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Veröffentlicht am 04.06.2017

Gelungene Fortsetzung der Amakuna-Saga

Das Panama-Erbe
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Sina ist Alleinerbin eines riesigen Bankenimperiums von Panama und hat alles, was man sich nur wünschen kann. Sie studiert in Harvard, ist jung und erfolgreich und hat mit Felipe einen ebenso vermögenden ...

Sina ist Alleinerbin eines riesigen Bankenimperiums von Panama und hat alles, was man sich nur wünschen kann. Sie studiert in Harvard, ist jung und erfolgreich und hat mit Felipe einen ebenso vermögenden Verlobten. Gemeinsam wollen sie die Welt zum Guten verändern. Aber sie hat auch ein trauriges Geheimnis. Als Kind wird sie Zeuge des tragischen Unfalltods ihrer Eltern, die auf La Palma eine Forschungsstation betrieben hatten. Als sie sich plötzlich wieder an die tragischen Ereignisse erinnert, gerät Sina in eine Art Amnäsie. Auf einer Ausstellung begegnet sie dem jungen Umweltaktivisten Neri, der auch ein Mitglied der Kuna ist, jenen Ureinwohnern, die in Panama noch heute leben. Kurz entschlossen lässt sie ihr aktuelles Leben hinter sich und beginnt Neri in Panama bei den Kunas zu suchen. Sie ahnt, dass sie beide etwas verbindet und das ihr helfen wird, wieder zu sich selbst zu finden: Das größte Geheinmnis des Kuna-Stammes, das Heilmittel Amakuna. Gemeinsam beginnen sie das korrupte Bankenimperium ihres Großvaters zu bekämpfen, wohlwissend, dass sie sich dadurch viele Feinde machen und versuchen das Geheimnis um den rätselhaften Unfalltod ihrer Eltern zu lüften...
Tamanca ist einer junger Arzt in Spanien des 16. Jahrhunderts. Als Sohn einer Ureinwohnerin von La Palma und einem Spanier findet er spirituellen Zugang zu den Geheimnissen der Ureinwohner der Kanaren, die ihm ihren größten Schatz, Amakuna anvertrauen. Mit seinem Vater bricht er in die neue Welt Westindiens auf und begegnet dort den Konquistadoren, die versuchen die Ureinwohner zu unterdrücken und die neu gewonnenen Territorien mit Gewalt und dem Wunsch nach Gold zu verändern. Tamanca verliebt sich in die junge Kuna Itapiu und lässt bald sein bisheriges Leben hinter sich. Beide versuchen sie das Geheimnis von Amakuna vor der Gier der Konquistadoren zu beschützen...

"Das Panama Erbe" ist der zweite Teil von Susanne Aerneckes Amakuna-Sage. Ich hatte schon viel positives über den ersten Roman gehört, ihn selbst aber noch nicht gelesen. Daher war ich sehr neugierig auf diesen Roman und war positiv überrascht, dass man den ersten Teil nicht gelesen haben muss, um der Handlung gut zu folgen. Im Kern geht es um das sagenumwobene Heilmittel Amakuna, das einst den Weg von La Palma nach Panama gefunden haben soll. Dieses gilt es zu beschützen, bis eine Generation von Menschen existiert, die sich würdig erweist, Amakuna im Guten zu nutzen. Bis dahin muss je ein Paar dieses Geheimnis bewahren und an die Folgegeneration weitergeben. Ich muss sagen, mir gefiel der Gedanke hinter der Geschichte ganz gut, obwohl natürlich die Existenz dieses Wundermittels ins Reich der Fiktion gehört. Dennoch verleiht es der sehr komplexen Geschichte die nötige Spannung. Der Leser taucht sehr schnell in die Welt von Sina ein, begleitet sie in ihrem Kampf gegen die korrupte Welt ihres Großvaters und spürt auch ihren Wunsch die Wahrheit über den Tod ihrer Eltern herauszufinden. Sina war mir als Heldin sehr sympathisch. Sie ist ein Charakter, der mit sich kämpft, voller Zweifel ist bis sie mit Neri zusammen ihren Weg voller Überzeugung geht. Der Leser wechselt dabei zwischen zwei unterschiedlichen Erzählebenen. Auf der einen verfolgen wir Sina und auf der zweiten reist der Leser in die Vergangenheit, ins 15. Jahrhundert zur Zeit der Konquistadoren, die die neue Welt auf der Suche nach Gold verändern sollten. Hier begegnet der Leser dem jungen Tamanca, der ebenfalls ein sympathischer Held mit vielen Selbstzweifeln ist, der eigentlich Gutes tun will, aber an der grausamen Realität zu scheitern droht. Beide Erzählstränge waren sehr unterschiedlich, aber in ihrer Handlungstiefe spannend zugleich. Beide sind auch durch das Heilmittel Amakuna miteinander verbunden und es klingt auch an, dass die beiden Helden jeweils in die Vergangenheit bzw. Zukunft, d.h. in die Welt des jeweils anderen, blicken können. Die Autorin beweist mit ihrem Roman ein uns andere Mal eine gute Recherche und hervorragendes Hintergrundwissen zur gesellschaftlich-sozialen Situation in Mittelamerika, Panama, den dort noch heute lebenden Ureinwohnern, den Kunas und den historischen Fakten um die Eroberung Mittelamerikas, die sie geschickt zu diesem gelungenen Abenteuerroman verbindet.
Mein Fazit: Ein unterhaltsamer, lesenswerter Abenteuerroman mit fiktionalen, historischen Elementen, der eine gelungene Fortsetzung der Amakuna-Saga ist.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Lügen haben kurze Beine in dieser Familie

Kleine Lügen erhalten die Familie
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Franzi führt ein fast perfektes Leben. Sie hat einen tollen Job als Krankenschwester und drei perfekte Kinder. Aber es ist eben nur fast perfekt. Denn sie lebt inzwischen getrennt von ihrem Ex-Mann Mischa, ...

Franzi führt ein fast perfektes Leben. Sie hat einen tollen Job als Krankenschwester und drei perfekte Kinder. Aber es ist eben nur fast perfekt. Denn sie lebt inzwischen getrennt von ihrem Ex-Mann Mischa, der nach fast 20-jähriger Beziehung sie und die Familie verlässt. Und so muss nicht nur Franzi mit der neuen Situation zurechtkommen, sondern auch mit drei heranwachsenden Kindern und Jugendlichen. Zu ihrem Pech können weder sie noch Mischa voneinander lassen und führen nebenher eine Affäre - miteinander. Als wenn das nichts wäre, versucht sich ihre Mutter Brunhilde in die neue Situation tatkräftig einzuschalten. Doch Franzi ahnt nichts von Brunhildes Geheimnis: Denn die war in ihrer Jugend in Berlin eine gesuchte Einbrecherin, die zusammen mit ihrem Lebensgefährten Heinz, der Franzis leiblicher Vater ist, reiche Villen ausgeraubt hat. Als Franzi zur Familie Ruthemann auf Gut Hämmerling gerufen wird, um dort der bettlägerischen Hausherrin zu helfen, kommt Franzi der Wahrheit näher, als sie ahnt.

Mit "Kleine Lügen erhalten die Familie" ist der Autorin eine turbolente, aber auch unterhaltsame, erfrischend lockere Familienkomödie gelungen, die für jeden Leser, der ein Herz für Familiengeschichten hat, etwas dabei hat. Im Kern dreht es sich um die großen und kleinen Lügen des Lebens und ihre Auswirkungen auf ganze Generationen einer Familie. Denn so ziemlich jeder der handelnden Personen trägt eine Lüge mit sich herum. Franzi als Hauptfigur ist eine sympathische, liebenswerte Hausfrau und berufstätige Mutter, die glaubwürdig die alltäglichen Herausforderungen in der Familie meistert und mit der man sich sehr gut identifizieren kann. Natürlich ist sie fast schon ein wenig zu perfekt, denn eine solche Trennung und dazu noch mit drei Kindern wäre wahrscheinlich auch für die "Otto-Normal-Hausfrau-und Mutter" etwas, das sie an die Belastungsgrenze bringen müsste. Aber das will das Buch auf keinen Fall vermitteln. Im Gegenteil, es geht eher um die zweite Chance im Leben, um das Suchen und Finden, um Vertrauen, Enttäuschung und Versöhnung. Und so plätschert die Handlung nur so dahin, was zum einen am Schreibstil liegt und zum anderen an den vielen Handlungssträngen und Personen, die die Geschichte bereichern und es nicht zu einer langweiligen Geschichte werden lassen. Denn natürlich fiebert man mit, wenn es darum geht, wer Franzis Vater ist, ob sie es herausfindet und was es mit diesem mysteriösen, gestohlenen Gemälde auf sich hat, für das sich plötzlich mehrere Leute interessieren. Gerade die Vergangenheit von Brunhilde ist ein sehr spannend erzählter Handlungsstrang, wohingegen der Haushund der Familie "Werner" durch seine Ausflüge als Drogendealer eher zur Belustigung beiträgt. Den Schluss der Handlung hätte ich mir persönlich doch noch etwas anders gewünscht, aber jeder soll sich hier selbst ein Bild machen. Obwohl ich jetzt persönlich kein großer Fan von dieser Art von Unterhaltungsliteratur bin, fühlte ich mich immer gut unterhalten und kann den Roman nur weiterempfehlen.

Mein Fazit: Ein Familienroman mit Herz. Ein unterhaltsames Lesevergnügen über die großen und kleinen Lügen, die bekanntlich nur kurze Beine haben.

Veröffentlicht am 04.06.2017

Morde al dente

Die Morde von Morcone
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Der Rechtsanwalt Robert Lichtenwald flieht in die beschauliche Toskana, um hier ein Jahr Auszeit zu haben und Abstand zu seiner gescheiterten Ehe zu finden. Doch die Idylle trügt, als kurz nach seiner ...

Der Rechtsanwalt Robert Lichtenwald flieht in die beschauliche Toskana, um hier ein Jahr Auszeit zu haben und Abstand zu seiner gescheiterten Ehe zu finden. Doch die Idylle trügt, als kurz nach seiner Ankunft ein schrecklicher Mord geschieht. Als es nicht bei dieser Leiche bleibt, sondern ein offenbar Wahnsinniger mehrere Morde nacheinander verübt, die alle nach Ritualmorden aussehen, nimmt Robert Lichtenwald die Fährte auf. Zusammen mit der gewitzten Lokalreporterin Giada Bianchi versuchen beide das Geheimnis hinter den Morden zu lüften. Bald befinden Sie sich selbst im Visier des Täters, der ein fanatisches Ziel verfolgt.

Der Toskana-Krimi von Stefan Ulrich ist der Debüt-Krimi des Autors. Stilsicher und überzeugend entführt der Autor seine Leser in die beschaulich trügerische Landschaft der Toskana, die Maremma, die der Autor offenbar selbst schon erlebt hat. Als Leser taucht man von Anfang an ein in diese spannende Welt eines kleinen beschaulichen Städtchens. Darüber hinaus beschreibt der Autor mit seinen Protagonisten sehr charakterstarke Persönlichkeiten, die mich durchweg überzeugen konnten. Der Krimi ist von Anfang an fesselnd und durch die Ritualmorde auch nie ganz vorhersehbar. Es gibt immer wieder überraschende Drehungen und Wendungen und irgendwann auch einen spürbaren Wettlauf mit der Zeit. Der Täter ist bis zum Schluss ein Geheimnis und die Enthüllung ist durchaus überraschend. Die Sprache und auch Dialoge sind teilweise sehr wortgewandt und humorvoll. Für mich persönlich ist der Krimi ein wirklich gelungenes Werk und ich bin gespannt auf weitere Krimis von Stefan Ulrich aus der beschaulichen Toskana. Daumen hoch für alle Liebhaber Italien-liebenden Krimifans.

Veröffentlicht am 28.05.2017

Gefährlich guter Krimi mit Suchtfaktor

Gefährlicher Lavendel (Ein-Leon-Ritter-Krimi 3)
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Mit "Gefährlicher Lavendel" liefert der Autor mittlerweile seinen dritten Roman aus der Provence-Krimi-Reihe um den deutschen Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter, der in der Provence lebt, arbeitet und der ...

Mit "Gefährlicher Lavendel" liefert der Autor mittlerweile seinen dritten Roman aus der Provence-Krimi-Reihe um den deutschen Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter, der in der Provence lebt, arbeitet und der lokalen Polizei bei der Lösung spannender Kriminalfälle unterstützt, ab.

Der Frühling zieht in der Provence ein und der Ort Le Lavendou bereitet sich auf den alljährlichen Blumenkorso vor. Die frühlingshafte Stimmung wird getrübt, als der angesehene Richter Lambert plötzlich unter mysteriösen Umständen verschwindet. Anfangs wird noch eine Entführung vermutet, doch als der Richter Tage später grausam gefoltert und verstümmelt wieder auftaucht, wird schnell klar, dass es sich hierbei um keinen normalen Mordfall handelt. Leon Ritter, der mit der Obduktion betraut ist, stößt schnell auf Ungereimtheiten und mischt sich in die Recherchen der Polizei ein, was nicht gerade auf Gegenliebe stößt. Doch was anfangs noch wie die Tat eines perfiden Einzeltäters aussieht, wird schnell zu einer Mordserie, als die nächste grausam zugerichtete Leiche auftaucht. Was verbindet die Opfer miteinander? Wer ist der Täter, der zu einer solchen Tat fähig ist? Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, bei dem sich Leon Ritter in seinen Recherchen in der Vergangenheit nicht nur Freunde macht.

Ich bin ein großer Fan von Krimis mit Lokalkolorit und bin auch jedes Mal gespannt, wie es dem oder der Autor/in gelingt, eine gute Kriminalgeschichte mit dem kulturellen Flair der Region und der Eigenarten der dort lebenden Menschen zu verbinden. Daher war ich sehr gespannt auf dieses Werk. Ich selbst habe noch keinen Roman aus der Reihe gelesen, was ich aber nach dieser Lektüre bestimmt noch nachholen werde. Vorkenntnisse auf Basis der zwei anderen Romane waren nicht notwendig. Man muss also nicht zwangsläufig die beiden Vorgängerromane gelesen haben, um der Entwicklung bzw. die Geschichte der Figuren folgen zu können. Ich finde, dass dem Autor hier eine wirklich gute, sich rasent schnell entwickelnde Kriminalgeschichte gelungen ist, die den Leser gleich auf den ersten Seiten gefangen nimmt und ihn auch über viele Wendungen hinweg bis zum Ende halten kann. Man fiebert förmlich mit und überlegt, wer der Täter sein könnte und wird bis zum letzten Drittel auch im Unklaren gelassen. Ich fand die Geschichte nicht einen Augenblick langweilig bzw. auch nicht zu überladen mit Figuren und Handlungssträngen. Einen kleinen Punkt muss ich abziehen, da ich finde, dass die Nebenhandlung von Leon Ritter mit der Stalkerin Natalie nicht wirklich gut zur Haupthandlung gepasst hat. Der Erzählstil hingegen ist flüssig, eingängig und passt sehr gut zum positiven Gesamteindruck. Das wunderbar gestaltete Cover tut sein übriges, um den Leser auf die Region und den Fall einzustimmen. Mit Leon Ritter und seiner Lebensgefährtin Isabelle, die bei der Polizei tätig ist, und die sich mit ihrer pubertierenden Tochter herumschlägt, haben wir zudem wunderbare und sympathische Charaktere, mit denen man sich gut identifizieren kann. Sehr gut fand ich, dass der Autor für den Roman aktuelle politische Themen (Flüchtlingskrise etc.) aufgreift und diese mit der Geschichte verwebt.

Kurz: Hier ist ein aus meiner Sicht wirklich spannender Krimi gelungen, der nicht nur Lust auf eine Reise in die Provence macht, sondern wunderbar zu den anstehenden warmen (Lese-) Sommerabenden passt. Ich kann ihn auf jeden Fall weiterempfehlen.

Veröffentlicht am 05.07.2020

Als Hysterie noch eine Krankheit war

Die Tanzenden
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Paris, 1885: Die Geisteskranken des berühmt-berüchtigten Pariser Krankenhauses „Saint-Salpetrière“ bereiten sich auf das Highlight des Jahres vor – den Bal des Folles. Ein Ereignis, bei dem die gehobene ...

Paris, 1885: Die Geisteskranken des berühmt-berüchtigten Pariser Krankenhauses „Saint-Salpetrière“ bereiten sich auf das Highlight des Jahres vor – den Bal des Folles. Ein Ereignis, bei dem die gehobene Pariser Gesellschaft sich einem unwürdigen Spektakel aussetzt, nämlich im Rahmen eines Balls den nervenkranken Frauen zu begegnen, die von der Gesellschaft ausgegrenzt und dennoch mit Faszination betrachtet werden. Die junge Eugénie Cléry, die wegen ihrer spiritistischen Begabung von der eigenen Familie eingeliefert wird, will sich dieser menschenverachtenden Behandlung nicht beugen und plant die Flucht. Hilfe erhält sie allerdings von einer unerwarteten Stelle…
„Die Tanzenden“ ist mir in erster Linie durch das wunderbare pastellig gestaltete Cover, das so viel Leichtigkeit und Weiblichkeit ausdrückt, aufgefallen. Der Klappentext hat mich zusätzlich neugierig gemacht. Ich musste den Roman lesen. Victoria Mas ist ein für mich herausragender Roman gelungen. Sie entführt uns in das 19. Jahrhundert, in dem auch durch Persönlichkeiten wie Sigmund Freud, die Menschen anfangen sich die Erforschung der Psyche zu interessieren und die Betroffenen wie Versuchstiere erniedrigenden Torturen aussetzen, um die Grenzen des Wissens zu überwinden. Schauplatz ist dabei eines der berüchtigsten Heilanstalten Europas. Victoria Mas nimmt uns mit in jene Zeit und lässt uns hinter die Kulissen blicken. Es ist eine spannende Reise, die zum einen authentische Bilder zeichnet, aber auch erschütternde Einzelschicksale präsentiert. Denn die Opfer sind überwiegend Frauen: die Hysterie galt damals als Nervenkrankheit, wer sich anpassen wollte oder gar ein eigenes Denken entwickelte, konnte schnell ausgegrenzt oder als nervenkrank gelten.
Im Mittelpunkt des Romans stehen drei Frauen, die unterschiedlich sind, aber alle drei Opfer einer patriarchalischen Gesellschaft werden, in der eigenes Denken, selbstbewusstes Auftreten oder Auflehnung gegen die männliche Dominanz unerwünscht waren.
Eugénie ist eine fortschrittlich denkende, gebildete junge Frau, die aus den Grenzen des damaligen weiblichen Rollenverständnisses ausbrechen möchte. Sie wird von der eigenen Familie in die Heilanstalt eingewiesen, als sie ihre Neigung und Begabung zur Spritualität entdeckt.
Louise hingegen ist schon länger in der Heilanstalt. Ihr Verhalten ist die Folge eines psychischen erlittenen Traumas, das ihr durch männliche Gewalt angetan wurde. Sie träumt davon, berühmt zu werden und durch Heirat aus der Heilanstalt entlassen zu werden.
Geneviève ist Aufseherin in der Heilanstalt. Sie ist selbst durch den Tod der jüngeren Schwester traumatisiert und ein wichtiger Bezugspunkt vieler Frauen. Allerdings betrachtet sie die Frauen und die Geschehnisse eher aus der Distanz und wird dadurch Teil der männlich geprägten Unterdrückungsmechanismen. Aber auch sie wird Opfer, als sie erkennen muss, dass ihre Meinung im Grunde nichts zählt.
Alle drei Frauen haben mich auf ihre Art und Weise berührt. Victoria Mas‘ Erzählstil ist sehr feinfühlig, aber gleichzeitig authentisch. Die Geschichte ist überwiegend im Präsens geschrieben. Dadurch hatte ich das Gefühl mich mitten in der Erzählung zu befinden und die Handlung direkt mitzuverfolgen. Die erzählten Geschichten sind erschreckend, aber auch mutig erzählt. Für mich war es beklemmend zu lesen, wie Frauen in dieser Zeit behandelt und Repressalien ausgesetzt wurden, um die Forschung voranzutreiben. Allerdings ist keine der handelnden Personen völlig hilflos, jede ist mutig und entschlossen sich den Gegebenheiten entgegenzustellen. Ein Punkt Abzug allerdings muss ich geben, da ich mich mit dem von Eugénie betriebenen Spiritismus nicht so recht anfreunden konnte. Der Fakt ist zwar sehr gut in die Handlung eingewoben, aber wirkt auf mich fehlplatziert, um nicht zu sagen unglaubwürdig. Eugénies mutiger Charakter und selbstbewusstes Auftreten hätten womöglich damals schon ausgereicht, um sie in der damaligen Gesellschaft für nervenkrank zu halten.
Mein Fazit: Ein empathischer, aufwühlender Roman, über eine Zeit, in der selbstbewusste Frauen unterdrückt wurden. Und eine Geschichte über drei Frauen, die versuchen aus einem menschenverachtenden System auszubrechen - mutig, authentisch und feinfühlig erzählt.

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