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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.03.2022

Spaziergang zu Winer Zinshäusern

Wenn Wände reden könnten
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Das Autoren-Trio Silke Farmer-Wichmann, Bernhard und Clemens Riha sind - wie sie im Vorwort berichten - mit zahlreichen Zinshausbesitzerinnen ins Gespräch gekommen. Gefühlte 10.000 Briefe - wie sie schreiben, ...

Das Autoren-Trio Silke Farmer-Wichmann, Bernhard und Clemens Riha sind - wie sie im Vorwort berichten - mit zahlreichen Zinshausbesitzerinnen ins Gespräch gekommen. Gefühlte 10.000 Briefe - wie sie schreiben, wurden versendet, immer mit der bangen Frage: Wird es Antworten geben?

Das Ergebnis ihrer Recherchearbeit liegt nun mit diesem prächtigen Bildband vor. Bei ihren Gesprächen mit den Zinshausbesitzer
innen haben sie Unterhaltsames, Berührendes und Wissenswertes zutage gefördert.

Gemeinsam mit den Autoren dürfen wir Leser uns in zahlreichen Spaziergängen durch die 23 Wiener Bezirke begeben und 50 Gebäude in Anekdoten und prächtigen Fotografien kennenlernen.

Naturgemäß sind den Bezirken diesseits der Donau mehr Gründerzeithäuser zu finden, als in den beiden jenseits der Donau, nämlich Floridsdorf und die Donaustadt, die ihren dörflichen Charakter stellenweise bis heute bewahrt haben.


Die Autoren räumen mit dem Mythos, Zinshäuser brächten immensen Gewinn, auf. Fast alle Eigentümer berichten, dass erwirtschaftete Erlöse wieder reinvestiert werden, um die Bausubstanz zu erhalten und zu verbessern. Viele dieser Jahrhundertwendehäuser haben Glück und Leid ihrer Bewohner erlebt und könnten noch viel mehr Geschichten und G’schichterln erzählen, als es ihre Eigentümer vermögen.

Fazit:

Ein großartiges Buch über eine vom Aussterben bedrohte Spezies: dem Wiener Zinshaus. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 27.03.2022

Einblick in eine faszinierende Wissenschaft

Der Codebreaker
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Der bekannte Schriftsteller und Biograf nimmt sich in diesem Buch zweier Wissenschaftlerinnen an, die nicht so sehr im Rampenlicht stehen, wie ehemals zum Beispiel Steve Jobs. Isaacson nimmt uns Leser ...

Der bekannte Schriftsteller und Biograf nimmt sich in diesem Buch zweier Wissenschaftlerinnen an, die nicht so sehr im Rampenlicht stehen, wie ehemals zum Beispiel Steve Jobs. Isaacson nimmt uns Leser in die Welt der Biochemie, zu Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier mit, die eine bahnbrechende Erfindung gemacht haben und dafür im Jahr 2020 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet worden sind.

In neun Teilen mit Unterkapiteln lernen wir die beiden Wissenschaftlerinnen und ihre Forschung kennen. Wir dürfen ihnen über die Schulter schauen.

Teil 1 - Die Ursprünge des Lebens
Teil 2 - CRISPR
Teil 3 - Geneditieren
Teil 4 - CRISPR in Action
Teil 5 - „Öffentlicher“ Wissenschaftler
Teil 6 - CRISPR-Babys
Teil 7 - Die moralischen Fragen
Teil 8 - Depeschen von der Front
Teil 9 - Coronavirus

Meine Meinung:

Die Entdeckung von CRISPR wird als dritte große, ja bahnbrechende Entdeckung der letzten 125 Jahre gefeiert. Neben dem Atom, den Bits und Bytes ist es die Gen-Schere, die die Menschheit revolutionieren kann. Der Griff zur CRISPR-Schere könnte die Verbreitung von Viren und/oder Erbkrankheiten stoppen. Doch das ist (noch) Zukunftsmusik. Vor allem sind zahlreiche Fragen zu klären. Ist alles, was möglich und machbar erscheint, auch ethisch und moralisch vertretbar?

Der Schreibstil (und die Übersetzung) ist sachlich, jedoch nicht hypertroph. Auch als Nicht-Wissenschaftler kann man den Ausführungen folgen. Zahlreiche Bilder und mögliche Anwendungsgebiete veranschaulichen die Theorien.

Was mir auffällt ist, dass, obwohl es sich um die Arbeit und Porträts zweier Frauen geht, der Titel des Buches „DER Codebreaker“ heißt. Hier hätte sich doch bestimmt ein weiblicher Titel finden lassen. Mit einem solchen kleinen (absichtlichen?) Fauxpas werden die Leistungen der beiden Nobelpreisträgerinnen wieder einmal herabgewürdigt.

Fazit:

Ein bewegender Einblick in eine faszinierende Wissenschaft, die vielleicht auch ein wenig Angst erzeugt. Gerne gebe ich diesem interessanten Buch 5 Sterne.

Veröffentlicht am 27.03.2022

Ein gelungener Abschluss der Trilogie

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein wilder Tanz
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Polizeiärztin Magda Mehring und ihr Mann Kuno, der Kriminalkommissar, leben nach wie vor in Berlin, das sich nun im Jahr 1924 zu einem Moloch entwickelt hat. Man tanzt den Tanz auf dem Vulkan, schert sich ...

Polizeiärztin Magda Mehring und ihr Mann Kuno, der Kriminalkommissar, leben nach wie vor in Berlin, das sich nun im Jahr 1924 zu einem Moloch entwickelt hat. Man tanzt den Tanz auf dem Vulkan, schert sich wenig um Konventionen und ein Menschenleben ist wenig wert.

Das muss auch Magda wieder feststellen, als eine unbekannte Frau verletzt aus dem Fluss gezogen wird. Als die Frau wenig später ermordet aufgefunden wird, beginnt Magda nachzufragen, denn die Frau hat sich kurz vor ihrem Tod noch bei ihr gemeldet.

Magda und Kuno suchen nach wie vor nach dem kleinen Otto, dem Bruder von Elke, die inzwischen bei Magdas Schwester lebt. Dabei beschreiten sie neue Wege der Kriminalistik, denn sie nehmen von jedem Straßenkind, das ungefähr in Ottos Alter ist, Fingerabdrücke und vergleichen sie mit denen in ihrer noch rudimentären Kartei. Und dann, erinnert sich jemand an ein besonderes Merkmal Ottos. Ist das der Durchbruch?

Meine Meinung:

In diesem Abschlussband der Trilogie begegnen wir wieder den starken Frauen aus den Vorgängerbänden, nicht nur Magda, sondern auch Celia Hinnes-Fahrland, der Journalistin Erika Hausner oder Cläre Hinnes. Allerdings treffen wir noch andere ungewöhnliche Frauen wie die Ärztinnen, die in Afrika gelebt haben. Zu ihnen gibt es eine gesonderte Reihe, die ich näher betrachten werde.

Hinter dem Autorennamen Helene Sommerfeld verbirgt sich ein Duo, das penibel recherchiert und sehr gute Charakterstudien betreibt. Wir Leserinnen konnten sie Entwicklung so mancher Frau, wie zum Beispiel Celia, sehr gut nachvollziehen.

Die bislang offenen Handlungsstränge aus den früheren Bänden werden gekonnt zusammengeführt.

Fazit:

Ein gelungener Abschluss der Trilogie, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 27.03.2022

Hat mir gut gefallen

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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Der ehrgeizige Journalist Alexander Landmann stößt kurz vor den Jubiläumsfeiern zum 30. Jahrestag des Mauerfalls in alten Stasi-Akten auf einen Bericht über eine der spektakulärsten Massenfluchten aus ...

Der ehrgeizige Journalist Alexander Landmann stößt kurz vor den Jubiläumsfeiern zum 30. Jahrestag des Mauerfalls in alten Stasi-Akten auf einen Bericht über eine der spektakulärsten Massenfluchten aus der DDR: In der Nacht von 12. Juli 1983, konnten 127 Menschen durch das Freischalten einer Weiche mit einer S-Bahn-Garnitur in den Westen gelangen.

Landmann, eine große Story witternd, macht sich von Hamburg nach Berlin auf, um den damaligen Stellwerksmitarbeiter Michael Hartung zu suchen.

Hartung, inzwischen Besitzer einer mehr als schlecht gehenden Videothek, lebt in Ostberlin. Er ist eine verkrachte Existenz, denn sein Leben plätschert vor sich hin. Er hat seit der Scheidung keinen Kontakt mehr zu seiner Tochter und deren Kinder. Hin und wieder erreicht ihn eine Postkarte. Die Kunden bleiben aus, nur Beate hält ihm die Treue.

Als dann Landmann in sein tristes Leben platzt, nimmt er dessen Geld (um die Schulden zu begleichen)zwar zögerlich an, versucht aber, die Fakten richtigzustellen. Denn, eigentlich war alles ganz anders.

Weder Hartung noch Landmann können abschätzen, welche Lawine sie mit dieser Geschichte lostreten ...

Meine Meinung:

Obwohl dieser Roman vom Maxim Leo, der selbst in der DDR aufgewachsen ist, der Unterhaltung dient, schleichen sich leise nachdenkliche Untertöne ein.

„Vielleicht sollten wir damit aufhören, von den Ostdeutschen und von den Westdeutschen zu sprechen. Ich meine, was hat ein Hamburger mit einem Oberbayern zu tun? Und ein Mecklenburger mit einem Sachsen? Wir sollten aufhören, uns gegenseitig zu beschuldigen und zu belehren."

Als Österreicherin kann ich diese Herabwürdigung der ehemaligen DDR-Bürger nur schwer nachvollziehen. Aber obige Zitat gefällt mir sehr gut, denn es trifft den Kern.

Mit spitzer Feder beschreibt Maxim Leo die gegenseitigen Vorurteile, die Befindlichkeiten und die diversen Vertuschungsaktionen der ehemaligen Stasi-Mitarbeiter. Mehrmals musste ich herzlich lachen.

Maxim Leo ist mit diesem humorvollen und satirischen Roman ein ganz wunderbares Buch über die deutsche Wiedervereinigung gelungen.

Die Charaktere sind gut gelungen. Michael Hartung ist ein Antiheld, der eigentlich nur sein Auskommen ohne Höhenflüge haben will. Er ist ein verletzlicher Mensch, der sich nach menschlicher Wärme sehnt.

Fazit:

Diesem Buch, das mich sehr gut unterhalten hat, gebe ich gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 24.03.2022

Fesselnd bis zur letzten Seite

Artemis
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Paula, die trotz des Verbotes der Mutter durch den dunklen Park radelt, wird von mehreren Männern brutal vergewaltigt. Sie gibt sich selbst die Schuld und kann über das Verbrechen nicht sprechen.

Während ...

Paula, die trotz des Verbotes der Mutter durch den dunklen Park radelt, wird von mehreren Männern brutal vergewaltigt. Sie gibt sich selbst die Schuld und kann über das Verbrechen nicht sprechen.

Während das Ermittlerduo Rubina Hiller und Simon Peick fieberhaft nach den Tätern suchen, werden wenig später mehrere junge Männer fachmännisch kastriert aufgefunden. Übt hier jemand Rache? Was zunächst eine Fehde zwischen Drogendealern und Asylwerbern vermuten lässt, ändert sich schlagartig, als der Sohn eines honorigen Bürgers ebenfalls seiner Testikel beraubt wird. Was verbindet die Männer außer ihrer Verstümmelung?

Meine Meinung:

Dieses Buch ist der zweite Teil einer Thriller-Reihe und kann unabhängig vom ersten Teil („Asklepios“) gelesen werden.

Der Schreibstil ist fesselnd und erzeugt durchaus Angst beim Lesen. Die Charaktere sind sehr gut angelegt. Ihre Handlungen sind durchaus nachvollziehbar.
Was zu Beginn das Klischee vom vergewaltigenden Asylwerber zu befeuern scheint, wird später relativiert. Auch deutsche Männer begehen solche Verbrechen an deutschen Frauen. Nur haben sie Macht und Einfluss, um ihre Taten zu verschleiern. Diesen verachtenswerten Personen stehen zahlreiche liebenswerte Persönlichkeiten gegenüber. Hier sind neben den Ermittlern und der Journalistin, die Ärztin und die Krankenschwestern zu nennen, die sich um die Opfer kümmern. Denn, Paula ist nicht die Einzige, die vergewaltigt worden ist.

Die behandelnde Ärztin beschreibt Paulas Zustand mit den Worten „Paula ist ausgelöscht“. Denn von der jungen Frau ist nur mehr eine Hülle übrig geblieben, die sich selbst die Schuld an dem Verbrechen gibt.

Ich habe recht bald eine Ahnung gehabt, wer sich hier auf Rachefeldzug begibt. Doch die Dimension und die Hintergründe haben mich dann doch überrascht. Ich habe einiges über psychische Krankheiten erfahren.

Fazit:

Ein Thriller, der durch zahlreiche unerwartete Wendungen fesselt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.