Ein Casablanca, wie es Reisenden verborgen bleibt
Casablanca, die größte Stadt Marokkos, für Touristen ein Reiseziel voll orientalischem Charme, bunten Basaren und positiver Lebendigkeit. Doch es gibt noch ein anderes Casablanca, das der Menschen, die ...
Casablanca, die größte Stadt Marokkos, für Touristen ein Reiseziel voll orientalischem Charme, bunten Basaren und positiver Lebendigkeit. Doch es gibt noch ein anderes Casablanca, das der Menschen, die hier leben, eingebunden in eine Gesellschaftsstruktur mit einer mächtigen Oberschicht und denen, die irgendwo stehen zwischen arm, überleben und Slum. Zu denen da unten gehört auch die junge Sarah. Ihre Mutter hatte Träume. Nachdem aber ihr Partner mit ihren Ersparnissen das Weite gesucht hat, muss sie sich nun prostituieren, um ihre Tochter und sich selbst ernähren zu können.. Sich etwas zu leisten, was Spaß macht, etwas was schön ist, in der Hand zu halten, gar ein edles Kleidungsstück zu besitzen, das wird es niemals geben. Aber Sarah, jung und strahlend schön, will genau das, um jeden Preis. Da sie Französin ist, besucht sie die französische Schule und erlebt dort, direkt vor ihren Augen, was es heißt, wohlhabend zu sein, wenn ihre aus sehr gut situiertem Hause stammenden muslimischen Mitschülerinnen von ihren Chauffeuren abgeholt werden. Es gibt nur einen Weg, hineinzukommen in diese abgeschottete reiche Gesellschaft, per Heirat. Und Sarah zieht ihren Plan durch, hat das Objekt dafür bereits im Visier. Driss, ein nicht sehr anziehender, eher schweigsamer Junge, mit einem Vater, dem nachgesagt wird, so reich wie ein König zu sein, er könnte es sein, die Chance nach ganz oben. Die Annäherung funktioniert, zu gut, denn aus purer Berechnung wird eine zarte Liebe, zwischen zwei 'Außenseitern', die verzweifelt versuchen, sich den Widerstände der reichen Geldgesellschaft zu entwinden und ihre unumstößlichen Regeln zu unterlaufen.
Dieser Roman ist eine beklemmende, sehr reale Darstellung davon, wie Leben im Casablanca der 1990er Jahre funktioniert, authentisch, bitter, ohne eine Chance auf Veränderung. Hier gelten keine Gesetze, mit denen man so etwas wie Gerechtigkeit einfordern könnte. Hier regiert allein das Geld und die Macht, die sich daraus ableitet, die Welt. Eine sehr intensive Geschichte, nicht einfach zu lesen und bzgl. der beiden Hauptfiguren muss man am Empathiefaktor schon erst einmal arbeiten, aber letztendlich findet sich ein Weg und man versteht.
Ein sehr beachtenswertes Debüt und dazu hohe Erwartungen an das, was uns die Autorin zukünftig zeigen wird.