Tag des Umbruchs
Es ist der 11. März 1985. Sowjetische Radiosender spielen Chopins Trauermarsch. Untrügliches Zeichen für die Bürger, dass jemand aus dem Politbüro gestorben ist. Es wird der Tag des Umbruchs sein, der ...
Es ist der 11. März 1985. Sowjetische Radiosender spielen Chopins Trauermarsch. Untrügliches Zeichen für die Bürger, dass jemand aus dem Politbüro gestorben ist. Es wird der Tag des Umbruchs sein, der Tag, an dem Michail Gorbatschow das Amt des Generalsekretärs übernimmt, der Tag, der letztendlich das Ende des Kalten Kriegs einläutet.
Doch die Protagonisten des Romans wissen das nicht. Auf engem Raum leben Großmutter, Mutter, Tochter und Enkelin in einer Kommunalka, einer Gemeinschaftswohnung mit fünf weiteren Mietparteien irgendwo in Sibirien, weit weg von Moskau. Große Hoffnungen auf Veränderung haben sie alle nicht, auch wenn sie ihren kleinen Träumen in ihrem Alltag nachhängen. Katerina Poladjan erzählt von ihren Protagonisten so warmherzig, dass sie einem alle ans Herzen wachsen, wie schrullig sie auch sein mögen. Fast schon möchte man den Tag mit ihnen in der Kommunalka verbringen. Man wird beim Lesen bzw. Hören dieser Geschichte fast ein wenig nostalgisch, auch wenn man diesen im Westen aufgewachsen ganz anders erlebt hat. Am 11. März 1985 wussten wir alle noch nicht, welche positiven Veränderungen dieser Tag bringen würde, welche Möglichkeiten sich insbesondere Deutschland und Europa eröffnen würde. Gerade deswegen stimmt es gerade traurig, dass die Zukunftsmusik von 1985 inzwischen fast schon eine Weise aus alten Tagen ist.
Eine wunderschöne Geschichte einer großartigen Autorin, hervorragend von Ulrich Noethen vorgetragen.
Uns bleibt im Moment nur zu hoffen, dass wir ganz bald einen Tag wie den 11. März 1985 erleben.