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Veröffentlicht am 10.03.2022

Spannender Reihen-Auftakt zum Wohlfühlen

Krabbenbrot und Seemannstod
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Nachdem ich neulich den bereits neunten Band dieser Ostfriesen-Krimi-Reihe um das Ermittler-Trio Rosa, Henner und Rudi gelesen hatte, hatte ich mir vorgenommen, die anderen Teile nachzuholen.

Inzwischen ...

Nachdem ich neulich den bereits neunten Band dieser Ostfriesen-Krimi-Reihe um das Ermittler-Trio Rosa, Henner und Rudi gelesen hatte, hatte ich mir vorgenommen, die anderen Teile nachzuholen.

Inzwischen habe ich mir den ersten Teil zu Gemüte geführt. Es ist ein ziemlich gemütlicher Krimi. So etwas nennt man „Cosy Crime“. Nun habe ich also erfahren, wie sich unsere drei Hobbyermittler kennengelernt haben und wie ich mir den Alltag, das Leben und die alltäglichen Sorgen der Leute aus dem beschaulichen ostfriesischen Ort Neuharlingersiel vorstellen kann.

Es hat mir großen Spaß gemacht, die Geschichte zu lesen. Die Leute dort sind mir schnell ans Herz gewachsen und auch ihre typisch norddeutsche Art finde ich klasse. Ich musste sehr oft schmunzeln, denn es ist den Autorinnen gelungen, hier einige Originale zu schaffen, die man sich gut vorstellen kann und beim Lesen direkt vor sich sieht. Mit manchen wäre ich gern befreundet, wenn es sie wirklich gäbe. Sicher geht es mir nicht als einziger Leserin so, denn sonst hätte diese Reihe nicht so viele Fans.

Besonders mag ich neben der Art der handelnden Personen auch den Schreibstil der Autorinnen und die ganze Konzeption. Jedes Kapitel trägt als Überschrift einfach den Wochentag, an dem alles spielt. Das ist immer eine ganze Menge für einen Tag. Bei dem Geschehen wird sehr schnell zwischen den einzelnen Akteuren umgeschaltet. So entstehen andauernd Cliffhanger, aber genauso oft habe ich mich gefreut, dass es dann wieder bei einer der vorigen spannenden Stellen weiterging.

Die daraus resultierende Sogwirkung, die ich schon in meiner Rezension zum neunten Teil, festgestellt hatte, besteht also bereits in diesem ersten Roman der Reihe.

Fazit

Das Buch fand ich sehr unterhaltend und auch der Kriminalfall wurde am Ende schlüssig aufgeklärt.

Nun freue ich mich schon auf den nächsten Teil, der bereits auf meiner Lese-Liste steht.

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Veröffentlicht am 07.03.2022

Familiengeschichte wie ein Thriller

Flüchtiges Glück
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Dieser Roman ist ein Drei-Generationen-Roman, der insgesamt über eine längere Zeitspanne der jüngsten deutschen Geschichte spielt, und zwar zur DDR-Zeit in den 70er Jahren, zur Wendezeit um 1989 und heute.

Es ...

Dieser Roman ist ein Drei-Generationen-Roman, der insgesamt über eine längere Zeitspanne der jüngsten deutschen Geschichte spielt, und zwar zur DDR-Zeit in den 70er Jahren, zur Wendezeit um 1989 und heute.

Es beginnt mit der heutigen Generation, vertreten durch Milla, um die Jahrhundertwende geboren, und ihren Freund Navid, die mir beide sofort sympathisch sind. Einerseits durch Millas frische und fröhliche Art, die auch auf den jungen Navid, einen ehemaligen Flüchtling, abfärbt. Andererseits aber auch durch Navids Ernsthaftigkeit und Beharrlichkeit, die Schatten der Vergangenheit, die über Millas Familie lasten, zu vertreiben.

Millas Familie sind ihre Mutter Jola und deren Eltern, Agnes und Franz, die aus der DDR kommen und 1989 kurz vor deren Zusammenbruch geflohen sind. Alle leben heute in Berlin. Wir lernen sie auch recht schnell kennen.

Dass es in dieser Familie vermeintliche dunkle Geheimnisse gibt, wird klar, als Milla und Navid mit ihrem Großvater Franz einen Ausflug in seine alte Heimat nach Wolfen machen und dort ein alter Mann behauptet, Millas Oma sei schuld am Tod seiner Frau.

Dieser Roman ist sehr einfühlsam geschrieben und wird allen drei Generationen gerecht. Jede handelnde Figur wird sehr empathisch dargestellt, egal was sie in der Vergangenheit gemacht hat. Es ist keine Schwarz-Weiß-Malerei. So wird z. B. Agnes, die in der DDR bei der Staatssicherheit war, nicht von vornherein verteufelt.

Alle Standpunkte und verschiedene Sichten werden gleichberechtigt dargestellt. Es ist erstaunlich wie unparteiisch das der Autorin gelingt. Trotzdem ist der Roman sehr emotional und darüber hinaus äußerst spannend, denn wir bekommen nach und nach immer wieder Puzzleteile, die sich am Ende alle zu einem Ganzen zusammenfügen lassen.

Die Autorin hat einiges aus ihrer eigenen Erfahrung heraus schreiben können, aber auch vieles sehr sorgfältig recherchiert und es ist ihr gelungen, das alles sehr realistisch in dieser fiktiven Geschichte zusammenzubringen.

Besonders gut gefallen hat mir der Einsatz der Perspektivwechsel: In einer gegenwärtigen Handlung fühlt sich jemand aufgrund eines aktuellen Erlebnisses oder einer Wahrnehmung wie durch einen Trigger in die Vergangenheit zurückversetzt und genau die damalige Szene wird dann sofort erzählt. In einem Film würde an so einer Stelle das Bild zerfließen und es würde eine Rückblende kommen. Genauso kann man sich das in diesem Buch während des Lesens vorstellen. Ich habe es jedenfalls so vor mir gesehen.

Je weiter ich gelesen habe, als umso spannender empfand ich dieses Buch. Ich fühlte mich direkt in die Familie hineingezogen. Dieser Roman hat sich für mich fast angefühlt wie ein Thriller und hat mich begeistert.

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Veröffentlicht am 01.03.2022

Berührend und unterhaltsam wie ein Roman

Der Junge muss an die frische Luft
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Hape Kerkeling ist vor allem bekannt für seine klamaukartige Kunst. Sein Auftritt verkleidet als Königin Beatrix ist legendär. Auch ist er als polnischer Opernsänger mit „Hurz“ fast schon Kult und nicht ...

Hape Kerkeling ist vor allem bekannt für seine klamaukartige Kunst. Sein Auftritt verkleidet als Königin Beatrix ist legendär. Auch ist er als polnischer Opernsänger mit „Hurz“ fast schon Kult und nicht zu vergessen als Horst Schlämmer! Kurz gesagt: Laut, tollpatschig und ein wenig unverschämt. Manchmal nur albern, aber meistens geistreich und lustig.

Dass dieser „bunte Vogel“ auch leise und sensible Seiten hat, konnten wir bereits aus seinem ersten Buch „Ich bin dann mal weg“ erfahren, in welchem er seine Erlebnisse, Gedanken und Gefühle auf dem Jakobsweg schildert. Aber mit diesem Buch hier hat er ein noch emotionaleres und meiner Meinung nach viel mutigeres Werk geschaffen. Es geht darin um seine Kindheit mit allen Höhen und Tiefen, von denen einige nicht nur für einen kleinen Jungen, wie er es damals war, traumatisch sind.

Ich war von Anfang an gefesselt von seiner Erzählweise. Es ist alles so gut geschrieben, dass ich es wahrscheinlich auch dann gern gelesen hätte, wenn es nicht von einer so bekannten Persönlichkeit stammen würde. Es ist einfach großartig, wie bildhaft Hape alles beschreibt, die Personen aus seinem Umfeld charakterisiert und uns das, was er mit ihnen erlebt hat, noch einmal miterleben lässt.

Obwohl auch sehr schmerzhafte Erfahrungen dabei sind, das Schlimmste von allem ist zweifelsohne der Selbstmord seiner Mutter, ist das Buch äußerst unterhaltsam, hat etliche Stellen zum Schmunzeln und macht auch irgendwie Mut beim Lesen. Die Fotos auf der Innenseite der Buchdeckel runden das Ganze noch ab.

Dieses Buch ist natürlich für die Fans von Hape Kerkeling ein Muss. Aber auch, wer einfach gern sehr lebensecht geschriebene, kurzweilige Romane liest, wird dieses Buch sehr mögen, obwohl es kein Roman ist. Laut Autor sind seine Schilderungen zumindest so wahr, wie sie in Erinnerung geblieben sind.

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Veröffentlicht am 26.02.2022

Spannender Politthriller im geteilten Berlin der 50er Jahre

Ein Präsident verschwindet
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In diesem Politthriller geht es um das Verschwinden und spätere Wiederauftauchen des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes Otto John. Niemand weiß genau, ob er entführt wurde oder Landesverrat ...

In diesem Politthriller geht es um das Verschwinden und spätere Wiederauftauchen des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes Otto John. Niemand weiß genau, ob er entführt wurde oder Landesverrat begangen hat. Dieser Roman spielt im Sommer 1954. Hauptfigur ist Phillip Gerber, Kriminalhauptkommissar beim BKA, der die Sache aufklären soll. Aus dessen Sicht wird alles erzählt.

Natürlich ist der Roman eine fiktive Geschichte, aber dem Autor gelingt es darin, auf eine sehr spannende und mitreißende Art Historie greifbar zu machen und ein wenig hinter die Kulissen – oder besser gesagt hinter das, was man sich als „Kulissen“ vorstellt – zu blicken.

Dieses Buch schließt sich chronologisch an den Roman „Die Akte Adenauer“ desselben Autors an. Es ist jedoch nicht zwingend erforderlich, dass man den ersten Roman gelesen hat, um mit diesem etwas anfangen zu können.

Die handelnden Personen und auch die politischen Interessen und Standpunkte der verschiedenen beteiligten Institutionen sind relativ anschaulich charakterisiert, zumindest soweit das möglich ist. Trotz eines Machtgefüges, das der unbedarfte Leser zunächst als kompliziert wahrnimmt – so ging es mir jedenfalls –, werden die Handlungen der einzelnen Personen und Gegenspieler größtenteils nachvollziehbar. Es gibt natürlich einige Ausnahmen, aber das sind einfach historische Ereignisse, deren Hintergründe bis heute nicht zu 100% aufgeklärt sind.

Neben einer sehr spannenden Story, an der mich vor allem das Schicksal des Haupthelden Phillip Gerber interessiert hat, habe ich ganz nebenbei und auf sehr anschauliche und angenehme Art wieder ein Stück deutscher Geschichte gelernt bzw. vertieft.

Den Schreibstil empfand ich als relativ sachlich, dennoch hat der Autor auch einige Emotionen recht gut herübergebracht – nach meinem Geschmack genau im richtigen Maß für einen Politthriller. Man merkt auch, dass der Autor sehr viel sorgfältige Recherchearbeit hineingesteckt und dennoch alle Gestaltungsspielräume, die eine solche Geschichte bietet, recht unterhaltsam ausgenutzt hat.

Ein besonderes Highlight waren für mich auch die fiktiven Gespräche zwischen dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer und dem Hauptkommissar Philipp Gerber.

Nicht unerwähnt möchte ich das Design dieses Buches lassen, weil ich es als besonders gelungen empfinde. Es ist in Metallic-Farben gehalten, der Titel ist in einer Schriftart, die an Schreibmaschinen-Lettern in alten Akten erinnert, auch die Überschriften der einzelnen Kapitel und die Seitennummerierung des gesamten Buches sind passend dazu gestaltet.

Nicht zu vergessen ist der Kartenausschnitt auf der inneren Seite des vorderen Buchumschlags aus dem Berlin der 50er Jahre. Hier sind sogar einzelne markante Handlungspunkte eingezeichnet. So etwas liebe ich und schaue immer wieder gern während des Lesens darin nach.

Mein Fazit: Rund herum gelungener und sehr spannender Politthriller.

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Veröffentlicht am 23.02.2022

Viel besser als nur Miss Marple in modern

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
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Die fidele siebenundsiebzigjährige Mrs Judith Potts wird zur Mordaufklärerin, weil sie so furchtbar neugierig und besessen von kniffligen Rätseln ist. Dabei rauft sie sich mit der Frau des Pfarrers Becks ...

Die fidele siebenundsiebzigjährige Mrs Judith Potts wird zur Mordaufklärerin, weil sie so furchtbar neugierig und besessen von kniffligen Rätseln ist. Dabei rauft sie sich mit der Frau des Pfarrers Becks Starling und der Hundesitterin Suzie Harris zusammen. Die beiden anderen sind ebenfalls markante „Typen“.

Während Judith Potts fast ein Messie ist, ist Becks (eigentlich Rebecca) eine regelrechte Putzteufelin und Suzie eine sehr liebe, aber etwas einfache – wahrscheinlich sich selbst unterschätzende – Seele.

Die Geschichte spielt in einer beschaulichen englischen Kleinstadt und ist in der Tat „very british“, zumindest wie ich mir „very british“ vorstelle.

Judith Potts ist dermaßen einfallsreich und konversiert dabei ausgesprochen höflich, egal ob mit Verdächtigen oder der Polizei. Ich kann nicht verhindern, vor meinem inneren Auge immer wieder Miss Marple zu sehen, denn Mrs Potts hat den gleichen Scharfsinn, wenn nicht sogar noch ein wenig mehr. Hinzu kommt ihre feine Ironie, einfach wundervoll!

Sie trägt meistens ihren „Universal“-Umhang um die Schultern, der wie bei einer Superheldin hinter ihr her flattert, wenn sie auf dem Rad unterwegs ist. Diesen Umhang empfinde ich bei ihr schon in diesem ersten Roman der Reihe als so kultig wie den Trenchcoat von Columbo.

Neben allem Humor – und ich musste beim Lesen oft schmunzeln und manchmal sogar laut lachen – entwickelt sich die Geschichte zu einem äußerst kniffligen und spannenden Kriminalfall, bei dem nichts so richtig zusammenzupassen scheint.

Doch alle Details werden am Ende aufgeklärt und fügen sich zu einem logischen Ganzen zusammen. Es gibt einen regelrechten Showdown und danach einen entspannten Abschluss, bei dem noch ein kleines persönliches Geheimnis um die Hauptheldin selbst zumindest ansatzweise gelüftet wird.

Da dieses Buch der Auftakt einer Reihe ist, hatte ich schon Angst, dass davon etwas offen bleiben und sich als Langzeiträtsel durch weitere Bücher ziehen würde. Aber zu meiner großen Freude ist alles in sich abgeschlossen.

Fazit: Rundum gelungenes „Cosy Crime“. Ein Fall, der im Laufe des Buches immer komplizierter und spannender wird und am Ende eine vollständige und logische Aufklärung findet. Sehr sympathische Protagonistinnen. Feiner, etwas ironischer Humor und ein paar Situationen, die unheimlich komisch sind. Natürlich darf man an manchen Stellen beim Lesen nicht zu viele Überlegungen, ob so etwas realistisch sei, anstellen. Kurz gesagt: Ein überaus gelungener Reihenauftakt, der gute Laune und Lust auf mehr macht.

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