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Veröffentlicht am 23.06.2022

Ein anständiges Frauenleben

Die Liebenden von Bloomsbury – Virginia und die neue Zeit
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Virginia lebt nach dem Tod der Eltern mit ihren drei Geschwistern in einer unkonventionellen Wohngemeinschaft in London. Die Treffen mit anderen Intellektuellen und Künstlern inspirieren sie. Sie verdient ...

Virginia lebt nach dem Tod der Eltern mit ihren drei Geschwistern in einer unkonventionellen Wohngemeinschaft in London. Die Treffen mit anderen Intellektuellen und Künstlern inspirieren sie. Sie verdient bereits mit Rezensionen Geld und schreibt auch Essays, ihre Schwester Vanessa malt. Doch immer wieder bremst die gesellschaftliche Vorstellung von einem anständigen Frauenleben sie aus. Schließlich heiratet sie doch: den Autor Leonard Woolf. Doch soweit kommt es in diesem ersten Band über die Gruppe noch nicht. Band zwei wird ihre Schwester Vanessa zum Thema haben und Band drei ihre spätere Geliebte Vita Sackville-West.

Das Buch erzählt lebendig die Jahre 1903 bis 1909. Die Autorin hat Briefe und Veröffentlichungen aller Beteiligten verwendet und spürt den Empfindungen der Menschen sehr genau nach. Es geht um Liebe und Drama, es geht um Homosexualität, um ein selbstbestimmtes Leben auch jenseits der Norm und es geht darum, was es heißt, eine Frau zu sein. Künstlerin, Denkerin zu sein und zu lieben. Virginia ist sehr sensibel, hat depressive Schübe und spricht offen über Selbsttörung. Aber wir lernen sie auch in sehr glücklicher Stimmung kennen sowie als Autorin, die hart an ihren Texten arbeitet, aber damit auch mal wirklich zufrieden ist.

Obwohl es hier primär um Virginia geht, folgen wir auch dem Erleben ihrer Schwester Vanessa und teilweise den Männern, die sie begleiten. Die verschiedenen Perspektiven machen den Roman vielschichtig und lebensnah. Es ist ein Genuss, ihn zu lesen.

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Veröffentlicht am 07.06.2022

Ein satirisches Abenteuer

Bekenntnisse eines Betrügers
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Das Buch hat ein Lesebändchen und einen festen Einband. Das Cover beschreibt bereits die Hauptfigur: Ramesh verschmilzt mit dem Hintergrund. Sichtbar ist seine Hautfarbe und die Leuchtschrift, mit der ...

Das Buch hat ein Lesebändchen und einen festen Einband. Das Cover beschreibt bereits die Hauptfigur: Ramesh verschmilzt mit dem Hintergrund. Sichtbar ist seine Hautfarbe und die Leuchtschrift, mit der die Medien das Urteil über ihn ins Land brüllen.

Er stammt aus ärmlichsten Verhältnissen und schafft es dennoch, einen Schulabschluss zu machen. Nun wird er beauftragt, das anstelle eines anderen Jungen zu wiederholen – die Abschlussprüfung unter fremdem Namen ist sein erster Betrug. Er verdient eine Menge Geld damit. Doch dabei bleibt es nicht.

In diesem Land, und es ist nur beispielhaft Indien, betrügt jeder jeden, jeder ist käuflich und alle wollen ins Fernsehen. Ramesh erzählt seine Geschichte respektlos und voller Selbstironie. Sein Land „riecht wie etwas Verdorbenes aus all den Träumen, die geronnen und verklumpt sind wie ranziger Frischkäse.“ Doch so negativ das klingt, das Buch ist wirklich witzig. Witzig und oft auch leider viel zu wahr. Es ist gute Satire.

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Veröffentlicht am 07.04.2022

Beeindruckende Seefahrt-Fantasy

Die Knochen-Schiffe
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Immer schon herrschte Krieg zwischen den Hundertinseln und den Hageren Inseln. Die Kriegsschiffe sind aus Drachenknochen gebaut, die man heute nicht mehr findet. Frauen und ihre Gebärfähigkeit prägen die ...

Immer schon herrschte Krieg zwischen den Hundertinseln und den Hageren Inseln. Die Kriegsschiffe sind aus Drachenknochen gebaut, die man heute nicht mehr findet. Frauen und ihre Gebärfähigkeit prägen die Kultur, auch sprachlich. Die Dreizehnbern ist die mächtigste Person, sie hat dreizehn Kinder geboren.
Joron Twiner ist Fischer, ein Versager und Trinker. Ihn verschlägt es auf ein Schiff, das einen Drachen finden soll, der angeblich gesehen wurde. Dessen Knochen könnten dem Krieg eine Wendung geben. Doch Frieden kann sich keiner mehr so richtig vorstellen.

In die Geschichte konnte ich eintauchen wie ein Seedrache ins Meer - hier passt alles zusammen. Sie spielt auf hoher See und auf wenigen Inseln. Schiffsfrau Meas versteht es, aus Joron und anderen schrägen Gestalten eine Gemeinschaft zu formen, die das Segelschiff steuert. Die Magie der Welt ist mit an Bord, in Gestalt des Windflüsterers. Ein missbrauchtes Wesen, faszinierend und fremd, doch auf beinahe jedem Schiff ist einer dabei. Was die Magie sonst noch bewirkt, lässt sich bislang nur ahnen. Und auch Joron hört den Gesang der Magie und der Drachen.

Ein dickes Ding, der erste Teil einer Trilogie, ausgezeichnet mit dem Preis der Britischen Fantasy Society im Jahr 2020. Ich bin begeistert und vergebe hier alle mir möglichen Sterne.

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Veröffentlicht am 06.03.2022

Einmal die Sterne sehen!

Eines Menschen Flügel
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Auf einer versteckten erdähnlichen Welt leben geflügelte Menschen in riesigen Bäumen. Dorfähnliche Gemeinschaften verteilen sich über den gesamten Kontinent. Die Menschen verehren die Ahnen, die vor tausend ...

Auf einer versteckten erdähnlichen Welt leben geflügelte Menschen in riesigen Bäumen. Dorfähnliche Gemeinschaften verteilen sich über den gesamten Kontinent. Die Menschen verehren die Ahnen, die vor tausend Jahren in diese Welt kamen, und nutzen das Wissen, das ihnen hinterlassen wurde.
Die Geschichte beginnt damit, dass einer von ihnen unbedingt die Sterne sehen will. Eine dichte Wolkendecke verhindert das. Doch sie bewirkt auch, dass dieses Paradies von außen unbewohnbar aussieht und damit sicher ist vor der Aufmerksamkeit einer brutalen Zivilisation.
Die Neugier von Owen führt zu Ereignissen, die die Welt und das Leben ihrer Bewohner erschüttern. Doch zuerst lernen wir sie sehr detailliert und aus der Sicht vieler Protagonisten kennen. Das ist unterhaltsam und lebendig zu lesen. Es wird geradezu eine ideale Gesellschaft beschrieben, in der sehr konsequent die Tatsache integriert ist, dass man hierzulande fliegt.
Doch auch hier gibt es Dinge, gegen die man sich auflehnen muss: Warum haben die Ahnen Technik verboten? Wer ist die geheime Bruderschaft, die diese Verbote überwacht? Und gibt es wirklich Sterne hinter dem Himmel?
Fazit: Ein spannender Fantasy-Roman, nicht nur für Fans. Und eine Rahmenhandlung aus der Science Fiction. Ich hätte mir allerdings ein Inhaltsverzeichnis gewünscht, um gelegentlich etwas leichter nachschlagen zu können.

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Veröffentlicht am 06.05.2024

Nach der Apokalypse

Strom - Das dunkle Erwachen
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Fioras Dorf liegt inmitten einer felsigen Gegend und besitzt weder Strom noch fließendes Wasser. Da sie dunkle Haut hat, ist sie eine Außenseiterin. In Einschüben lernen wir die Götter dieser Welt kennen. ...

Fioras Dorf liegt inmitten einer felsigen Gegend und besitzt weder Strom noch fließendes Wasser. Da sie dunkle Haut hat, ist sie eine Außenseiterin. In Einschüben lernen wir die Götter dieser Welt kennen. Es sind künstliche Menschen, Roboter mit eigenem Willen und eigenem Bewusstsein. Sie suchen nach –Bedeutung. Und nach Gefühlen.
Vielleicht war diese Welt – Terramea – ja einmal wie unsere. Früher gab es dort Fabriken, es gab Maschinen und selbstverständlich auch elektrischen Strom. Doch irgendwann entwickelten die Maschinen ein eigenes Bewusstsein. Und übernahmen. Man weiß es nicht. Es steht auch nicht die Diskussion über KI im Mittelpunkt.
Sondern die Geschichte, die Welt und ihre Wesen. Das ist toll erzählt, man gleitet förmlich hinein und folgt Fiora auf ihrem Leidensweg und ihrer Wanderung durch das öde Land bis in die Städte, ans Meer und in den Himmel. Sie entwickelt sich von einer verwirrten, kleinen Halbschwester zu einer Anführerin, die genau weiß, was es heißt, in dieser Welt ein Mensch zu sein. Und sie entdeckt ungeahnte Kräfte in sich.
Ob wir es hier mit Fantasy oder Science Fiction zu tun haben, ist unklar. Es kommen magische Wesen vor, aber auch sehr viel Technik. Einiges, was eigentlich Technik ist, wirkt wie Magie. Aber das muss den Widerstandskämpfern schließlich auch egal sein. Und für uns Lesende ist eine tolle Geschichte entstanden, die man verschlingen kann. Aber man muss aufmerksam bleiben, denn die Zusammenhänge sind nicht immer leicht zu verstehen.

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