verlassen, mit offenen Augen durchs Leben gehen, Neues zulassen. Die schnäbelnden Vögel vom Cover versinnbildlichen dieses Gefühl sehr gut. Das Herbstlaub hängt noch an einem Ast, während auf dem anderen die Knospen sprießen, alles sprüht Lebendigkeit und Lebensfreude aus. Ein Wohlfühlbuch, das auch ernste Töne anschlägt, das ich gerne gelesen habe.

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Veröffentlicht am 06.03.2022

Die Anfänge der deutsch-französischen Freundschaft und mehr

Kaiserstuhl
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1962 geht es aufwärts, der Krieg ist endgültig vorbei, die guten Jahre sind da. Die deutsch-französische Freundschaft wollen der damalige französische Staatspräsident Charles de Gaulle und der deutsche ...

1962 geht es aufwärts, der Krieg ist endgültig vorbei, die guten Jahre sind da. Die deutsch-französische Freundschaft wollen der damalige französische Staatspräsident Charles de Gaulle und der deutsche Kanzler Konrad Adenauer festigen, was schließlich Anfang 1963 zur Unterzeichnung des Élysée-Vertrages führte. Vor diesem Hintergrund und mit einem ganz besonderen Champagner erzählt Brigitte Glaser die Geschichte von Henny Köpfer und Paul Duringer.

Auf dem Hof von der Kätter treffen die beiden kurz nach Kriegsende aufeinander, sie verlieben sich, aber das Leben treibt sie doch wieder auseinander um Jahre später – Henny hat dem Weinhandel ihres Vaters zu neuer Blüte verholfen – sich wieder zu begegnen.

Ein interessanter Ansatz, der mir sofort zusagte. Mit dem Knall eines Champagnerkorkens, bei dem Henriette Köpfer das Licht der Welt erblickte, beginnt Brigitte Glasers Erzählung. Man muss schon ganz genau lesen, um nicht den Faden zu verlieren. Von Freiburg ins Irgendwo nach Bonn und wieder zurück mit diversen Abstechern zum Kaiserstuhl etwa geht die Reise, auch zwischen den Zeiten und den einzelnen Protagonisten gibt es keine Übergänge. So habe ich bald beschlossen, nochmal ganz von vorne zu beginnen und mir die nötige Zeit zu lassen. Ich mag Romane, die Historisches gut lesenswert in eine fiktive Geschichte verpacken. Dies ist der Autorin allemal gelungen, ohne die schon erwähnten schnellen Wechsel wäre es ein absolutes Highlight gewesen. So aber hatte ich gerade am Anfang des Öfteren das Gefühl, etwas überlesen zu haben.

Ein Champagner von Vossinger, eine ganz bestimmte Flasche des Jahrgangs 1937, zieht sich durchs Geschehen. Hier wird Geschichte mit unserer Geschichte spannend verwoben. Empfehlenswert ist, immer mal wieder einen Blick auf den Stammbaum zu werfen, der am Schluss des Buches zu finden ist.

Die deutsch-französische Verbundenheit ist ein nicht wegzudenkender Teil von uns. Brigitte Glaser nimmt ihre Leser in „Kaiserstuhl“ mit, diese nach dem Krieg wieder aufkeimende Freundschaft näher zu betrachten, sie hat die historischen Tatsachen gut recherchiert und ihre Charaktere darin glaubhaft eingebunden.

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Veröffentlicht am 04.03.2022

Brisantes Thema

Der dreizehnte Mann
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Nun ist er da – der mit Hochspannung erwartete zweite Fall um den Anwalt Rocco Eberhardt und den Rechtsmediziner Justus Jarmer. Der ehemalige Strafverteidiger Florian Schwiecker und Michael Tsokos, Rechtsmediziner ...

Nun ist er da – der mit Hochspannung erwartete zweite Fall um den Anwalt Rocco Eberhardt und den Rechtsmediziner Justus Jarmer. Der ehemalige Strafverteidiger Florian Schwiecker und Michael Tsokos, Rechtsmediziner und erfolgreicher Krimi-Autor, gewähren auch hier wieder tiefe Einblicke in ihren Berufsalltag.

Grünwald und Krampe wollten mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit, sie hatten sich fest mit Anja Liebig, einer Lokalredakteurin, verabredet. Das Granther-Experiment sollte endlich aufgearbeitet und der Öffentlichkeit präsentiert werden. Doch kurz vor ihrem Termin ist Grünwald verschwunden. Da stimmt was ganz und gar nicht! An die Polizei brauchen sie sich nicht zu wenden, die wird nichts unternehmen. Kurz entschlossen machen sich Liebig und Krampe auf, Rocco Eberhardt davon zu überzeugen, ihnen zu helfen. Ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Rund um das Granther-Experiment ist die Story aufgemacht, angelehnt an das Berliner Kentler-Experiment des damals renommierten Sozialpädagogen und Sexualwissenschaftlers Helmut Kentler. Im Rahmen dieses Experiments wurden von Berliner Jugendämtern Kinder und Jugendliche aus sozial prekären Verhältnissen gezielt an pädophile Männer zur Pflege vermittelt. Und das Jahrzehntelang, bis in die frühen 2000er Jahre.

Bald hatte ich die Akteure aus „Die 7. Zeugin“ wieder parat. Die kurzen Kapitel sind mit Zeit- und Ortsangabe überschrieben, so ist man auf Anhieb dabei, ja mittendrin. Das schon und doch war es zeitweise etwas langatmig. Mit der Staatsanwältin Claudia Spatzierer, die Rocco aus den Augen verloren hat, vermischt sich ein klein wenig Privates perfekt mit der Vorbereitung auf den Prozess. Rocco wird mir immer sympathischer, er ist ein brillanter Anwalt, dem nichts verborgen bleibt. Es geht hauptsächlich um ihn, Jarmers Part ist eher zweitrangig. So kommt es mir zuweilen vor, auch wenn die Obduktion gut, aber nicht reißerisch beschrieben ist. In seiner beruhigenden Art ist er der Gegenpol, brilliert mit fundiertem Wissen, er lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen.

Das eigentliche Thema, das hier Granther-Experiment genannt wird, hat es in sich. Ich habe zum ersten Mal davon gehört, mich dann weiter informiert und bin entsetzt, was sich bestimmte Leute alles erlaubt haben und erlauben. Menschenverachtende Experimente mit Wissen und Duldung der Aufsichtsbehörden gehört an den Pranger gestellt. Schwiecker & Tsokos haben dies auf eindrückliche Weise sehr lesenswert aufbereitet.

Der zweite Justiz-Krimi dieses Bestseller-Duos ist gelungen, auch der Hintergrund des Titels wurde noch geklärt, das Cover hat Wiedererkennungswert. Der zweite Band macht wieder Lust auf mehr. Wenngleich ich mich erst mal einfinden musste, so werde ich Rocco Eberhardt und Justus Jarmer treu bleiben. Natürlich!

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Veröffentlicht am 25.02.2022

Sehr unterhaltsamer Cosy Crime

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
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Der Start einer neuen Krimi-Reihe aus der Feder von Robert Thorogood um die umtriebige Mrs. Potts is very british.

An der Themse gelegen ist das Städtchen Marlow. Eine Idylle, in der nie etwas passiert ...

Der Start einer neuen Krimi-Reihe aus der Feder von Robert Thorogood um die umtriebige Mrs. Potts is very british.

An der Themse gelegen ist das Städtchen Marlow. Eine Idylle, in der nie etwas passiert – bis eines schönen Abends aus Nachbars Garten ein Schrei an Judiths Ohr dringt: „Hey, nein.“ Sie ist alarmiert, ruft – natürlich – nach der Polizei, die jedoch nichts Außergewöhnliches feststellen kann. Ein wenig neugierig ist sie schon, die nicht mehr ganz junge Mrs. Potts. Also nimmt sie selber die Ermittlungen auf und wird tatsächlich fündig – im Wassergraben liegt ein Toter.

Zunächst ist sie - eine resolute Lady, die ihre Schrullen pflegt und sich regelmäßig mit einem Whisky belohnt - alleine dabei, sich auf die Fährte eines vermeintlichen Mörders zu setzen. Erst als ein Zweiter ins Gras beißen muss, kommt die träge Polizei in die Gänge – so einigermaßen zumindest.

Becks Starling ist die Pfarrersfrau und als solche geht sie ganz in ihrer Rolle auf. Sie ist das glatte Gegenteil von Judith und doch treffen sie aufeinander, beschnuppern sich und bald sind sie auf einer Linie, die geradezu pedantische Becks taut mehr und mehr auf, es hat ein wenig gedauert, aber dann hat sie auch mein Herz erobert. Die dritte im Bunde ist die Hundesitterin Suzie Harris. Sie kann nicht viel erschüttern, passt hervorragend in dieses Trio.

Spuren gibt es viele, aber alle führen sie ins Nichts. Der Autor versteht es hervorragend, seinen Lesern immer wieder ein paar Brocken hinzuwerfen. Und kaum hat man einen neuen Verdächtigen ausgemacht, hat der ein Alibi, wenn auch nicht unbedingt wasserdicht, so aber doch nicht von der Hand zu weisen. Die Spuren verdichten sich, auch die vermeintliche Mordwaffe und noch so einiges passen zu den Taten.

Gemeinsam sind sie unschlagbar, die drei Meisterdetektivinnen. Sie gehen es forsch und unerschrocken an, sind immer einen Tick besser als die Polizei erlaubt. Auch wenn sie so manches Mal ein klein wenig am Erlaubten gerade nochmal so vorbeigeschrammt sind – die Fälle sind mit tatkräftiger Unterstützung von Judith, Suzie und Becks aufgeklärt.

Die drei 'Polizistinnen ehrenhalber' haben sich tapfer geschlagen. Sie waren unermüdlich, bis zur Erschöpfung, im Namen der Gerechtigkeit unterwegs und haben das Ding schon geschaukelt. Ein wenig spitzbübisch, immer hellwach - es hat gepasst. Sie haben sich nicht gesucht, aber gefunden.

Bei ihren nächsten Fällen werde ich ganz bestimmt wieder dabei sein, das Vergnügen werde ich mir nicht entgehen lassen. Ein herrlicher Lesespaß, der durch so etliche logische Schnitzer zwar nicht geschmälert wurde, die es aber ob der Fülle dieser nicht gebraucht hätte.

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