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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.05.2017

Anrührend, melancholisch und schön - bis auf das letzte Drittel

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge
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Ein alter Mann, Anthony, trauert noch immer um seine Liebe, die kurz vor der Hochzeit vor 40 Jahren starb. Am selben Tag verlor er nicht nur seine Braut, sondern auch das Liebespfand, das sie ihm schenkte. ...

Ein alter Mann, Anthony, trauert noch immer um seine Liebe, die kurz vor der Hochzeit vor 40 Jahren starb. Am selben Tag verlor er nicht nur seine Braut, sondern auch das Liebespfand, das sie ihm schenkte. Seither sammelt er, was Andere verloren haben und schreibt darüber Geschichten. Unzählige Dinge sind es, die er in seinem Arbeitszimmer aufbewahrt und als er merkt, dass sein Leben dem Ende entgegengeht, vermacht er seinen ganzen Besitz Laura, die sich seit einigen Jahren um ihn und den Haushalt kümmert. Allerdings mit der Auflage, dass sie versuchen muss, die Dinge ihren früheren Besitzern zurückzugeben. Zwischen diese Geschichte sind immer wieder einzelne von Anthonys Erzählungen über die gefundenen Dinge eingestreut, die er früher als Buch veröffentlichte.
Daneben gibt es einen zweiten Erzählstrang, der über das Leben der jungen Eunice berichtet, die an jenem Schicksalstag Anthonys Weg kreuzte, der im Gegensatz zu seinem Tag wesentlich glücklicher für sie verlief. Parallel zu Lauras Geschichte begleitet man Eunice durch die Zeit, die immer näher an die Gegenwart heranrückt, bis ...
Es ist ein sehr gefühlvolles Buch, das ich jedoch nicht als kitschig oder rührselig empfunden habe. Auf allen Ebenen dreht es sich um Freundschaft, Mut, die Liebe zum Leben und (natürlich) die Liebe. Eine wirklich schöne Lektüre, wobei ich insbesondere von Anthonys Erzählungen angetan war. Sie sind nicht lang, ein bis drei Seiten, doch es reichte, um die Situation der beschriebenen Personen deutlich darzustellen.
Doch nun kommt ein recht großes Aber, das mich fast dazu gebracht hätte, nur drei Sterne zu geben. Denn im letzten Drittel bzw. Viertel driftet das Ganze fast schon ins Esoterische ab. Plötzlich gibt es Geister, Dinge geschehen ohne menschliches Zutun und eine der Hauptfiguren (oder auch zwei) haben offenbar magische Kräfte. Ich bin solchen Themen nicht grundsätzlich abgeneigt (Der Freund der Toten - dieses Buch finde ich einfach klasse, obwohl Tote hier eine wichtige Rolle spielen - als Personen, nicht als Objekte), aber hier passt es einfach nicht. Es wirkte auf mich wie ein Bruch zur ursprünglichen Geschichte und ich war nur noch am Kopf schütteln. Schade, dieses Ende hätte nicht sein müssen. Gerade ohne Geister und scheinbar Übersinnliches wäre es ein richtig, richtig gutes Buch geworden. So sind es 3,5 Sterne, die ich wohlwollend aufrunde

Veröffentlicht am 25.05.2017

Schnell gekocht und trotzdem gut gegessen

Björn Freitag – Smart Cooking
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Das Versprechen haben ja schon mehrere Kochbücher gegeben: 'Kochen ohne Einkaufsstress und ohne Küchenchaos' (Untertitel). Doch halten können es nur wenige, denn meist tauchen Zutaten auf, die wohl nur ...

Das Versprechen haben ja schon mehrere Kochbücher gegeben: 'Kochen ohne Einkaufsstress und ohne Küchenchaos' (Untertitel). Doch halten können es nur wenige, denn meist tauchen Zutaten auf, die wohl nur in den wenigsten Küchen als Basis vorhanden und eher schwierig zu beschaffen sind oder die Zubereitung stellt sich als deutlich aufwendiger heraus als angekündigt.
In diesem Buch wird gleich zu Beginn aufgelistet, was als Basis vorhanden sein soll. Zwar gibt es auch hier Exoten, doch es beschränkt sich sich wirklich auf ein, zwei wenige wie beispielsweise Kokosessig oder Ahornsirup (wobei letzteres ja nicht sooo exotisch ist ). An weiteren Zutaten werden meist drei bis vier zusätzliche benötigt, sodass sich der Einkaufsstress tatsächlich in Grenzen hält. Auch die Angaben für die Zubereitung sind nicht sehr umfangreich: zehn bis zwanzig großgedruckte Zeilen reichen aus und gekocht wird meist mit einem einzigen Topf oder Pfanne. Auch der Praxistest fällt gut aus : Die von mir gekochten Gerichte (beispielsweise Rindfleisch in Rotwein mit Baguette, Paprika-Brokkoli-Eier, gebeizter warmer Lachs auf Kartoffelpuffer mit Dillschmand und ein paar andere) waren durchweg schmackhaft und schnell und unkompliziert zubereitet.
Trotzdem, ein paar kleine Mankos bleiben Zum Einen sind nicht alle Gerichte vollständig selbst gekocht, denn es wird wiederholt auf Fertig- oder Convenianceprodukte zurückgegriffen, um den Aufwand klein zu halten. Beispielsweise fertige Kartoffelpuffer (wobei hierfür auch ein extra Rezept aufgeführt wird), Blätterteig oder frische Kloßmasse. Auch sind manche Rezepte eher einfallslos, wie zum Beispiel die Maultaschen mit Feldsalat oder der Blumenkohl mit Senfsoße mit gekochten Eiern. Nicht zuletzt finde ich den Preis ziemlich enorm: Die Aufmachung ist zwar recht hochwertig, großes Format, gebunden und hochwertiges Papier - doch dafür gerade mal 74 recht schlichte Rezepte (es können auch ein, zwei mehr oder weniger sein) zu erhalten, ist nicht gerade üppig.
Alles in allem ein gutes Kochbuch für einen stolzen Preis - am besten lasst ihr es euch schenken

Veröffentlicht am 25.05.2017

Ein etwas anderer Pfarrer

Glaube Liebe Tod (Ein Martin-Bauer-Krimi 1)
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Martin Bauer ist ein Polizeiseelsorger, dessen Verhalten nicht so ganz zum herkömmlichen Bild eines Theologen passt, wie so mancher seiner Vorgesetzten leidgeprüft feststellen musste. Doch davon lässt ...

Martin Bauer ist ein Polizeiseelsorger, dessen Verhalten nicht so ganz zum herkömmlichen Bild eines Theologen passt, wie so mancher seiner Vorgesetzten leidgeprüft feststellen musste. Doch davon lässt er sich nicht beirren und so springt er beispielsweise von einer Rheinbrücke, um einen Selbstmörder von seinem Tun abzuhalten - was ihm auch gelingt. Doch kurz darauf findet man diesen (einen Polizisten) tot nach einem Sturz vom Deck eines Parkhauses - für seine Kollegen ist der Fall klar: Selbstmord. Doch Bauer zweifelt und beginnt auf eigene Faust, Nachforschungen anzustellen.
Es ist der Beginn einer neuen Regionalkrimireihe, die im Ruhrgebiet angesiedelt ist. Man merkt der Geschichte an, dass das Autorenduo Gallert/Reiter vom Fach ist: Beide schreiben seit Jahren Drehbücher, unter anderem auch für Krimis, was diesem Buch zugute kommt. Die Örtlichkeiten sind gut beschrieben, sodass DuisburgerInnen sicherlich viele Aha-Erlebnisse haben werden Die Geschichte, die zu Beginn recht schlicht daherkommt, entwickelt sich zusehends zu einem stets komplexeren Gebilde, in dem aber am Ende alles aufgeklärt wird. Es gibt eine Reihe Actionszenen, die sich bestimmt auch in einem Film gut machen würden. Und nicht zuletzt Figuren, die jede Menge Entwicklungspotential bieten. An erster Stelle selbstredend Seelsorger Bauer mit seinen Zweifeln; aber auch Kommissarin Dohr, die nicht nur beruflich mit Intrigen und Neidern zu kämpfen hat, sondern auch in ihrem Privatleben ziemlichen Problemen gegenübersteht.
Also ein rundum gelungener Krimi? Ich fand, nicht ganz. Obwohl Martin Bauer jede Menge ungewöhnliche Verhaltensweisen an den Tag legt, hatte er mir dennoch zu wenig Ecken und Kanten, irgendwie kam er mir nicht so nahe wie beispielsweise Harry Hole (der 'Held' bei Jo Nesbö). Vielleicht lag es an den häufiger zitierten Bibelsprüchen (was ich nicht glaube) oder an seiner Tätigkeit als Seelsorger - auf jeden Fall verringerte sich die Distanz zu dieser Figur bis zum Ende des Buches nicht. Aber das könnte sich ja im nächsten Band noch ändern...

Veröffentlicht am 25.05.2017

Das Leben in Kalifornien in den 50er Jahren

Fat City
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Kalifornien in den 50er Jahren, es gibt kaum Arbeit. Die Männer drängen sich um schlecht bezahlte, beschwerliche Erntearbeiten, um wenigstens ein bisschen Geld zu verdienen. Der Boxsport scheint da zumindest ...

Kalifornien in den 50er Jahren, es gibt kaum Arbeit. Die Männer drängen sich um schlecht bezahlte, beschwerliche Erntearbeiten, um wenigstens ein bisschen Geld zu verdienen. Der Boxsport scheint da zumindest für Einige das große Los zu sein: Hat man Erfolg, steht man im Rampenlicht und verdient gutes Geld, ein wahrhaft besseres Leben als das eines Erntehelfers. Billy Tully, Ende Zwanzig, versuchte es und hatte Erfolg. Doch als seine Frau ihn verließ, begann er zu trinken und ging nicht mehr zum Training; seitdem schlägt er sich mit solch schlecht bezahlten Jobs durchs Leben. Ernie Munger, 18 Jahre, verdient seinen Lebensunterhalt an einer Tankstelle. Auf Empfehlung Tullys geht er zu dessen früheren Box-Manager, der ihn unter seine Fittiche nimmt.
Leonard Gardners Buch ist keine Geschichte im herkömmlichen Sinn, mit Anfang und Ende und zwischendrin einer Entwicklung. Es ist eher eine Art Zustandsbeschreibung aus dem Leben mehrerer Menschen aus dem Boxermilieu. Gardner gibt schnörkellos, fast schon roh den Tonfall der Menschen dieses Milieus und dieser Zeit wieder und stellt anschaulich die damaligen Lebensbedingungen dar. Es ist dreckig, laut, brutal, vulgär und man mag kaum glauben, dass so das sonnige Kalifornien gewesen sein soll, gerade mal 60 Jahre früher. Dennoch ist es kein Buch, das einen trostlos zurücklässt, trotz der abgerissenen Gestalten und beklagenswerten Verhältnisse. Denn so erbärmlich es Billy, Tully und all den anderen auch gehen mag; ihren Lebensmut haben sie noch immer. Selbst wenn sie ins Jammern verfallen, kommt früher oder später der Punkt, an dem sie wieder daran glauben, dass es besser werden wird. Irgendwann…

Veröffentlicht am 27.04.2017

Schräge Science-Fiction-Zeitreise-Fantasy-Geschichte mit viel 80er Flair

Paper Girls 1
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1. November 1988, 4:40 Uhr. Die 12jährige Erin macht sich auf den Weg, Zeitungen auszutragen. Es ist Halloweennacht und jede Menge merkwürdige Gestalten sind noch unterwegs. Als ihr drei ältere Jungs blöd ...

1. November 1988, 4:40 Uhr. Die 12jährige Erin macht sich auf den Weg, Zeitungen auszutragen. Es ist Halloweennacht und jede Menge merkwürdige Gestalten sind noch unterwegs. Als ihr drei ältere Jungs blöd kommen, tauchen plötzlich drei ca. gleichaltrige Mädchen mit ihren Fahrrädern auf, die ebenfalls Zeitungen austragen. Sie vertreiben die Typen und Erin schließt sich den dreien an. Doch der Ärger geht jetzt erst richtig los. Von noch viel merkwürdigeren Erscheinungen wird Tiff (eines der Mädchen) eines ihrer Walkie-Talkies geklaut; auf der Suche danach entdecken sie ein seltsames Konstrukt, das zu explodieren scheint; der Strom fällt aus; die Bewohner ihres Vorortes verschwinden gen Himmel - und für absolut nichts gibt es eine Erklärung. Und dann wird es so richtig gefährlich...
Was sich hier in Worten noch recht gewöhnlich und vielleicht sogar eher langweilig anhört, zeigt sich jedoch als Graphic Novel als völlig schräge Story mit Witz und Spannung. Die merkwürdigen Gestalten können vermutlich überhaupt nicht so genau beschrieben werden wie sie hier erscheinen. Die Hauptfiguren selbst sind klar unterscheidbar (wirken jedoch deutlich älter als zwölf), obwohl die Illustratoren auf allzu viele Details verzichten, sodass der eigenen Phantasie noch genügend Spielraum bleibt. Stimmungen und Atmosphären werden durch das Verwenden jeweils einer dominanten Farbe so deutlich, dass darüber keine großen Worte verloren werden müssen. Hinweise auf irgendwelche Zusammenhänge erfolgen fast schon beiläufig durch kleine Zeichnungen (wie der immer wiederkehrende Apfel), sodass ich das Buch nun bereits zwei- oder dreimal gelesen habe und dennoch immer wieder etwas Neues entdeckte.
Die Geschichte um die Paper Girls läuft seit Oktober 2015 und noch immer als monatliche Fortsetzungsserie (mit Unterbrechungen), was man den diversen Cliffhangern anmerkt, die vermutlich das Ende einer Serie bilden. Sie sind derartig gut angelegt, dass man überhaupt nicht anders kann als weiterzulesen. Und am Ende dieses ersten Bandes mit den ersten fünf Folgen habe ich noch immer mehr Fragen als Antworten - im Juli kommt aber der zweite Band. Ich bin dabei