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Veröffentlicht am 14.06.2022

Ein Jahreshighlight

Ansuz – Das Flüstern der Raben (1)
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„»Irgendwas sagt mir, dass soziale Medien nicht so ganz dein Ding sind.«
Ich verzog das Gesicht. »Ich bin ja schon in der realen Welt nicht sehr sozial.«“ (S. 223)

Was für ein Buch! Zum zweiten Mal bin ...

„»Irgendwas sagt mir, dass soziale Medien nicht so ganz dein Ding sind.«
Ich verzog das Gesicht. »Ich bin ja schon in der realen Welt nicht sehr sozial.«“ (S. 223)

Was für ein Buch! Zum zweiten Mal bin ich von einem Buch aus diesem Verlag absolut begeistert, daß ich am liebsten in die nächste Buchhandlung rennen würde, um den nächsten Teil direkt anzufangen.

„Du hast mich isoliert. Du hast mich unerwünscht, ungeliebt und ... einsam gemacht!“ (S. 440)

Anne könnte man als schwer erziehbar oder schwierig bezeichnen. Dabei erfüllt sie das Buchklischee des Außenseiters komplett, indem sie nur schwarze Kleidung trägt und sich sehr dunkel schminkt. Sie lebt allein in einer kleinen Wohnung mit einem ungewöhnlich großen Hund, den sie Monster nennt, und der menschlicher erscheint als manche Zweibeiner. Er begleitet Anne immer zur Schule und wartet anschließend bei ihrem Fahrrad auf sie. Bis sie das neue Schuljahr beginnt, ist Monster ihr einziger Freund.
Am ersten Schultag des neuen Jahres und mit einer neuen Klasse, setzen sich unverhofft Mathias und Luna zu Anne an den Tisch. Mathias ist der wahrscheinlich schönste Junge, den Anne jemals gesehen hat, während Luna nicht nur farbenfrohe Kleidung trägt, sondern auch gute Laune und Euphorie verbreitet. Obwohl die drei unterschiedlicher nicht sein können, werden sie so etwas wie Freunde.

Luna ist bunt, fröhlich, laut, aber auch sehr loyal, hat einen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und brilliert in so ziemlich allem. Sie ist mit ihrer Familie viel umher gereist, da ihre Eltern Entwicklungshelfer sind. Beim ersten Treffen mit Anne geht sie direkt davon aus, daß Anne sie kennen müsste.
„»Ich bin Luna.« Sie hätte ebenso gut noch ein Tadaaa hinzufügen können.
Ich sah sie ausdruckslos an.
»Ich bin die Luna.«“ (S.20)

Mathias ist etwas ruhiger, scheint jedoch ebenso etwas zu verbergen, wie Anne. Neben seinem guten Aussehen hat er ein photographisches Gedächtnis und ist sehr gut in der Schule. Er ist ebenfalls sehr loyal und rettet Anne mehr als einmal aus brenzligen Situationen. Er ist ein Puffer zwischen Luna, mit ihrer fröhlichen Art, und Anne mit ihrer mürrischen, ablehnenden Haltung.

Neben diesen drei Hauptcharakteren treten noch zahlreiche Nebencharaktere auf, die wichtige Rollen einnehmen. Nicht nur der Hund Monster begleitet Anne schon eine Weile, sondern auch ihr Freund Arthur aus Kindertagen, der meistens unangekündigt auftaucht und nie lange bleibt. Außerdem muss sie regelmäßig zu ihrer Sozialarbeiterin Grethe, zumindest bis zu ihrem 18. Geburtstag Ende des Jahres.

Wie es so ist, passiert in Annes Leben eine ganze Menge. Es fängt mit kleineren Schlägereien zwischen ihr und einigen Mitschülern an, und endet mit einer Mordserie an rothaarigen jungen Mädchen, sodaß der Polizist Hakim regelmäßig bei Anne auftaucht, weil er glaubt sie wüsste dazu mehr als sie zugibt.
Hinzu kommt, daß Anne Hellsichtig ist und die Vergangenheit ihrer Mitmenschen sehen und durch eine Art Aurensehen die jeweiligen Stimmungen erahnen kann. Dies vor Freunden geheim zu halten ist schwierig. Vor allem, wenn Mathias klüger ist, als gut für ihn ist.

Ansuz ist ein vielschichtiges Buch. Die Geschichte erstreckt sich über ungefähr ein halbes Jahr und die Entwicklung der einzelnen Charaktere, allen voran von Anne, ist schön mitzuerleben und äußerst spannend.
Aber auch der Mordfall fesselt den Leser an die Seiten, denn obwohl es Ermittlungen diesbezüglich gibt, und Anne ihre eigenen Vermutungen hat, scheint der Mörder wie vom Erdboden verschwunden zu sein.
Und als wenn das nicht schon genug wäre, kommen die nordischen Göttersagen nicht zu kurz. Kenner der Runen werden das schon am Titel erkannt haben und später wird sogar aus der Edda zitiert.

Ich bin absolut begeistert von diesem Buch und kann es jedem empfehlen, denn es vermischen sich viele Genre miteinander: es ist ein Krimi, weil es eine Mordserie gibt und der Mörder gesucht wird; es ist eine Sage über die nordischen Götter; es ist ein Buch über das Erwachsen werden; es ist ein Buch voller Phantasie. Nur eins ist es nicht, ein Kinderbuch. Dafür ist es unterhaltsam, spannend, fesselnd und dick.

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Veröffentlicht am 23.05.2022

Sehr spannend, auch für NIcht-Freunde der Regenwürmer

Das Buch des Regenwurms. Eine Entdeckungsreise durch unsere Erde
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„Sind Regenwürmer soziale Wesen? Eine etwas ungewöhnliche Frage angesichts eines Tiers, das aus nicht viel mehr als Mund und Hinterteil besteht, […].“ (S. 153)

Das Buch des Regenwurms räumt mit Mythen ...

„Sind Regenwürmer soziale Wesen? Eine etwas ungewöhnliche Frage angesichts eines Tiers, das aus nicht viel mehr als Mund und Hinterteil besteht, […].“ (S. 153)

Das Buch des Regenwurms räumt mit Mythen und unzureichendem Wissen über diese unterschätzen Wesen auf. So gibt es tatsächlich Wurmarten, die sich unendlich teilen können und so Klone daraus entwickeln, doch die meisten können, wie Eidechsen, ihren Schwanz abwerfen und nachwachsen lassen.
Außerdem gibt es detaillierte Informationen über wissenschaftliche Erkenntnisse, ohne daß mit Fachbegriffen um sich geworfen wird. Die kurzen Kapitel, die auf einzelne Themen oder Fragen eingehen, sind nicht nur leicht verständlich, sondern auch schnell zu lesen.
Zwischendurch gibt es Tipps für Gärtner, wie sie ihren Garten optimal für Regenwürmer machen und welchen Nutzen diese für das Wachstum, Biotop und Nährgehalt von Obst und Gemüse haben kann.
Aufgelockert wird das alles mit unterhaltsamen Zitaten und kleinen Zeichnungen. Am Ende gibt es eine detaillierte Quellenangabe zu wissenschaftlichen Quellen und den verwendeten Zitaten.

Ich bin kein großer Freund von Würmern, aber die Aufmachung des Buches hat mich neugierig gemacht. Die „Entdeckungsreise durch unsere Erde“ hat mir nicht nur gut gefallen, sondern meine Sicht auf Regenwürmer grundsätzlich verändert. Anfassen möchte ich sie trotzdem nicht, aber vielleicht bin ich ab sofort eher geneigt, sie aus dem Sonnenlicht zu retten, denn UV-Strahlung ist für die meisten ziemlich schnell tödlich.
Dieses Buch kann ich jedem empfehlen, nicht nur Gärtnern und Gartenbesitzern. Es ist unterhaltsam, spannend und leicht verständlich. Und manchmal sogar witzig.

Es gibt übrigens „Worm-Charming-Wettbewerbe“, bei denen Regenwürmer aus der Erde gelockt werden und wer die meisten findet, hat gewonnen. Den Weltrekord hält ein zehnjähirges Mädchen mit 567 Exemplaren in einer halben Stunde. (S. 27)

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Veröffentlicht am 19.05.2022

Wunderbar

Der Klang von Feuerblau
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Dieses Buch habe ich fast in einem Rutsch durchgelesen, weil es mich so gefesselt hat. Wenn Kit, die Protagonistin, Musik hört, sieht sie unterschiedliche Farben. Bei harmonischer Musik, mit gestimmten ...

Dieses Buch habe ich fast in einem Rutsch durchgelesen, weil es mich so gefesselt hat. Wenn Kit, die Protagonistin, Musik hört, sieht sie unterschiedliche Farben. Bei harmonischer Musik, mit gestimmten Instrumenten, kann dies sehr schön und einnehmend sein. Doch sobald ein Fehler auftritt, ein Misston sich einschleicht, das Instrument ein kleines bisschen falsch gestimmt ist, werden die Farben zur Belastung.
Nach einem Zwischenfall mit ihrem Vater vor einem Jahr, hat Kit alles hinter sich gelassen, was sie mit ihm verbindet: sie möchte nicht mehr Katherine genannt werden, sie hat ihr Cembalo-Studium abgebrochen und arbeitet als Sekretärin. Außer ihrem Nachnamen verbindet sie nichts mehr mit ihm. Trotzdem kann sie der Musik nicht ganz fern bleiben und arbeitet für eine Musikschule; immer wenn sie ein Cembalo sieht, juckt es ihr in den Fingern und eine Sehnsucht wird in ihr wach; sie hofft jeden Tag auf eine Nachricht von ihrem Vater. Nachdem er plötzlich verstorben ist, holt ihre Vergangenheit sie ein.

Der Klang von Feuerblau ist nur oberflächlich ein Roman über Musik und Farben. In der Tiefe behandelt er Themen wie Verlust eines Körperteils, Trauer um eine Zukunft, die es nicht mehr gibt, und Liebe zur Familie. Zur Aufarbeitung ihrer Gefühle hat Kit ihre beste Freundin Maja an ihrer Seite, und Raffael, einen Freund aus Kindertagen. Wie gut das funktioniert, muss jeder selbst herausfinden.

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Veröffentlicht am 28.04.2022

absolute Leseempfehlung

Niemalsland
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„Verzeihung. […] Ich weiß, das ist eine sehr persönliche Frage. Aber sind Sie vielleicht geisteskrank?“
„ Möglich, aber sehr unwahrscheinlich. Wieso?“
„Na ja. […] Einer von uns muss es sein.“ (S. 64)

Es ...

„Verzeihung. […] Ich weiß, das ist eine sehr persönliche Frage. Aber sind Sie vielleicht geisteskrank?“
„ Möglich, aber sehr unwahrscheinlich. Wieso?“
„Na ja. […] Einer von uns muss es sein.“ (S. 64)

Es ist schon eine Weile her, daß mich ein Buch ab der ersten Seite so sehr gefesselt, mich in eine Welt hineingezogen hat, die aufregend, abstoßend und spannend ist. Niemalsland ist das erste Buch seit Langem, das ich mir etwas aufheben wollte. Hat nicht geklappt.

„Und hier ließen ihn die Metaphern im Stich. Er hatte die Welt von Verbildlichung und Vergleich hinter sich gelassen und war an einen Ort gelangt, wo die Dinge einfach nur sind, und das machte etwas mit ihm.“ (S. 324)

Richard Mayhew hat eine kleine Wohnung in London, einen Bürojob und eine Freundin, die bestimmt, wann er ihr einen Antrag machen soll. Niemand weiß, warum sie zusammen sind, am wenigsten Richard selbst. Als ihm ein Mädchen vor die Füße fällt, kann er sie nicht einfach liegen lassen und nimmt sie mit in seine Wohnung. Ab da nimmt alles seinen Lauf: seine Verlobte verlässt ihn, weil er sie im Stich gelassen hat, seine Wohnung wird weitervermietet, obwohl er gerade ein Bad nimmt, und sein Schreibtisch wird vor seinen Augen aus dem Büro geräumt. Die Taxifahrer ignorieren ihn genauso wie die U-Bahnen. Richard ist für alle Menschen in Ober-London unsichtbar, seit er Door, dem Mächden, geholfen hat und nur sie kann ihm vielleicht helfen.
Seine Suche nach Door führt ihn ins Unter-London, das nicht etwa die Kanalisation unter dem uns bekannten London ist, sonder eine ganz eigene Welt. Alle Monster, angsteinflößende Wesen und in der Dunkelheit lauernde Gefahren gibt es in Unter-London wirklich. Sei es eine Dunkle Brücke, die ihren Tribut fordert, oder etwas, das zwischen Bahnsteigkante und Zug lauert.
Es gibt aber auch Rattenmenschen, die den Ratten dienen und hilfsbereit sein können; es gibt den Schwimmenden Markt, der jedes Mal an einem anderen Ort ist und auf dem der Frieden nicht gebrochen werden darf.
Außerdem gibt es Menschen, die alle irgendwie schmuddelig aussehen, mit Gefallen handeln und manchmal auch einander helfen. Und Richard findet sich mitten in einer Welt, die ihn vor allem verunsichert. Wie ein kleines Hündchen folgt er Door voller Hoffnung, in sein altes Leben zurückkehren zu können.

Neil Gaimans Niemalsland ist packend von der ersten Seite, mit spannenden Charakteren, die sich weiterentwickeln und Geschichten außerhalb des Buches haben. Selbst die Bösewichte sind amüsant … ich meine natürlich blutrünstig und furchteinflößend. Eine absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 11.03.2022

keine leichte Kost, aber sehr zu empfehlen

Die Mitternachtsbibliothek
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„Und Nora beschloss, dass sie kein schwarzes Loch war. Sondern ein Vulkan. Und wie ein Vulkan konnte sie nicht vor sich selbst davonlaufen. Sie musste hier bleiben und dieses brachliegende Land fruchtbar ...

„Und Nora beschloss, dass sie kein schwarzes Loch war. Sondern ein Vulkan. Und wie ein Vulkan konnte sie nicht vor sich selbst davonlaufen. Sie musste hier bleiben und dieses brachliegende Land fruchtbar machen.
Sie konnte einen ganzen Wald in ihrem Inneren pflanzen.“ (S. 316)

Nora Seed hat keinen Grund mehr den nächsten Tag zu erleben und beschließt sich das Leben zu nehmen. Punkt Mitternacht findet sie sich in einer gigantischen Bibliothek wieder, in der die Zeit still zu stehen scheint. Ihre damalige Schulbibliothekarin Mrs. Elm empfängt sie dort und erklärt Nora, was es mit er Mitternachtsbibliothek auf sich hat.
„Zwischen Leben und Tod liegt eine Bibliothek […]. Und diese Bibliothek besteht aus endlosen Regalen. Jedes Buch bietet dir die Chance, ein anderes Leben auszuprobieren, das dir offengestanden hätte. Jedes Buch bietet dir die Chance, zu sehen, wie alles gekommen wäre, wenn du andere Entscheidungen getroffen hättest …“ (S.9)
Nora ist sich zunächst unschlüssig, denn sie möchte gar kein anderes Leben. Sie möchte sterben. Doch das Buch des Bereuens überflutet Nora mit all ihren reuevollen Gedanken und Gefühlen, sodaß sie genau weiß, welches Leben sie sich wünscht.

Die Mitternachtsbibliothek erzählt von Reue und nicht getroffenen Entscheidungen; sie zeigt, wie das Leben sein könnte, wenn man an einem Punkt eine andere Abzweigung genommen hätte. So erlebt Nora, wie es mit ihrem Verlobten weitergegangen wäre, wenn sie nicht zwei Tage vor der Hochzeit alles abgeblasen hätte; wie es als Olympiaschwimmerin wäre; ob die Band mit ihrem Bruder wirklich erfolgreich geworden wäre.
Nora lernt schnell, daß die offensichtlichen Änderungen in ihrem Leben sie nicht zwangsweise glücklich gemacht hätten und daß sie ihr Leben lang vor allem anderen Träumen gefolgt ist, statt ihre eigenen zu finden.
Jedes Leben, in das Nora eintaucht, verändert sie und ihre Sicht auf ihr bisheriges Dasein. Dies wirkt sich auch spürbar auf die Mitternachtsbibliothek aus.

In dem Buch geht es nicht nur um Quantenphysik oder die String Theorie, um verschiedene Leben oder alle Möglichkeiten. Es geht auch um Entscheidungen, um Depressionen und Suizid. Es ist keine leichte Lektüre, regt sie doch zum Nachdenken über die eigenen möglichen Leben und Reuegefühle an. Trotzdem ist Die Mitternachtsbibliothek unterhaltsam und spannend und deswegen gibt es eine klare Leseempfehlung.

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