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Veröffentlicht am 25.03.2022

Mordwaffe: das eigene Auto

Prost, auf die Nachbarn
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Wer Kommissar Tischler kennt weiß, wie sehr der an seinem Auto hängt, einem alten Jaguar E-Type von 1969. Wahrscheinlich beschäftigt ihn darum auch der Fall des getöteten ehemaligen Anwalts so sehr – dessen ...

Wer Kommissar Tischler kennt weiß, wie sehr der an seinem Auto hängt, einem alten Jaguar E-Type von 1969. Wahrscheinlich beschäftigt ihn darum auch der Fall des getöteten ehemaligen Anwalts so sehr – dessen fast neuer Mercedes wurde nämlich so manipuliert, dass der Fahrer verunglücken musste. Verdächtige gibt es viele, nicht zuletzt Tischlers „Schrauber“ hatte allen Grund dazu, dem Toten ans Leder zu wollen. Der war nämlich dafür bekannt, sämtliche Preise zu drücken oder Rechnungen im Nachhinein zu kürzen. Auch bei Gericht hatte der Anwalt keinen guten Ruf, weil er noch die schlimmsten Schwerverbrecher mit fiesen Tricks raushauen konnte. Darauf weißen die Ordner voller Drohbriefe ehemaliger Gegner und Geschädigter hin, welche die Ermittler bei ihm finden.

Wie schon bei den Vorgängerbänden lebt auch „Prost auf die Nachbarn“ vom Lokalkolorit und dem Zwischenmenschlichen. Gerade die Frotzeleien zwischen Tischler und POM Fink sind extrem unterhaltsam, versucht ersterer doch, den inzwischen 30jährigen Fink von Mutti, deren Kochkünsten und den ewigen Trachtenjankern abzunabeln. Diesmal spielen auch die Polizeisekretärin und der Herzhafte von Brunello eine nicht unwesentliche Rolle – ich habe Tränen gelacht – und Rosis Gastauftritt (und Tischlers Rolle dabei) hat mich sehr amüsiert!

Brunngries ist ein typischer kleiner Ort, in dem die Nachbarn alles voneinander wissen, oder sich das zumindest einbilden. So hat jeder eine Meinung zum toten Anwalt und nicht wenige haben ihm den Tod gegönnt. Er war ein echter Menschenfeind und bei allen unbeliebt! Einzig seine direkten Nachbarn beschreiben ihn als hilfsbereit und nett, das passt so gar nicht zum sonstigen Charakter des Opfers. Zumal selbst sein Enkel nicht gut auf ihn zu sprechen ist.

Polizeioberrat Schwenk macht wie immer Druck, weil ihm die Ermittlungen nicht schnell genug gehen und er um die Einnahmen aus dem Tourismus fürchtet. Dabei sind Tischler und Fink mit der TUF-Methode wieder sehr erfolgreich und präsentieren einen Täter, den ich nicht auf dem Schirm hatte, zu raffiniert hat Friedrich Kalpenstein meinen Verdacht in komplett andere Richtungen gelenkt – so muss ein Krimi sein.
Ach ja, auch privat bleibt es bei Tischler spannend, denn er hat eine neue Nachbarin die sehr an ihm interessiert zu sein scheint ...

Ich bin wieder begeistert und schon sehr gespannt auf Tischlers nächsten Fall!

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Veröffentlicht am 21.03.2022

Gefühlsfarbempfinden

Ursula und die Farben der Hoffnung
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„Ursula … Ein grauer Name, kantig, scharfkantig zuweilen.“ (S. 199) Ursula Stolte wächst am Vorabend des ersten Weltkrieges in einer gutbürgerlichen Familie auf. Ihr Großvater ist der Bürgermeister von ...

„Ursula … Ein grauer Name, kantig, scharfkantig zuweilen.“ (S. 199) Ursula Stolte wächst am Vorabend des ersten Weltkrieges in einer gutbürgerlichen Familie auf. Ihr Großvater ist der Bürgermeister von Potsdam und die Freundinnen seiner Frau gehören zum Hofstaat der Kaiserin. Trotzdem gibt es zwei „Makel“ in Ursulas Leben: ihre Mutter hat sich vom Vater scheiden lassen und Ursula interessiert sich nur für Kunst. „Es ist … mein Leben. Ich sehe Dinge und möchte sie festhalten, möchten sie malen, zeichnen, sie einfangen.“ (S. 27) Dass man davon auch leben kann, erfährt sie von Paula Dehmels Tochter Vera, die sie in den Kreis ihrer Künstlerfreunde und Mitstudenten einführt. Ermuntert durch die anderen plant Ursula, an einer Kunstgewerbeschule zu studieren – sie möchte Gebrauchskunst erschaffen, Dinge, die schön und nützlich sind. „Vera war wie eine Verheißung, ein Versprechen auf das, was kommen könnte. Eine Zukunft, eine Zukunft, in der Zeichnen eine Rolle spielte. Innerhalb von Stunden hatte Ursula plötzlich eine Perspektive erhalten, von der sie vorher nicht wusste, dass es sie gab.“ (S. 133) Und dann ist da Veras Bruder Heinrich, in den sie sich verguckt. Hat ihre Liebe eine Chance?

Im zweiten Band von Ulrike Renks „Eine Familie in Berlin“ Trilogie geht es um eine faszinierende Frau mit einer außergewöhnlichen Begabung. Ursula ist Synästhetikerin, für sie hat alles eine Farbe, egal ob es sich dabei um einen Geruch, ein Gefühl, eine Person oder Eigenschaft handelt. Ihr Lebensweg hat mich sofort gefesselt. Ulrike Renk beschreibt ihre Abnabelung von der Familie, ihre künstlerische und politische Entwicklung. Aus dem jungen, schüchternen, chaotischen Mädchen wird eine zielstrebige und selbstbewusste Künstlerin, die ihren Weg geht und sich aus dem Korsett der herrschenden Konventionen befreit.
Gleichzeitig bekommt man aus Ursulas Sicht einen weiteren Einblick in die Familie Dehmel, begleitet Paula und Richard, die längst geschieden, aber als Künstler weiterhin eng verbunden und erfolgreich sind, und deren Kinder Vera und Heinrich ebenfalls künstlerische Ambitionen haben, auch wenn Heinrich dann einen ganz anderen Weg einschlägt.

Ulrike Renk hat einen wahnsinnig tollen Schreibstil, ich bin förmlich durch das Buch geflogen und schon sehr gespannt, wie es im nächsten Band weitergeht. Die Charaktere orientierten sich an ihren historischen Vorbildern, die Handlung basiert auf wahren Begebenheiten – und alles wirkt so lebendig und bunt. Über die Dehmels und ihr Studium kommt Ursula mit vielen Berühmtheiten ihrer Zeit in Berührung, wie z.B. Heinrich Vogeler, Else Lasker-Schüler, Tetjus Tügel, Georg Grosz und Emil Orliks. Einige von ihnen kannte ich bereits, die anderen habe ich beim Lesen für mich entdeckt.
Und auch wenn die Erlebnisse der Protagonisten während des 1. WK im Buch nur angerissen werden, wird trotzdem klar, wie sehr der Krieg ihr Leben und Schaffen beeinflusst. Besonders bewegend ist für mich der letzte Absatz: „Blau und Gelb. Die Farben der Hoffnung!“ (S. 455) Eigentlich bezieht er sich auf Paula und ihre Kinder, aber natürlich wird bei mir sofort die Assoziation zum Krieg in der Ukraine geweckt. Hoffen wir, dass diese Farben wirklich Hoffnung bedeuten!

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Veröffentlicht am 14.03.2022

Carpe Noctem – Nutze die Nacht

Die kalte Mamsell
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„Hinrichs, ich verlasse mich auf Sie. Machen Sie mir keine Schande. Das Kommissariat muss ein Erfolg werden.“ (S. 54) Christian Hinrichs hat seinen Beruf als Journalist endgültig an den Nagel gehängt auf ...

„Hinrichs, ich verlasse mich auf Sie. Machen Sie mir keine Schande. Das Kommissariat muss ein Erfolg werden.“ (S. 54) Christian Hinrichs hat seinen Beruf als Journalist endgültig an den Nagel gehängt auf Fürsprache des Badekommissars die Ausbildung zum Kriminalassistent absolviert. Schließlich hat er zusammen mit der jungen Lehrerin Viktoria Berg auf Norderney schon 2 Fälle gelöst. Dass sich die beiden dabei auch privat nähergekommen sind, passt leider weder dem Direktor von Viktorias Schule noch ihrem Vater, sie dürfen sich in Hamburg nicht mehr treffen. Darum freut sich Christian um so mehr, dass Viktoria bei seinem Dienstantritt im September 1913 Urlaub gerade auf der Insel macht. Doch viel Zeit für Zweisamkeit bleibt ihnen nicht. Schon bevor seine Arbeit offiziell beginnt, werden im Eiskeller eines Hotels zwei Leichen entdeckt – die Kaltmamsell und ein Fremder. Als sich Viktoria die tote Frau genauer ansieht, entdeckt sie etwas, was mit ihrer Familie zu tun hat und eigentlich nicht sein darf. Sie erzählt Christian nichts davon, stellt heimlich eigene Nachforschungen an und bringt sich damit in extreme Gefahr.

„Die kalte Mamsell“ ist schon der dritte Band der Seebadkrimi-Reihe und genau wie seine Vorgänger wieder extrem spannend und sehr atmosphärisch. Im Laufe der Ermittlungen kommen immer neue Erkenntnisse über die Kaltmamsell ans Licht, aber der Tote bleibt Christian und Viktoria ein Rätsel – niemand scheint ihn zu kennen oder wenigsten schon mal gesehen zu haben. Erst auf einer anderen Insel kommen sie ihm endlich auf die Spur.

Auch privat läuft es nicht rund. Viktoria ist zusammen mit ihrem Vater auf Norderney, weil er sich von einem Herzinfarkt erholen muss. Der trifft eine alte Bekannte wieder und Viktoria fühlt sich von den beiden oft ausgeschlossen. Außerdem erfährt sie, dass diese eine enge Freundin ihrer verstorbenen Mutter war und ihr Vater sie in einigen wichtigen Dingen belogen hat.
Auch Christian hat ein großes Geheimnis, dass auf keinen Fall ans Licht kommen darf, doch jetzt droht ihm jemand – der Mörder? – mit dessen Aufdeckung. Wie soll er sich verhalten?

Ich mag die Krimi-Reihe von Elsa Dix sehr, mir gefällt, wie sie geschickt das Privatleben der beiden Ermittler, ihre Besonderheiten und Eigenschaften in die Handlung einfließen lässt. Viktoria ist sehr unkonventionell und unerschrocken, leider geht sie die Nachforschungen oft zu forsch an und bringt sich und andere damit in Lebensgefahr. Zudem ist sie in einer echten Zwickmühle. Sie liebt ihre Arbeit als Lehrerin und Christian, doch wenn sie heiraten, darf sie nicht mehr unterrichten. Ich bin schon sehr gespannt, wie sich ihre Beziehung in der nächsten Sommerfrische hoffentlich weiterentwickelt.

Ein Highlight des Buches ist übrigens eine Verfolgungsjagd mitten im Gewitter in einem sehr ungewöhnlichen Transportmittel (welches, wird natürlich nicht verraten) – mehr Spannung und Theatralik geht kaum!

5 Sterne für dieses Lesehighlight.

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Veröffentlicht am 14.03.2022

Held wider Willen

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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Im November 2019 ist Michael Hartung selbst der beste Kunde seiner Videothek, außer ein paar Nachbarn leiht schon lange keiner mehr DVDs aus. Vorher war er Stellwerker bei der S-Bahn, Baggerfahrer im Tagebau, ...

Im November 2019 ist Michael Hartung selbst der beste Kunde seiner Videothek, außer ein paar Nachbarn leiht schon lange keiner mehr DVDs aus. Vorher war er Stellwerker bei der S-Bahn, Baggerfahrer im Tagebau, Vertriebsmitarbeiter einer Satellitenschüssel-Firma und hat C-Netz-Telefone verkauft – eine typische DDR- und Nachwendekarriere.
Da taucht Alexander Landmann vom Nachrichtenmagazin Fakt bei ihm auf und will ein Interview zum 30. Jahrestag des Mauerfalls machen. Er hat in einem Stasi-Archiv eine Akte ausgegraben, nach der Hartung am 02.07.1983 am Bahnhof Friedrichstraße eine S-Bahn in den Westen umgeleitet und damit 127 DDR-Bürgern die Flucht ermöglicht hat. „Sie, Herr Hartung, haben die Weiche gestellt, die den Zug der Geschichte in die Zukunft fahren ließ.“ Und obwohl Hartung ihm erklärt, dass es nur eine Verkettung widriger Umstände war, überzeugt Landmann ihn mit viel Geld, dass er den Artikel schreiben darf. Keiner von ihnen rechnet damit, dass sie dadurch über Nacht berühmt werden. Hartung ist plötzlich ein Held und Landmann wird endlich Chefredakteur.
Doch die Geschichte verselbständigt sich, Hartung wird ins Radio und Fernsehen eingeladen, ein Verlag lässt Landmann ein Buch über die Massenflucht schreiben, das auch noch verfilmt werden soll. Und als Krönung soll Hartung am beim offiziellen Festakt zum Mauerfall am 9. November eine Rede im Bundestag halten. Während Landmann jubiliert und immer mehr Geld für sie beide scheffelt, versucht Hartung verzweifelt, der Medienmaschinerie wieder zu entkommen …

Maxim Leo erzählt die Geschichte eines absoluten Antihelden, der mir in seiner Hilflosigkeit, Beeinflussbarkeit und Lebensuntüchtigkeit ans Herz gewachsen ist. Bei Hartung geht immer alles schief: Die Massenflucht war nicht geplant, als Strafe wurde er in den Tagebau abgeschoben, nach der Wende hat ihn seine Partnerin mit der gemeinsamen Tochter verlassen und Landmanns Artikel sollte ihm nur ein bisschen Geld einbringen, damit er seine Videothek noch ein paar Monate vor der Pleite retten kann. Doch dann geht die Geschichte viral, jeder sieht etwas in ihm, überträgt seine Erwartungen, Erfahrungen und Erinnerungen auf ihn. Und je öfter Hartung die Geschichte erzählen muss, um so mehr glaubt er sie selber, die kleinen Lügen, die beschönigten Wahrheiten – sie kommen ihm realer vor als das, was wirklich passiert ist. Dabei hat er sie zum Teil noch nicht mal selbst erfunden – das war Landmann. Immer öfter hofft er, dass ihn jemand durchschaut damit endlich Schluss ist. Und dass er jemanden hat, mit dem er sein Geheimnis teilen kann.
Dieser Jemand könnte Paula sein, die eines Tages in seinem Laden steht. Sie saß damals in der S-Bahn und wollte mit ihren Eltern an die Ostsee fahren. Aber sie sind in den falschen Zug gestiegen und im Westen gelandet. Das Trauma hat sie nie richtig verarbeitet. „Dieser Bahnhof ist mir unheimlich geblieben, als könnte man hier immer wieder, ohne es zu wollen, von einem Leben in ein anderes rutschen.“ Hartung und Paula verlieben sich, aber die Lüge steht zwischen ihnen …

Maxim Leo hält uns einen Spiegel vor. Wer von uns würde seine Vergangenheit nicht beschönigen, wenn uns daraus Vorteile erwachsen und wir unsere Gegenwart und Zukunft maßgeblich verbessern könnten? So wie Hartung, der sich von seinem Erfolg mitreißen lässt, die Aufmerksamkeiten genießt, den schnellen Ruhm, das Geld. Und dann kann er irgendwann nicht mehr zurück.

Der Autor spielt gekonnt mit den Vorurteilen und Unterschieden zwischen Ost und West, mit dem Verhalten der Medien, die sich ohne einen Hintergrund-Check sofort auf den neuen Helden stürzen, alle etwas vom großen Kuchen abhaben wollen. Er schreibt sehr ehrlich, plakativ und sarkastisch, lässt Hartung in seiner Hilflosigkeit unfreiwillig komisch wirken.

Peter Kurths Stimme verkörpert Hartung perfekt. Ich sehe einen mittelalten Mann vor meinem inneren Auge, der schon viel erlebt hat. Zu Beginn klingt dessen Stimme leidenschaftslos, er hat sich längst mit seinem Versagen abgefunden. Doch mit dem zunehmenden Erfolg wird er hoffnungsvoller, fast schon euphorisch und dann panisch, weil er nicht mehr weiß, wie er da wieder rauskommt.

„Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ hat mich an meine Kindheit und Jugend in der DDR und die Nachwendezeit erinnert. Er regt zum Nachdenken an, was ist wahr und was beschönigt, wie gehen wir mit unseren Wahrheiten bzw. Erinnerungen um, denn „Wir legen uns … selbst die Vergangenheit zurecht!“ …

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Veröffentlicht am 11.03.2022

Fettnäpfchenwetthüpfen

Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe
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Kennt ihr das Lied „Fettnäpfchenwetthüpfen“ von Annette Louisan? Ich hatte es beim Lesen von „Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe“ stets im Hinterkopf, weil Olive Smith zielsicher jedes Fettnäpfchen ...

Kennt ihr das Lied „Fettnäpfchenwetthüpfen“ von Annette Louisan? Ich hatte es beim Lesen von „Die theoretische Unwahrscheinlichkeit von Liebe“ stets im Hinterkopf, weil Olive Smith zielsicher jedes Fettnäpfchen mittnimmt, das sich ihr in Zusammenhang mit Dr. Adam Carlsen in den Weg stellt. Dabei ist sie eigentlich eine ernstzunehmende Biologie-Doktorandin in Stanford, ständig pleite (weil gnadenlos unterbezahlt), müde (weil sie neben der Forschung und akademischen Arbeit kaum zum Schlafen kommt) und meist auch hungrig und mit viel zu wenig Koffein im Blut (resultierend aus den vorangegangenen Problemen).
Doch dann vergucken sich ihre beste Freundin Anh und Jeremy (den Olive kurz gedatet hatte) ineinander, wollen aber nichts miteinander anfangen, um sie nicht zu verletzten. Ein Alibi-Freund muss her. Sie küsst ohne nachzudenken den ersten Mann, der ihr über den Weg läuft: Adam Carlsen, den unbeliebteste Professor der ganzen Uni. „Dr. Carlsen mochte ein junger akademischer Rockstar und das Wunderkind der Biologie sein, vor allem aber war er oberfies und viel zu kritisch … ein launisches, nervtötendes, angsteinflößendes Arschloch.“ (S. 21/22) Doch dann passiert ein Wunder, er braucht ebenfalls eine Alibi-Freundin. Sie einigen sich auf eine Fake-Beziehung mit festen Regeln, doch Regeln sind dazu da, gebrochen zu werden ...

Ali Hazelwood hat hier eine ganz zauberhafte, charmante und intelligente Liebesgeschichte geschrieben, die mit den Stilmitteln der Rom-Coms arbeitet und diese dabei gekonnt auf die Schippe nimmt. Gleichzeitig geht sie geschickt auf die Probleme von Frauen in der Forschung ein, ihre Schwierigkeiten, wahr- und ernstgenommen zu werden: „Treten sie so selbstsicher auf, wie es ein mittelmäßiger weißer Mann täte.“ (S. 245)

„Olive war dreiundzwanzig und allein auf der Welt. Sie wollte keine freien Wochenenden oder ein angemessenes Gehalt. Sie wollte die Zeit zurückdrehen. Sie wollte weniger einsam sein.“ (S. 18) Ich hatte Olive sofort in mein Herz geschlossen. Sie ist unsicher und schüchtern und hat in der Jugend einen schlimmen Verlust erlitten. Aus Angst, noch jemanden zu verlieren, geht sie keine Beziehungen mit Männern ein, sie interessieren sie einfach nicht – zumal sie sowieso keine Zeit dafür hätte. Doch wenn sie erstmal aufgetaut ist, ist sie chaotisch und lustig und frech. Und Adam bringt ihren Panzer zum Schmelzen. Plötzlich will sie Zeit mit ihm verbringen, denn er ist gar nicht so schlimm wie sein Ruf – ganz im Gegenteil. Zu ihr ist er immer nett und zuvorkommend, er hört ihr zu, ermutigt sie bei ihrer Forschung und bringt sie zum Lachen – und er sieht echt heiß aus.

Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und mochte das Prickeln zwischen Olive und Adam, was diese sich nicht eingestehen wollen, obwohl es allen anderen längst klar ist. Und auch wenn von Beginn an klar ist, wie die Geschichte ausgeht, ist der Weg dahin extrem unterhaltsam und sehr lustig. Für mich definitiv ein Lesehighlight.

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