Toll recherchiert und berührend erzählt
Der Salon. Wunder einer neuen ZeitIn den 1950er Jahren wechselt die junge Friseurin Leni aus dem dörflichen Friseursalon ihrer Mutter in den angesagtesten Salon in der Großstadt München und kommt somit ihrem Traum von einem eigenen Salon ...
In den 1950er Jahren wechselt die junge Friseurin Leni aus dem dörflichen Friseursalon ihrer Mutter in den angesagtesten Salon in der Großstadt München und kommt somit ihrem Traum von einem eigenen Salon etwas näher.
Ihr Bruder Hans quält sich durch das Medizinstudium, das sich der im Krieg verschollene Vater so für ihn gewünscht hätte, auch wenn er viel lieber Musik machen würde. In einem Jazzclub, wo er Trompete spielt, verliebt er sich in das ehemalige Modell Charlotte. Sie ist in einer sehr unglücklichen Ehe gefangen und soll ihrem Mann unbedingt einen Erben gebären…
Meine Meinung:
Der Roman von Julia Fischer wird aus den unterschiedlichen Perspektiven der Protagonisten erzählt. Dadurch kommt man allen, sehr liebevoll und warmherzig gezeichneten, Figuren sehr nahe. Leni, Hans, seine Freund und Charlotte waren mir gleich sehr sympathisch und ich habe mit ihnen gelitten und mitgefiebert, wodurch ich gemerkt habe, wie nahe ich ihnen bereits nach kurzer Zeit gekommen war.
Durch die Erzählung aus den unterschiedlichen Perspektiven bekommt die Geschichte auch eine sehr gelungene Dynamik und als Leser:in bekommt man ein sehr rundes Bild von den Ereignissen, aber auch von den Zusammenhängen.
Neben der gewohnt herzerwärmenden Erzählweise, die ich an allen Romanen von Julia Fischer so sehr schätze, hat mir bei diesem historischen Roman auch sehr gut gefallen, welche Einblicke man in die spannende Zeit der 1950er Jahre bekommen hat. Zum einen ist die Rolle der Frau in der Ehe und in der Familie – gerade in Deutschland – sehr konservativ, zum anderen waren für Frauen (gerade wenn sie verwitwet oder alleinstehend waren oder die Ehemänner sie unterstützen) in Einzelfällen auch Dinge möglich. So führte Lenis Mutter ihren Friseurladen selbstständig als Meisterin, eine Freundin von Hans studierte ebenfalls Medizin und Leni konnte sich neben ihrer Arbeit im Friseursalon auch mit selbstgemachten Kosmetika verwirklichen.
Anhand dieser ganz konkreten Menschen kann man sich sehr gut vorstellen, wie der Alltag der Menschen zu der Zeit aussah.
Darüber hinaus fand ich auch die Einblicke in das Friseurhandwerk sehr spannend. Aber nicht nur das wird thematisiert, sondern auch das Studentenleben gerade im medizinischen Bereich, studentische Verbindungen und Corps sowie die Jazzmusikszene in München.
Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viel Recherchearbeit mit dem Buch verbunden war, weil so unglaubliche viele Bereiche der Gesellschaft so unglaublich authentisch dargestellt werden.
Fazit:
Der warmherzig und berührend erzählte Roman ist für mich ein absolutes Lesehighlight in diesem Jahr. Ich kann es überhaupt nicht abwarten, bis der zweite Teil erscheint und wir erfahren, wie es mit Leni und Charlotte und Co. weitergeht!