Erschreckend und mahnend
Deutschland, 1944: zwei junge Männer stürzen im Osten über Deutschland mit ihrem Flugzeug ab. Schnell sind die Feinde ihnen auf der Spur, aber beide können fliehen. Sie landen mit einem Zug in Freiburg, ...
Deutschland, 1944: zwei junge Männer stürzen im Osten über Deutschland mit ihrem Flugzeug ab. Schnell sind die Feinde ihnen auf der Spur, aber beide können fliehen. Sie landen mit einem Zug in Freiburg, wo sie in einem Sanatorium für verletzte Soldaten landen. Da sie sich nicht als Engländer outen wollen, nehmen sie die Identitäten von zwei deutschen SS Leuten an, und simulieren eine psychische Krankheit. Schnell merken die beiden, dass sie nicht die einzigen Simulanten sind. Diese Information birgt große Gefahren, denn auch die andren Simulanten trauen den zwei Briten nicht. Bryan gelingt alleine die Flucht, während James benebelt von Medikamenten zurück bleibt.
Jahrzehnte später wird Bryan nach Deutschland zu den Olympischen Spielen als ärztlicher Betreuer eingeladen. Nach anfänglichem Zögern will er die Chance nützen, um nach seinem alten Freund James zu suchen. Ihn hat immer bewegt, was aus James geworden ist. Doch damit weckt Bryan nicht nur alte Geister, sondern bringt auch seine Frau in mörderische Gefahr.
Dieses Buch hat mich in den letzten Wochen sehr beschäftigt. Es beschreibt intensiv die Wirren des Krieges, und ist fast schon verstörend. So viele Geschichten schreibt ein Krieg, in dem die Menschen versuchen, irgendwie zu überleben. Man hat so oft von versteckten Menschen gehört, von unglaublichen Fluchtversuchen, die irgendwie gelungen sind. Aber so eine Geschichte wie sie Jussi Adler-Olsen beschrieben hat, hat ein schweres Gefühl hinterlassen. In der heutigen Zeit des Ukrainekrieges wiegt dieses Buch umso schwerer.
Ein Sanatorium, das schlimmste Medizinversuche an Menschen ausprobiert, Menschen foltert und fern von Menschenwürde ist: es ist ein grausamer Schauplatz. Es hat mich fassungslos zurück gelassen, und ich knabbere an diesem Buch. So eindringlich, persönlich, tiefgründig, aber auch schockierend und wachrüttelnd: Krieg darf nicht sein. Ein Krieg trägt faule Früchte, offenbart die schaurige Seite der Menschen. Jussi Adler-Olsens Buch „Das Alphabethaus“ offenbart einen kriegerischen Schrecken, der einen nicht los lässt. Bis zum Ende möchte man wissen, ob die zwei Freunde wieder zusammen finden, ob James überlebt hat. Was macht so eine gelungene Flucht mit dem einen und eine gescheiterte Flucht mit dem anderen? Wie geht man mit der Schuld des Krieges um?
Das Alphabethaus scheint ein sehr persönliches Buch zu sein. Der Vater des Autors konnte aufgrund seines Berufes sicherlich viel an Wissen beisteuern. Und das konnte man beim Lesen auch spüren. Es ist tiefgründig, abgründig, und doch: es bewegt. Gerade weil es auch in Freiburg gespielt hat, fand ich es sehr bildhaft. Wer den Schwarzwald und seine Geographie, die kleinen Ortschaften und die Umgebung kennt, wird sich ganz anders einfügen in dieses Buch.
So erschreckend es ist, es war ein sehr spannendes Buch. Nichts für zarte Nerven. Diese Geschichte wirkt, und zwar nach und heftig. Und doch: zur Mahnung eine klare Leseempfehlung.