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Veröffentlicht am 23.03.2022

War es wirklich ein großer Fehler?

Der große Fehler
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Der große Fehler
Jonathan Lee
Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence

Kennt ihr den Mann, der New York zu dem gemacht hat, was es heute ist? Ich meine den Begründer des 'Greater New York’s', der ...

Der große Fehler
Jonathan Lee
Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence

Kennt ihr den Mann, der New York zu dem gemacht hat, was es heute ist? Ich meine den Begründer des 'Greater New York’s', der Mann, der für den Zusammenschluss der einzelnen Bezirke Brooklyn, Manhattan, Staten Islands (damals Richmond), Bronx und Queens, dem heutigen New York, wie wir es kennen, verantwortlich ist? Der Planer des Central Parks? Der Erbauer der New York Public Library? Er war Anwalt, Stadtplaner und Visionär. Bruder von zehn Geschwistern, geboren 1820, als Sohn einer armen Bauernfamilie.

Darf ich vorstellen:
Andrew Haswell Green. Er wird an einem Freitag, den 13., im Alter von 83 Jahren, auf offener Strasse erschossen. Zeugen gab es reichlich, den Täter verhaftete man umgehend. War es ein Versehen, ein geplanter Mord oder ein großer Fehler?
Inspector McClusky wird mit diesem Fall beauftragt.

Wer jetzt einen normalen Krimi erwartet, liegt hier völlig falsch. Es ist ein Roman. Fakten treffen hier auf Fiktion.
Lee erzählt die Geschichte Greens auf zwei Zeitebenen:
Die erste Geschichte beginnt bei Greens Tod und die andere bei seiner Geburt.

Lee schreibt in einer wundervollen Sprache, ich fühlte mich ins 19. Jahrhundert katapultiert, so müssen Gentlemen gesprochen haben, dabei kommt Lee vom Hölzchen aufs Stöckchen. Mal sind die Sätze kurz, mal wollen sie nicht enden, dabei ist er skurril, humorvoll, ernst und detailliert. Es ist ein anspruchsvolles Buch, eines was Zeit verdient.
Feine Literatur für alle, die sich mal auf einen 'großen Fehler' einlassen wollen.

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Veröffentlicht am 16.03.2022

Ein Tag wie ein Leben

Man vergisst nicht, wie man schwimmt
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Ein Tag wie ein Leben

Man vergisst nicht, wie man schwimmt
Christian Huber

‚‚Ich erinnere mich noch, dass mit einem Mal kein Prasseln mehr zu hören war. Das seltsamerweise das Erste, was mir einfällt, ...

Ein Tag wie ein Leben

Man vergisst nicht, wie man schwimmt
Christian Huber

‚‚Ich erinnere mich noch, dass mit einem Mal kein Prasseln mehr zu hören war. Das seltsamerweise das Erste, was mir einfällt, wenn ich an diesen Tag zurückdenke. Und wie eigenartig sich der Morgen anfühlte. Die Dämmerung. Verschobene Konturen, als blickte man durch Wasser.
Verzerrt von oben und erst dann klarer zu erkennen, wenn man schließlich untertaucht und unter Wasser die Augen öffnet.
Damals, an diesem 31. August 1999.
Da sind wir.
Jacky. Viktor. Ich.
Eine Freundschaft.
Eine Liebe.
Und ein Tod.
Und das ist die Geschichte.’'
(Tolino S.9)

Krüger ist 15 Jahre alt, ein wenig ‚verpicht' und Stubenhocker.
Er hasst den Sommer und früher wäre er bei dieser Hitze ins Freibad gegangen, aber heute geht das nicht mehr, denn er hat ein Geheimnis und deshalb kann er auch nicht mehr schwimmen gehen.
Also hilft er seinem besten Freund Viktor Zeitungen auszutragen, hängt ein wenig im klimatisierten Drogeriemarkt ab und wird ‚bäääääng‘ von einem rothaarigem Mädchen umgerannt, die mit einem frisch geklauten Nokia 3210 die Beine in die Hand nimmt.
Eigentlich könnte Krüger das egal sein, aber bei dem Sturz hat sich das Mädchen auch noch seinen Eastpak geschnappt.
Als sie dann das Mädchen finden und diese vor der Polizei warnen können, beginnt eine Freundschaft, die nur noch Stunden andauern wird.


Der Roman, der flüssig zu lesen ist, konnte mich meistens in seinen Bann ziehen.
Krügers Geschichten sind wunderbar: ’Der Junge und der Moloch’ war so ergreifend, dass ich ein kleines Tränchen wegblinzeln musste. Der Spannungsbogen war gut aufgebaut und das Ende gefiel mir sehr.
Allerdings hatte ich das Gefühl, das sich der Autor in der Zeit vergriffen hatte: 1999 und eine Polaroid-Kamera? Da hatten wir doch schon alle eine Spiegelreflex. Hollywood-Schaukel? Das waren doch eher die 70er…
Leider kam bei mir kein Flashback auf.

Fazit: Ein ‚verpichter' Roman, der ein wenig hinter meinen hohen Erwartungen blieb, wo ich mir aber vorstellen kann, dass er viele Leser begeistern wird. 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 15.03.2022

Bewegendes Buch

Wodka mit Grasgeschmack
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Ich habe euch ja bereits erzählt, dass ich nie die Buchbeschreibungen auf der Rückseite lese und als mich der Autor Markus Mittmann anschrieb, ob ich seinen Roman

Wodka mit Geschmack
Markus Mittmann

lesen ...

Ich habe euch ja bereits erzählt, dass ich nie die Buchbeschreibungen auf der Rückseite lese und als mich der Autor Markus Mittmann anschrieb, ob ich seinen Roman

Wodka mit Geschmack
Markus Mittmann

lesen und rezensieren möge, dachte ich, nach dem Cover zu schließen, es handle sich hier um einen ‚Coming of Age-Roman‘, einen Roman, mit wenig Tiefgang, wenngleich unterhaltsam.
Weit gefehlt! Hier verbirgt sich ein Roman mit Tiefgang. Es geht um Vergangenheitsbewältigung von einst vertriebenen Deutschen aus Schlesien.

Zu viert machen sie sich auf den Weg: Unser Protagonist mit seinem älteren Bruder und deren Eltern. Und obwohl sie das gleiche Ziel haben, fahren die Jungs nach Polen, während die Eltern gefühlt zurück in ihre Heimat nach Schlesien aufbrechen.

Der Vater, schon fast 90 Jahre alt, wollte nie zurück - hatte immer Angst davor zurückzukehren in das Land, das ihn nicht mehr haben wollte:
Zweimal ist er geflohen und hat sich versteckt - erst vor den Nazis, dann vor der Roten Armee. Aber er ist jedes Mal zurückgekehrt. 1946 konnte er nicht schnell genug fliehen und so haben sie ihn mit seiner Familie und vielen anderen Deutschen in einen Zugwaggon verfrachtet.Tagelang mussten sie zusammengepfercht in dem Waggon bleiben. Erst in Salzgitter durften sie aussteigen.
Als Vertriebener abgereist, als Flüchtling angekommen, einst Großgrundbesitzer, jetzt Aussätziger.

Und so fahren sie zurück, an genau jenen Orten, damit die Geschichten noch einmal erzählt werden.

,,Ich wollte sehen, wie alte Türen zufallen und es für meine Eltern eine Erleichterung gibt. Ich hatte mir ausgemalt, dass unsere Reise eine Versöhnung mit der Vergangenheit wird, dass irgendwelche Räume mit dunklen Inhalten geschlossen werden.'' (Seite 122)

Markus Mittmann schreibt in einer wunderbaren Sprache ein Stück Zeitgeschichte auf. Er hat hier ein eindringliches Buch über die Vertreibung der Deutschen in Schlesien, die ich so noch nicht kannte, geschrieben. Die Geschichten der Eltern haben mich sehr berührt.

Was ich weniger gelungen finde, ist der Titel und das Cover (obwohl ich das Cover für einen anderen Roman gemocht hätte). Es passt so überhaupt nicht zu einer Nachkriegsgeschichte. Ich glaube ein Cover mit einer Schwarz-Weiss Fotografie der Zeit hätte dem Erscheinungsbild des Buches gut getan. Ein weiteres Manko: Ich konnte nicht herausfinden, wann die Familie diese Reise unternommen hat. "Ford Taunus und VW Bora“... (waren das nicht die 80er?), "SMS geschrieben“ (jetzt sind wir Anfang 2000, oder?) und auf einmal berichtet der Autor von der Flucht des Vaters, welche vor 70 Jahren geschehen sein sollte - hiernach befänden wir uns im Jahr 2016, wo doch keiner mehr SMS schickt bzw. einen Bora auf der Strasse entdeckt. Verwirrend!

Dennoch eine absolute Leseempfehlung von mir für diejenigen, die Nachkriegsgeschichten lieben und mehr über die Vertreibung aus Schlesien erfahren möchten.
4 Sterne.

Ein Zitat, aktueller denn je: „Ich schaue meine Eltern an. Wie kann eigentlich jemand vom Gewinnen eines Krieges sprechen? Gewalt kommt immer zurück, trifft jeden und fragt nicht nach Schuld. Es gibt nur Opfer. Und nicht Deutsche, Polen oder Russen erlebten den Krieg, sondern Menschen mit gleichen Empfindungen. Die Welt von Ängsten, Trauer oder Wut kannte auch damals keine Grenzen. In allem lag die Zerstörung. Nur Leid und Verlust“. (Seite 219)

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Veröffentlicht am 10.03.2022

Starke Frauen, starkes Buch

In all deinen Farben
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In all meinen Farben
Bolu Babalola
Übersetzerin: Ursula C. Sturm

Meine guten Vorsätze für das neue Jahr, erst mal keine Rezensionsexemplare zu lesen, haben genau so lange angehalten, bis ich dieses tolle ...

In all meinen Farben
Bolu Babalola
Übersetzerin: Ursula C. Sturm

Meine guten Vorsätze für das neue Jahr, erst mal keine Rezensionsexemplare zu lesen, haben genau so lange angehalten, bis ich dieses tolle Cover - und dann auch noch vom EISELE Verlag - gesehen habe.
Angefragt - runtergeladen, und dass, obwohl ich gar nicht so gerne Kurzgeschichten mag. Zu wenig Tiefgang und wenn die Story gerade richtig beginnt, endet sie auch schon wieder.
Vielleicht werde ich ja eines Besseren belehrt?!

Hier sind es 10 Liebesgeschichten:
Bolu Babalola nimmt uns mit. Sie führt uns in die Welt der ganz Armen und sehr Reichen, ins Königreich von 1001 Nacht. Sie schickt die Götter des Olymp in die Moderne, wo diese sich Kurznachrichten schicken. Babalola bedient sich der Namen von Nofretete, Echnaton und Isis aus der ägyptischen Mythologie und führt uns, gemeinsam mit ihnen, ins organisierte Verbrechen. Meist sind ihre Geschichten romantisch, nicht immer mit Happy End.
Geschichten über starke Frauen, die sich auch mal über das ihr zugedachte Schicksal hinwegsetzen.

Fazit:
Die meisten Geschichten haben mich angesprochen, wie die zum Beispiel von Scheherazade, Yaa und Naleli. Und dann ertappe ich mich doch wieder dabei, dass ich gerne mehr erfahren hätte.
Die einzelnen Geschichten würde ich mit 3-5 Sternen bewerten.
Ein großartiges Buch für Frauen, die Liebes- und Kurzgeschichten mögen.

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Veröffentlicht am 10.03.2022

Eine etwas andere Nachkriegsgeschichte

Kaiserstuhl
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Kaiserstuhl
Brigitte Glaser

1962/63 Schauplätze sind das Elsass, Den Haag und Paris:

Henny Köpfer, Kriegswitwe, hat in Freiburg nicht nur eine gut etablierte Weinhandlung, sondern auch ein Geheimnis: ...

Kaiserstuhl
Brigitte Glaser

1962/63 Schauplätze sind das Elsass, Den Haag und Paris:

Henny Köpfer, Kriegswitwe, hat in Freiburg nicht nur eine gut etablierte Weinhandlung, sondern auch ein Geheimnis: In der großen Bombennacht von 1945, während des 2. Weltkrieges, fand sie einen kleinen 3-Jährigen Jungen unter einem brennenden Baum und nahm ihn kurzerhand mit.
Ihre Schwiegermutter Kätter ist dieser Junge namens Kaspar ans Herz gewachsen, gemeinsam ziehen sie in groß, aber irgendwie haben sie immer den richtigen Moment verpasst Kaspar die Wahrheit über seine Herkunft zu erzählen.

Adenauer und de Gaulle wollen sich im Élysée-Palast zur Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrag zusammenfinden.
Paul hat einen ganz besonderen Auftrag bekommen: Er soll eine Flasche Vossinger-Champagner aus dem Jahre 1937 aus einem Versteck holen, damit Adenauer und de Gaulle mit diesem Tropfen am Tage der Vertragszeichnung anstoßen können.
Diese eine Flasche ist die Letzte von Eintausend: Die Nazis hatten alle 37er Champagner-Flaschen im Hause Vossinger in der Champagne konfisziert. Göringers Weinführer Rohl soll höchstpersönlich den Abtransport bis zum Weinkeller des Führers begleitet haben.
Doch eine Flasche fand damals den Weg in den Weinkeller der Familie Köpfer.

Dieser Vorssinger-Champagner ist heiß begehrt, denn es gibt hierzu ein Gerücht, nachdem Göring im Etikett einen Hinweis auf ein Versteck für seine Raubgüter hinterlassen hat.
Und vielleicht ist an der Geschichte etwas dran, denn nicht nur Paul sucht nach dem 37er Vossinger, sondern auch ein Freiburger Weinhändler, ehemaliger SA-Mann namens Dobler.
Als dann auch noch Kaspar verschwindet, kreuzen sich die Wege von Henny und Paul ein zweites Mal. Beim ersten Mal hatte Henny ihn am Altar stehen lassen...

Brigitte Glaser ist es hervoragend gelungen historische Fakten mit fiktiven Personen zu verbinden. Der Schreibstil ist schön und ich habe besonders den Dialekt der einzelnen Charaktere geschätzt.
Zu Beginn hatte ich allerdings Probleme die Personen zu verbinden. Erst als ich im Tolino (E-Pub) per Zufall den Stammbaum ganz hinten gefunden habe, wurden die einzelnen Verbindungen schlüssig und ab da waren die vielen Personen- und Ortswechsel kein Problem mehr.
Das Ende war mir allerdings zu sehr in die Länge gezogen.

Leseempfehlung von mir für diejenigen, die mal einen anderen Nachkriegsroman lesen möchten. 4 Sterne

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