Cover-Bild Seltene Erde
(1)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Matthes & Seitz Berlin
  • Themenbereich: Belletristik
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 03.03.2022
  • ISBN: 9783751800624
Eva Raisig

Seltene Erde

Als die Voyager 1 viele Jahre nach ihrem Start aus dem interstellaren Raum zurück auf die Erde blickt, ist die Welt längst eine andere geworden. Alles, was der Raumsonde bleibt, ist ihre sorgsam ausgewählte Fracht aus Bildern, Musik und Grüßen in 55 Sprachen, um möglichen Außerirdischen vom Leben auf der Erde erzählen zu können. Aber das absolut Fremde lässt sich womöglich nicht nur in fernen Galaxien finden. Auch in einem südamerikanischen Dorf sollen Ufos so häufig sein wie die dort streunenden Hunde. Hierhin folgt Therese nach dem Tod ihrer Großmutter kurzerhand der von der Wissenschaft enttäuschten Astrophysikerin Lenka, die Antworten auf die Frage sucht, was ein Kontakt mit fremden Zivilisationen bedeuten würde. Doch während Therese Lenkas Sehnsucht nach einer anderen Welt beobachtet, spürt sie die Fremdheit zunehmend in den Leerstellen ihrer eigenen Familiengeschichte: Was bleibt vom Hungerwinter 1946/47? Was von der Schwester der Großmutter, die sich nachts in den halb zugefrorenen Main stürzte?
Und wie sollte sich in einer Welt, in der innerhalb von zwei Generationen die Geschichten unwiederbringlich verloren gehen können, überhaupt ein ehrliches Bild unseres Planeten zeichnen lassen?

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei LeilaL in einem Regal.
  • LeilaL hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.03.2022

Ein smarter und komplexer Roman

0

Ich habe so eine Ahnung, dass dieses Buch dereinst in den literarischen Kanon aufgenommen wird: Ich habe lange kein so schlau konstruiertes und sprachlich so feines Buch mehr gelesen. Die Motive der verschiedenen ...

Ich habe so eine Ahnung, dass dieses Buch dereinst in den literarischen Kanon aufgenommen wird: Ich habe lange kein so schlau konstruiertes und sprachlich so feines Buch mehr gelesen. Die Motive der verschiedenen Erzählebenen greifen so kunstvoll ineinander, die Sprache ist so reich und ausgewählt und die Beobachtungen der Autorin sind so akkurat in Worte gefasst. Und zum Grübeln bringt es einen auch. Wirklich, es hat mich richtig umgehauen!

Worum geht es? Es ist ein Roman, der auf drei Erzählebenen, das Thema Geschichtenerzählen verhandelt. Es geht im weitesten Sinne ums Erinnern, um die Deutungshoheit von Geschichten... darum, wer was weglässt, wenn eine Geschichte erzählt wird und warum. Konkret geht es auf der Hauptebene um zwei Frauen, die eine Beziehung miteinander eingehen: Therese und Lenka. Therese ist vom Leben überfordert und weiß nicht, wohin mit sich. Als sie die 20 Jahre ältere Astrophysikerin Lenka kennenlernt, die, enttäuscht vom Leben auf der Erde, auf außerirdisches Leben hofft, schließt sie sich ihr an (endlich ein Lebensziel! Endlich etwas zu tun!) und folgt ihr nach Südamerika. Ziel ist ein Dorf, in dem es immer wieder Ufo-Sichtungen gegeben haben soll. In verschiedenen Rückblenden wird erzählt, was die Frauen im Leben bisher geprägt hat. Interessante familiäre Verwicklungen kommen hier zum Tragen – insbesondere was die Beziehung zwischen Therese und ihrer Familie, allen voran ihrer Großmutter angeht. Auf einer weiteren Ebene erfahren wir mehr von Lenchen, der Schwester von ebendieser Großmutter. Hier bringt uns die Erzählerin in den Hungerwinter 1946/47, und damit in eine Zeit, in der die sogenannte Wahrheit immer auch politisch war und man sich so manche Geschichte zur Ehrenrettung bzw zur Gesichtswahrung erzählt hat. Lenchen arbeitet hier in einem Säuglingsheim und pflegt den kriegsversehrten Vater. In einer dritten Ebene wird es noch einmal spannend. Hier fliegen wir nämlich mit der Voyager 1 durchs All, also mit der Raumsonde, die man in den siebziger Jahren mit einem Abbild der Menschheit in Form von Grußworten, Bildern und Musik ins All entsandt hat, um Kontakt zu anderen Kulturen aufzunehmen. Auch hier begleitet uns wieder die Frage: Welche Geschichte erzählen wir von uns? Und welche Sachen verschweigen wir lieber? Und wie lässt sich überhaupt ein wahrhaftiges Bild der Menschheit zeichnen, wenn wir es nicht einmal schaffen, dies von der Großmutter- zur Enkelgeneration zu erreichen.

Also, wie gesagt... es ist ein wunderbar komplexes und smartes Buch, das mir noch lange nachhängen wird. Ich kann es nur empfehlen und hoffe, es finden sich viele weitere begeisterte Leser und Leserinnen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere