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Veröffentlicht am 17.03.2022

mal anstrengend, mal mitreißend: außergewöhnliche Geschichte

Unser wirkliches Leben
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Rezension zu „Unser wirkliches Leben“ von Imogen Crimp
Imogen Crimp erzählt in ihrem Roman „Unser wirkliches Leben“ die Geschichte der jungen Opernstudentin Anna. Dabei fällt zunächst die Schreibweise ...

Rezension zu „Unser wirkliches Leben“ von Imogen Crimp
Imogen Crimp erzählt in ihrem Roman „Unser wirkliches Leben“ die Geschichte der jungen Opernstudentin Anna. Dabei fällt zunächst die Schreibweise auf. Dialoge werden nicht mit Anführungszeichen gekennzeichnet. Nach kurzer Eingewöhnung stört dies den Lesefluss aber nicht. Die Autorin erzählt die Geschichte um Anna schnörkellos.
Interessant wird das Buch vor allem durch die Figuren. Die Protagonistin Anna ist ehrgeizig und arbeitet zielstrebig auf ihr Ziel, eine bekannte Opernsängerin zu werden hin. Sie ist freundlich, bodenständig und kämpft ich durchs Leben. Ihre Kommilitonen scheinen alle aus besseren Elternhäusern zu kommen, doch davon lässt sie sich nicht aufhalten. Dann trifft sie Max und ihr Leben verändert sich. Max ist ein reicher Geschäftsmann und einige Jahre älter als sie. Die Beziehung ist so konstruiert, dass man als Leser zu Beginn nicht weiß, was man davon halten soll. Ohne es zu merken wird man immer weiter in die Geschichte gezogen, die man so schlecht einschätzen kann. Genau das macht aber hier den Reiz aus. Nach und nach bekommt Max und die Beziehung zwischen ihm und Anna eine Kontur. Man hofft mit Anna bei Castings und sorgt sich um sie. Obwohl sich die Beziehung von Anna und Max beim Lesen komisch anfühlt, kann man nicht aufhören zu lesen, denn die Geschichte wirkt wie aus dem Leben gegriffen. Wie viele Menschen merken, dass sie nicht glücklich sind, aber schaffen es nicht, eine Änderung herbeizuführen? Wie viele befinden sich in Abhängigkeiten und können sich nicht daraus lösen? Zu viele. Anna ist viele dieser Menschen. Wie es ihr damit ergeht, muss schon jeder herausfinden. Das Ende hat mich zumindest überrascht, obwohl es so gut zum Roman passt.
Insgesamt ist der Roman also lesenswert, auch wenn man immer wieder mit dem Kopf schütteln muss und Anna hier und da gerne anschreien würde. Die Geschichte ist nicht überragend, aber die Figuren lassen einen auch nicht los. Wer gerne einen Roman lesen möchte, der keine klassische Liebesgeschichte beinhaltet, der sollte mal reinlesen.

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Veröffentlicht am 20.02.2021

Schöne Geschichte

Das Beste, was mir je passiert ist
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Rezension zu „Das Beste, was mir je passiert ist“ von Johanna Schreiber
Mit einem lockeren, flüssig lesbaren Schreibstil erzählt Johanna Schreiber die Geschichte dreier Frauen. Von Beginn an ist man als ...

Rezension zu „Das Beste, was mir je passiert ist“ von Johanna Schreiber
Mit einem lockeren, flüssig lesbaren Schreibstil erzählt Johanna Schreiber die Geschichte dreier Frauen. Von Beginn an ist man als Leser mitten drin und lernt die drei Frauen nach und nach kennen. Gelungen ist der Einstieg, in dem zunächst die Schicksale der drei Frauen rund um ihre Schwangerschaft erzählt wird. So hat man einen ersten Eindruck und kann die Verhaltensweisen der Frauen besser verstehen.
Alle drei sind sympathisch und bringen mit ihrer Geschichte den Leser dazu mit ihnen mitzuleiden und sich mitzufreuen.
Eine Stärke des Buches ist zudem, dass die drei ganz unterschiedlichen Probleme in ihrem Muttersein haben. Probleme, die weit verbreitet sind, aber oft nicht angesprochen werden, aus Angst, in der Gesellschaft als Versagerin zu gelten.
Es macht Spaß zu „beobachten“ wie Ermine, Freddie und Sigrid in Kontakt treten und sich näher kennenlernen, wo sie doch auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben. Die Frauen müssen einstecken, überraschen, wachsen über sich hinaus, finden ihren Weg. Das zu verfolgen macht Spaß. Dieser Roman ist also eine schöne Lektüre, vor allem für diejenigen, die schon Mutter sind, oder bei denen es nicht in allzu ferner Zukunft so sein könnte. Der Roman inspiriert dazu, sich auf sich und seine Bedürfnisse zu konzentrieren und nicht auf die gesellschaftlich-kollektive Meinung, die vielleicht überhaupt nicht zu einem passt. Ein gelungener Roman!

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Veröffentlicht am 30.07.2018

Skurril, humorvoll und ernst

Familie und andere Trostpreise
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Rezension zu Familie und andere Trostpreise von Martine McDonagh
Martine McDonagh hat mit „Familie und andere Trostpreise“ ein interessantes Buch geschrieben, dass durch die Themenwahl und außergewöhnliche ...

Rezension zu Familie und andere Trostpreise von Martine McDonagh
Martine McDonagh hat mit „Familie und andere Trostpreise“ ein interessantes Buch geschrieben, dass durch die Themenwahl und außergewöhnliche Charaktere auffällt.
Nach kurzem eingewöhnen in den recht umgangssprachlichen Schreibstil, der daher rührt, dass der Protagonist Sonny die Geschichte erzählt, findet man gut in die Geschichte.
Sonny ist ein amüsanter Charakter, der auf seine Art sympathisch ist. Seine Neurosen erschweren ihm das Leben, aber er geht auf eine humorvolle Weise damit um. Passend fand ich auch, dass sich seine Leidenschaft durch das ganze Buch zieht. Bei seinen Neurosen ist sein Lieblingsfilm Shaun of the Dead eine Konstante, die ihm Sicherheit gibt. Spannend machen das Buch die Suche Sonnys nach seiner Vergangenheit und die Briefe von Thomas, bei dem er aufgewachsen ist, und in denen ebenfalls einige Dinge nach und nach enthüllt werden. Die Geschichte ist skurril, was neben den schrägen Charakteren auch durch das Thema Sekte hervorgerufen wird. Sonny trifft verschiedene Menschen, die unterschiedliche intensive Erfahrungen mit einer oder mehreren Sekten gemacht haben. Interessant ist, wie unterschiedlich sich die Charaktere davon beeinflussen lassen, oder eben nicht.
Wer einen Roman der etwas anderen Art sucht, wer es mag, wenn humorvolle Passagen und ernste Abschnitte sich abwechseln und wer sich gerne von etwas anderen Charakteren unterhalten lässt, der sollte es mal mit diesem Buch versuchen.

Veröffentlicht am 18.05.2018

Interessant, aber Luft nach oben

Das korsische Begräbnis
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Rezension zu „Das korsische Begräbnis“ von Vitu Falconi
Zunächst einmal lässt sich der Schreibstil des Autos angenehm lesen. Durch die guten, aber nicht zu ausführlichen, Beschreibungen kann man sich die ...

Rezension zu „Das korsische Begräbnis“ von Vitu Falconi
Zunächst einmal lässt sich der Schreibstil des Autos angenehm lesen. Durch die guten, aber nicht zu ausführlichen, Beschreibungen kann man sich die Szenerien gut vorstellen und der Roman wird so lebendig.
Die Charaktere sind gut. Eric, der Protagonist, ist Schriftsteller und kommt aufgrund eines Hinweises auf die Insel, den er nach dem Tod seiner Mutter gefunden hat. Er ist sympathisch, ohne perfekt zu sein. Das macht ihn realistisch und nahbar, was der Geschichte guttut. Er trifft Laurine, die tief verwurzelt ist auf der Insel und mit der Insel. Sie ist ein interessanter Charakter, der unterhaltsame Kenntnisse über Korsika und die Korsen beisteuert. Außerdem bringt die starke Frau Schwung in die Geschichte.
Schade ist, dass der Hauptermittler in dem Fall etwas zurückfällt. Mahmoud ist mir zu Beginn zu blass. Sein Charakter wird zwar deutlich, er ist offen, neugierig und scheint ein gutes Bauchgefühl dafür zu haben, wem er trauen kann, aber ich hatte ständig das Gefühl, dass hinter der Figur noch mehr steckt, was der Autor noch nicht offenbart. Vielleicht ist dies auch für den Folgeband vorgesehen?
Die Geschichte bleibt etwas hinter ihrem Potenzial zurück. Zu Beginn war mir die Geschichte zu wenig spannend und zum Ende hin zu viel Verfolgung. Zu einem Krimi gehört für mich spannende Ermittlungsarbeit, die mir hier etwas gefehlt hat.
Dennoch handelt es sich keinesfalls um einen schlechten Krimi. Die Geschichte ist interessant, auch wenn sie noch spannender sein könnte, und besticht durch die Idee des Bandenstreits und des traditionellen Lebens auf Korsika. Auch der Handlungsort an sich ist mal etwas Anderes und wertet den Krimi in jedem Fall auf. Band zwei werde ich daher auch lesen.

Veröffentlicht am 29.10.2017

Vielfältige Charaktere, interessante Handlungsstränge

Die Schlange von Essex
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Rezension zu „Die Schlange von Essex“ von Sarah Perry
Meinung:
Sarah Perry hat mit „Die Schlange von Essex“ ein interessantes Buch geschrieben, dass leider etwas hinter meinen Erwartungen zurückblieb.
Der ...

Rezension zu „Die Schlange von Essex“ von Sarah Perry
Meinung:
Sarah Perry hat mit „Die Schlange von Essex“ ein interessantes Buch geschrieben, dass leider etwas hinter meinen Erwartungen zurückblieb.
Der Schreibstil ist außergewöhnlich. Die Autorin schreibt sehr bildhaft, leicht poetisch und mit Liebe zum Detail, was mir sehr gut gefallen hat. Dadurch ist der Roman zwar etwas anspruchsvoller zu lesen, aber gerade der Stil hat für mich bei dem Buch viel gerettet, einfach, weil er mal anders ist. Außerdem wird die Geschichte aus wechselnden Perspektiven erzählt, was viele Einblicke ermöglicht.
Die Geschichte hat mich nicht vollkommen enttäuscht, ich habe jedoch einen anderen Schwerpunkt erwartet. Aus dem Klappentext geht hervor, dass es um die Kontroverse zwischen Religion und Darwin bzw. der Naturwissenschaft gehen soll. Dieser Diskurs wird jedoch leider nur in geringem Maße deutlich. Religion und Aberglaube spielen schon eine zentrale Rolle in dem Roman, jedoch wird diese Diskussion vernachlässigt, was wirklich schade ist. Insgesamt spielt die Geschichte an mehreren Orten und so entstehen auch mehrere Handlungsstränge. Das fand ich sehr interessant und spannend, da man als Leser nicht nur mit der Haupthandlung um die Protagonistin Cora, sondern auch mit den Nebencharakteren mitfiebert.
Die Charaktere haben mir sehr gefallen. Sie sind vielseitig und interessant gestaltet. Die Protagonistin Cora ist schwer zu beschreiben. Sie fühlt sich nach dem Tod ihres Mannes geradezu befreit und widmet sich ihrer Leidenschaft, der Wissenschaft. Sie scheint aus ihrer Rolle als Dame ausbrechen zu wollen, was ihr nicht immer gelingt. Sie ist voller Widersprüche, was die Handlung bereichert. Dasselbe gilt für William, den Pastor den sie in Aldwinter trifft und mit dem sie viel Zeit verbringt. Die Beziehung zwischen den beiden wird zum Hauptstrang der Geschichte, der mir gut gefallen hat, auch wenn, wie schon erwähnt, die erwartete tiefgründige Diskussion um Religion und Wissenschaft ausbleibt. Nennenswert sind auch Luke der Arzt, der von Beginn an Coras Nähe sucht und sein Freund George Spencer. Beide begleiten die Geschichte und sorgen für interessante Nebenhandlungen. Vor allem Luke ist interessant, da schnell deutlich wird, dass er für die Medizin und die zugehörige Wissenschaft lebt und er damit heraussticht.
Insgesamt macht das Buch die verschiedenen Handlungsstränge, die teilweise etwas schrägen Charaktere und das Beziehungsnetz aus. Wem diese Dinge gefallen und wer zudem kein Problem mit Perspektivwechseln und einer blumigen Schreibweise hat, der sollte den Roman lesen, auch wenn der Klappentext etwas irreführend ist und falsche Erwartungen weckt.