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Band der Reihe "Analysen und Dokumente der BStU / Wissenschaftliche Reihe der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU)"
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40,00
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  • Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
  • Themenbereich: Geschichte und Archäologie - Geschichte
  • Genre: keine Angabe / keine Angabe
  • Seitenzahl: 582
  • Ersterscheinung: 10.10.2016
  • ISBN: 9783525351222
Georg Herbstritt

Entzweite Freunde

Rumänien, die Securitate und die DDR-Staatssicherheit 1950 bis 1989
Im Mittelpunkt des Bandes stehen die Beziehungen zwischen den Staatssicherheitsdiensten zweier verbündeter Länder: dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR und der rumänischen Securitate. Kooperierten beide Geheimpolizeien zunächst wie selbstverständlich, so entzweiten sie sich im Laufe der 1960er Jahre dauerhaft. Das MfS begriff Rumänien fortan als einen Problemfall und spionierte in dem Land. Gestützt auf Akten aus beiden Ländern, spannt dieser Band einen weiten inhaltlichen Bogen. Denn er schreitet fast alle Felder ab, auf denen MfS und Securitate gemeinsam oder in Abgrenzung zueinander unterwegs waren. Neben Mitarbeitern und Informanten nimmt er so auch die Menschen in den Blick, gegen die die Geheimpolizeien vorgingen: Menschen, die bei gemeinsamen Aktionen in Berlin gekidnappt wurden, die Opfer von Erpressung und Überwachung wurden, die über das jeweils andere Land in den Westen zu fliehen versuchten, aber auch junge kritische Schriftsteller wie der Kreis um die spätere Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller.Ausführlich werden die politischen Zusammenhänge betrachtet: die (ost)deutsch-rumänischen Verflechtungen, der rumänische Sonderweg und die Strategien des östlichen Bündnisses im Umgang mit dem schwierigen Verbündeten. Auch das Beziehungsgefüge der sozialistischen Geheimdienste insgesamt erweist sich als vielschichtig und geprägt von nationalen und einzelstaatlichen Interessen.

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Veröffentlicht am 01.03.2022

Securitate (DSS) versus Stasi (MfS)?!?

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Dieses Buchprojekt wurde ursprünglich vom rumänischen Historiker Stejărel Olaru initiiert. Weil von dem Nachfolger der Securitate, nach der Revolution, dem SRI, viele Akten (wenn bei weitem noch viele ...

Dieses Buchprojekt wurde ursprünglich vom rumänischen Historiker Stejărel Olaru initiiert. Weil von dem Nachfolger der Securitate, nach der Revolution, dem SRI, viele Akten (wenn bei weitem noch viele immer noch nicht), freigegeben worden sind, konnte der deutsche Historiker noch viele Fakten, das MfS betreffend, hinzufügen, sowie noch rumänische Aspekte, die deutsche Ausgabe betreffend.

Rumänien ist nach wie vor Terra Incognita im Verbund der Nationen. Viele wissen immer noch viel zu wenig über diese faszinierende Land und seine Historie.

Weil meine Wurzeln mütterlicherseits und der familiäre Hintergrund ins Banat reichen, sowohl die jugoslawische, als auch die rumänische Seite, als auch in die heutige Republik Moldova (Bessarabien, der rumänische Bruderstaat), ist mein Interesse an allen Aspekten äußerst vital.

Nachdem im Kalten Krieg auch Rumänien erst als Volks- und dann als Sozialistische Republik in die Machtsphäre Russlands geraten war, sowie dem Eisernen Vorhang als auch dem Warschauer Pakt, arbeiteten sämtliche Geheimdienste von diesem Block zunächst harmonisch zusammen.

Das gilt auch für die Securitate, DSS (Departamentul Securităţii Statului) und der Stasi (MfS, Ministerium für Staatssicherheit). Über ihre Residentur in Ostberlin und der Handelsniederlassung in Frankfurt am Main gelang es immer wieder den rumänischen Spionen exilierte Rumänen wie ebensolche Überläufer in den 50er Jahren zu entführen, zurück nach Rumänien, teilweise mit Todesurteil, gefangen gehalten in Gefängnissen wie Jilava, die jeder Menschenwürde spotten.

Aber bereits vor Nicolae Ceaușescu, unter Gheorghe Gheorghiu-Dej kam es bereits zum Bruch mit Moskau. Man war ohnehin nie ganz freiwillig in derem Einflussbereich. Ein nicht unerheblicher Teil der Rumänen machte bei dem Unternehmen Barbarossa der Deutschen im Krieg mit. Auch Ungarn und Italiener. Die dritte und vierte Armee Rumäniens wurde fast vollständig vernichtet.

Die überlebenden Kriegsgefangenen wurden von den Russen umerzogen und befreiten als Divizie Tudor Vladimirescu Rumänien. So wird man auch Teil des sozialistischen Machtblocks – widerwillig.

Nachdem es aber in der Aprildeklaration von 1964 zur Abgrenzung kam, Russland gegenüber und dann 1965 Ceaușescu an die Macht kam, hatten beide Geheimdienste ihre Kooperation beendet. Die der DDR und Rumäniens.

Der Sonderweg Rumäniens, auch 1968, als Ceaușescu den Einmarsch der Russen in Prag verurteilte und sich mehr dem Westen zuwandte, sorgte für Unmut bei den sozialistischen Ländern, vor allem der DDR.

In diesem bi- und multilateral geschriebenen Buch erfährt man alle Aspekte der zugänglichen Akten. Wie die Kooperation funktionierte und dann zerfiel, was Ungarn, Bulgarien und Russland usw. davon hielten.

Was die Securitate im Ausland (DDR und Westen) so getrieben hat und das MfS. Wie DDR-Bürger über Rumänien flüchten wollten und vice versa Rumänen über die DDR und was die Behörden länderübergreifend dagegen taten.

Was die Rumäniendeutschen erdulden mussten, nicht nur in Rumänien. Die allgemeine Paranoia und die dadurch entstehende unfreiwillige Komik. MfS überwacht DDR-Urlauber in Rumänien, während der DSS das MfS überwacht.

Der Verfassungsschutz in der BRD überwacht rumänische Spione, während das MfS den Verfassungsschutz überwacht. Zeitzeugen wurden für das Buch befragt. Es ist verständlich, komplex und nachvollziehbar fesselnd geschrieben. Man lernt viel dazu. Und alles ist in den grossen Kontext eingebunden.

Der Niedergang infolge der Diktatur Ceaușescus für die Wirtschaft Rumäniens und die Bevölkerung sowie die gnadenlos zunehmende Härte der Securitate als auch des MfS in der DDR werden erschreckend aufgezeigt. Von wegen Suizide und so weiter. Schüsse in den Rücken an der jugoslawischen Grenze, vermeintliche Unfälle, unendliche Gewalt.

Dank vieler Fußnoten und eines ausführlichen Anhangs wie Bibliographie wird vieles erhellt. Superb! Es wird endlich Zeit, dass Rumänien nicht mehr ein weißer Fleck ist. Denn nur wer alle Zusammenhänge der Historie begreift, kann erst die Gegenwart voll verstehen. Ignoranz führt zu verhängnisvollen Wiederholungen alter Fehler. Mulțumesc, Silvia, für den initiierenden Funken!

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