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Veröffentlicht am 14.03.2022

Ich kenne (d)ein Geheimnis...

Die Toten von Fehmarn
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Mit diesem Anruf wird alles anders....Doro muss nicht nur die Nachricht verkraften, dass ihr Jugendfreund Jan-Arne auf Fehmarn ermordet wurde, sondern sie sieht sich auch mit der Tatsache konfrontiert, ...

Mit diesem Anruf wird alles anders....Doro muss nicht nur die Nachricht verkraften, dass ihr Jugendfreund Jan-Arne auf Fehmarn ermordet wurde, sondern sie sieht sich auch mit der Tatsache konfrontiert, dass seine letzten Worte ihr galten. Aber was steckt dahinter ? Erinnerungen an ihren letzten Sommer auf der Insel werden wach und damit auch an ein Spiel, dass die Geheimnisse der Jugendlichen offenbart. Denn jemand aus der Clique von damals weiß über einen bis heute ungeklärten Mordall Bescheid...


Doros dritter Fall führt sie weit zurück in ihre Jugend und versetzt sie in eine Zeit, in der scheinbar alles unbeschwert und leicht gewesen ist. Jedoch ist der Leichenfund am Weiher ein dunkler Fleck, der bis heute seine Schatten voraus wirft.

Und je weiter Doro ermittelt, desto mehr breiten sich die schwarzen Wolken über der goldenen Krone im blauen Meer aus und die Schlinge zieht sich immer weiter zu. Doro kommt nicht umhin, immer mehr zu hinterfragen und ist sich bald nicht mehr sicher, wem sie noch vertrauen kann. Die Nachforschungen des ermordeten Jan-Arne sind auf die Notizen des "Geheimnisspiels" gestützt und es scheint, als habe wirklich jede/r aus der Clique ein Geheimnis, das für sich allein betrachtet schon schlimm genug ist, aber erst in der Summe ergibt sich daraus ein zerstörerisches Gesamtbild.

Der Schreibende lässt Doro an verschiedenen Orten der Insel ermitteln und ich hätte mir gewünscht, dass gerade das typische Inselflair von Fehmarn hier zum Tragen kommt. Zwar werden die Dörfer Westermarkelsdorf, Petersdorf, Puttgarden und die "Hauptstadt" Burg erwähnt, jedoch bleiben ihre charakteristischen Eigenarten weitgehend unbeachtet. Auch die inseltypsichen Leuchttürme finden nur am Rande Erwähnung, ohne großartig als Schauplatz einbezogen zu werden. So könnte der Roman quasi an jedem beliebigen Ort in Deutschland spielen und es fehlt mir der regionale Bezug, zumal ich die Insel kenne wie meine Westentasche.

Dafür ist der Plot sehr gut konstruiert und für die Leser:innen logisch aufgebaut. Eric Berg spielt mit der Angst von Doro, die sich auch auf die Lesenden überträgt und es ist immer ein spürbares Kribbeln in den Fingerspitzen und im Nacken vorhanden- fast so, als würde man beim Lesen selbst beobachtet werden, um zu verhindern, dass doch noch die Wahrheit ans Licht kommt.

Abwechslungsreich, temporeich und mit den ein oder anderen Wendungen versehen, wird Doro hier dazu regelrecht gezwungen, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen, ihre Freundschaft und Loyalität zu den Cliquenmitgliedern zu hinterfragen und sich mit den Ereignissen von einst zu beschäftigen. Es brechen alte Wunden auf, die sie längst verheilt und die es nun wieder zu verarzten gilt.

Bis zur Auflösung lernen die Leser.innen Doro noch viel besser kennen und haben die Möglichkeit, ihre Gedanken und Gefühle mitzuerleben. Auch ermöglichen die von ihr zusammengesuchten Puzzleteile, dass die Leser:innen eigene Vermutungen anstellen, die Ermittlungen voranzutreiben, um am Schluss mit einem erschütternden Ergebnis konfrontiert zu werden. Alle beteiligten Figuren sind sehr authentisch, überzeugen mit Spleens, unangepassten Sicht- & Denkweisen und sehr glaubwürdigen Handlungen.

Spannung von der ersten bis zur letzten Seite, auch wenn der regionale Bezug leider etwas fehlt. Ich spreche trotzdem sehr gerne meine Leseempfehlung aus, da die Handlung sehr überzeugend ist.

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Veröffentlicht am 13.03.2022

Vielversprechendes Debüt

Wir wissen, wir könnten, und fallen synchron
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Familie ist schon etwas Komisches, aber zugleich auch heilig, heimelig, vertraut und trotzdem fremd. Erst recht, wenn man als Kind zweier Elternteile aufwächst, deren unterschiedlicher Nationalitäten für ...

Familie ist schon etwas Komisches, aber zugleich auch heilig, heimelig, vertraut und trotzdem fremd. Erst recht, wenn man als Kind zweier Elternteile aufwächst, deren unterschiedlicher Nationalitäten für Missverständnisse und Vorurteile sorgen. Der Zusammenhalt kann tröstlich sein, bietet aber auch viel Spielraum für Verletzungen jeglicher Art und wird abrupt zum großen schwarzen Loch, als der Vater plötzlich stirbt. Die Beziehung zur Mutter und Tochter steht auf der Kippe und droht beide in den Abgrund zu stürzen...

Es gibt Debütromane, die suchen sich heimlich, still und leise ihren Weg an die Öffentlichkeit und dann gibt es solche, die mit einem lauten Knall auf sich aufmerksam machen. Und genau so ein Roman ist "Wir wissen, wir könnten und fallen synchron", denn die Autorin weiß gekonnt mit den Ängsten und Zweifeln ihrer Protagonistin umzugehen, setzt sie immer wieder absurden Situationen aus und zeigt deutlich, wie toxisch das Konstrukt Familie sein kann.

Yade Yasemin Önder zieht ihre Leser;innen hinein in eine Geschichte aus Selbstfindung, surrealen Szenen, teils wirren Erzählweisen und unglaublich vielen Emotionen, die den Werdegang ihrer Ich-Erzählerin über drei Jahrzehnte schildert.

Der Spagat ihrer Charaktere zwischen westlicher Kultur und islamischer Tradition gelingt der Schreibenden sehr gut und zeigt die innere Zerrissenheit der Ich-Erzählerin, die immer wieder zwischen den Stühlen sitzt. Was folgt, sind psychische Probleme und Essstörungen, die am ohnehin schon zerstörten Selbstbild nagen wie ein böses Tier. Die Hauptfigur vermittelt hier ein dramatisches Selbstbildnis , das zerstörerisch und hilfebedürftig zugleich ist.

Die Figuren können allesamt überzeugen und bieten eine Art Familienaufstellung im literarischen Sinn- die Beziehungen zu- und untereinander sorgen für Reibereien, bieten jedoch auch Anziehungspunkte und diese packt die Schreibende sprachlich ausgefeilt in eine Erzählung, die extravagant, provokant und mitunter urkomisch daher kommt.

Der Inhalt lässt sich schlecht beschreiben, ohne zu spoilern - einfach selbst lesen, in die Handlung hineinfallen und das Gelesene wirken lassen. Nicht immer ganz einfach, aber wenn man sich darauf eingelassen hat, ein Buch voller Gegensätze, eindrucksvollen Momenten und einem Schreibstil, der zwar nicht unbedingt Jedem/r liegt, aber genau da liegt die Stärke.

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Veröffentlicht am 12.03.2022

Camping im Herzen der Metropolen Europas

City Camping
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Wenn ganz spontan das Fernweh zuschlägt und die Lust auf einen Städtetrip übermächtig wird, steht einem Kurzurlaub meist die Planung im weg. Nicht so, wenn die Reisenden mit Zelt, Camper oder WoMo unterwegs ...

Wenn ganz spontan das Fernweh zuschlägt und die Lust auf einen Städtetrip übermächtig wird, steht einem Kurzurlaub meist die Planung im weg. Nicht so, wenn die Reisenden mit Zelt, Camper oder WoMo unterwegs sind, denn dann ist das Zuhause mit dabei.

Aber Camping mitten in der Stadt, wo der Trubel am größten ist ? Ist da Erholung überhaupt möglich ? Diesen Beweis tritt der Reiseführer "CityCamping" von Isabel Kleine an und zeigt, wo es die schönsten Stellplätze im Herzen der Städte ,oder doch zumindest ganz nah dran, zu finden gibt.

Denn sind die Reisenden erst einmal mittendrin, braucht es kein Auto, um die Städte Europas zu erkunden. Egal ob Amsterdam, Dresden, Kopenhagen, München, Prag, Salzburg oder Wien - alle Städte im Reiseführer haben ein großes umwelfreundliches Alternativangebot zum Auto, sind bequem mit den Öffis oder mit dem Rad zu erkunden und bieten aussergewöhnlichen Stadtführungen (Segway-Touren, Ghost-Tour, Tour für Muggles, Fotosafari )an, um hier das "Innen"Leben kennenzulernen.

In einem knackig kurzen Porträt werden die Campingplätze und ihre Serviceleistungen vorgestellt. Die zugehörige Internetadresse ermöglicht, sich ein umfassenderes Bild zu machen und eventuelle Reservierungen vorzunehmen. Allerdings vermisse ich die GPS-Daten, um diese direkt in das Navi eingeben zu können, um eine entspannte Anreise ohne großartiges Suchen zu gewährleisten.

Wissenswertes zum Thema Essen und Trinken, Freizeitgestaltung und Nachtleben ergänzen die Städte-T(r)ips perfekt. Ein gut aufgestellter Reiseführer, der, wenn an manchen Stellen nachgebessert wird, den Weg ins Städte-Campingglück perfekt macht.

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Veröffentlicht am 08.03.2022

In den Bergen daheim

Die Dorflehrerin
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Als Antonie die ersten Schritte nach Tannau setzt, schlägt ihr Misstrauen und Ablehnung entgegen, denn eigentlich hatte der Bürgermeister einen Lehrer und keine weibliche Lehrkraft als Ersatz für den erkrankten ...

Als Antonie die ersten Schritte nach Tannau setzt, schlägt ihr Misstrauen und Ablehnung entgegen, denn eigentlich hatte der Bürgermeister einen Lehrer und keine weibliche Lehrkraft als Ersatz für den erkrankten Schulmeister erwartet. Aber so leicht lässt sich Antonie nicht ins Bockshorn jagen und zeigt den engstirnigen Bergdörflern, dass auch sie einen Dickkopf hat, wenn es darum geht, sich durchzusetzen. Und der Erfolg gibt ihr Recht - aus den Schüler:innen werden schnell kleine Verbündete, die ihre Lehrerin ins Herz geschlossen haben, eifrig lernen und so den Zugang zu Wissen und Bildung erhalten. Und dann ist das auch noch Förster Sebastian, in dessen Nähe Antonies Herz unweigerlich höher schlägt...


Bettina Seidl entführt die Leser;innen nicht nur in die Bertechsgadener Bergwelt rund um König Watzmann, sondern dreht die Uhr soweit zurück, dass ein Zeitsprung von 110 Jahren möglich wird. Die Köpfe der Tannauer Dorfbewohner:innen sind noch vollgestopft mit antiquierten Ansichten und weit davon entfernt, Frauen ihre beruflichen und privaten Wege gehen zu lassen.

Die Meisl ist eine oide Bissgurrn, die Haare auf den Zähnen hat und nichts unversucht lässt, um Antonie echte Wackersteine in den Weg zu legen. Der Bürgermeister tutet in das gleiche Horn und hält Antonie recht kurz, zeigt ihr unverhohlen seine Abneigung und hofft, dass er sie so aus Tannau verjagen kann.

Wenn Pfarrer Bichl auftaucht, zieht Güte und Freundlichkeit in die Geschichte ein, da er nicht nur das Herz dem rechten Fleck hat, sondern er weiß auch, wie er seine Schäfchen dazu bringt, dass sie Antonie in ihre Mitte aufnehmen und ihr wohl gesonnen sind. Ein Geistlicher, der seine Berufung mit Herz und Seele ausübt.

Die Schreibende schildert das karge dörfliche Leben in Tannau in sehr anschaulichen Bildern und lässt ihre Leser:innen auf der harten Schulbank Platz nehmen, bei den Chorproben mitwirken und so manchen Schicksalsschlag durchleiden.

Die Geschehnisse, die sich im Verlauf eines Jahres ereignen, lassen sich an den Festen des Kirchenjahres sehr schön miterleben - Ostern, Erntedank und Weihnachten fügen sich harmonisch in die kleinen Episoden rund um die Dorfbewohner:innen ein. Es gibt Dramatisches und Verluste zu beklagen, Geburten und Taufen und der Besuch des Prinzregenten setzt dem ganzen die sprichwörtliche Krone auf.

Antonie blüht immer mehr auf und macht eine enorme Entwicklung durch. Aus dem einstigen Waisenkind, das unbedingt Lehrerin werden möchte, ist eine starke junge Frau geworden, die Spaß am Unterrichten und der Wissensvermittlung hat . Sie geht ihren Weg mit offenem Herzen, ist geradlinig und stets eine gute Freundin und Wegbegleiterin. Gerade im Hinblick auf ihren Umgang mit ihren Schüler:innen ist sie ein Vorbild und sie zeigt, dass es weder Rohrstock noch sonstige Misshandlungen braucht, um die Kinder mit Freude und Neugier am Unterricht zu beteiligen und ihnen die Lerninhalte zu vermitteln.

"Die Dorflehrerin" ist ein angenehm zu lesender historischer Roman, der vor der Kulisse der Berchtesgadener Berge spielt, mit abwechslungsreicher Handlung und tollen Figuren überzeugt und den Leser:innen für die Dauer der Lektüre eine Heimat in den Bergen gibt.

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Veröffentlicht am 03.03.2022

Es liegt was in der Luft

Ein Fest im kleinen Friesencafé
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Die Saison auf der Insel neigt sich langsam dem Ende zu und Julia kann eine erste Bilanz ziehen. Das Café wird gut angenommen, aber es fehlt die zündende Idee, damit die Einnahmen ihr auch über den Winter ...

Die Saison auf der Insel neigt sich langsam dem Ende zu und Julia kann eine erste Bilanz ziehen. Das Café wird gut angenommen, aber es fehlt die zündende Idee, damit die Einnahmen ihr auch über den Winter hinweg helfen. Mit Finn-Ole wird es auch nicht einfacher, denn wie soll die ohnehin schon schwierige Situation zwischen ihnen besser werden, wenn er auf Amrum seinen Dienst verrichtet, während Julia auf Föhr die Gäste bedient. Und dann ist da auch noch Oma Anita, die mit Enno eine flotte Sohle aufs Parkett legt und damit Hark zur Weißglut bringt...

Janne Mommsen macht es wieder einmal möglich - Inselurlaub mit leichtem Gepäck für seine Leser:innen, die nichts anderes machen müssen, als es sich bequem im Lesesessel einzurichten und gedanklich in die Ferne zu schweifen.

Dabei sind die Szenen auf Föhr so quietschlebendig und bunt, dass es unglaublich leicht fällt, sich direkt in sie hinein katapultieren zu lassen und am trubeligen Inselleben teilzuhaben.

Hark und Anita müssen die große Klippe Enno umschiffen, denn er sorgt für ordentlich Wellengang in der Beziehung der beiden. Was anfangs aussieht wie eine leichte Bö, lässt bei Hark einen Orkan der Eifersucht entstehen und es gilt, dem Tanzlehrer den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Auch bei Julia braut sich einiges zusammen, denn Missverständnisse und Eifersucht sorgen dafür, dass es mit Finn-Ole nicht wirklich rund läuft. Die Vorbereitungen für das große Fest lenken sie ab und machen den Kopf frei.

Auch in diesem Roman gelingt es dem Schreibenden, mit maritimen Naturmotiven, raschelndem Dünengras, nackten Füßen im Watt und frechen Möwen die perfekte Inselstimmung herzustellen, die die Gedanken in die Ferne schweifen lassen. Warmherzig erzählt, wird man gerne Gast im kleinen Friesencafé und begleitet die Figuren durch ihre Geschichte. Es sind Menschen wie du und ich, die hier ihre Sorgen und Nöte, Sehnsüchte und Träume vor den Leser.innen ausbreiten und ihnen ihr Herz ausschütten. Dadurch entsteht ein Gefühl der Verbundenheit, so ,als würde man direkt dazugehören und am Inselleben teilhaben können.

Janne Mommsen vermischt eine Brise Nordseeluft mit Gefühlschaos, kreiert daraus liebevoll erzählte Episoden in und um das Friesencafé und ermöglicht so seinen Leser:innen eine Auszeit vom eigenen Alltag.Happy End inbegriffen.


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