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Veröffentlicht am 29.03.2022

Inspirierende Wohlfühllektüre

Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach
3

Das hier ist ein Roman, der für mich gleich von Anfang an irgendwie anheimelnd wirkte. Und das, obwohl ich überhaupt nicht einordnen konnte, was für eine Art Geschichte es werden würde. Es war zunächst ...

Das hier ist ein Roman, der für mich gleich von Anfang an irgendwie anheimelnd wirkte. Und das, obwohl ich überhaupt nicht einordnen konnte, was für eine Art Geschichte es werden würde. Es war zunächst einfach nur schön zu lesen.

Ich mag es, wenn Bücher mit einem besonderen ersten Satz beginnen, der mich neugierig macht. Hier lautet er: „Es will schon gekonnt sein, ein Frühstücksbrot in einen Zichorienkaffee zu tunken“. So wird Hauptheld Robert Walch eingeführt, denn das ist sein morgendliches Ritual.

Überhaupt ist dieser Robert ein ungewöhnlicher Typ. Er ist 52 Jahre alt, Junggeselle und etwas schrullig. Er ist Koch, Gärtner, Hühner- und Ziegenhalter aus Leidenschaft. Er behandelt sein Gemüse und auch seine Tiere voller Respekt. Sogar die Gemüsepflanzen haben Namen. Außerdem liebt er es, für die Besucher des Gasthofes, den seine Schwester Elsa führt, die leckersten Speisen zuzubereiten. Aber er möchte nichts mit den Menschen zu tun haben. Er ist ein Eigenbrötler und lebt in seiner kleinen Welt, die nur bis zum Rand des Grundstücks reicht.

Robert ist zwar nach außen hin brummig, aber in seinem Innern eine sehr empfindsame Seele. Deshalb lieben ihn seine kleine Nichte und sein Neffe, die Zwillinge von Elsa, und das beruht auf Gegenseitigkeit. Den beiden kann er nicht einmal böse sein, als sie durch ein übermütiges Spiel ein Chaos in seinem Gemüsegarten anrichten.

Dann kommen Fatima und deren Sohn Hassan als Hilfen auf den Hof und Robert muss sich auf andere Menschen einstellen. Aber die Krönung von allem werden seine Begegnungen mit Maggie, einer Freundin von Fatima, die ein paar Tage dort verbringt.

Es ist einfach schön, beim Lesen mitzuerleben, wie Robert menschlich nach und nach dazulernt und welche inneren Kämpfe er dabei auszufechten hat, auch welche inneren Wunden dabei heilen müssen.

Dabei hat alles meinem Empfinden nach eine ziemlich starke Symbolik. An diese Lektüre darf man deshalb nicht zu rational herangehen. Es würde z. B. keinen Sinn ergeben, darüber nachzudenken, unter welchen psychischen Krankheitsbildern Robert leiden könnte.

Die Handlung sollte auch nicht bis ins kleinste Detail daraufhin analysiert werden, ob denn alles absolut realitätsnah ist. Letzten Endes geht es darum, dass in stellenweise recht plakativen Teilgeschichten Fragen nachgegangen wird, wie: Was bringt einen Menschen dazu, seine Komfortzone zu verlassen? Kann Liebe das? Was ist echte Liebe? Was ist Glück?

Es fällt mir bei diesem Buch schwer, eine Empfehlung auszusprechen, für wen es geeignet sein könnte. Ich selbst bin ein ziemlich rationaler Mensch. Trotzdem hat mir dieses Buch sehr gefallen und mich inspiriert. Es lässt sich einfach in keine „Schublade“ stecken.

Nicht unerwähnt möchte ich das Design lassen. Die frischen und fröhlichen Farben und die Möhren-Zeichnungen auf dem Cover und auch dessen Oberflächenstruktur haben noch zusätzlich dafür gesorgt, dass ich es gern zur Hand genommen habe.

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Veröffentlicht am 14.03.2022

Der Kriminalfall stört nicht weiter. Ich schmeiß mich weg!

Nur Bärbel backte besser
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Schon Cover und Titel dieses Buches haben mich sehr angesprochen. Sie vermitteln den richtigen Eindruck: Sehr witzig!

Die Geschichte spielt in Hirschweiler, einem fiktiven Dorf im Saarland, und der Kriminalfall ...

Schon Cover und Titel dieses Buches haben mich sehr angesprochen. Sie vermitteln den richtigen Eindruck: Sehr witzig!

Die Geschichte spielt in Hirschweiler, einem fiktiven Dorf im Saarland, und der Kriminalfall stört nicht weiter. Naja, ganz so ist es nicht. Der Mordfall ist schon ziemlich spannend, und er wird bis zum Ende auch aufgeklärt. Die gerade erst eingestellte Putzfrau wird umgebracht und dieser Fall bildet den roten Faden für das Buch.

Hier kommt es aber vor allem auf das „Wie“ an. Im Mittelpunkt steht dabei die Familie Backes und die klärt den Fall letztendlich auf. Das sind Jupp, der Dorfpolizist, seine Frau Inge und deren Mutter Käthe. Die sind einfach liebenswert und immer in skurrilen mehr oder weniger alltäglichen Situationen zu erleben. Besonders mag ich es, wenn sie in ihrem Dialekt miteinander „schwätze“, was dann besonders drollig klingt.

Der Autor versteht es, die kleinen – zumeist unterhaltsamen – menschlichen Schwächen und Absurditäten des Alltags inklusive kleiner Peinlichkeiten äußerst gelungen zu überspitzen. So ist dieses mal wieder eins von den seltenen Büchern, die ich nicht in der Öffentlichkeit lesen könnte, ohne durch Kichern oder Glucksen aufzufallen.

Das Buch gehört zu einer Reihe und es ist nicht das erste dieser Reihe, aber das erste, das ich gelesen habe. Die ersten Teile haben mir zum Verständnis dieses lustigen Krimis nicht gefehlt, aber sie stehen nun auf meiner Leseliste.

Wer gern lustige und gemütliche Krimis mag, wird dieses Buch sicher genauso gern lesen, wie ich es getan habe.

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Veröffentlicht am 10.03.2022

Spannender Reihen-Auftakt zum Wohlfühlen

Krabbenbrot und Seemannstod
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Nachdem ich neulich den bereits neunten Band dieser Ostfriesen-Krimi-Reihe um das Ermittler-Trio Rosa, Henner und Rudi gelesen hatte, hatte ich mir vorgenommen, die anderen Teile nachzuholen.

Inzwischen ...

Nachdem ich neulich den bereits neunten Band dieser Ostfriesen-Krimi-Reihe um das Ermittler-Trio Rosa, Henner und Rudi gelesen hatte, hatte ich mir vorgenommen, die anderen Teile nachzuholen.

Inzwischen habe ich mir den ersten Teil zu Gemüte geführt. Es ist ein ziemlich gemütlicher Krimi. So etwas nennt man „Cosy Crime“. Nun habe ich also erfahren, wie sich unsere drei Hobbyermittler kennengelernt haben und wie ich mir den Alltag, das Leben und die alltäglichen Sorgen der Leute aus dem beschaulichen ostfriesischen Ort Neuharlingersiel vorstellen kann.

Es hat mir großen Spaß gemacht, die Geschichte zu lesen. Die Leute dort sind mir schnell ans Herz gewachsen und auch ihre typisch norddeutsche Art finde ich klasse. Ich musste sehr oft schmunzeln, denn es ist den Autorinnen gelungen, hier einige Originale zu schaffen, die man sich gut vorstellen kann und beim Lesen direkt vor sich sieht. Mit manchen wäre ich gern befreundet, wenn es sie wirklich gäbe. Sicher geht es mir nicht als einziger Leserin so, denn sonst hätte diese Reihe nicht so viele Fans.

Besonders mag ich neben der Art der handelnden Personen auch den Schreibstil der Autorinnen und die ganze Konzeption. Jedes Kapitel trägt als Überschrift einfach den Wochentag, an dem alles spielt. Das ist immer eine ganze Menge für einen Tag. Bei dem Geschehen wird sehr schnell zwischen den einzelnen Akteuren umgeschaltet. So entstehen andauernd Cliffhanger, aber genauso oft habe ich mich gefreut, dass es dann wieder bei einer der vorigen spannenden Stellen weiterging.

Die daraus resultierende Sogwirkung, die ich schon in meiner Rezension zum neunten Teil, festgestellt hatte, besteht also bereits in diesem ersten Roman der Reihe.

Fazit

Das Buch fand ich sehr unterhaltend und auch der Kriminalfall wurde am Ende schlüssig aufgeklärt.

Nun freue ich mich schon auf den nächsten Teil, der bereits auf meiner Lese-Liste steht.

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Veröffentlicht am 07.03.2022

Familiengeschichte wie ein Thriller

Flüchtiges Glück
1

Dieser Roman ist ein Drei-Generationen-Roman, der insgesamt über eine längere Zeitspanne der jüngsten deutschen Geschichte spielt, und zwar zur DDR-Zeit in den 70er Jahren, zur Wendezeit um 1989 und heute.

Es ...

Dieser Roman ist ein Drei-Generationen-Roman, der insgesamt über eine längere Zeitspanne der jüngsten deutschen Geschichte spielt, und zwar zur DDR-Zeit in den 70er Jahren, zur Wendezeit um 1989 und heute.

Es beginnt mit der heutigen Generation, vertreten durch Milla, um die Jahrhundertwende geboren, und ihren Freund Navid, die mir beide sofort sympathisch sind. Einerseits durch Millas frische und fröhliche Art, die auch auf den jungen Navid, einen ehemaligen Flüchtling, abfärbt. Andererseits aber auch durch Navids Ernsthaftigkeit und Beharrlichkeit, die Schatten der Vergangenheit, die über Millas Familie lasten, zu vertreiben.

Millas Familie sind ihre Mutter Jola und deren Eltern, Agnes und Franz, die aus der DDR kommen und 1989 kurz vor deren Zusammenbruch geflohen sind. Alle leben heute in Berlin. Wir lernen sie auch recht schnell kennen.

Dass es in dieser Familie vermeintliche dunkle Geheimnisse gibt, wird klar, als Milla und Navid mit ihrem Großvater Franz einen Ausflug in seine alte Heimat nach Wolfen machen und dort ein alter Mann behauptet, Millas Oma sei schuld am Tod seiner Frau.

Dieser Roman ist sehr einfühlsam geschrieben und wird allen drei Generationen gerecht. Jede handelnde Figur wird sehr empathisch dargestellt, egal was sie in der Vergangenheit gemacht hat. Es ist keine Schwarz-Weiß-Malerei. So wird z. B. Agnes, die in der DDR bei der Staatssicherheit war, nicht von vornherein verteufelt.

Alle Standpunkte und verschiedene Sichten werden gleichberechtigt dargestellt. Es ist erstaunlich wie unparteiisch das der Autorin gelingt. Trotzdem ist der Roman sehr emotional und darüber hinaus äußerst spannend, denn wir bekommen nach und nach immer wieder Puzzleteile, die sich am Ende alle zu einem Ganzen zusammenfügen lassen.

Die Autorin hat einiges aus ihrer eigenen Erfahrung heraus schreiben können, aber auch vieles sehr sorgfältig recherchiert und es ist ihr gelungen, das alles sehr realistisch in dieser fiktiven Geschichte zusammenzubringen.

Besonders gut gefallen hat mir der Einsatz der Perspektivwechsel: In einer gegenwärtigen Handlung fühlt sich jemand aufgrund eines aktuellen Erlebnisses oder einer Wahrnehmung wie durch einen Trigger in die Vergangenheit zurückversetzt und genau die damalige Szene wird dann sofort erzählt. In einem Film würde an so einer Stelle das Bild zerfließen und es würde eine Rückblende kommen. Genauso kann man sich das in diesem Buch während des Lesens vorstellen. Ich habe es jedenfalls so vor mir gesehen.

Je weiter ich gelesen habe, als umso spannender empfand ich dieses Buch. Ich fühlte mich direkt in die Familie hineingezogen. Dieser Roman hat sich für mich fast angefühlt wie ein Thriller und hat mich begeistert.

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Veröffentlicht am 01.03.2022

Berührend und unterhaltsam wie ein Roman

Der Junge muss an die frische Luft
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Hape Kerkeling ist vor allem bekannt für seine klamaukartige Kunst. Sein Auftritt verkleidet als Königin Beatrix ist legendär. Auch ist er als polnischer Opernsänger mit „Hurz“ fast schon Kult und nicht ...

Hape Kerkeling ist vor allem bekannt für seine klamaukartige Kunst. Sein Auftritt verkleidet als Königin Beatrix ist legendär. Auch ist er als polnischer Opernsänger mit „Hurz“ fast schon Kult und nicht zu vergessen als Horst Schlämmer! Kurz gesagt: Laut, tollpatschig und ein wenig unverschämt. Manchmal nur albern, aber meistens geistreich und lustig.

Dass dieser „bunte Vogel“ auch leise und sensible Seiten hat, konnten wir bereits aus seinem ersten Buch „Ich bin dann mal weg“ erfahren, in welchem er seine Erlebnisse, Gedanken und Gefühle auf dem Jakobsweg schildert. Aber mit diesem Buch hier hat er ein noch emotionaleres und meiner Meinung nach viel mutigeres Werk geschaffen. Es geht darin um seine Kindheit mit allen Höhen und Tiefen, von denen einige nicht nur für einen kleinen Jungen, wie er es damals war, traumatisch sind.

Ich war von Anfang an gefesselt von seiner Erzählweise. Es ist alles so gut geschrieben, dass ich es wahrscheinlich auch dann gern gelesen hätte, wenn es nicht von einer so bekannten Persönlichkeit stammen würde. Es ist einfach großartig, wie bildhaft Hape alles beschreibt, die Personen aus seinem Umfeld charakterisiert und uns das, was er mit ihnen erlebt hat, noch einmal miterleben lässt.

Obwohl auch sehr schmerzhafte Erfahrungen dabei sind, das Schlimmste von allem ist zweifelsohne der Selbstmord seiner Mutter, ist das Buch äußerst unterhaltsam, hat etliche Stellen zum Schmunzeln und macht auch irgendwie Mut beim Lesen. Die Fotos auf der Innenseite der Buchdeckel runden das Ganze noch ab.

Dieses Buch ist natürlich für die Fans von Hape Kerkeling ein Muss. Aber auch, wer einfach gern sehr lebensecht geschriebene, kurzweilige Romane liest, wird dieses Buch sehr mögen, obwohl es kein Roman ist. Laut Autor sind seine Schilderungen zumindest so wahr, wie sie in Erinnerung geblieben sind.

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