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Veröffentlicht am 10.04.2022

Ruhige, melancholische Geschichte

Boy meets Girl
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Boy meets Girl – Julia Holbe
Nora ist um die fünfzig, verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Doch eines Tages merkt sie, dass sie sich längst von ihrem Mann entfremdet hat, dieser sie sogar betrügt. ...

Boy meets Girl – Julia Holbe
Nora ist um die fünfzig, verheiratet und hat eine erwachsene Tochter. Doch eines Tages merkt sie, dass sie sich längst von ihrem Mann entfremdet hat, dieser sie sogar betrügt. Eigentlich war sie in ihrem eingerichteten Leben schon lange nicht mehr glücklich. Nora will nochmal neu anfangen und trennt sich von ihrem Mann. Und bald schon stellt sich die Frage, was oder wen sie denn eigentlich will in ihrem Leben.
In diesem unaufgeregten Roman begleitet die Autorin Nora, eine reife Frau, bei ihrem Neuanfang und allen damit einhergehenden Ängsten und Zweifeln. Es ist ein entscheidender Umbruch in Noras Leben, der sie erst einmal verwirrt und orientierungslos zurücklässt.
Die Autorin hat eine ruhige, beinahe sachliche Erzählweise, die dennoch Stimmungen und Gefühle perfekt einfängt. Dieser Roman ist sehr tiefgründig und beschäftigt sich mit den großen Fragen unseres Daseins. Die Handlung an sich ist dabei überschaubar – diese Geschichte könnte belanglos, nichtssagend sein. Doch sie ist es nicht. Im Gegenteil: diese Figuren sind so authentisch und aus dem Leben gegriffen, dass man sich sicherlich an irgendeiner Stelle dieses Buches wiedererkennt. Frau Holbe zeigt die kleinen Glücksmomente unseres Lebens und auch all die verpassten Gelegenheiten. Auch handwerklich ist dies ein gelungenes Werk – der Bogen zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart wird erfolgreich gespannt und verleiht dieser Geschichte noch etwas mehr Tiefe und Melancholie. Ein wirklich authentisches, kluges Buch – das Leben eben.
5 Sterne und eine Leseempfehlung für diesen sehr lesenswerten Roman!

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Veröffentlicht am 03.04.2022

Inti und die Wölfe

Wo die Wölfe sind
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Wo die Wölfe sind – Charlotte McConaghy
Sowohl das Cover als auch der Klappentext lassen eine stimmungsvolle Geschichte über die Wiederansiedlung von Wölfen in den schottischen Highlands erwarten. Genau ...

Wo die Wölfe sind – Charlotte McConaghy
Sowohl das Cover als auch der Klappentext lassen eine stimmungsvolle Geschichte über die Wiederansiedlung von Wölfen in den schottischen Highlands erwarten. Genau das bekommt der Leser auch. Allerdings noch einiges mehr. Die heimischen Farmer sind erwartungsgemäß alles andere als begeistert über die Raubtiere in engster Nachbarschaft. Und spätestens als ein Mann tot aufgefunden wird, droht die Stimmung zu kippen.
Doch auch fernab der Wolfsgeschichte gibt es Handlungsstränge. Denn Inti Flynn, die leitende Wolfsbiologin, ist bei Weitem nicht die Einzige, die mit ihren Dämonen kämpft. Etwa ab der Hälfte des Romans verwandelt sich dieses Buch in einen mitreißenden Krimi, der den Leser nicht mehr loslässt. Ich fand es so fesselnd, dass ich die letzten Zweidrittel an einem Stück lesen musste.
Der Schreibstil ist süffig und eingängig, aber auch anspruchsvoll. Man ist praktisch sofort in der Geschichte, auch wenn einige Hintergrundinformationen erst gegen Ende gelüftet werden. Die Autorin hat eine wunderbare Art und Weise zu beobachten und zu erzählen. Die Naturbeschreibungen sind wunderbar, ebenso wie die Wolfsbegegnungen, die McConaghy sehr detailliert beschreibt. Man merkt, wie sehr ihr die Tiere am Herzen liegen. Überhaupt ist die Wiederansiedlung von Wölfen ein hochinteressantes Thema, soll das doch dem Ökosystem des ganzen Umlandes helfen, sich zu regenerieren.
Die Autorin scheint sich Natur und Tieren näher zu fühlen als ihren Figuren. Diese sind nämlich nicht unbedingt Sympathieträger und bleiben auch immer etwas distanziert. Gerade Inti benimmt sich ziemlich ruppig und hat absolut kein Talent, die Farmer auf ihre Seite zu ziehen. Seltsamerweise hat mich das hier aber gar nicht gestört. Trotzdem ist die Handlung extrem spannend und unglaublich einfühlsam geschrieben. Dabei ist dies mit Sicherheit kein leichtes Buch. Über allem liegt eine gewisse Schwere. Der Erfolg der Wiederansiedlung ist ungewiss, die Probleme Intis mit ihren Mitmenschen sind gewaltig. Tatsächlich liegt eine gewisse Schwere über der Geschichte.
Wie bereits in ihrem Debüt „Zugvögel“ verbindet die Autorin hier Naturschutz, Tierschutz und Menschlichkeit. Wobei der Mensch dabei nicht immer allzu gut wegkommt….
Dieser Roman hat mir ganz hervorragend gefallen – 5 Sterne!

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Veröffentlicht am 25.03.2022

Die dunkle Seite der Macht

Unser Teil der Nacht
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Unser Teil der Nacht – Mariana Enriquez
Ein wahrlich beeindruckendes Werk, das sich meiner Meinung nach dem Leser fast zwangsläufig ins Gedächtnis einbrennen muss. Man muss es nicht mögen, „gefallen“ will ...

Unser Teil der Nacht – Mariana Enriquez
Ein wahrlich beeindruckendes Werk, das sich meiner Meinung nach dem Leser fast zwangsläufig ins Gedächtnis einbrennen muss. Man muss es nicht mögen, „gefallen“ will diese Geschichte gar nicht, aber die Genialität der Erzählstruktur, des Schreibstils und der Idee, kann man kaum leugnen. Das ist meine subjektive Ansicht.
Grob gesagt ist dies eine Familiensaga und eine berührende Vater-Sohn-Geschichte vor der atemberaubenden Kulisse Argentiniens. Mariana Enriquez hat sich hier über 800 Seiten Zeit genommen eine unglaublich dichte und komplexe Handlung über mehrere Jahrzehnte zu entspinnen. Entstanden ist ein Werk, das sämtliche Genregrenzen sprengt.
Zu Beginn des Romans lernt man Juan und seinen Sohn Gaspar kennen. Der Vater, der sich augenscheinlich nicht bei bester Gesundheit befindet, versucht seinen Sohn zu schützen - vor einem Orden, der Anspruch auf Gaspar erhebt. Die Hintergrundstory ist kompliziert und wird erst nach und nach aufgelöst. Es ist wirklich schwer, diesem Roman gerecht zu werden und auch nur die Handlung wiederzugeben. Zu sehr verschwimmen die Grenzen, zu vielfältig und komplex sind die Motive. Ich hoffe trotzdem meinem Entsetzen und zugleich meiner Begeisterung Ausdruck verleihen zu können.
Die Vater-Sohn-Geschichte zwischen Juan und Gaspar wird sehr eindringlich vermittelt – wenn auch nicht immer in positiver Weise. Anfangs meint man eine große Sorge und Liebe Juans für seinen Sohn zu spüren. Im weiteren Verlauf sein Verhalten nicht immer nachvollziehbar. Es ist ein sehr düsteres Buch. Die Verzweiflung und Aussichtslosigkeit der Figuren sind stets spürbar in einer beinahe erdrückenden Atmosphäre, die alles überlagert.
Eine immens große Rolle spielt schwarze Magie, die dunkle Seite der Macht. Mir persönlich war das vor Lesebeginn nicht bewusst. Die Autorin zieht bereits im ersten Kapitel, das etwa 200 Seiten umfasst, sämtliche Register. Es erinnerte mich stellenweise an einen Horrorschocker. Es ist blutig, grausam, abartig. Aber – es ist sooo gut geschrieben. Anderenfalls hätte ich vermutlich auch gar nicht weitergelesen. Der erste Teil schockiert, denn viele Erklärungen und Einordnungen folgen erst später.
Auch den aus Lateinamerika bekannten „magischen Realismus“ glaubte ich hier wiederzuerkennen. Wenn, dann allerdings in sehr viel düsterer Form als ich das bisher gelesen habe.
Besonders hervorzuheben ist die geniale Erzählweise. Jedes Kapitel, die teils sehr lang sind, dann wieder ganz kurz, steht für sich allein. Mal springt man 20 Jahre vor, dann Jahrzehnte zurück. Dadurch dass verschiedene Personen zu Wort kommen, erhält man mit der Zeit einen recht komplexen Überblick. Das ist richtig gut gemacht. Man muss sich konzentrieren, denn es ist anspruchsvoll, aber dabei auch richtig fesselnd. Dieser Roman ist perfekt komponiert und brillant erzählt. Einzig einen deutlicheren Bezug zur damals herrschenden Militärjunta hätte ich mir noch gewünscht.
Eins ist klar – mit diesem Roman bewegt man sich außerhalb jeglicher Komfortzone. Ich bin mir sicher, dass ich noch nie etwas vergleichbares gelesen habe. Ich bin fasziniert, aber auch erleichtert, dieser unglaublich düsteren Geschichte wieder entkommen zu sein. Ganz im Gegensatz zu den armen Protagonisten dieses Romans. Ein unvergessliches Leseerlebnis. 5 Sterne und eine dringende Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 12.03.2022

Ash und Reed

Dort, wo Blätter und Sterne tanzen
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Ash und Reed
Eine ganz wundervolle herzerwärmende und herzzerreißende Liebesgeschichte mit viel Spannung und der traumhaften Kulisse der Wälder Maines.
Ash wacht eines morgens in einer fremden Umgebung, ...

Ash und Reed
Eine ganz wundervolle herzerwärmende und herzzerreißende Liebesgeschichte mit viel Spannung und der traumhaften Kulisse der Wälder Maines.
Ash wacht eines morgens in einer fremden Umgebung, einer Hütte mitten im Wald, bei einem Fremden auf und kann sich nicht erinnern, wie sie dorthin geraten ist. Noch dazu macht dieser Fremde, Reed, einen wirklich seltsamen Eindruck. Und er scheint sie nicht gehen zu lassen wollen...
Diesen Roman fand ich sehr ungewöhlich und absolut fesselnd. Zeitweise las sich das wie ein Thriller. Es ist schön zu sehen wie sich Ash und Reed einander immer weiter annähern. Und doch bleiben so viele Ungewissheiten... Beinahe bis zum Schluss ist nicht klar, wie diese Geschichte enden wird.
Auch der Schreibstil hat mich überzeugt. Insbesondere die Beschreibungen der Natur fand ich ganz hervorragend.
Insgesamt hat mich diese Geschichte bestens unterhalten und konnte mich auf allen Ebenen überzeugen! 5 Sterne und eine Leseempfehlung von mir!

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Veröffentlicht am 26.02.2022

Jacky und Pascal

Man vergisst nicht, wie man schwimmt
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Man vergisst nicht, wie man schwimmt – Christian Huber
Eigentlich ist dies ein typischer anspruchsvoller Sommerroman. Allerdings spielt sich die gesamte Handlung der Gegenwart an einem einzigen Tag ab, ...

Man vergisst nicht, wie man schwimmt – Christian Huber
Eigentlich ist dies ein typischer anspruchsvoller Sommerroman. Allerdings spielt sich die gesamte Handlung der Gegenwart an einem einzigen Tag ab, dem 31. August 1999.
Der fünfzehnjährige Pascal, genannt Krüger, ist alles andere als selbstbewusst und hütet noch dazu ein Geheimnis, weswegen er auch nicht mehr schwimmen geht. An besagtem letzten Sommertag 1999 würde er eigentlich am liebsten im Bett liegenbleiben. Doch dann lernt er das furchtlose Zirkusmädchen Jacky kennen, erlebt mit ihr das Abenteuer seines Lebens und findet an einem einzigen Tag zu sich selbst.
Es geht um Freundschaft und um Liebe, um alte Wunden und Erwachsen werden. Der Leser wird richtiggehend in die 90er Jahre zurückkatapultiert, genau wie in die Sommer seiner Jugend. Bei mir passt das altersmäßig ziemlich genau und hatte damit eine durchschlagende Wirkung.
Der Autor schreibt aus der Sicht des fünfzehnjährigen, unsicheren Jungen und macht das wunderbar authentisch. Ich hab ihm jedes Wort abgenommen. Die Probleme des Jugendlichen werden sehr einfühlsam dargestellt – und zwar nicht nur oberflächlich. Auch Pascals erschütterndes Geheimnis wird gegen Ende schlüssig gelüftet. Dabei wird die Geschichte nie kitschig oder unwahrscheinlich, sondern einfach so, wie das Leben eben ist…
Für mich ist dieser Roman ein unterhaltsames Leseerlebnis, ein Flashback in die 90er und eine absolut runde Sache! Große Leseempfehlung und 5 Sterne!

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