Ein Satz mit "X"
Am liebsten würde ich meine Rezension mit den Worten: „Was war das denn bitteschön?“ beginnen und mich dann nur darüber auslassen, wie furchtbar ich das Buch empfand. Aber das würde dem nicht ganz gerecht ...
Am liebsten würde ich meine Rezension mit den Worten: „Was war das denn bitteschön?“ beginnen und mich dann nur darüber auslassen, wie furchtbar ich das Buch empfand. Aber das würde dem nicht ganz gerecht werden und so versuche ich doch eine gesittete und objektive Meinung zu verfassen.
Ja, optisch machte „Der Mann, der Sherlock Holmes tötete“ richtig was her. Ich habe das Buch noch mit dem alten Titelbild, was ich wesentlich ansprechender finde als das Neue. Auch der Titel lockte mich wie eine Sirene den Seefahrer und ich hatte richtig große Lust, in die Welt von Arthur Conan Doyle und den Fans von Sherlock Holmes einzutauchen.
Auch das Innenlayout des Buches war ein absoluter Hingucker. Im Buchdeckel vorne war eine Kartenübersicht von London des Jahres 1900 abgebildet, hinten von London 2010.
Jeder neue Kapitelanfang trug neben der entsprechenden Nummerierung das Konterfei Sherlock Holmes und hatte oftmals ein direktes Zitat aus einen von Doyles Geschichten. Dazu passend gab es noch entsprechende Kapiteltitel, unter dessen Thema die weiteren Erzählungen folgten.
Ich mochte das, weil im Zusammenhang mit der Verarbeitung des Gesamtwerkes ein hochwertiger Eindruck der Ausgabe entstand.
Der auktoriale Erzähler führte mich durch zwei Handlungsebenen. Einmal in eine historisch angelegte Fiktion mit Arthur Conan Doyle als Hauptfigur um 1900 und einmal ein rein fiktiver moderner Handlungsstrang, der 2010 spielen sollte und dessen Hauptakteur ein gewisser Harold White war. Dieser war frisch gebackenes Mitglied der Baker Street Irregulars. Ein Club, der sich den Sherlock-Holmes-Studien verschrieben hatte und wohl Wort für Wort die Geschichten sowie Abenteuer des berühmtesten Detektives auswendig konnten.
So weit, so gut. Das Drama nahm seinen Lauf in Form von Harold White, den ich von Anfang an nicht mochte. Er wirkte so schrecklich einfältig und mit seinem Gehabe, er sei der besste Detektiv nach Sherlock Holmes manchmal so grotesk dämlich, dass ich ihm nichts wirklich glaubhaft abnehmen konnte. Zudem wirkte dieser komplette Handlungsstrang völlig aus der Zeit gefallen. 2010 konnte ich darin nicht wiedererkennen, stattdessen verschwamm alles zu einem konturlosen Nichts. Zudem war diese Erzählebene anstrengend zu lesen. Besonders am Anfang gab es ein wahres Füllhorn an Informationen, die ich erst einmal verdauen musste. Es war zwar an sich nicht langweilig, ließ sich aber aufgrund von sehr vielen Fremdwörtern und hochgestochenen Formulierungen schwergängig lesen.
Im weiteren Verlauf geschahen einige ziemlich haarsträubende Ereignisse, die sich für mich nicht logisch nachvollziehen ließen. Insgesamt plätscherte die Jagd nach dem verlorenen Tagebuch des Arthur Conan Doyles an mir vorbei und ich fragte mich mehr als nur einmal, welchen Sinn dieser Handlungsstrang hatte.
Ganz anders erging es mir bei der Erzählebene mit Arthur Conan Doyle um 1900. Hach war das herrlich, den Schriftsteller mal näher kommen zu dürfen und allerhand über ihn zu erfahren. Der Erzählstil war leicht und locker angereichert mit historischen Details, die dem Ganzen Spannung und Lebendigkeit verliehen. Ich hatte hier richtig Freude, mochte den Erfinder Sherlock Holmes ganz gern, auch wenn mir seine Jammerei über den Ruhm seiner Figur manchmal schon auf die Nerven ging.
Besonderes Highlight war für mich Bram Stoker, der eigentlich nur eine Nebenfigur war. Aber ihn umgab eine Aura, die ich reizvoll fand und zu gern hätte ich mehr mit ihm und von seiner Interaktion gelesen.
Während ich also beim Lesen von einem Extrem ins Nächste schwankte, geriet bei Herrn Moore irgendwann was durcheinander. Plötzlich wurde Arthur Conan Doyle ein wirklich unausstehlicher Charakter und dieser erst so goldschimmernde Handlungsstrang wurde pechschwarz und plump. Was war da bloß los, hätte ich am liebsten gefragt. Zur Krönung der Verwirrung um die weitere unlogische Entwicklung der Ereignisse zauberte der Autor plötzlich noch den Toten Oscar Wilde aus dem Hut. Warum der jetzt plötzlich zu einem Gesprächsthema wurde, ich habe keine Ahnung.
Graham Moore liebte es mit seinem eloquenten Schreibstil, mit vielen Metaphern um sich zu schmeißen, wie Karnevalisten Süßigkeiten verteilen. Vielleicht sollte dies zur vollkommenen Untermalung seiner Szenenbilder dienen, mich begann es zu langweilen. Generell verkam für mein Empfinden die Geschichte zu einem Groschenroman. Vater Zufall war allgegenwärtig, das Ende vorhersehbar und generell alles irgendwie einen Tick zu drüber.
Grundsätzlich gefiel mir die Plotidee, aber die Umsetzung? Nein, danke. Das war leider nichts.
Fazit:
Kann man lesen, muss man aber nicht. Ist vielleicht etwas für die ganzen harten Sherlock-Holmes-Fans, mich konnte das Buch leider gar nicht begeistern.