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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.03.2022

Tanz ins Glück

Im Dorf der Schmetterlinge
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Jule ist Ende vierzig, gestresst, desillusioniert und gefrustet. Im Job hat sie Angst, dass die neue Kollegin sie ersetzen soll, weil sie es nicht mehr packt, und zu Hause gibt es entweder Schweigen oder ...

Jule ist Ende vierzig, gestresst, desillusioniert und gefrustet. Im Job hat sie Angst, dass die neue Kollegin sie ersetzen soll, weil sie es nicht mehr packt, und zu Hause gibt es entweder Schweigen oder Streit. Die Nächte schlägt sie sich um die Ohren, fühlt sich alt, verbraucht und ungeliebt. Als sie nach einem weiteren Streit mit ihrem Mann Stefan wieder einmal nicht schlafen kann, geht sie in den Garten und entdeckt dort ihre alte Hängematte, in die sie sich legt. Plötzlich findet sie sich in einem Traum wieder, der zu einer unvergesslichen Reise zu ihr selbst wird.

Was für ein wunderbares Buch, was für eine bezaubernde Erzählung. Wie Jule vor die Augen geführt wird, was in ihrem Leben falsch läuft und wie sie gegensteuern kann, fand ich staunenswert und bereichernd. Es gibt tolle Sätze im Buch, die zum nachdenken anregen, die einen Hinweis enthalten oder eine Richtung anzeigen, die man selbst vielleicht aus den Augen verloren hat. Achtsamkeit, Liebe, Neuanfang, aber auch das Älterwerden und viele andere Themen finden hier Platz. Ein Buch zum lesen, aber auch zum verschenken. Ich habe die Erzählung sehr genossen und vergebe fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 16.03.2022

Hart und ungerecht

Die Gewalt der Hunde
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Phil und George sind Brüder, der vierzigjährige Phil ist optisch und auch was den Charakter und das Wesen angeht, das genaue Gegenteil des zwei Jahre jüngeren George. Die beiden führen in den 1920ern eine ...

Phil und George sind Brüder, der vierzigjährige Phil ist optisch und auch was den Charakter und das Wesen angeht, das genaue Gegenteil des zwei Jahre jüngeren George. Die beiden führen in den 1920ern eine Ranch, sind geachtete Mitglieder ihrer Gemeinde und dazu noch unglaublich reich. Die Brüder sind sich sehr nahe, die Eltern wohnen nicht mehr auf der Ranch, die beiden haben nur sich. Als George eines Tages heimlich die Witwe Rose heiratet und sie mit auf die Ranch bringt, fängt Phil einen Kleinkrieg gegen Rose und ihren halbwüchsigen Sohn an. Rose wirft er vor, seinen Bruder nur des Geldes wegen geheiratet zu haben, ihren Sohn Peter beschimpft er als Weichling, schließlich ist es eine Zeit, wo Männer noch Männer sind, womit nicht nur gemeint ist, dass diese rülpsen, furzen und sich an Genitalien kratzen, ohne sich dafür im geringsten schämen zu müssen. Es sind harte Zeiten, insbesondere für Männer, die vielleicht anders fühlen und auch anders sind.

…aber manchmal werden wir zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort geboren. Seite 48

Ein Erzähler führte mich durch das Buch, das für mich wie ein spannendes Drehbuch rüber kam. Wie passend, dass es tatsächlich verfilmt wurde, diese Geschichte hat es verdient. Das grausame und zielgerichtete Verhalten von Phil, die gutmütige Passivität von George, das stoische Verhalten von Peter, das war schon großes Kino. Das Leben in einer Kleinstadt und auf dem Land, die Vertreibung der Indianer, die Suche nach dem großen Glück, alles fand seinen Platz im großen Ganzen. Spannend und unterhaltsam nahm die Story irgendwann eine Wendung, die ich nicht erwartet hatte, um dann wiederum in einem Finale zu münden, das ich überhaupt nicht kommen sah. Ein Buch wie eine Naturgewalt, das mich nachdenklich zurücklässt. Von mir gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine unbedingte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 14.03.2022

Zu zweit allein

Nordstadt
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Nene ist Bademeisterin und lernt während ihrer Arbeitszeit Boris kennen. Boris, der an Kinderlähmung erkrankt war, oft mürrisch und wütend ist. Boris, der sie immer wieder belügt und von sich stößt, aus ...

Nene ist Bademeisterin und lernt während ihrer Arbeitszeit Boris kennen. Boris, der an Kinderlähmung erkrankt war, oft mürrisch und wütend ist. Boris, der sie immer wieder belügt und von sich stößt, aus Gründen oder auch nicht. Nene ist ebenfalls vorbelastet, hat schlimme Sachen erlebt. Nene ist aber eine, die gerne ihr Leben lebt, mit ihrem Schicksal nicht hadert, sondern ihren Weg geht. Diese beiden so verschiedenen Menschen treffen aufeinander und davon handelt dieses Buch.

Ich dachte darüber nach, ob ich Angst hatte. Und mir wurde klar, dass ich gar nicht mehr wusste, was das überhaupt ist: Angst. Ich hatte ein Gefühl, das in meiner Kindheit eine sehr große Übermacht gehabt hatte, einfach ausgelöscht. Seite 18

Ich empfand den Schreibstil sehr angenehm und flüssig. Manche Sachen wurden immer wieder wiederholt, was aber dem Umstand geschuldet ist, dass Nene erzählt und sie tut dies nicht chronologisch. Es gab viele interessante und mitten ins Herz treffende Sätze, die Sprache ist einfach, die Ausdrucksweise oft sehr derb. Wer ein Problem damit hat, verzichtet besser auf das Buch. Diese Ausdrucksweise passt aber zu Nene, ihrem Wesen, ihrer Art. Die Bemühungen von Nene, eine Beziehung zu Boris aufzubauen, haben mich berührt. Ihre Vergangenheit hat sie geprägt, aber nicht verdorben, es ist bewundernswert, wie diese junge Frau ihren Weg geht. Ein Buch darüber, wie unterschiedlich Menschen mit ihrem Schicksal umgehen, wie verschieden die Sichtweisen sind, wenn es um die gleiche Situation geht. Leben, Überleben, Liebe und Mut. Hoffnung. Darum geht es und um vieles mehr. Lest es und ihr versteht. Fünf Sterne gibt es von mir für dieses wunderbare Debüt.

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Veröffentlicht am 11.03.2022

Mutig ist, wer es versucht

Das Mädchen mit dem Drachen
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Léna läuft davon; vor ihrer Arbeit in Frankreich, vor dem Tag im Juli, vor ihrer Wut, vor allem aber läuft sie ihrer unendlichen Trauer davon. Nun also Indien, mit dem sie keine Erinnerungen verbindet ...

Léna läuft davon; vor ihrer Arbeit in Frankreich, vor dem Tag im Juli, vor ihrer Wut, vor allem aber läuft sie ihrer unendlichen Trauer davon. Nun also Indien, mit dem sie keine Erinnerungen verbindet und das weit genug weg ist von ihrem alten Leben. Dort lässt sie sich treiben, überlässt sich ihrer Verzweiflung und Dunkelheit. Bei einem ihrer morgendlichen Schwimmgänge treibt die Strömung sie weit hinaus aufs Meer und ohne die Geistesgegenwart eines kleinen Mädchens, das dort täglich ihren Drachen steigen lässt, wäre Léna ertrunken. Das Kind spricht nicht und schnell merkt Léna, dass es auch weder lesen, noch schreiben kann. Als Lehrerin fühlt sie sich verpflichtet, ihren Dank zumindest damit auszudrücken, dass sie der Kleinen etwas beibringt. Dies stellt sich schwerer heraus als erwartet, denn das Kind hat Pflichten zu erfüllen und muss den ganzen Tag im Restaurant ihrer Angehörigen schuften. So leicht gibt Léna aber nicht auf.

Es ist schwer für mich, in Worte zu fassen, was ich beim lesen empfunden habe und immer noch empfinde. Die persönliche Geschichte von Léna wird lange nur angedeutet und im Mittelteil erst verraten, was ihr zugestoßen ist. Ihre Verzweiflung und Trauer muss man aushalten können, diese bricht nämlich immer wieder durch. Aushalten können muss man aber auch die Lebensumstände in Indien; das Kastensystem, die Kluft zwischen arm und reich, den Hunger, den Dreck, die Kinder- und Frauenarbeit sowie Unterdrückung der Mädchen und Frauen. Ich schwankte zwischen Entsetzen, Mitgefühl, Abscheu und Hass. Ich konnte die Verzweiflung nachvollziehen, litt und hoffte mit. Es ist ein trauriges und sehr emotionales Buch, über dem aber auch immer die Hoffnung und der Glaube schweben auf eine andere, eine bessere Welt. Aufgeben ist keine Option, egal wieviele Hindernisse und Mauern auftauchen auf dem Weg.

Ein aufrüttelndes und wichtiges Buch. Ein weiteres literarisches Highlight für mich. Fünf Sterne und eine Leseempfehlung sind das mindeste.

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Veröffentlicht am 09.03.2022

Verschwunden im Wald

Im Leben wie im Tod
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Der fünfunddreißigjährige Bertram Lanz geht während eines Ausflugs mit fast fünfzig weiteren Personen verloren. Dies ist umso tragischer, als dass er kognitiv beeinträchtigt ist, wie die meisten der anderen ...

Der fünfunddreißigjährige Bertram Lanz geht während eines Ausflugs mit fast fünfzig weiteren Personen verloren. Dies ist umso tragischer, als dass er kognitiv beeinträchtigt ist, wie die meisten der anderen Ausflügler, und somit schnellstens gefunden werden muss. Bei der folgenden Suche werden skelettierte Überreste eines Mannes gefunden, die aufgrund des Alters schnell einem von drei jungen Männern zugeordnet werden können, die vor zehn Jahren in den Wäldern verschwanden. Nun müssen Decker und sein Partner beide Fälle parallel bearbeiten, als eine weitere Person verschwindet, sodass sie beide Hände voll zu tun haben.

Dies ist der sechsundzwanzigste Teil der Buchreihe um Peter Decker und Rina Lazarus, und es wird für mich einfach nicht langweilig, diese Serie zu lesen. Der Fall beziehungsweise die Fälle sind interessant und spannend, die Ermittlungen zu verfolgen macht mir unglaublich viel Spaß und die Art und Weise, wie die Autorin die Lebensumstände von Peter und Rina miteinbezieht, ist einfach grandios. Der feine Humor, der nie unter die Gürtellinie zielt, ist unnachahmlich und die ehelichen Plänkeleien zwischen Peter und Rina einfach toll. Dabei verlieren die Beteiligten nie den Ernst der Sache aus den Augen und besonders nicht den wichtigen Umstand, dass jedes Verbrechen Leid und Trauer auch den Hinterbliebenen bringt. Der Schreibstil trägt dazu bei, dass ich durch die Seiten fliege und viel zu schnell bis ich am Ende angelangt. Die Auflösung ist schlüssig und nachvollziehbar, dennoch habe ich diese so nicht erwartet. Die Fälle wurden abgeschlossen, aber trotzdem gibt es zum Ende hin eine Wendung, die mich auf eine schnelle Fortsetzung hoffen lässt.

Man kann dieses Buch lesen, ohne die Reihe zu kennen, ich empfehle aber, vorne anzufangen, weil die Entwicklung der Charaktere einfach wichtig und außergewöhnlich ausgearbeitet ist. Ich wünsche mir noch viele, viele Fälle mit Peter und Rina, die ich beide ins Herz geschlossen habe. Von mir gibt es fünf Sterne mit Sternchen und eine Leseempfehlung.

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