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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Nachruf auf die Liebe

Eins
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Dieser Jugendroman beschäftigt sich mit der Identitätsfindung zweier Schwestern, die als siamesische Zwillinge geboren wurden und bisher alles gemeinsam erlebt haben, die einander lieben und sich gleichsam ...

Dieser Jugendroman beschäftigt sich mit der Identitätsfindung zweier Schwestern, die als siamesische Zwillinge geboren wurden und bisher alles gemeinsam erlebt haben, die einander lieben und sich gleichsam wie eine Person fühlen, obwohl sie es nicht wirklich sind. Entgegen aller ärztlichen Prognosen sind Tippi und Grace mittlerweile 16 Jahre alt geworden und trotzen ihrer Behinderung auf eigene Art und Weise. Natürlich steht die ständige Präsenz der Körperlichkeit an erster Stelle, denn die beiden sind hüftabwärts zusammen gewachsen und teilen sich einen Unterleib. Aber ihr Wesen, ihre Gedanken und natürlich ihre Charaktere sind durchaus verschieden und einzigartig.

Die Autorin schildert in ganz normalen Alltagsszenen das Leben einer fünfköpfigen Familie, bei denen es so ziemlich alles gibt, nur keine Normalität. Während der Vater seine Sorgen im Alkohol ertränkt, die Mutter in die Arbeitslosigkeit gerät und die jüngere Schwester als Primaballerina immer mehr dem Hungerwahn verfällt, bemühen sich Tippi und Grace angestrengt darum ein einigermaßen normales Leben zu führen, ganz gleich wie hoffnungslos dieses Unterfangen auch scheint.

Sie verständigen sich oft ganz ohne Worte, fühlen nicht nur ihre körperliche Verbundenheit sondern auch ihre seelische Nähe. Manchmal sind sie EINS und dann fragen sie sich wieder, wie es wäre, wenn man eine eigene Identität, einen eigenen kompletten Körper hätte. Nach einer Infektion werden beide sehr krank und es ist abzusehen, dass eine Trennung ihrer Körper die einzige Möglichkeit ist, ihr Leben zu retten, oder zumindest das von einer der beiden …

Dieser Roman bringt echte Abwechslung beim Lesen, denn die Geschichte lebt von ihrer Besonderheit, schafft Verbundenheit mit den Protagonisten und wirft tiefschürfende Probleme Jugendlicher auf, die auch unabhängig von einer Behinderung auftreten und so typisch sind für die Zeit des Erwachsenwerdens. Eher störend empfand ich hier das Layout des Buches, fast leere Seiten, unzählige Überschriften und unzusammenhängende Kapitel. De Facto hätte man das Buch auf die Hälfte der Seiten drucken können, ohne es einzukürzen.

Fazit: Ich vergebe gute 4 Sterne für einen ungewöhnlichen Jugendroman, der sehr einfühlsam mit schwerer Thematik umgeht, der Behinderung, Krankheit und Sterben ebenso offensiv angeht wie die erste Liebe, das Finden einer eigenen Identität und die Liebe, die aus lebenslanger Verbundenheit entsteht. Ein Buch fürs Herz, dem es nur ein klitzekleines bisschen an Tiefgang und Nachklang fehlt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein Moment, der dein Leben verändert

Die Nacht schreibt uns neu
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Der Junggesellen-Abschied von Emma Marshall endet in einem einzigen Fiasko, nachdem ihre Freundin Caroline mit dem Auto einen schweren Unfall baut bei dem ihre andere Freundin tödlich verletzt wird. Obwohl ...

Der Junggesellen-Abschied von Emma Marshall endet in einem einzigen Fiasko, nachdem ihre Freundin Caroline mit dem Auto einen schweren Unfall baut bei dem ihre andere Freundin tödlich verletzt wird. Obwohl niemand Schuld an dem Unglück trägt, leiden alle Beteiligten unter der neuen, bedrückenden Situation. Einzig ihr Lebensretter Jack, der die eingeklemmte Emma aus dem Autowrack bergen konnte, scheint ihre Gefühlslage perfekt zu verstehen. Bei ihm fühlt sie sich aufgehoben und akzeptiert, während ihre Zuneigung für ihrem Verlobten immer mehr abnimmt. Aus Pietätsgründen wird die Hochzeit verschoben aber Emma muss sich eingestehen, dass sie eigentlich nicht mehr heiraten möchte und erst recht nicht ihren Freund. Als sie schließlich auf ein bitteres Geheimnis stößt, welches ihr Verlobter mit der Verstorbenen teilt, einen Verrat den sie nicht verzeihen kann, trennt sie sich endgültig von ihm. Doch ihr neues Lebensglück mit Jack steht ebenfalls unter keinem guten Stern. Denn Jack wird bald abreisen und zu Hause warten bereits andere Verpflichtungen auf ihn…

Der zweite Roman der Autorin erzählt eine intensive, wunderschöne Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen, für die ein einziger Moment lebensverändernd war. Sie beschreibt in eindringlicher, sehr gefühlvoller Sprache die Freuden und Sorgen Liebender, die entweder nicht frei sind oder einen ganz anderen Lebensplan hatten. Das Buch wird in der Ich-Perspektive erzählt, so dass man sich sehr gut mit der Hauptprotagonistin identifizieren kann. Leider bleibt die Geschichte sehr vorhersehbar und bedient viele Klischees, was auch daran liegen mag, dass die Thematik einer Dreiecksbeziehung schon sehr oft und ausführlich behandelt wurde. Es gibt keine Wendungen, keine großen Überraschungen und mir fehlte es stellenweise an Spannung und Tiefgang. Ausgeglichen werden die Kritikpunkte durch hohe Erzählkunst, denn es war eine Freude die Empfindungen der Protagonisten so intensiv und hautnah erleben zu können, nicht nur oberflächliches Geplänkel sondern echte, bedeutende Probleme. Im Fokus der Story steht der Mensch, nicht immer perfekt, ganz und gar nicht sicher vor Fehlentscheidungen und antastbar in seinen Grundsätzen aber gerade deswegen liebenswert.

Fazit: Ich vergebe 3,5 (aufgerundet 4) Sterne für einen intensiven Liebesroman, der wunderbar unterhält und das Herz mit einfühlsamer Sprache erwärmt. Der aber durchaus mehr Potential gehabt hätte, insbesondere was die Handlung und Vorhersehbarkeit anbelangt. Den Vorgängerroman der Autorin („Die Achse meiner Welt“) möchte ich sehr gerne kennenlernen, weil mir der Schreibstil hier ausgesprochen gut gefallen hat und eine neue Geschichte wieder ganz anders gestaltet sein kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das Revival eines vergessenen Serienmörders

Federspiel
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Das spurlose Verschwinden der taffen Fernsehmoderatorin Sarah Wagner sorgt für großes Aufsehen, anscheinend wurde die junge Frau direkt aus ihrer Wohnung verschleppt und es gibt viel zu wenig Indizien, ...

Das spurlose Verschwinden der taffen Fernsehmoderatorin Sarah Wagner sorgt für großes Aufsehen, anscheinend wurde die junge Frau direkt aus ihrer Wohnung verschleppt und es gibt viel zu wenig Indizien, um dem Täter auf die Spur zu kommen. Die wagemutige Journalistin Christine Lenève entdeckt am Tatort weiße Federn und nimmt diesen ungewöhnlichen Fund als Grundlage für ihre private Ermittlungsarbeit. Schon bald findet sie eine heiße Spur, die allerdings weit in die Vergangenheit hineinreicht. Damals agierte in der DDR der Serienmörder „Ikarus“, dessen Markenzeichen weiße Federn waren und der bereits Sarahs Schwester Henriette auf dem Gewissen hat. Wird es Christine gelingen den Täter von damals zu identifizieren und damit das Leben von Sarah zu retten – oder obliegt sie einem Irrtum und stellt den falschen Mann?

Dieser Debütroman entwirft gekonnt eine spannende, temporeiche Verfolgungsjagd zwischen einem gerissenen Serienmörder und seiner hochmotivierten Verfolgerin. Wechselnde Erzählperspektiven und immer wieder überraschende Wendungen machen das Buch zu einem psychologisch-interessanten Projekt, welches man als Leser hochkonzentriert verfolgt. Sowohl die Hintergrundgeschichte des Serienmörders als auch der aktuelle Entführungsfall haben ihren Reiz, denn miträtseln macht hier richtig Spaß. Innovativ ist hier die Wahl der Ermittlerin, denn keine ausgebildete Polizistin jagt den Killer sondern eine Journalistin, die trotz einiger Handlungsfehler immer obenauf bleibt.

Und so ungewöhnlich dieser Ansatz auch ist, bleibt er für mich dennoch der Hauptkritikpunkt des Buches. Irgendwie konnte ich mich mit der perfekten privaten Ermittlerin, deren Berufsbild zwar definitiv Recherchearbeit und ungewöhnliche Methoden erfordert aber längst nicht in diesem Ausmaß, nicht anfreunden. Zu Perfekt, zu schlüssig und einfach fügen sich die Puzzleteile zusammen, waghalsige Manöver mit denen selbst langjährige Polizisten Probleme haben, scheinen für Christine nur eine kleine Herausforderung zu sein.

Fazit: Ich vergebe 4 Sterne für ein stimmiges, spannendes Thriller-Debüt mit einer interessanten Handlung, welches zum Miträtseln und Staunen einlädt. Über kleine Schwächen kann man hinwegsehen, denn der Roman bietet insgesamt einen tollen Plot und auch die ein oder andere Hintergrundinformation für den interessierten Leser. Prädikat: Empfehlenswert.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Im Alleingang durch ein schweres Leben

Schmale Pfade
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Jim Kennoway, einst Ornithologe und begeisterter Naturkundler sitzt mittlerweile an den Rollstuhl gefesselt in der Einöde seines Sommerhauses in Maine. Schon vor langer Zeit hat er sich aus dem gesellschaftlichen ...

Jim Kennoway, einst Ornithologe und begeisterter Naturkundler sitzt mittlerweile an den Rollstuhl gefesselt in der Einöde seines Sommerhauses in Maine. Schon vor langer Zeit hat er sich aus dem gesellschaftlichen Leben verabschiedet, um in der Ruhe und Abgeschiedenheit der Natur seinen Frieden zu finden. Doch die Geister seiner Vergangenheit lassen sich nur schwer vertreiben – zu lebensverändernd und elementar waren ihre Auswirkungen. Seine Kriegserlebnisse von 1943, als er im Einsatz gegen die Japaner auf den Salomonen stationiert war aber auch den Verlust seiner Frau, die gespaltene Beziehung zu seinem Sohn und nicht zuletzt das Hadern mit seinem Gesundheitszustand machen ihn zu einem alten Mann, der verbittert und grüblerisch den Lebensabend verbringt. Als die junge Tochter seines ehemaligen Freundes ihn besuchen kommt, fühlt er sich einerseits gestört, beginnt aber andererseits über die vergangenen Jahrzehnte nachzudenken und seine Lehren daraus zu ziehen …

Der Aufbau des Romans ist sehr vielschichtig, intensiv und umfassend gestaltet. Eine poetische, melancholische Grundstimmung gepaart mit detailgetreuen Naturbeschreibungen sorgt dafür, dass man die Sprache und den Schreibstil einfach mögen muss und sich trotz einiger Längen im Mittelteil bestens unterhalten fühlt. Auch die wechselnden Erzählebenen zwischen Vergangenheit und Gegenwart reflektieren den Inhalt ausgesprochen treffend und konstruieren ganz hervorragend die Charakterstudie eines Menschen, seine Stärken und Schwächen, seine Hoffnungen und Träume ebenso wie seine Errungenschaften und Verluste. Das Besondere an diesem Buch ist die Ambivalenz, die der Leser zum Hauptprotagonisten des Buches entwickelt. Denn Jim ist jemand, den man weder mögen noch hassen kann, der immer zweierlei Gefühle anspricht und doch ein absolut geradliniger, in sich geschlossener Charakter ist. Dieses Phänomen schreibe ich der Erzählkunst der Autorin zu Gute und es gibt für mich auch den Ausschlag für meine positive Bewertung.

Fazit: Diesen Roman prägt ein ganz eigener Erzählstil, der eine tragische Lebensgeschichte und die Berufung zum Ornithologen verbindet, so dass ein umfassendes Gesamtbild entsteht, welches für die Einzigartigkeit eines Menschen plädiert, für ein Leben im Einklang mit persönlichen Wünschen und Befindlichkeiten und der überzeugend vermittelt, warum die Kraft zwischenmenschlicher Beziehungen auf lange Sicht nicht zu unterschätzen ist. Ich vergebe 4 Sterne für richtig gute, zeitgenössische Belletristik.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Herrschaft der Masken

Elias & Laia - Die Herrschaft der Masken
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Um ihren Bruder Darin zu retten, begibt sich die junge Laia in das Zentrum der Macht nach Schwarzkliff, dort wo sie nur gegen Unbarmherzigkeit und rohe Gewalt ankämpfen muss, wo sie als Sklavin der Kommandantin ...

Um ihren Bruder Darin zu retten, begibt sich die junge Laia in das Zentrum der Macht nach Schwarzkliff, dort wo sie nur gegen Unbarmherzigkeit und rohe Gewalt ankämpfen muss, wo sie als Sklavin der Kommandantin als unterstes, verachtenswertes Geschöpf angesehen wird. Einzig die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit Darin hält sie am Leben und lässt sie zur Kämpferin werden. Auf der anderen Seite steht der Kämpfer Elias, der es zu Ruhm und Ehre bringen soll, indem er sich als würdiger Maskenträger in einer Prüfung beweist, die ihm zum neuen Imperator machen könnte. Doch dafür muss er über Leichen gehen und selbst seine Freunde töten. Nichts wünscht sich Elias mehr, als dem Schrecken von Schwarzkliff endgültig zu entkommen – doch dazu muss er erst die Geister seiner Vergangenheit besiegen. Als Elias und Laia aufeinandertreffen, entwickelt sich nicht nur eine magische Anziehungskraft zwischen ihnen, sondern es eröffnet sich erstmals eine Möglichkeit zur Flucht.

Die Geschichte von Elias und Laia kombiniert ganz verschiedene Erzählaspekte miteinander, die in ihrer Gesamtheit eine fesselnde, abenteuerliche Handlung ergeben, die den Leser mitten ins Geschehen zieht. Die Kapitel werden entweder aus Sicht von Elias oder aus Sicht von Laia erzählt, so dass sich mehr oder weniger zwei einzelne Handlungsstränge ergeben, die durch eher zufällige Treffen der Protagonisten gemeinsame Schnittpunkte bekommen. Die Autorin verbindet gekonnt eine historische Rahmenhandlung mit persönlichen Charakterzügen, schafft eine Welt aus Krieg, Machthunger und Kampfeslust versus menschlicher Werte wie Treue, Freundschaft und Gewissen. Noch dazu entführt sie den Leser in eine fantastische, mythische Welt in der Fabelwesen wie Auguren, Dschinns und Ghule einen unwiderruflichen Einfluss auf die Entscheidungen der Menschen haben.

Fazit: Ich vergebe 4,5 Sterne für einen imposanten, spannenden Jugendroman, der zahlreiche Prüfungen und Abenteuer bereithält. Der eine eigene Welt erschafft in der es um Unterdrückung, Sklaverei und Grausamkeit geht und gleichermaßen Mittel und Wege aufzeigt, wie uns Menschlichkeit, Pflichtbewusstsein, Treue, Freundschaft und Liebe am Leben erhalten können. Ganz nach dem Motto: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“. Leseempfehlung!