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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.03.2022

Opulente Roben kunstvoll in Szene gesetzt

Wiener Chic
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Dieses großformatige (25,1 x 33,7cm) und mit 2,5 kg schwergewichtige Buch zeigt das Werk der österreichischen Designerin Susanne Bisovsky, die mit ihren Entwürfen Wien wieder zur Weltstadt der Mode machen ...

Dieses großformatige (25,1 x 33,7cm) und mit 2,5 kg schwergewichtige Buch zeigt das Werk der österreichischen Designerin Susanne Bisovsky, die mit ihren Entwürfen Wien wieder zur Weltstadt der Mode machen will.

Für ihre farbenprächtigen Kreationen nimmt sie Anleihen an den Trachten verschiedenster Völker. Sie mixt alpenländische Stilelemente mit mexikanischer Textilkunst und verhilft auch alter Handwerkskunst, wie Spitzenklöppeln oder Stickereien zu einer Renaissance. Vor allem ihr prächtiger Kopfschmuck ist Teil ihres unverwechselbaren Stils. Hier nimmt sie sich unter anderem die Goldhaube, die bräutliche und die Witwenhaube zum Vorbild. Unmengen von Stoffbahnen werden in feinsten Plissée zu imposanten Kopfbedeckungen arrangiert.

Susanne Bisovsky ist Schülerin von Vivienne Westwood und hat mit Helmut Lang und Jean Charles de Castelbajac zusammengearbeitet. Ihr Credo ist, den Trend zu nachhaltiger Mode zu entwerfen. Dabei muss man schmunzelnd festhalten, dass „nachhaltige Mode“ und „Trend“ ein Widerspruch in sich ist.

Die farbenprächtigen Roben (man kann die Kleider nicht anders bezeichnen) erinnern an die Bilder von Frida Kahlo. Die Malerin wäre bestimmt eine Kundin von Susanne Bisovsky. Ganz alltagstauglich sind die Kleider nicht. Manche Stoffe erinnern mich an die Gobelins und die Petit-Point-Stickereien.

Die Designerin verwendet kostbare Seidenstoffe, kaum einfärbig - und wenn, dann sind es Moiré-Stoffe. Manchmal wird Latex über und über mit Blumen bedruckt als Strumpfstiefel verwendet. Baumwollstoffe, die dem im Burgenland beheimateten Blaudruck bearbeitet sind, dürfen auch nicht fehlen.

Die kunstvollen Roben sind ebenso kunstvoll von mehreren Fotografen in Szene gesetzt.

Meine Meinung:

Wer sich für große Mode interessiert, wird an diesem Buch nicht vorbeikommen.
Ob es mit diesen prächtigen Entwürfen gelingen wird, Wien aus seinem Dornröschenschlaf als Modestadt zu wecken, wage ich nicht zu beantworten.

Interessant zu lesen sind auch die Beiträge von Kolleginnen und Kollegen.

Fazit:

Das Buch ist jedenfalls ein wahrer Augenschmaus, auch wenn die meisten Kreationen nur im passenden Kontext getragen werden können. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 12.03.2022

Eine gelungene Fortsetzung

Das Auktionshaus (Die Auktionshausserie 2)
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Sarah Roswell ist mit ihren 29 Jahren stellvertretende Geschäftsführerin in einem bekannten Wiener Auktionshaus, was nicht allen so recht passt. Ein intriganter Kollege sägt an ihrem Stuhl und versucht, ...

Sarah Roswell ist mit ihren 29 Jahren stellvertretende Geschäftsführerin in einem bekannten Wiener Auktionshaus, was nicht allen so recht passt. Ein intriganter Kollege sägt an ihrem Stuhl und versucht, ihr einen Fehler nachzuweisen.

Die düsteren Schatten der Vergangenheit im Londoner Auktionshaus verfolgen sie bis in die Donaumetropole, die von politischen Unruhen der Zwischenkriegszeit erschüttert wird.

Gleichzeitig steht ihre Verbindung mit dem verheirateten Fotografen Philipp Maynard auf Messers Schneide. Doch ihre alten Freunde aus London lassen Sarah nicht im Stich und kurz bevor ihre Mutter stirbt, enthüllt diese Sarah ein lange gehütetes Geheimnis.

In den Wirren während des Brandes des Justizpalastes 1927 kommen ihre jüdischen Freunde Hannah und Levi als völlig Unbeteiligte ums Leben und Sarah muss ihr Versprechen, sich um deren kleine Tochter zu kümmern, einlösen.

Das und die Eröffnung eines Auktionshauses in New York, bieten einen Cliffhanger für eine weitere Fortsetzung.

Meine Meinung:

Nach den Anfängen im Londoner Auktionshaus, das sie nach einem schwerwiegenden Fehler, der einen Skandal hervorgerufen hat, ist Sarah nun in Wien angekommen. In einem Wien, das Hauptstadt der riesigen Donaumonarchie war und nun, nach dem Ersten Weltkrieg, zwar noch Hauptstadt, aber nur mehr von einem kläglichen Rest des einst so imposanten Vielvölkerstaates, ist. Die meisten Menschen leben in bitterer Armut, wie es Sarah aus ihrer Heimat London kennt.

Sarah, die nach wie vor unverheiratet ist, stößt auf Widerstand in der Vorstandsetage des Auktionshauses. Wenn sie ihre Stellung behalten will, muss sie heiraten.

Neben der gut gelungenen Darstellung der Zeitgeschichte dürfen wir Sarah bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. Wir erfahren, wie eingebrachte Schmuckstücke bewertet werden. Dabei erwarten manche Menschen einen weit höheren Wert und sind ungehalten, wenn sich das angebotene Stück als beschädigt erweist.

Geschickt sind die verschiedenen politischen Strömungen, die in der Mehrheit antisemitisch sind, eingeflochten. Das bekommen ihre Freunde Hannah und Levi fast täglich zu spüren. Anfangs ist es „nur“ der subtile, tägliche Antisemitismus, dann werden gezielt Attacken daraus.

Der Schreibstil ist leicht und flüssig zu lesen und man kann an Sarahs Seite durch das Wien der Zwischenkriegszeit flanieren. Doch die finsteren (braunen) Wolken ziehen bereits herauf. Wie wird sich Sarah im dritten Teil entscheiden? Denn, dass es eine Fortsetzung geben wird, ist aufgrund des Cliffhangers klar.

Fazit:

Dieser historische Roman hat mir gut gefallen, deshalb gibt es 5 Sterne.

Veröffentlicht am 12.03.2022

Fesselnd bis zur letzten Seite

Syltfluch
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Kurz nachdem das Wrack eines historischen Wikingerschiffs aufgetaucht ist, bricht auf Sylt ein wahrer Orkan los. Wenig später wird die Kuratorin des Inselmuseums mit einer Schusswunde im Bauch und einem ...

Kurz nachdem das Wrack eines historischen Wikingerschiffs aufgetaucht ist, bricht auf Sylt ein wahrer Orkan los. Wenig später wird die Kuratorin des Inselmuseums mit einer Schusswunde im Bauch und einem Runenstein in der Tasche tot aus der tosenden See geborgen.

Bald schon mehren sich die Gerüchte um einen Fluch der Wikinger, den angebliche Nachfahren von Wikingern noch fest anheizen. Was ist dran an den Gerüchten, dass das Schiff einen Schatz birgt und beides wieder dem Meer übergeben werden muss, um die Götter der Wikinger zu besänftigen?

Kriminalhauptkommissarin Lene Cornelsen hat sich ihre Rückkehr auf die Insel anders vorgestellt. Da die Touristen die Insel weder mit den Fähren noch mit Hubschrauber verlassen können, ist die Stimmung mehr als gereizt.

Statt Sonnenschein Unwetter, statt gewohnter Polizeiarbeit Handlangerdienste für den schwierigen Vorgesetzten. Einzig ihr Jugendfreund scheint ein Lichtblick in dem Schlamassel zu sein.

Als dann noch der Funkverkehr, das Internet sowie das Mobilfunknetz zusammenbricht, sind die Insulaner ganz auf sich allein gestellt.

Meine Meinung:

Sebastian Thiel, von dem ich schon mehrere Bücher gelesen habe, fasziniert diesmal mit seinem Setting auf der Insel Sylt.

Geschickt führt Sebastian Thiel seine Leser an der Nase herum. Bis Lene Cornelsen erkennt, wer Freund, wer Feind ist, ist es beinahe zu spät.

Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt: zum einen jene eines Wikingers, der sich im 11. Jahrhundert mit dem Schatz und der Sklavin seines Anführers aus dem Staub macht und zum anderen mit dem gegenwärtigen, in dem just dieses Schiff wieder auftaucht.

Ich konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen und habe sogar in der U-Bahn gelesen und bin eine Station zu weit gefahren, weil mich die Geschichte so gefesselt hat.

Die ungelösten Konflikte, die Lene Cornelsen in der Vergangenheit von der Insel vertrieben haben, haben Potenzial für eine neue Serie. Lene ist ja auch nicht unbedingt ein einfacher Charakter - das macht neugierig auf eine Fortsetzung, die hoffentlich bald folgen wird.

Fazit:

Ein fesselnder Sylt-Krimi dem ich gerne eine Leseempfehlung und 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 11.03.2022

Eine unbedingte Leseempfehlung

Rückeroberung
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Autor Daniel Huhn nimmt uns auf eine emotionale Reise in die Vergangenheit mit. Er begibt sich auf die Spurensuche der jüdischen Familie Gans aus Borken.

Das Ehepaar Moritz und Else Gans hat drei Söhne: ...

Autor Daniel Huhn nimmt uns auf eine emotionale Reise in die Vergangenheit mit. Er begibt sich auf die Spurensuche der jüdischen Familie Gans aus Borken.

Das Ehepaar Moritz und Else Gans hat drei Söhne: Karl, Manfred und Theo. Moritz Gans ist ein vorausschauender Mann. So hat er in den Niederlanden eine Zweigniederlassung seiner Firma gegründet. Der älteste Sohn, Karl, geht schon 1935 als Sechzehnjähriger zu Verwandten nach Palästina. Als Nächster ist Manfred an der Reihe. Vorerst glaubt er, - auch gerade 16 geworden, nur für den Sommer 1938 nach England zu gehen. Als dann Hitler das Sudetenland annektiert, beschwören ihn die Eltern, in England zu bleiben. Ein Jahr später gelingt es auch Theo, den jüngsten der Brüder in Sicherheit zu bringen.

Manfred wird, nach einigen Wirren und einer Internierung als „enemy alien“ - für eine geheime Einheit mit knapp 18 Jahren als Soldat angeheuert.

»Ich bin sehr dafür, befreundete Deutsche zu rekrutieren und sie unter strenger Disziplin zu halten, anstatt sie nutzlos im Lager zu belassen, aber wir müssen doppelt vorsichtig sein, damit wir keine von der falschen Sorte bekommen.« (Winston Churchill).

Nach einer harten Ausbildung kehrt Manfred Gans, nunmehr Frederick Gray, im Schatten des D-Day am 6. Juni 1944 nach Deutschland zurück. Sein Job ist es, gefangen genommenen deutschen Soldaten möglichst viele Informationen über die Pläne der Wehrmacht zu entlocken.

Darüber hinaus versucht er, etwas über den Verbleib seiner Eltern herauszubekommen, die sich ursprünglich nach Holland geflüchtet haben. Die trügerische Sicherheit dort hat ein jähes Ende, als sie verraten werden und letztlich im KZ Theresienstadt landen.

Mit seinem Fahrer Bob und einem Jeep, der mehrmals am Zusammenbrechen ist, wagt Frederick im Mai 1945 die Fahrt durch das zerstörte Deutschland, um in Theresienstadt nach seinen Eltern zu suchen. Ort für Ort, zerstörte Stadt für Stadt erobert er für sich zurück, bis er vor dem von den Russen befreiten, aber vom Typhus heimgesuchten, Lager steht ....

Meine Meinung:

Dieses Buch ist vorab als Podcast erschienen und basiert auf dem Nachlass von Manfred Gans, der akribisch Tausende Dokumente, Briefe und Tagebuchseiten umfasst. Seine Kinder haben diese Unterlagen dankenswerterweise dem Autor Daniel Huhn zur Verfügung gestellt. Faszinierend finde ich, dass die Briefe, die er Anita quer über den Atlantik schickt (und die Antworten), erhalten geblieben sind. Immerhin liegt das große Wasser und Monate des Krieges dazwischen.

Beklemmend und emotional finde ich die Reise der Überlebenden der Shoa, die 1988, spät aber doch, von der Stadt Borken eingeladen worden sind. Die scheinbar generöse Geste des Bürgermeisters, die zerstörte Synagoge „schöner und größer“ aufzubauen, zeigt, wie wenig hier nachgedacht worden ist. Denn die ehemals blühende jüdische Gemeinde in Borken hat unter dem NS-Unrechtsregime aufgehört zu existieren.

»Und auf einmal, wahrscheinlich zum ersten Mal in der 750-jährigen Geschichte dieser Stadt und den Jahrhunderten jüdischen Lebens dort, hallt durch die Gassen und die Mauern ein hebräisches Lied. Immer haben wir auf Hebräisch gesungen, in der Schule und auch zu Hause, aber nie in der Öffentlichkeit, nie im Freien und schon gar nicht innerhalb der widerhallenden Mauern dieser Stadt.«
(E-Book S.212).

Manfred Gans und einige andere Überlebende sind während dieser Besuchsreise in Schulen gegangen, um ihre Geschichte zu erzählen. Die Enkel der Kriegsgeneration ist bereit, sich mit den Taten der Großeltern auseinanderzusetzen.

»Wir ließen es geschehen und bedachten nicht die Folgen. Haben wir daraus gelernt?«

Fazit:

Eine emotionale „Rückeroberung“ einer Familiengeschichte, die eine Leseempfehlung und 5 Sterne verdient.

Veröffentlicht am 10.03.2022

Schriftstellerin trifft Maler

Doppelporträt
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Dieser Roman ist außergewöhnlich, denn zwei höchst unterschiedliche Persönlichkeiten werden miteinander porträtiert: Die Doyenne der Kriminalromane Agatha Christie und der Maler Oskar Kokoschka, dessen ...

Dieser Roman ist außergewöhnlich, denn zwei höchst unterschiedliche Persönlichkeiten werden miteinander porträtiert: Die Doyenne der Kriminalromane Agatha Christie und der Maler Oskar Kokoschka, dessen Porträts manchmal für Kontroversen sorgen.

Mathew Prichard, Agatha Christies Enkelsohn und ihr Ehemann Max Mallowan finden, dass Agatha zu ihrem 80. Geburtstag mit einem Porträt beschenkt werden soll. Der Künstler soll ausgerechnet der 83-jährige Oskar Kokoschka sein.

Agatha Christie weigert sich anfangs, überhaupt porträtiert zu werden, lässt sich allerdings breitschlagen, Kokoschka einmal kennenzulernen.

Die beiden höchst unterschiedlichen Charaktere begegnen sich vorerst abwartend. Da Christie nichts über sich selbst erzählen will, beginnt Oskar Kokoschka. Er gibt einige zutiefst private Dinge aus seinem Leben preis, wie seine Obsession zu Alma Mahler-Werfel, die darin gipfelt, dass er eine lebensgroße Puppe von ihr anfertigen hat lassen, nachdem Alma ihn für einen anderen Mann verlassen hat.

In sechs Sitzungen kommen Agatha Christie und Oskar Kokoschka näher.

Meine Meinung:

Mir hat dieses ungewöhnliche Buch sehr gut gefallen. Obwohl ich üblicherweise mit jenem Schreibstil, der bei der direkten Rede die Redezeichen weglässt, hadere, stört es mich diesmal nicht. Diesmal weiß ich ja, wer gerade spricht, da ich „echte“ Biografien beider Künstler kenne und mich auf die Darbietung konzentrieren kann. Der Schreibstil ist lebendig. Ich kann förmlich die beiden sprechen (und denken) hören. Die Sprache mutet poetisch an.

In diesem Dialog kommen bekannte und weniger bekannte Details aus dem Leben von Agatha Christie (z.B. die elf Tage ihres Verschwindens) und von Oskar Kokoschka ans Tageslicht.

Fazit:


Blitzlichter zweier höchst unterschiedlicher Künstlerleben. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.