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Veröffentlicht am 27.03.2022

Ermittlungen auf schwierigem Terrain

Der blonde Hund
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Ein toter Journalist, der in der Spree schwimmt, wird zu Spiros neuem Fall. Die Ermittlungen sind äußerst delikat. Zum einen scheint das Opfer speziellen Vorlieben gefrönt zu haben. Zum anderen gehörte ...

Ein toter Journalist, der in der Spree schwimmt, wird zu Spiros neuem Fall. Die Ermittlungen sind äußerst delikat. Zum einen scheint das Opfer speziellen Vorlieben gefrönt zu haben. Zum anderen gehörte er zum engeren Kreis der aufstrebenden Nationalsozialisten und er hatte Kontakte zur besseren Gesellschaft . Spiro stößt auf eine Mauer aus Lügen und Schweigen. Seine beste Spur ist der Ausweis eines Jungen, der ein besonderes Verhältnis zum Toten hatte, der ihn "Canis" nannte.

Seine Nachforschungen führen Spiro nach Bayern, wo er mangels eigener Kompetenzen mit fragwürdigen Methoden weitere Informationen sammelt.

Inzwischen hat seine Freundin Nike ihr Interesse an Seancen und Astrologie entdeckt und macht dadurch die Bekanntschaft fragwürdiger Individuen, die ihr auch einen Ausflug in die Welt des Sado- Masochismus bescheren.

Dieses Mal führen Spiros Ermittlungen tief in den sich ausbreitenden braunen Sumpf und damit auch in die sogenannten besseren Kreise von Adel und Industrie. Ich fand es auf bizarre Weise faszinierend, wie alles, was dem Ruf schadet, von dieser Schicht schlichtweg geleugnet wird und mit welcher Arroganz man auf die vermeintlich weniger wertvollen Mitmenschen herabblickt. Und das unglaubliche ist, dass sie damit durchkommen.

Eine Welt, die mir völlig fremd ist, lerne ich durch Nike kennen. Seancen und Horoskope waren in den 20ziger Jahren sehr in Mode. Für mich bleibt es aber weiterhin nicht nachvollziehbar, wie man daran glauben kann.

Geschichtlich interessant waren nach meinem Empfinden die Einblicke in die Gemeinschaft der Artamanen, eines radikal-völkischen Vereins, der eine autarke Landwirtschaft anstrebte . In Mecklenburg- Vorpommern gibt es immer noch Gruppen, die diesen Gedanken anhängen.

Das Ende des Buches kam für mich unvermittelt. Ich musste mir erst bewusst machen, dass alle wichtigen Fragen geklärt waren und auch Gerechtigkeit geübt wurde, wenn auch nicht im herkömmlichen Sinn.

Besonders gut gefallen hat mir der Erzählstil der Autorin, der sich packend liest und eine ordentlichen Portion Sarkasmus mitbringt.

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Veröffentlicht am 26.03.2022

Bunter Bilderbogen des Jahres 1923

Im Rausch des Aufruhrs
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Monat für Monat ruf der Autor wichtige, tragische sowie eher der Regenbogenpresse zugehörende Ereignisse in den Focus des Lesers.
Sich wiederholende Themen sind die Besetzung des Ruhrgebietes, die immer ...

Monat für Monat ruf der Autor wichtige, tragische sowie eher der Regenbogenpresse zugehörende Ereignisse in den Focus des Lesers.
Sich wiederholende Themen sind die Besetzung des Ruhrgebietes, die immer mehr Fahrt aufnehmende Inflation und die Agitation der Rechten. Zusammen ergeben die Nachrichtenschnipsel ein buntes und spannendes Bild des Jahres, das gut zu lesen ist.
Erschreckend fand ich die rasende Entwicklung der Inflation und ihre Folgen, die weder Arm noch Reich verschont hat. Wer zuvor ein scheinbar unermessliches Vermögen besaß, musste im Laufe des Jahres feststellen, dass er dafür mit Glück gerade noch einen Laib Brot erhält.
Als Gegensatz dazu fand ich die Ausflüge in die Welt der Künstler erheiternd und sie sind ein guter Gegenpol zu den düsteren Nachrichten.
Geradezu wütend haben mich die Berichte über die rechten Umtriebe gemacht. Schwarze Reichswehr, Organisation Consul oder der gescheiterte Putschversuch Hitlers - man hat sie gewähren lassen, milde belächelt oder versucht, sie für die eigenen Interessen einzuspannen und dabei immer unterschätzt.
Ebenfalls wie ein roter Faden gibt es das ganze Jahr hindurch judenfeindliche Übergriffe, die ihren Höhepunkt im November mit dem Pogrom im Berliner Scheunenviertel finden.
Besonders erwähnenswert sind die vielen Anekdoten zu kleinen und großen Berühmtheiten, die der Autor jeden Monat einstreut. Oft erheiternd, manchmal traurig haben sie mich überwiegend überrascht und lockern die Lektüre angenehm auf. Ein Beispiel hierfür ist Hemingways Ausflug in den Schwarzwald und kleine Episoden aus Gorkis Leben.
Für mich hilfreich war das letzte Kapitel "Was weiter geschah". Hier gibt der Autor kurze Informationen zu den Personen, die mir im Verlauf des Jahres begegnet sind. Viele der Künstler haben sich später umgebracht, was mich sehr bedrückt hat.
Das Buch gibt sehr gute und lebendige und dabei gut lesbare Eindrücke des Jahres 1923 wieder. Hilfreich ist in meinen Augen, wenn man sich mit der Zeit schon etwas beschäftigt hat, sonst kann es passieren, dass man bei der Fülle der Informationen und Namen etwas die Orientierung verliert.

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Veröffentlicht am 19.03.2022

Bedrohlich, verwirrend, überraschend

Dreivierteltot
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Kim ist zusammen mit ihrem Freund Jon auf dem schottischen West Highland Way unterwegs. Der gemeinsame Urlaub kurz nach dem Abitur steht unter keinem guten Stern.

Kim, die nicht besonders sportlich ist, ...

Kim ist zusammen mit ihrem Freund Jon auf dem schottischen West Highland Way unterwegs. Der gemeinsame Urlaub kurz nach dem Abitur steht unter keinem guten Stern.

Kim, die nicht besonders sportlich ist, findet, dass der gut trainierte Jon nicht genügend Rücksicht auf sie nimmt. Er läuft voraus und ist mürrisch. All zu oft streiten die beiden. Die Wanderer, die sie unterwegs treffen, sind in Kims Augen nervig und machen ihr mit ihrem rüpelhaften Benehmen Angst - bis auf Sky, der mit seinem Hund unterwegs ist. In Kims Augen ist er attraktiv und sympathisch , so dass sie sich gerne mit ihm unterhält, was wiederum Jon missfällt.

Gerade als es scheint, dass Kim und Jon Frieden schließen, stolpern sie geradezu über eine Leiche. Voller Panik informieren sie die Polizei, die aber keine Spuren entdecken kann. Dann überschlagen sich die Ereignisse. Irgendjemand von den Leuten, die sie getroffen haben, spielt ein falsches Spiel. Ist es Sky ?

Die Handlung beginnt wie die Schilderung eines ganz normalen Urlaubs zweier jungen Leute. Es kommt zum Streit aus nichtigem Anlass und weil beide unterschiedliche Vorstellungen über ihre gemeinsame Zukunft haben.

Die Stimmung kippt langsam von angespannt in bedrohlich, als Kim Nachrichten von ihrer Freundin Emma erhält, sie selber Emma nicht erreicht. Verstärkt wird diese Empfindung durch die anderen jungen Leute, denen sie begegnen. Kim fühlt sich durch sie bedroht. Ich war mir unsicher, ob Kim einfach nur empfindlich ist oder ob ihre Ängste berechtigt sind.

Bei Jon hingegen war ich mir meiner Einschätzung sicher. Ich fand ihn unsensibel und mir war unerklärlich, warum Kim sich in ihn verliebt hatte, Nach dem Fund der Leiche erschien mir Kim zusehends als hysterisch, da sie jedem nur noch böse Absichten unterstellte . Die beiden herbei gerufenen Polizisten kommen zu dem Schluss, dass Jon und Kim unter Drogen stehen. Und wenn ich ehrlich bin, fand ich diese Erklärung sehr plausibel. Kim befand sich vermutlich auf einem Horrortrip. War überhaupt irgendetwas von dem, was sie so in Angst und Schrecken versetzt hatte, real ? Tat ich Jon unrecht ?

Die Autorin hat ein absolut spannendes und dabei sehr bewegendes und ungewöhnliches Buch geschrieben. Dieses wachsende Gefühl von Bedrohung verbunden mit dem Eindruck von Unwirklichkeit hat die Erzählerin nachdrücklich vermittelt. Die Erklärung für die Ereignisse hat mich dann emotional stark mitgenommen und mich gedanklich noch eine ganze Weile beschäftigt.

Keine leichte Lektüre, aber packend und mit dem nötigen Maß an Einfühlsamkeit und Realitätssinn und deshalb absolut lesenswert.

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Veröffentlicht am 14.03.2022

Keine gute alte Zeit

Zeiten des Wandels
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Der Roman erzählt die Geschichte einer mallorquinischen Winzerfamilie beginnend im Jahr 1913.

Die Familie kommt gerade so über die Runden. Dazu müssen alle Familienmitglieder im Weinberg arbeiten. Das ...

Der Roman erzählt die Geschichte einer mallorquinischen Winzerfamilie beginnend im Jahr 1913.

Die Familie kommt gerade so über die Runden. Dazu müssen alle Familienmitglieder im Weinberg arbeiten. Das Geld reicht nicht, um einen Arbeiter einzustellen. Schweren Herzens entschließen sich die Eltern deshalb, den Weinbau aufzugeben und Mandeln und Aprikosen anzubauen . Sehr zum Missfallen des Sohnes Leo, der vom Weinbau geradezu besessen ist. Es kommt zum Bruch und Leo sucht sein Glück in der Stadt .

Die älteste Tochter Antonia heiratet den Buchhalter Mateo. Als er seine Stelle verliert, wandern sie nach Kuba aus, in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Die jüngere Schwester Carla bleibt bei den Eltern. Das Leben hält auch für sie schwere Prüfungen bereit.

Was mir schon nach den ersten Seiten gut gefallen hat, ist die schnörkellose Sprache, die nicht beschönigt und das karge und durch Traditionen geprägte Leben der einfachen Winzerfamilie anschaulich beschreibt.

Jedes Familienmitglied hat seine Eigenheiten, zeigt einen anderen Weg mit den Gegebenheiten umzugehen und war mir mal mehr, mal weniger sympathisch.

Die Mutter ist eine starke Persönlichkeit, die die Familie zusammenhält und wichtige Entscheidungen trifft. Der Vater war für mich eher eine Randerscheinung, der auch bereit ist, sich seiner Frau unterzuordnen.

Antonia ist ganz die Tochter ihrer Mutter. Entschlossen macht sie sich auf den Weg in eine neue Welt, um sich dort eine erfolgreiche Zukunft aufzubauen. Probleme löst sie pragmatisch. Durch sie lerne ich die Zigarrenfabriken und das Leben der Tabakbarone kennen. Für mich neu und emotional bewegend war die Schilderung der Lebensverhältnisse der ehemaligen Sklaven.

Leo war mir von Herzen unsympathisch. Seine Besessenheit vom Weinbau lässt ihn jedes Mitgefühl vergessen und um sein Ziel zu erreichen, schreckt nicht vor kriminellen Machenschaften zurück.

Besonders ans Herz gewachsen ist mir Carla, die zuhause bleibt und die Eltern unterstützt. Sie verliebt sich in den herzensguten Francisco, der von ihrem Vater abgelehnt wird . Weitere Schicksalsschläge prägen ihr Leben.

Die Autorinnen zeigen ein ganz anderes Bild Mallorcas , als das der bunten Ferieninsel. Ich fand das sehr interessant. Auch die Schilderungen von Kuba waren lehrreich, weil ich ebenso wie Antonia Neuland betreten habe. Die Figuren empfand ich als realistisch und ich habe mit ihnen gelitten und mich gefreut. Für mich ist der Roman rundum gelungen und deshalb lesenswert.

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Veröffentlicht am 13.03.2022

Schwere Prüfungen für die 5 Gefährten

Wolfszeit
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Im Traum rufen Hakus Totemtiere, die Wölfe, nach ihm und bitten um Hilfe. Diesem Ruf kann sich Haku nicht entziehen. Schweren Herzens verlässt er Kaya und macht sich auf nach Norden.

Kaya folgt zusammen ...

Im Traum rufen Hakus Totemtiere, die Wölfe, nach ihm und bitten um Hilfe. Diesem Ruf kann sich Haku nicht entziehen. Schweren Herzens verlässt er Kaya und macht sich auf nach Norden.

Kaya folgt zusammen mit den meisten anderen Stammesangehörigen dem Kriegsaufruf gegen die drei Magierinnen, die das ganze Land unter ihre grausame Herrschaft zwingen wollen.

Die Elfe Elais fordert Tkemen und die Diebin Thea auf, sie zu unterstützen. Elais weiß , wie die Macht der Magierinnen gebrochen werden kann. Um die Aufgaben erledigen zu können, müssen die Gefährten getrennte Wege gehen, statt gemeinsam gegen das Böse zu kämpfen. Und drohen zu scheitern.

Das Buch hat mich von der ersten Seite an für sich eingenommen. Zum einen habe ich mich gefreut, die Figuren wieder zutreffen, die ich aus den lesenswerten Vorgängerbänden lieben gelernt habe. Zum anderen hält sich die Autorin nicht mit langem Vorgeplänkel auf, sondern schubst den Leser mitten in die Handlung.

Nacheinander treffe ich die Verbündeten, denen es in der Zwischenzeit zum Teil nicht gut ergangen ist. Dennoch sind alle bereit, den Kampf gegen das Böse aufzunehmen. Doch ihre Bemühungen erscheinen glücklos. All zu oft treffen sie falsche Entscheidungen. Das führt dazu, dass die Stimmung in der Erzählung eher düster und manchmal geradezu hoffnungslos ist.

Gut, dass die Autorin immer wieder Szenen einfügt, die eine heitere Grundstimmung verbreiten. Dazu gehören Kayas Gespräche mit ihren Totemtieren, den Goldammern, die ich besonders mochte.

Beeindruckend fand ich, dass keiner der Fünf ernsthaft in Erwägung zieht, aufzugeben. Alle sind bereit für ihre Überzeugung zu sterben.

Im Gegensatz dazu sind die Magierinnen das personifizierte Böse - heimtückisch, grausam, arrogant.

Die Sprache des Romans ist sehr bildhaft . Besonders anschaulich fand ich die Darstellung des kalten Nordens. Ich hatte das Gefühl, die eisige Kälte selbst zu spüren. Und als Kaya in die Schlacht zieht, glaubte ich den Klang der Schwerter und die Schreie der Verwundeten zu hören.

Die Autorin lässt mich am Ende des Buches mit den Hoffnungen und Ängsten der Gefährten für die Zukunft zurück und mir bleibt der Wunsch, dass es bald eine Fortsetzung gibt.

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