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Fantasie-und-Traeumerei

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Veröffentlicht am 21.03.2023

Als wir von Schönheit träumten

Als wir von Schönheit träumten
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Das war für mich eine sehr spannende Reise in der Zeit, aber vor allem in einen politischen Raum, über den ich viel zu wenig weiß, obwohl er doch zur deutschen Historie dazu gehört.

Die beiden Schwestern ...

Das war für mich eine sehr spannende Reise in der Zeit, aber vor allem in einen politischen Raum, über den ich viel zu wenig weiß, obwohl er doch zur deutschen Historie dazu gehört.

Die beiden Schwestern Hanka und Annekathrin sind unterschiedlich und doch verbindet sie eins: die Leidenschaft für Schönes. Hanka hat ein Auge für Mode, hilft schon früh in der Maßschneiderei der Eltern, liebt es Kleidung zu entwerfen. Annekathrin ist ein Ausnahmetalent der Fotografik. Nach wenigen Lerneinheiten versteht sie Motive so in Szene zu setzen, dass deren Besonderheit hervorsticht.

Annekathrin ist schon lange mit Armin zusammen. Er ist bodenständig und nett, aber ob sie ihn auch mal heiraten möchte, weiß sie noch nicht. Sie ist sich nicht sicher, ob er sie bei ihrem Wunsch eine selbstständige, berufstätige Frau zu sein, unterstützen wird oder ob er sich doch eher ein Weibchen für Kind und Herd wünscht. Eine unverhoffte Schwangerschaft zwingt Annekathrin zu einer Entscheidung.

Während Annekathrin recht vernünftig wirkt, ist Hanka eher unstet, unruhig, weniger geerdet. Sie geht eine Affäre mit dem älteren Hartmut ein, vor dem sie gewarnt wird. Doch Hanka muss ihre eigenen Erfahrungen machen und die wirken zunächst auch ganz positiv.

Ich denke, dass Ines Thorn eine gute Skizze zweier Lebensentwürfe in der ehemaligen DDR zeigt. Zwei Frauen, die unterschiedliche Wege einschlagen, aber doch miteinander verbunden sind. Auch dann, als eine von der Polizei aufgegriffen wird. Es zeigt sich in welchen Bereichen der Staat Einfluss nahm und wo er überall Steine in den Weg legte, wenn die Bewohner sich nicht so eingliederten wie es erwartet wurde. Welch enger Rahmen vorgegeben wurde, um die DDR zu dem sozialistischen Staat werden zu lassen, der sie sein sollte. Dass der Grundgedanke, eine Gleichheit zu schaffen, in der sich keine*r Sorgen um Einkünfte oder Überleben machen muss, nicht per sé schlecht war, wird von der Autorin auch in den Raum geworfen. Dass die Umsetzung aber alles andere als Menschenfreundlich, vielleicht sogar Menschenwürdig war, wird auch in diesem Roman deutlich sichtbar.

Ines Thorn erzählt mit viel Liebe zum Detail. Manchmal wurden mir in einem Abschnitt zu viele Dinge genannt, die darauf hinweisen sollten, in welcher Zeit, an welchem Ort wir uns befinden. Das wirkt hier und da etwas konstruiert. Als Ganzes gesehen ist es aber ein sehr genauer Einblick in die Gepflogenheiten der damaligen Zeit und es war für mich auch spannend zu erleben, welche Lebensmittel oder Bräuche in den 60er und 70er Jahren in der DDR zum Alltag gehörten, welche sich vom Leben in Westdeutschland unterschieden oder welche sogar bis heute übernommen wurden.

Ich bin etwas traurig, dass die Geschichte von Hanka und Annekathrin schon nach etwas über 350 Seiten endet. Ich hätte gut und gerne noch 200 weitere lesen und die beiden jungen Frauen begleiten können. Vielleicht habe ich ja Glück und es gibt irgendwann eine Fortsetzung, denn die Familie ist mir doch ans Herz gewachsen. Leseempfehlung für diesen spannenden Einblick in das Leben in der DDR.

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Veröffentlicht am 19.05.2022

Innehalten

Innehalten
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"Innehalten" war eine Empfehlung von der lieben Petzi, die mir das Buch als absolute Bereicherung ans Herz legte. Da auf ihre Buchtipps immer Verlass ist, bestellte ich mir das Buch sehr zeitnah, obwohl ...

"Innehalten" war eine Empfehlung von der lieben Petzi, die mir das Buch als absolute Bereicherung ans Herz legte. Da auf ihre Buchtipps immer Verlass ist, bestellte ich mir das Buch sehr zeitnah, obwohl ich ja in letzter Zeit sehr viele Bücher aus dem Bereich der mentalen Gesundheit gelesen habe.

"Innehalten" ist noch mal anders, noch mal mehr. Es ist sehr nachhaltig, hat viel bei mir ausgelöst und ich bin mir sehr sicher, dass ich es nochmal lesen werde, denn gefühlt konnte ich gar nicht all die schlauen Gedanken, die darin geteilt werden, erfassen.

"Manche glauben, Freiheit sei, alles selbst bestimmen zu können. Ich jedoch finde es wichtiger, seinen Geist durch einen regelmäßigen Tagesablauf zu befreien."

Fleur Sakura Wöss trifft mich auf dem richtigen Fuß. Ich bin eine der Menschen, die den Tag vollacken, bis keine einzige Lücke mehr bleibt. Kein Zwischenraum zum Durchatmen oder auftanken. Ich habe diesbezüglich schon viel gelernt, aber es ist immer noch schwierig neue Muster zu etablieren. Eins davon ist innehalten. Oft bemerke ich es daran, dass ich meine Gedanken nicht mehr gut sortieren kann oder Schwierigkeiten habe, die richtigen Worte zu finden. Ich betone immer wieder, dass ich Langeweile nicht kenne, aber eben das würde mir mal gut tun. Sie plädiert für mehr Stille. Im Alltag, im Kopf. Etwas, dass ich mir zu Herzen genommen habe. Ich schlafe nun nicht mehr mit Hörbuch oder Musik im Hintergrund ein. Etwas, von dem ich vermeintlich dachte, dass es mir hilft, hat eher dazu geführt, dass ich nicht gut zur Ruhe komme. Ich schlafe besser, seit ich nur noch den Geräuschen des Abends lausche.

"Es gibt Orte, an denen das Herz weit wird, und es gibt Orte, da meint man zu ersticken."

Dieser Satz diente bei uns Zuhause als Diskussionsgrundlage. Mein Mann und ich haben lange darüber geredet, was er bedeutet. Für uns im einzelnen, für uns beide, für unser gemeinsames Leben.

Es ist nur einer, der vielen klugen Sätze, die Fleur Sakura Wöss niederschreibt. In vielen Bereichen unseres Leben hilft innehalten, in vielen Bereichen hilft es leere Räume zu schaffen. Es fällt mir schwer alles, was sie sagt in wenige Worte zu packen, deshalb kann auch ich euch nur raten, dieses Buch zu lesen. Ich glaube, dass sie den Nerv vieler Leser*innen trifft, dass jeder von uns eine Sparte im Leben hat, die zu voll ist, zu schnell, zu dicht.

Fleur Sakura Wöss hat etwas mit mir gemacht. Ich denke oft an ihre Worte. Fühle mich von ihr verstanden und in den Arm genommen. Ganz besonders mit den folgenden Sätzen:

"Auf dem Berg gibt es viel Atem und viel Wind, den Atem der Natur. Viele Menschen steigen auf Berge, um dem Himmel näher zu sein und diese Weite zu spüren."

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Veröffentlicht am 07.03.2022

Elmet

Elmet
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"Elmet" ist ein Buch von kräftigem Sog, wie ich ihn nicht erwartet hätte. Friedlich beginnt die Geschichte von John, der mit seinen Kindern im Wald lebt. Drei Menschen als eine Einheit, die durch Hilfsbereitschaft ...

"Elmet" ist ein Buch von kräftigem Sog, wie ich ihn nicht erwartet hätte. Friedlich beginnt die Geschichte von John, der mit seinen Kindern im Wald lebt. Drei Menschen als eine Einheit, die durch Hilfsbereitschaft einen Freundeskreis aufgebaut hat, aber nicht auf öffentliche Institutionen, wie Schule oder ähnliches, angewiesen ist. Alles, was die Kinder Daniel und Cathy wissen müssen, lernen sie von ihrem Daddy, von der Natur, davon das Leben zu leben. Eine beneidenswerte Einheit.

Cathy und Daniel wirken geerdet. Trotz des Verlustes der Mutter und der immer wieder mal vorkommenden Abwesenheit des Vaters. Ein Streuner, der mal hier mal da Jobs annimmt, in denen er vor allem seine Muskelkraft benötigt. Cathy und Daniel sind zielstrebig, ehrlich, robust. Die Zuneigung ihres Vaters ist uneingeschränkt, sie haben eine gute Kindheit, vermissen nichts. Doch das macht sie zu Außenseitern und weckt Neid und Jagdlust bei den anderen. Es passt nicht ins Weltbild mit wenig zufrieden zu sein. Keinen Trieb nach materiellem oder Anerkennung zu spüren. Empathie und Schläue werden ihnen aberkannt und das, obwohl die sich nicht durch Besitz, sondern durch eine gute Verbindung zu sich selbst und ein friedvolles Miteinander ausbilden.

Es wird schlimm enden. Das ist von Anfang an untergründig zu spüren. Diese Dunkelheit nimmt mehr und mehr Besitz von der Geschichte, meinen Gedanken, meinem Empfinden. Ich spüre ein Unbehagen vor dem, was auf mich zukommt. Es sind die machtgierigen Männer, die Schäden anrichten, und genau so einen gibt es auch in "Elmet". Sein Auftreten ist unangenehm, bedrückend. Es geht eine nicht greifbare Bedrohung von ihm aus, obwohl John Smythe derjenige ist, der die bedrohlich aussehenden Muskeln hat. Doch Gerechtigkeit ist ein Fremdwort für jene, die getrieben sind von Macht und Größenwahnsinn.

Fiona Mozley ist ein beeindruckendes Debüt gelungen, das rau und bedrückend daherkommt, aber einen Hauch von Freiheit und ein Gefühl von Verbundenheit hinterlässt. Wie sehr kann die Gier, die Abhängigkeit von Materiellem, die Menschlichkeit vernichten? Wie sehr erdet und verbindet uns das Leben in der Natur? Gedanken, die bleiben, nach einem Roman, der leise beginnt und mit voller Wucht zuschlägt. Von mir gibt es eine große Leseempfehlung für dieses bestechende Debüt.

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Veröffentlicht am 26.01.2022

Emotionen und Empathie erfahren

Da sein
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Gefühle zu kennen, Gefühle benennen zu können führt zu mehr Handlungsfähigkeit. In Bezug auf die eigenen Bedürfnisse, aber auch im Umgang mit anderen Menschen.

Es kann passieren, dass mein Kind so handelt, ...

Gefühle zu kennen, Gefühle benennen zu können führt zu mehr Handlungsfähigkeit. In Bezug auf die eigenen Bedürfnisse, aber auch im Umgang mit anderen Menschen.

Es kann passieren, dass mein Kind so handelt, dass ich darin die Emotion Wut lese. Tatsächlich ist sie/er aber müde, traurig oder enttäuscht. Vielleicht wird daraus Wut, weil ich sie/ihn nicht verstehe, vielleicht ist ihr/ihm die Äußerung des Gefühls Wut vertrauter. Je besser sie ihre eigenen Gefühle kennt, desto besser ist die Selbstwahrnehmung, die als Basis für jegliches soziales Handeln dient.

Erst das Äußern der eigenen Gefühle, sei es in Worten, Gesten oder Mimik, sorgt dafür, dass ich meine Bedürfnisse verständlich machen und auch die anderer Personen wahrnehmen kann (Stichwort Empathie)

Das Wissen über Emotionen kommt aber nicht von ungefähr, daher sind unsere Kinder auf unsere Unterstützung angewiesen. Dies kann unter anderem in Form von lesen geschehen.

Kathrin Schärer hat mit "Da sein. Was fühlst du?" eine gute Unterstützung für die Entwicklung der Gefühlswelt konzipiert. Liebevolle Zeichnungen begleiten die tierischen Protagonisten ihres Bilderbuchs, das mit wenigen, aber wichtigen Worten auskommt.

Meine Töchter haben viel Freude am Buch. Daran zu erkennen was die herzigen Tiere wie Maus, Erdmännchen oder Igel gerade fühlen und wie sie mit diesen Gefühlen umgehen. "Da sein. Was fühlst du?" hilft uns ins Gespräch zu kommen. Nicht nur über die Emotionen der dargestellten Tiere, sondern auch über die eigenen. Wie sehe ich aus, wenn ich traurig bin? Bedeuten Tränen immer Traurigkeit? In welchen Situationen empfinde ich Freude? Wann Wut? Die Kinder fühlen sich gesehen und ich fühle mich gefördert in meinem Wunsch meine Töchter Bedürfnisorientiert zu begleiten.

Von mir und meinen Räubermädchen gibt es eine große Empfehlung für "Da sein. Was fühlst du?"

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Veröffentlicht am 04.11.2021

Barbara stirbt nicht

Barbara stirbt nicht
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Ich glaube, Alina Bronsky hat ein Buch über meine Großeltern geschrieben. Natürlich nicht, aber was sie über Walter und Barbara schreibt, ist genau das, was die Beziehungen dieser Generationen ausmacht. ...

Ich glaube, Alina Bronsky hat ein Buch über meine Großeltern geschrieben. Natürlich nicht, aber was sie über Walter und Barbara schreibt, ist genau das, was die Beziehungen dieser Generationen ausmacht. Themen, Werte, Verhaltensmuster, die nicht nur die Generation unserer Großeltern prägt, sondern auch die Generationen, die danach folgen. Die unserer Eltern, unsere eigene und wenn wir nicht aufpassen, auch die unserer Kinder.

Walter und Barbara sind schon lange verheiratet. Nach dem Krieg haben sie zueinander gefunden, obwohl die Barbara eigentlich von denen abstammt, vor denen Walter damals mit seiner Familie flüchtete. Für die Mutter erschütternd, weshalb sie und die Barbara nie so richtig zueinander fanden. Und das, obwohl sich er Walter so viel Mühe gegeben hat Barbara die Sprache richtig beizubringen. Und auch das Kochen. Deutsche Gerichte. Nicht dieses rote Bete Zeugs von denen.

Nun liegt Barbara im Bett und isst nicht richtig. Dabei weiß doch jeder, das man nur gesund wird, wenn man richtig isst. Also fängt Walter an zu kochen. Barbara ist ihm dabei keine gute Hilfe. Ihre Mengenangaben sind unpräzise, die Arbeitsschritte kann sie auch nicht detailliert beschreiben. Doch dann entdeckt Walter diesen Fernsehkoch und beginnt seine Rezepte nachzukochen. Mit dem Kochen kommt der Kontakt zu Barbara, zur Vergangenheit, zu seinen eigenen Kindern und zu anderen Menschen. Via Facebook.

Alina Bronsky ist ein ganz großartiges Generationenporträt gelungen. Klug und mit einem spitzfindigen Humor entwickelt sie die Figur Walter, die ich als Leserin mal liebe, mal am liebsten schütteln möchte. Seine Blick auf die Welt ist so engstirnig, konservativ und geprägt vom Nationalsozialismus, dass man ihn eigentlich nicht mögen kann. Aber auf der anderen Seite zeigt sich, dass er eigentlich ein gutes Herz hat und das alle seine Interaktionen geprägt sind von seiner eigenen Sozialisierung, aus der er nie herausgefunden hat. Nicht alles davon ist schlecht. Nicht sein Wunsch sich zu kümmern, nicht sein Wunsch nach Struktur und nicht der Wunsch danach, dass die Menschen, die er mag (nicht so viele) ebenfalls ein geordnetes Leben führen. Seine Herangehensweise jedoch...er schaut weder nach rechts, noch nach links, ist eingefahren in seinen Denkmustern und auch gar nicht bereit diese zu verändern. Die Wünsche seiner Familie nimmt er nicht mal ansatzweise wahr und versteht trotzdem nicht, warum da so viel aus dem Ruder läuft.

Alina Bronsky hat mich sehr häufig zum Lachen gebracht und gleichzeitig ist der Verlauf von Walters Leben und das der Menschen, die er mit seinem Denken und Handeln geprägt hat, sehr traurig. Seine Geschichte ist wichtig für unsere Generation und die Generationen der Zukunft. Denn genau so läuft es in vielen Haushalten, in vielen Familien ab.

Ich halte ihren Roman für sehr wichtig, um verständnisvoller mit uns selbst umzugehen. Um die Schatten der Vergangenheit in unserer Denkweise aufzudecken. Bronsky schafft Verständnis, ohne zu beschönigen, und öffnet einen Weg eigene Perspektiven zu wechseln und zu verändern. Eine ganz große Empfehlung für "Barbara stirbt nicht", das für mich eins der Highlights des Jahres ist.

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