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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.04.2022

Schön und spannend ohne allzu viel Blutvergießen

Tiefes, dunkles Blau
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Zürich und der Zürcher See sind nicht nur Kulissen in diesem Krimi. Diesen Eindruck gewann ich von den ersten Seiten an. Beide spielen eine zentrale Rolle. So wie die Stadt und der See von Kobler beschrieben ...

Zürich und der Zürcher See sind nicht nur Kulissen in diesem Krimi. Diesen Eindruck gewann ich von den ersten Seiten an. Beide spielen eine zentrale Rolle. So wie die Stadt und der See von Kobler beschrieben werden, fast wie zentrale Gestalten, muss man ihnen auch Beachtung schenken.
Für einen modernen Krimi kommt Seraina Kobler mit nur einer Leiche und einem Mordversuch aus. Es muss nicht immer Blut in Strömen fließen, um einen Krimi gut werden zu lassen. Dafür aber gibt es ein brisantes Thema: die Genschere die erst vor ein-zwei Jahren entdeckt und entwickelt wurde, und die Frage, ob Forschung geheim bleiben soll oder offen zugänglich. Vor allem wenn es sich um solch wichtige Themen handelt, wie das Eingreifen in das genetische Erbgut der Menschen. Gut dokumentiert, sowohl was die Genforschung betrifft, als auch wie Polizeiarbeit verläuft, (schade, nichts mit Special Victims Unit oder Criminal Minds, zwinker-seufz) wirkt alles in diesem Buch glaubwürdig: Thema, Handlung, Charaktere und das besondere Setting.
Der Stil von Seraina Koblenz ist auf den ersten Blick etwas langatmig, gewinnt dadurch aber an Tiefe.
Diogenes hat dem Buch ein wunderschönes Titelbild mit einer herrlichen Aussicht auf Zürich verpasst. Ein Grund zum Buch zu greifen oder die Koffer zu packen. Gruezzi!

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Veröffentlicht am 19.04.2022

Spannendes Wiedersehen mit John Alderney

Die andere Schwester
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Das Autorenduo setzt die spannende Serie um John Alderney fort. Sein alter Widersacher aus den Staaten hat ihn in Schweden ausfindig gemacht, Trevor, sein ehemaliger Freund und Kollege taucht unerwartet ...

Das Autorenduo setzt die spannende Serie um John Alderney fort. Sein alter Widersacher aus den Staaten hat ihn in Schweden ausfindig gemacht, Trevor, sein ehemaliger Freund und Kollege taucht unerwartet in Karlstadt auf und gesteht ihm, dass er die nigerianische Mafia auf den Fersen hat. Wenn John Alderney ihm nicht hilft, wird Ganiru aus dem Gefängnis in Baltimore heraus sie beide und seine Familie in den Staaten töten lassen. Aber dies ist nur die eine Seite des Krimis. Andererseits muss John im Fall einer jungen ermordeten Geschäftsfrau ermitteln. Bald taucht noch ein zweiter Toter auf. Und noch einer. John hat alle Hände voll zu tun zwischen seinen Ermittlungen und der Flucht vor den Killern Ganirus. Hinzu kommt noch seine junge Nichte die bei einer gar nicht so netten Pflegefamilie untergebracht wurde.
Fesselnd geschrieben und mit glaubwürdigen Charakteren, fiebern wir mit Alicia, der Schwester mit den Narben im Gesicht und mit John, der seinem ehemaligen Freund nicht mehr trauen darf und es dennoch tut, mit. Alicia und Stella, die zwei Schwestern verbindet eine Hassliebe seit ihrer Kindheit. Stella ist manipulativ und berechnend, sie weiß, dass sie ohne Alicias Kenntnisse und Fähigkeiten im IT-Bereich nie ihre Dating-App aufziehen könnte. Ihr grausamer Tod setzt eine Kettenreaktion im Gang, die es letztendlich John Alderney ermöglicht, seine Verwicklungen mit Ganirus Auftragskillern mit Stellas Tod zu verbinden und das Ganze in Einklang zu bringen. Spannend konstruiert erscheint die Lösung des Falls plausibel aus dem einfachen Grund: damit ist allen Seiten gedient. Dass die Wahrheit zurechtgebogen werden musste, nehmen wir hin, einfach weil Alicia und John uns sympathisch sind und wir finden, sie sind mit ihren Schicksalen schon genug gestraft. Dass John sich am Ende um seine kleine Nichte kümmert, lässt ihn in unseren Augen noch achtenswerter erscheinen. Genaugenommen hat er aus Notwehr getötet, wie eigentlich Alicia auch. Und damit müssen die beiden leben und wir auch.

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Veröffentlicht am 26.03.2022

Die Frau spricht mir aus der Seele

Einatmen, ausrasten
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Das blühende Leben mit all seinen Hochs und Tiefs schlägt uns aus diesem Buch entgegen. Ich habe mich gleich angesprochen gefühlt. Vom Titel allemal und, nach der Lektüre, verstehe ich auch das schräge ...

Das blühende Leben mit all seinen Hochs und Tiefs schlägt uns aus diesem Buch entgegen. Ich habe mich gleich angesprochen gefühlt. Vom Titel allemal und, nach der Lektüre, verstehe ich auch das schräge Titelbild besser. Manche Szenen sind mir ans Herz gewachsen, so z. B., wenn Eliza das Lamm von der Autobahn rettet und der Fahrer vom anderen Auto sie als „Crazy Lady“ betitelt.
Seien wir doch ehrlich, Mädels. Sobald wir den 50 Geburtstag passiert haben, werden wir unsichtbar. Kein Mann dreht den Kopf mehr nach uns um, kein Bauarbeiter pfeift uns hinterher, und einen Sitzplatz in der U-Bahn kriegen wir auch nicht, entweder weil wir eben uninteressant sind oder noch nicht alt genug, nach Meinung der Männer.
Und Eliza Finch packt das Leben bei den Hörnern. Sie lässt sich nicht unterkriegen. Sie kämpft für die Menschen, die sie liebt, für die Dinge, die ihr wichtig sind. Sie kapert das Boot ihres Mannes, um es vor dem Verkauf zu retten, weil das Boot für ihren Mann Paddy sein ein und alles ist. Eliza setzt sich für ihren autistischen Sohn ein, hilft ihrer Tochter in Herzensangelegenheiten, kämpft dabei gegen die schlimmen Nebenerscheinungen ihres Alters, wehrt sich gegen die Unsichtbarkeit, ist weiterhin attraktiv und sexy. Am Ende des Buches besteht sie alle Krisen, findet Lösungen, um die Probleme ihrer Kinder zu lösen und vor allem: sie findet sich selbst wieder attraktiv und zeigt es auch. Auch das vorher etwas angespannte Verhältnis zu Paddy normalisiert sich, sie finden zu ihrer Liebe zurück.
Der humorvolle Stil, die verbalen Schlagabtausche genannt Dialoge, zwischen den Familienmitgliedern, die abstrusen Abenteuer in denen Eliza wider Willen hineingerät, all dies lassen die Lektüre zu einem wahren Vergnügen werden und täuschen nicht über das ernste Thema hinweg. Denn ja, für uns Frauen ist das Klimakterium ein sehr ernstes Thema.
Dies ist ein Trostbuch für alle Frauen ab 49. Und für die jüngeren ist das Buch ein Ratschlag: Bloß keine Angst vor den Wechseljahren. Die kommen eh, ob wir es wollen oder nicht. Hauptsache wir leiden nicht daran, sondern segeln erhobenen Hauptes durch sie hindurch.

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Veröffentlicht am 26.03.2022

Vielschichtig und mit feiner Feder geschrieben

Der große Fehler
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Interessant geschriebener Roman. Zuerst beschreibt Jonathan Lee genau und detailgetreu was Andrew Green getan hat, an jenem Freitag, den 13. November 1903, bis er erschossen wurde. Wir erfahren sogar, ...

Interessant geschriebener Roman. Zuerst beschreibt Jonathan Lee genau und detailgetreu was Andrew Green getan hat, an jenem Freitag, den 13. November 1903, bis er erschossen wurde. Wir erfahren sogar, dass er seinen Kaffee aus exakt 36 Kaffeebohnen gebrüht haben will, was seine Haushälterin für ihn kochen will. Danach schwenkt der Fokus auf seine Kindheit auf einer Farm außerhalb New Yorks. Eine Kindheit und erste Jugendzeit in der so vieles unausgesprochen bleibt. Diese wechselnden Perspektiven, aus Andrews Sicht, aus den Erzählungen von Mrs.Bray, der Haushälterin und den Ermittlungen von Inspector McClusky werden zum Schluss Andrew Greens Leben, Bild und Werk vor unseren Augen entstehen lassen. Und auch den Mord an Andrew Green unspektakulär und der Wahrheit entsprechend aufklären.
Wenn wir das Buch als Krimi betrachten, ist es ein „Raskolnikow“ Krimi oder Inspector Columbo Krimi. Will sagen, wir kennen das Opfer, wir kennen den Täter, wir müssen nur noch erfahren, weshalb die Tat geschah.
Wenn wir das Buch als historischen Roman betrachten, ist es eine hoch interessante Abhandlung über New York, wie Brooklyn ein Teil von New York wurde, wie der Central Park zustande kam, wie und mit welchen Geldern (Achtung, Spoiler: korrupte Gelder) die Brooklyn Bridge gebaut wurde.
Betrachten wir das Buch als einen biographischen Roman: Die agierenden Personen im Buch sind reale, historisch attestierte Personen. Die Homosexualität der beiden Freunde Andrew und Samuel wird sehr diskret und wie nur am Rand behandelt, obwohl sie das Leben der beiden bestimmt hat, mit der ständigen Angst der Entdeckung, der Verdrängung der Gefühle, die nie und unter keinen Umständen offenbart werden dürfen, oftmals auch in der Abgeschiedenheit ihrer Privaträume.
„Der große Fehler“ – worin besteht er denn eigentlich? Ist es ein Fehler einen Menschen zu lieben, mit einer Liebe die die gesellschaftlichen Konventionen der Zeit nicht erlauben? Dann ist es aber nicht der Fehler des Individuums, sondern ein kollektiver Fehler der Gesellschaft. Ist der Tod an Andrew H. Green ein Fehler? Ja, auf jeden Fall, Mord ist immer ein Fehler, nur in diesem Fall ist der Fehler banal und brutal und sinnlos zugleich: Cornelius Williams hält Andrew Green für einen anderen und erschießt ihn. Eine Verkettung von Zufällen führt zur Verwechslung und zur Bluttat.
Das Buch wird von einem feinen, tiefsinnigen, oftmals hintergründigen Humor durchwebt, ab und zu werden ein paar Szenen von geradezu grotesker Intensität erzählt, wie z.B. die Szene in der der angetrunkene Zoopfleger seine Elefantendame Topsy durch die Straßen New Yorks reitet und Topsy mit dem Kopf in der Tür der Polizeiwache steckenbleibt während sich die Polizisten innerhalb des Gebäudes in die Zelllen in Sicherheit bringen. Unübertroffen ist auch die Begründung, mit der Mrs. Bray eine Gehaltserhöhung argumentiert und gewinnt.
Wahrscheinlich ist die Episode mit Topsy auch die ultima ratio für das Titelbild des Buches. Auf jeden Fall passend.

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Veröffentlicht am 21.03.2022

Schatten der Vergangenheit

Kalt lächelt die See
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Das Coverbild finde ich zum Dahinbeamen schön! Der Schreibstil ist angenehm, direkt, ohne Phrasendrescherei. Die ermittelnde Polizistin, die auf der Insel alle und jeden kennt und der Neuling aus London, ...

Das Coverbild finde ich zum Dahinbeamen schön! Der Schreibstil ist angenehm, direkt, ohne Phrasendrescherei. Die ermittelnde Polizistin, die auf der Insel alle und jeden kennt und der Neuling aus London, der überall anerkannt werden will, werden sich bestimmt zusammenraufen. Auf dieses Zusammenraufen freue ich mich. Ich würde mich sehr freuen, wenn Ava lebend und unversehrt wieder gefunden würde, aber ich würde mich auch "nur" mit dem spannenden Krimi begnügen.
Ich war noch nie auf Guernsey. Schade eigentlich. Wenn Corona einmal vorbei ist, würde ich das gerne mal ins Auge fassen. Die Beschreibungen im Buch sind wunderschön und machen richtig neugierig auf die Insel. Da kommt Fernweh hoch.
Auffallend: in der ganzen Polizeistation auf Guernsey sind lauter nette Beamte, ein einziger Armleuchter ist aber mit dabei, sozusagen damit die anderen, netten, besser hervortreten können. Der Störenfried heißt Batiste, ein Name, der vielseitige Assoziationen in mir weckt: Bastille, zum einen. Dann Bastard, zum zweiten. Und zum dritten: irgendwie erinnert mich der Name an Bosse von südamerikanischen Drogenkartellen.
Die Hauptgestalten, Kate Langlois, ihr Chef DeGaris und der neue Kollege aus London, Tom Walker scheinen ein gutes Team abzugeben, wenn Tom Walker mal mit den Fettnäpfchen durch ist. Auf einer kleinen Insel, wo jeder jeden kennt, darf man den Paragrafen der Befangenheit nicht zu eng nehmen. Dafür aber scheint Walker den Kollegen Batiste auch nicht sehr zu mögen. Das hat ihm bei mir schon Pluspunkte eingebracht.
Das zweite Drittel ist sehr spannend. Normalerweise treten alle handelnden Personen im ersten Drittel in Erscheinung. Aber nun, im zweiten Teil frage ich mich, wer ist Margaret? Vor wem hat sie Angst? Welche der vermissten Frauen findet der gute Pfarrer? Wird der missgünstige Leonhard Batiste endlich mal von Kate lassen? Hoffentlich spätestens im nächsten Buch (will sagen, wäre schön, noch weitere Krimis von Ellis Corbet zu lesen, die auf Guernsey spielen und diese Polizisten und einen gewissen forensischen Archäologen ermitteln lassen.)
Nicolas scheint ein besonderer Mann zu sein. Vor allem wenn man erfährt, was für einen Bezug es mit der silbernen Kaffeekanne hat. Die Toten von Srebrenica auszugraben und den trauernden Angehörigen die Leichname der Getöteten wieder zu geben, muss schlimm gewesen sein. Vielleicht aber war das Schlimmste, wenn sie die Toten nicht identifizieren konnten und die Anverwandten weiter mit der Ungewissheit leben mussten. Kein Wunder, dass er nach diesen schrecklichen Einsätzen Ruhe und Erholung braucht. Das Meer beobachten kann in der Tat angespannte Nerven beruhigen, einen runterkommen lassen, zu sich selbst finden.
Die Chemie zwischen ihm und Kate Langlois stimmt auf Anhieb. Jeder Mensch braucht jemanden, außerhalb der Familie, mit dem er reden kann, sich alles von der Seele reden oder gemeinsam über all die Dinge schweigen.
Der dritte Teil bringt die Lösung der Haupterzählung und einiger der Nebenstränge. So, z.B. wird Mr. Baynes verhaftet. Er ist zwar nicht der Mörder seiner Frau, aber seine abartige Liebe zu Pornofilmen mit Teenagern wird ihm zum Verhängnis. Auch erfahren wir wieso sich Hobbs so merkwürdig verhalten hat.
Mein eingangs genannter Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Die kleine Ava wird tatsächlich lebend und wohlauf gefunden. Und der junge französische forensische Archäologe hat seinen Platz auf Guernsey und bei einigen Bewohnern der Insel gefunden. Jetzt könnte einem Folgeroman nichts mehr im Wege stehen, oder?
Wenn man in den ersten beiden Teilen noch den Eindruck hatte, der Roman wird weiterhin gemächlich einem Ende zusteuern, wie in einen ruhigen Hafen, nun, der dritte Teil ist eine rasante Fahrt übers stürmische Meer: Stephanie, die ihr Kind zurückhaben will, Baynes‘ Fluchtversuch, der Showdown in Margarets Haus, - atemlos laufen wir endlich den sicheren Hafen an. Die letzte Szene im Buch ist versöhnlich: der Stress wird nun abgebaut, das Adrenalinhoch flacht ab. Kate und Nicolas beobachten gemeinsam das Meer beim Rauschen. Es ist immer schön, einen Menschen neben sich zu haben, mit dem man das Meer beobachten kann.

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