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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.03.2022

Warum?

Wut
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„Wut“ ist ein Roman, der anfänglich abstößt und verstört, dann zeitweise fasziniert und zum Ende hin leider in surrealer Absurdität zu zerfasern scheint, was durch den sehr gelungen Epilog jedoch einigermaßen ...

„Wut“ ist ein Roman, der anfänglich abstößt und verstört, dann zeitweise fasziniert und zum Ende hin leider in surrealer Absurdität zu zerfasern scheint, was durch den sehr gelungen Epilog jedoch einigermaßen wieder herausgerissen werden kann. Erzählt wird die Geschichte einer Kindheit, die unter den brutalen Ausbrüchen einer Mutter, deren Fürsorge zwischen Vernachlässigung und unkontrollierbarer Wut schwankt, leidet. Diese im Gesamtkontext kurz erscheinenden Erinnerungen wechseln sich ab mit Rückblicken in das familiäre Konstrukt und das Heranwachsen der Mutter, die sich schon im frühen Kindesalter durch Unbeherrschtheit auszeichnete. Eine Erklärung für dieses Verhalten bieten diese Einsichten jedoch leider nicht. In der Folge springt der Roman episodenhaft durch das Leben des Protagonisten, zusammengehalten werden die einzelnen Kapitel durch die Auswirkungen der mütterlichen Erziehungsmethoden, mal ist der direkte Zusammenhang deutlich zu erkennen, mal tritt die Mutter auch fast völlig in den Hintergrund. Schließlich begibt sich die Handlung in etwas abstrus erscheinende Gefilde, bei aller Liebe zur Verschmelzung dessen, was als real wahrgenommen wird und der puren Imagination, erschien mir der Weg der Geschichte schließlich doch als zu weit, zumal dieser auf Kapitel folgte, die von völlig unglaubwürdigen Figuren bevölkert wurden.

Der Roman liest sich sehr gut, aber das Gefühl, dass hier insgesamt nur an der Oberfläche eines Problems bzw. sehr vieler Probleme gekratzt wird, lässt mich nicht los. Gerade in Bezug auf die Figur der Mutter fehlt mir eine tiefere Auseinandersetzung, die mehr ist als ein bloßes Nachzeichnen von Ereignissen.
Insgesamt ein besonders in der ersten Hälfte lesenswerter Roman, der sich aber scheut, seinen starken, abstoßenden Auftakt im Verlauf der Handlung einzulösen. Letztlich ist nur das Ende so stark wie der Beginn verspricht.

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Veröffentlicht am 26.01.2022

Nett und naiv

Der kleine Buddha auf der Reise nach Hause
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"Der kleine Buddha" ist ein kleines Büchlein mit netten Geschichten, wie man sie aus der Achtsamkeitspraxis oder auch aus psychologischen Ansätzen kennt, die die Wahrnehmung stärken sollen, essentielle ...

"Der kleine Buddha" ist ein kleines Büchlein mit netten Geschichten, wie man sie aus der Achtsamkeitspraxis oder auch aus psychologischen Ansätzen kennt, die die Wahrnehmung stärken sollen, essentielle Fragestellungen aus dem Leben mittels Gleichnissen aufwerfen und im besten Fall es ermöglichen, etwas für den eigenen Alltag und das persönliche Dasein mitzunehmen.
In diesem Fall muss ich feststellen, dass das Buch seine Aufgabe nicht schlecht macht, mich aber letztlich nur die "Geschichte des Nomaden" und der "Regenliebhaberin" wirklich überzeugt haben. Alle anderen Geschichten sind freundlich und angenehm zu lesen, hinterlassen aber keinen bleibenden Eindruck. Sicherlich kommt es gerade bei Texten dieser Art auch auf die persönliche Lebenssituation an, aber ich hätte mir insgesamt doch kraftvollere und subtilere Episoden gewünscht. Die offensichtliche Naivität und Verniedlichung des kleinen Buddha hat mich dazu tatsächlich eher genervt.
Sicherlich ein nettes, harmloses Buch, wenn man keinen allzu großen Erkenntnisgewinn erwartet, aber es gibt bessere Texte dieser Art.

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Veröffentlicht am 30.12.2021

Feelgood zur Weihnachtszeit

Geld oder Lebkuchen
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„Geld oder Lebkuchen“ ist ein sehr nettes Feelgood-Hörbuch für die Weihnachtszeit, dessen Handlung allerdings nicht sonderlich mitreißt oder überrascht – vielmehr bietet es von der Story her viel wohlig-warme ...

„Geld oder Lebkuchen“ ist ein sehr nettes Feelgood-Hörbuch für die Weihnachtszeit, dessen Handlung allerdings nicht sonderlich mitreißt oder überrascht – vielmehr bietet es von der Story her viel wohlig-warme Weihnachtatmosphäre, ein rundes Happy End und amüsante Figuren. Diese gewinnen mit Sicherheit sehr viel an Charakter und Eigenart, weil sie von Katja Danowski mit so viel Leben, einem Hauch norddeutschem Zungenschlag und (wenn nötig) auch blasiertem Schickimicki in der Stimme gefüllt werden. Man hat sofort konkerte Gesichter zu den Stimmen im Kopf, denn Menschen, die so sprechen, gibt es wirklich. Die Art der Lesung hat mich ehrlich gesagt sehr viel mehr begeistert und interessiert als die eigentliche Geschichte, die zwar humorvolle Momente und viel Gerechtigkeit aufweist, aber einfach nicht so recht Spannung aufzubauen vermag. Das einzige was mich an der Lesart von Katja Danowski gestört hat, waren ihre Kinderstimmen. Die Natürlichkeit und Authentizität, die sie den erwachsenen Figuren verleiht, fehlt den Kindern leider völlig. Hier wirkt es leider oftmals sehr aufgesetzt und übertrieben. Insgesamt aber ein unterhaltendes Hörbuch für die Weihnachtszeit.

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Veröffentlicht am 30.11.2021

Bezaubernd belanglos

Bonnie Propeller
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"Bonnie Propeller" ist eine Geschichte, die sich besonders an Hundeliebhaber richtet - für alle anderen ist es eine kurze Geschichte darüber, wie sich eine Frau einen neuen Hund zulegt und nach ein paar ...

"Bonnie Propeller" ist eine Geschichte, die sich besonders an Hundeliebhaber richtet - für alle anderen ist es eine kurze Geschichte darüber, wie sich eine Frau einen neuen Hund zulegt und nach ein paar Startschwierigkeiten davon überzeugt ist, dass es sich bei ihrem Hund um ein ganz besonderes Tier handelt.

So bezaubernd und entzückend die Geschichte auch anmutet, so belanglos ist sie auch. Gut geschrieben ist die Story allemal, aber es ist eher die Art von Erzählung, die man mal so im Bekanntenkreis von sich geben könnte - ich bezweifle einfach stark das allgemeine Interesse eines größeren, eventuell auch nicht ganz so hundeaffinen Publikums. Und vor allem frage ich mich, wieso diese Geschichte gleich ein ganzes, gebundenes Buch braucht. Selbst als eine short story innerhalb eines Geschichtenbandes wäre sie wohl eher eine von den zahmeren und unbedeutenderen. Sicher, man kann durch den Text viel Charakterisierungsarbeit betreiben, wenn man dazu aufgelegt ist, aber insgesamt wirkt das Ganze dann doch auch etwas oberflächlich...

Für mich war das Büchlein nette Unterhaltung mit einem schicken Titel - mehr aber auch sicher nicht.

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Veröffentlicht am 19.09.2021

Wenn der Sommer unvollendet bleibt

Vom Ende eines Sommers
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Es mag sein, dass ich hier zum Advocatus Diaboli werde, da dieses Buch anscheinend vielfach Begeisterungsstürme auslöst, aber mich konnte es nicht überzeugen. Sicher, die Sprache des Romans ist wunderbar, ...

Es mag sein, dass ich hier zum Advocatus Diaboli werde, da dieses Buch anscheinend vielfach Begeisterungsstürme auslöst, aber mich konnte es nicht überzeugen. Sicher, die Sprache des Romans ist wunderbar, fast lyrisch, gefühlsbetont ohne ins Kitschige abzudriften, und lebt von ihren überaus detailreichen und bezaubernden Naturbeschreibungen. Ebenso faszinierend und überaus gelungen ist die nostalgische Stimmung eines verlorenen Englands, die die gesamte Erzählung durchströmt - sie ist so greifbar, das man sich fast in einem Gedicht von Philip Larkin, einem Country-House-Roman oder einem Heritage Film wähnt. Wenn es also um die sprachlichen Aspekte, das Setting und die Atmosphäre geht, muss man diesem Roman ein absolut goldenes Händchen bescheinigen - auf diesen Ebenen stimmt fast alles.

Allerdings - und dies ist leider ein größeres "allerdings" - bleibt der Text inhaltlich ziemlich auf der Strecke. Bereits ab der Hälfte - wenn nicht schon gar davor - begann ich mich zu fragen, ob es sich hier überhaupt um eine Geschichte handelt, die erzählenswert bzw. lesenswert sei. Die Autorin setzt eine unzuverlässige Erzählerin ein, die aber zu unvollendet, zu wenig ausformuliert und zu wenig charakterisiert wird, als dass der notwendige Prozess der Naturalisierung (also der Auflösung der Unzuverlässigkeit durch den Leser) abschließend gelingen könnte. Den gesamten Roman über schwebt man als Leser an den Rändern des Fassbaren, sieht sich mit losen Enden und wackligen Hypothesen konfrontiert, gibt sich Vermutungen hin und am Ende wird dann schließlich nichts aufgelöst. Noch dazu ist die Geschichte trotz einiger dramatischer Momente nicht wirklich faszinierend, es passiert zu wenig und die vielen Innensichten in Edies Seelenleben können wegen des mangelnden Verständnisses, dass in der zu vagen Kontextualisierung ihres Zustands begründet wird, nicht wirklich tragen.

Mir gefällt es nicht, dies zu sagen, aber ich habe mich tatsächlich über weite Strecken gelangweilt und war schlussendlich fast enttäuscht, denn auch das große Geheimnis um Constance wird nicht wirklich gelüftet. Geradezu ärgerlich war für mich, dass Edies Schicksal durch ein nichtfiktionales Nachwort zu (mehr) Bedeutung verholfen werden sollte - immer ein ungünstiger Moment für einen Roman.

Fazit: ein sprachlich überragend schöner Roman, der durch die Lobpreisung der Nostalgie eine ganz besondere Saite zum Schwingen bringt, aber leider inhaltlich ziemlich wenig liefert.

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