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Veröffentlicht am 11.04.2022

Ein normales Jahr

Gespenster
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Jeden Geburtstag startet Nina George Dean mit dem Lied „The Edge of Heaven“, von dem ihre Eltern ihr sagten, es sei bei ihrer Geburt auf Platz eins gewesen. Mit ihren besten Freunden wird gefeiert und ...

Jeden Geburtstag startet Nina George Dean mit dem Lied „The Edge of Heaven“, von dem ihre Eltern ihr sagten, es sei bei ihrer Geburt auf Platz eins gewesen. Mit ihren besten Freunden wird gefeiert und es soll einen Neustart geben. Seit ihrer Trennung von Joe ist Nina Single, das muss sich mal wieder ändern. Ihre Freundin Lola schlägt vor, die Dating-App Linx auszuprobieren. Das Glück scheint Nina hold zu sein, gleich beim ersten Date lernt sie den charmanten Max kennen. Allerdings, so schnell es begann, so schnell ist es auch vorbei. Sorgen macht sich Nina um ihren Vater, bei dem eine Demenz festgestellt wurde.

Es ist ein normales Jahr im Leben einer Anfang Dreißigjährigen. Sie ist beruflich erfolgreich als Autorin von Kochbüchern mit besonderem Aufhänger, im Liebesleben nicht ganz so, schließlich verliebt sich ihr Ex neu und geht eine feste Beziehung ein. Ihre Freundin Kat mit Mann und Kind lebt so langsam in einer anderen Welt, sie will sogar aus London herausziehen. Aber Lola ist immer für einen Spaß zu haben. Nina ist betrübt wegen der Krankheit ihres Vaters. Er ist ein pensionierter Lehrer, der immer stolz auf seinen gebildeten und kunstversierten Stand war. Wie das immer mehr verloren geht, macht sie einfach traurig.

In diesem Roman ist von einem Jahr zu lesen, das einfach so vergeht. Es ist ein wenig melancholisch, ein wenig turbulent, ein wenig fröhlich. Man gewinnt teilweise den Eindruck, dass bei den Freunden und Freundinnen mehr passiert als bei Nina selbst. Sie und ihre Mutter müssen sich eingestehen, dass der Vater an einer unheilbaren Krankheit leidet und dass sein altes Ich nie wieder zurückkehren wird. Keine leichte Aufgabe, sich damit abzufinden. Die Sache mit Max war einfach von Hoffnung genährtes Pech. Obwohl dieses Buch eher wie eine Beschreibung eines Jahres wie es eben so ist wirkt, lässt es sich genau mit diesem Realitätsbezug gut lesen. So ein Jahr könnte in jedem Leben stattfinden. Auch wenn es nicht zum Träumen einlädt, so findet man sich umso mehr wieder. Und natürlich schaut man, welcher Song am eigenen Geburtstag auf Platz eins war.

Veröffentlicht am 31.03.2022

Hör mich

Die andere Schwester
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Der Amerikaner John Adderley arbeitet immer noch bei der Polizei in Karlstad, Schweden. Er musste vor dem Boss eines Drogenkartells fliehen und ist unter falschem Namen im Heimatland seiner Mutter untergekommen. ...

Der Amerikaner John Adderley arbeitet immer noch bei der Polizei in Karlstad, Schweden. Er musste vor dem Boss eines Drogenkartells fliehen und ist unter falschem Namen im Heimatland seiner Mutter untergekommen. Seine Kollegen kennen ihn als Fredrik Adamsson. Gerade als John eigentlich untertauchen will, weil er befürchten muss, aufgeflogen zu sein, wird die stadtbekannte Geschäftsführerin einer Dating-App tot aufgefunden. Adderley wird von seinem Chef mit den Ermittlungen betraut. Die Verstorbene hatte nur noch eine Schwester als nähere Verwandte. Diese arbeitet ist auch in der Firma tätig, allerdings braucht sie wegen ihrer psychischen Labilität immer wieder eine Auszeit.

In seinem zweiten Fall wird der Amerikaner in Schweden wieder mit einen undurchsichtigen Fall betraut. So schnell ergibt sich keine heiße Spur, es scheint nur so, dass Stella sich über ihre eigene App, die einen ganz anderen Ansatz verfolgt, mit jemandem verabredet hatte. Alicia, ihre Schwester, zeichnet sich nicht durch besondere Offenheit aus. Allerdings ist sie durch Ereignisse in Kindheit und Jugend nicht mit Menschen zu vergleichen, die unbeschwert aufwachsen konnten. Und was wollte der Unbekannte melden, der nach der Tat vor der Polizeistation auftauchte und unverrichteter Dinge wieder abzog. Adderley ist schwer beschäftigt und immer in der Furcht, seine Vergangenheit könnte ihn einholen.

Die Idee des Bullen im Zeugenschutz ist nach wie vor gut, allerdings sind die drohenden Gefahren in diesem zweiten Band etwas wenig subtil dargestellt. Man muss an Brutalität einiges vertragen können, wenn man diesen Thriller liest. Die laufende Ermittlung entwickelt sich eher aus sich selbst, so dass die Ermittlungsarbeit eher knapp behandelt wird. Dafür entwickelt der Fall einige Twists, die wirklich überraschen. Dieser Teil ist gelungen und fesselt. Obwohl dieser zweite Band der John Adderley Reihe insbesondere hinsichtlich der Zeugenschutzstory nicht hundertprozentig überzeugt - vielleicht möchte man angesichts der politischen Lage bestimmte Dinge einfach nicht lesen -, so hat man mit der Entwicklung des laufenden Tötungsdeliktes einen packenden Thriller, mit dem der Leser überrascht werden kann.

Veröffentlicht am 29.03.2022

Der Erste

606
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Es ist der erste Gefängnisausbruch dieser Art. Aus einem Gefängnis in der Wüste Nevadas werden 606 Insassen befreit. Und es handelt sich um ein Hochsicherheitsgefängnis, wo etliche Gefangene in Todeszellen ...

Es ist der erste Gefängnisausbruch dieser Art. Aus einem Gefängnis in der Wüste Nevadas werden 606 Insassen befreit. Und es handelt sich um ein Hochsicherheitsgefängnis, wo etliche Gefangene in Todeszellen saßen. Die Wärterin Celine Osborne steht schlecht da. Aber sie wird jeden Einzelnen wieder einfangen. Aus welchem Grund wurde der Ausbruch inszeniert und wer steckt dahinter. Etwa John Kradle, der für den Mord an seiner Frau und seinem Sohn einsitzt, der aber alles versuchen will, um seine Unschuld zu beweisen. Oder Keeps, der mehr zu wissen scheint als man auf den ersten Blick so annehmen kann.

Sie sind schon echte Gegner Celine Osborne und John Kradle. Osborne ist von Kradles Schuld überzeugt und sie wird alles unternehmen, Kradle seiner Strafe zuzuführen. Dieser hat auch ohne Celines Hilfe alle Hände voll zu tun, um überhaupt am Leben zu bleiben. Schließlich hat sich ihn einer angeschlossen, der ab und zu schon mal einen würgen muss. Da kann er aber nichts dafür. Und diverse andere Gefangene oder besser gesagt Ex-Gefangene zerstreuen sich in die Freiheit. Kann Celine die Informationen nutzen, die Keeps in petto hat? Auch er ist ein Verbrecher, zweifelhaft, ob man ihm trauen kann.

Mit über 600 potentiellen Mitspielern ist dieser Thriller mit interessantem Ansatz doch etwas reichlich bestückt. Natürlich konzentriert sich die Autorin auf einige der Ausbrecher. Dennoch gehen mache Akteure auf dem Weg irgendwie verloren. Interessant bleibt dabei die Geschichte von John Kradle, der sich als sehr widerstandsfähig erweisen muss. Auch Celine Osborne, die Gefängniswärterin mit einem besonderen Backround, hat Persönlichkeit und trotz ihrer Vergangenheit doch ein gewisses Gottvertrauen. Ihr neu gewonnener Adlatus Keeps wirkt wie ein idealer gewitzter Inhaber einer Nebenrolle. Neben den sehr ansprechenden weiteren Büchern der Autorin wirkt dieser Roman stellenweise so, als habe sich seine Schöpferin etwas verzettelt oder nicht genug Zeit gehabt. Dennoch ein im Kern gelungener und spannender Thriller.

Veröffentlicht am 19.03.2022

Wie ein Gast

60 Kilo Sonnenschein
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Nur Gestur und die Kühe haben den Lawinenabgang überlebt. Sein Vater ist entsetzt darüber, dass sein ganzer Besitz, seine Frau und seine Tochter nicht mehr sind. Trotzdem versucht er Gestur ein Vater zu ...

Nur Gestur und die Kühe haben den Lawinenabgang überlebt. Sein Vater ist entsetzt darüber, dass sein ganzer Besitz, seine Frau und seine Tochter nicht mehr sind. Trotzdem versucht er Gestur ein Vater zu sein. Nicht lange danach ist Gestur allein und dann froh, dass er beim Kaufepapa unterkommt. Aber auch das ist nur eine Station. Gestur wird schließlich auf einem Bauernhof geduldet und er erlebt wie sich das Leben auf Island nach ändert. Da sei nur der neue Pfarrer erwähnt, dem die Kirche davonfliegt. Oder die Schiffe, die mit dem Versprechen von Amerika, anlanden.

Wie ist es für ein Kind, dass seine Familie früh verliert und dann zwar irgendwie nicht richtig gewollt wird, aber doch Sympathien findet. Gestur blickt auf die Veränderungen in seinem Ort. Konstanten bilden eher die Tiere, die ihn begleiten. Mit wachen Augen blickt Gestur um sich, sieht, was im Ort vor sich geht. Die Moderne geht auch an Island nicht vorbei. Die Arbeit ändert sich und die Menschen ändern sich. Und doch bleiben die Strukturen gleich, manche sind begünstigt und gewollt, andere wieder nicht. Und Gestur streift herum, denkt sich sein Teil und macht seinen Weg.

Auch in diesem Roman genießt man den besonderen Humor, mit dem der Autor seine Sätze garniert. Gleichzeitig erfährt man etwas über das schwere Leben der Landbevölkerung, das nur aus Eis, Schafen, viel Arbeit und wenig Lohn zu bestehen schien. Wenn man kein Islandkenner ist, fehlt vielleicht eine genauere zeitliche Einordnung. Dafür sind die witzigen und skurrilen Beschreibungen der Charaktere sehr unterhaltsam. Gestur, dessen Name wohl Gast bedeutet, ist ein heller Kopf mit außerordentlichem Überlebenswillen. Dieser reicht nicht nur für ihn, sondern auch für seine Umgebung. Auch wenn man unsicher ist, wie lange diese Erzählung im Gedächtnis bleibt, wo handelt es sich bei Gestur doch um einen sehr einnehmenden und sympathischen Charakter.

Veröffentlicht am 11.03.2022

Frauen von heute

In all deinen Farben
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Es sind alte Geschichten und Sagen, denen die Autorin ganz neue Kleider überstreift. Mal moderner, mal fast sagenhaft. Oft machen die jungen Frauen ihren Weg. Mitunter leben sie in gefährlichen Zeiten, ...

Es sind alte Geschichten und Sagen, denen die Autorin ganz neue Kleider überstreift. Mal moderner, mal fast sagenhaft. Oft machen die jungen Frauen ihren Weg. Mitunter leben sie in gefährlichen Zeiten, manchmal sind sie privilegiert, manchmal sehen sie sich selbst mit Makeln behaftet. Doch wie in der Jugend so häufig, machen sie eine Zeit der Veränderung durch. Eine Zeit, in der ihnen Gefahren begegnen können oder auch die Liebe.

Die meisten der hier vorliegenden Stories basieren auf bereits vorhandenen Geschichten, doch auch ein paar komplett selbst komponierte Kurzgeschichten kredenzt die Autorin den Leserinnen und Lesern. Es ist schon eine coole Mischung, mit etlichen ansprechenden Erzählungen mit Wurzeln aus der großen Teilen der Welt. Wenn allerdings manche Originale nicht so bekannt sind, kommt der Wiedererkennungseffekt ein wenig abhanden, der sonst dazu beitragen kann, die Abwandlung noch besser zu würdigen. Doch auch unabhängig davon, zeichnen die Kurzgeschichten häufig starke junge Frauen, die schnell Sympathie erwecken. Mitunter sind es Teenager mit der süßen ersten Liebe, mitunter kämpferische Amazonen, die doch auch eine empfindsame Seite haben oder auch gestandene Frauen, die sich doch nach einer verlorenen Liebe sehnen. In der Welt dieser Geschichten muss man sich erst etwas zurechtfinden, doch dann kann man den zuversichtlichen und positiven Tonfall richtig genießen.

Ein echter Hingucker ist das Zuversicht und Frechheit ausstrahlende farbenfrohe Cover. Es weckt den Gedanken, das will unbedingt in mein Regal.