Profilbild von ech68

ech68

Lesejury Star
offline

ech68 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit ech68 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.06.2017

"Der weiße Brasilianer" packt aus - wunderbares Best Of der gleichnamigen 1Live - Radiokolumne

Ansgar Brinkmann: Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich
0

Ansgar Brinkmann, der "weiße Brasilianer", gehörte zu den besonderen Spielertypen, die man im heutigen Fußball nur noch äußerst selten vorfindet. Wahrscheinlich hätte er in der heutigen Medienlandschaft ...

Ansgar Brinkmann, der "weiße Brasilianer", gehörte zu den besonderen Spielertypen, die man im heutigen Fußball nur noch äußerst selten vorfindet. Wahrscheinlich hätte er in der heutigen Medienlandschaft bzw. im Internetzeitalter, in dem sich jedes noch so unbedeutene Handyvideo rasent schnell verbreitet, auch überhaupt keine Chance mehr, sondern würde von den Fans und vor allem von den Medien so dermaßen vereinnahmt, das er seiner eigentlichen Leidenschaft gar nicht mehr vernünftig nachgehen könnte.

Ich hatte noch das große Glück, ihn des öfteren im Stadion bewundern zu dürfen, hauptsächlich während seiner Zeiten im Trikot von Preußen Münster, für die er insgesamt dreimal seine Fußballschuhe geschnürt hat. Ich weiß auch gar nicht mehr, wie oft ich dabei über Ansgar geschimpft oder sogar geflucht habe. Mindestens genauso oft konnte er mich aber auch mit besonderen Aktionen und Auftritten begeistern, weil es für ihn auch einfach kein Mittelmaß gab, sondern er ständig zwischen Genie und Wahnsinn gependelt ist. Diese Eigenschaft hat er sich auch über seine Spielerkarriere hinaus bewahrt, wie ich bei zahlreichen Veranstaltungen, bei denen ich ihn seither gesehen habe, feststellen konnte. Ansgar ist und bleibt ein Chaot, der manchmal schneller spricht als er denkt, als Mensch ist er aber zugleich wunderbar geerdet und kein bischen abgehoben.

Ansgar Brinkmann hat mal über sich selber gesagt, das er lieber 50 Länderspiele als 50 Anekdoten über sich hätte. Zu Länderspielen hat es für ihn nie gereicht (von kurzen, aber umso bemerkenswerteren Auftritten in der Bundeswehr-Nationalmannschaft mal abgesehen), und so sind von ihm in erster Linie seine Anekdoten geblieben.

Vor ca. 3 Jahren hat ihm nun der Sender 1Live eine eigene Radiokolumne angeboten, die sich seitdem einer immer größer werdenen Beliebtheit erfreut. Hier kann er nach Herzenslust seine Meinung zum aktuellen Fußballgeschehen zum besten geben und mit den zahlreichen Anekdoten und Geschichten aus seiner eigenen Zeit verknüpfen. Und wer Ansgar Brinkmann kennt, weiß, das er dabei kein Blatt vor den Mund nimmt, sondern Klartext spricht.
Sein kongenialer Partner ist dabei der Journalist Peter Schultz, dem hier die schwierige Aufgabe zufällt, den zuweilen etwas sprunghaften Gedankengängen von Ansgar etwas mehr Struktur zu geben.

In diesem Buch sind nun die besten Kolumnen aus 3 Jahren "Der weiße Brasilianer" zusammengestellt und mit zahlreichen Fotos versehen.
Gastbeiträge von ehemaligen Weggefährten, wie z.B. Lukas Podolski, Heribert Bruchhagen und Christoph Metzelder runden das Ganze noch wunderbar ab und sorgen so für ein perfektes Lesevergnügen für alle Freunde des runden Leders.

Veröffentlicht am 07.06.2017

Spannender Thriller um wahre Freundschaft und ihre Abgründe

Wo ist Jay
0

Als die Tierärztin Mia Becker erfährt, das ihre beste Freundin Jay direkt nach einem gemeinsamen Mädels-Wochenende ihren Mann und ihre beiden Kinder verlassen haben soll und untergetaucht ist, zieht es ...

Als die Tierärztin Mia Becker erfährt, das ihre beste Freundin Jay direkt nach einem gemeinsamen Mädels-Wochenende ihren Mann und ihre beiden Kinder verlassen haben soll und untergetaucht ist, zieht es ihr zunächst den Boden unter den Füßen weg. Sie kann einfach nicht glauben, das Jay aus freien Stücken verschwunden ist und beginnt auf eigene Faust nach ihr zu suchen. Doch scheinbar lauern in ihrem bisher ach so harmonischen Freundeskreis überall nur Geheimnisse und Abgründe, so das Mia bald schon niemandem mehr trauen kann, nicht einmal ihrem Ehemann Leon.

Die Autorin Astrid Korten legt hier einen klassischen Psycho-Thriller vor, bei dem sich das Grauen zunächst langsam anschleicht, im weiteren Verlauf der Geschichte immer weiter steigert und schließlich in einem furiosen Showdown krachend entlädt. Der packende Schreibstil des Buches unterstützt diesen Spannungsaufbau auf vortreffliche Art und Weise.
Die Suche nach der verschwundenen Jay erleben wir komplett aus der Perspektive von Mia, können so hautnah an ihren Zweifeln und Ängsten teilhaben. Darüber hinaus werden in Rückblenden aus den immer wieder wechselnden Perspektiven der übrigen Mitglieder des Freundeskreises die letzten Tage vor Jays Verschwinden beleuchtet, dabei geraten die Fassaden der Protagonisten immer stärker ins Wanken, bis sie schließlich krachend einstürzen. Wie beim Häuten einer Zwiebel werden so nach und nach die einzelnen Schichten der Wahrheit abgetragen, bis dann endlich der erschreckende Kern der Geschichte komplett offenliegt.

Das die Geschichte des Buches nicht allein der Phantasie der Autorin entsprungen ist, sondern auf einem wahren Fall beruht, steigert den Schrecken des Buches am Ende noch einmal deutlich.

Ein aufwühlendes Buch mit einer Geschichte, die noch lange nachhallt und zum Nachdenken anregt

Veröffentlicht am 01.06.2017

Wenn Dich die Schatten der Vergangenheit einholen - spannender Thriller aus Österreich

Schatten
0

Beatrice Kaspary und ihr Kollege Florin Wenninger vom Dezernat Leib und Leben der Salzburger Polizei werden zum Schauplatz eines brutalen Mordes gerufen, der für Beatrice gleich zwei Überraschungen bereithält. ...

Beatrice Kaspary und ihr Kollege Florin Wenninger vom Dezernat Leib und Leben der Salzburger Polizei werden zum Schauplatz eines brutalen Mordes gerufen, der für Beatrice gleich zwei Überraschungen bereithält. Zum einen kennt sie den Toten und hatte ihn nicht gerade in bester Erinnerung, zum anderen finden sich am Tatort Hinweise auf den lange zurückliegenden Mord an ihrer Freundin und Mitbewohnerin Evelyn Rieger, an deren Tod sich Beatrice seither schuldig fühlt. Als kurz darauf eine weitere Tote gefunden wird, mit der Beatrice ebenfalls schon einmal aneinandergeraten ist, wird ihr endgültig klar, das die Spur des Mörders in ihre eigene Vergangenheit zurückführt.

Mit diesem Thriller legt Ursula Poznanski bereits den vierten Fall mit Beatrice Kaspary und Florin Wenninger vor. Für mich war es das erste (und bestimmt nicht letzte) Buch der Reihe, der Einstieg ist mir dabei problemlos gelungen, auch ohne Vorkenntnisse findet man sich im nicht immer einfachen Beziehungsgeflecht der Ermittler gut zurecht.

Der Schreibstil ist ausgesprochen packend, der Spannungsbogen nahezu perfekt, er trägt über die gesamte Länge der Geschichte und überdeckt dabei auch die eine oder andere kleinere Schwäche des Buches. Beide Hauptcharaktere, vor allem aber Florin, bleiben am Anfang noch ein wenig blaß und unscharf, erst als nach ca. einem Drittel des Buches das Geschehen kippt und die beiden Ermittler in Situationen geraten, die sie bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit (und noch ein Stück darüber hinaus) führen, gewinnen sie deutlicher an Kontur, jetzt fiebert man als Leser endgültig mit ihnen mit und lässt sich mit jeder Seite tiefer in den Sog der Geschichte hineinziehen.

Ein Buch, das alles hat, was einen guten Thriller auszeichnet und mich bestens unterhalten konnte.

Veröffentlicht am 29.05.2017

Spannender Auftakt einer neuen Krimi-Reihe mit einem ungewöhnlichem Ermittler

Glaube Liebe Tod (Ein Martin-Bauer-Krimi 1)
0

Gerade erst hat Polizeiseelsorger Martin Bauer mit einer waghalsigen Aktion den Selbstmord des Polizisten Walter Keunert verhindert und ist fest überzeugt, ihn von seinem Vorhaben abgebracht zu haben. ...

Gerade erst hat Polizeiseelsorger Martin Bauer mit einer waghalsigen Aktion den Selbstmord des Polizisten Walter Keunert verhindert und ist fest überzeugt, ihn von seinem Vorhaben abgebracht zu haben. Wenige Stunden später ist Keunert dann doch tot, angeblich von einem Parkdeck gesprungen. Voller Selbstzweifel macht sich Bauer daran, die Hintergründe der Tat aufzuklären. Hat er einen Fehler gemacht und den Mann falsch eingeschätzt, oder ist Keunert etwa gar nicht freiwillig gesprungen ? Bei seinen Ermittlungen stößt Martin Bauer in ein Wespennest.

Den Autoren Peter Gallert und Jörg Reiter gelingt hier der spannende Auftakt einer neuen Krimi-Reihe, in deren Mittelpunkt ein eher ungewöhnlicher Ermittler steht, der reichlich frischen Wind ins Genre bringt.
Neben einer gut konstruierten und wendungsreichen Geschichte überzeugt das Buch noch durch überzeugend gezeichnete Charaktere und einen packenden, sehr bildhaften Schreibstil. Hier merkt man den Autoren ihre langjährige Erfahrung als Drehbuchautoren für diverse TV-Formate an, die sie auch insgesamt überzeugend in die Buchform übertragen konnten.

Auf weitere Fälle mit Martin Bauer darf man schon sehr gespannt sein. Die Leseprobe am Ende des Buches macht auf jeden Fall schon reichlich Appetit auf das nächste Buch.

Veröffentlicht am 05.05.2017

Spannend und berührend zugleich, ein Klasse-Krimi, der mich auf ganzer Linie überzeugen konnte

Sauglück
0

Sandra Adametz kommt anläßlich des Todes ihrer Großmutter nach vielen Jahren zurück in ihr niederösterreichisches Heimatdorf und will eigentlich auch direkt nach der Beerdigung zurück nach Brüssel, wo ...

Sandra Adametz kommt anläßlich des Todes ihrer Großmutter nach vielen Jahren zurück in ihr niederösterreichisches Heimatdorf und will eigentlich auch direkt nach der Beerdigung zurück nach Brüssel, wo sie sich nach ihrer Flucht vor der Familie ein neues Leben aufgebaut hat. Das plötzliche Verschwinden ihrer Großvaters macht ihr da aber einen Strich durch die Rechnung. Über ihre alte Schulfreundin Dorli Wiltzing beauftragt sie deren Freund, den Privatdetektiv Lupo Schatz, mit der Suche nach dem Verschwundenen. Lupo und Dorli kommen auf ihrer Suche schnell auf die Spur eines alten, lange verdrängten Geheimnisses der Familie Adametz.

Im inzwischen schon vierten Fall von Dorli und Lupo, der aber auch für einen Neueinsteiger wie mich problemlos zu lesen war, verbindet Veronika A. Grager eine alte Familientragödie mit einem düsteren und wenig schmeichelhaften Kapitel der österreichischen Geschichte: dem Umgang mit Pflegekindern in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg.

Neben einer gut konstruierten Geschichte, die den Leser immer wieder geschickt auf falsche Fährten lockt, und einem packenden Schreibstil, bei dem der bei der Autorin sonst übliche humorvolle Unterton aufgrund der Thematik diesmal etwas stärker zurücktreten muss, überzeugt der Krimi vor allem durch seine überzeugend gezeichneten Charaktere, die beim Lesen reichlich positive und auch negative Emotionen wecken.
Ein Buch, das während der Lektüre niemanden kaltlässt und einen auch noch lange über das Ende hinaus beschäftigt.

Spannend und berührend zugleich, ein Klasse-Krimi, der mich auf ganzer Linie überzeugen konnte.