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Fever

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Veröffentlicht am 12.06.2022

Mystisch, humorvoll, fabelhaft – ein Buch wie ein Fiebertraum

Der Fluch des Hechts
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„Der Fluch des Hechts“ von Juhani Karila ist eines dieser Bücher, die man nur einmal im Leben findet. Ein echter Schatz, der im Regal für Lieblingsbücher landen und immer wieder aufs Neue hervorgeholt ...

„Der Fluch des Hechts“ von Juhani Karila ist eines dieser Bücher, die man nur einmal im Leben findet. Ein echter Schatz, der im Regal für Lieblingsbücher landen und immer wieder aufs Neue hervorgeholt werden kann, denn dieser phantastische Roman wird wohl nie etwas von seinem Zauber einbüßen.

Schon die Frage, wovon der Debütroman des Finnen Juhani Karila handelt, lässt sich gar nicht so leicht beantworten: von der Einöde Lapplands und ihren kuriosen Charakteren und Wesenheiten, würden vielleicht die einen sagen. Von einer getriebenen Frau, die auf der Suche nach dem Sinn ist, würden vielleicht die anderen behaupten. Fakt ist einzig, dass dieses Stück Literatur aus dem Bereich magischer Realismus etwas ganz Einzigartiges ist. Ein Roman, der auf nonchalante und stets augenzwinkernde Art und Weise Mystisches mit Realem verbindet, Tragisches mit Humorvollem, Wahrheit mit Fiktion.

Magie gehört in dem kleinen Dorf in Ostlappland, in dem die Geschichte an wenigen Sommertagen spielt, so selbstverständlich zum Leben wie die Naturwesen, die sich mit schöner Regelmäßigkeit aus den Wäldern und Sümpfen in die Wohnstätten der Menschen wagen. Niemand ist mehr so recht verwundert von dem Näck, der zum Kartenspiel mit hohem Einsatz einlädt, oder dem Pejooni, der Schabernack treiben möchte. Aber für Elina Ylijaako sind es nicht nur diese Fabelgestalten, die ihr die Rückkehr in ihr Heimatdorf und die Erfüllung ihrer Aufgabe erschweren. Es ist ihre Vergangenheit und die Menschen darin. Verbissen macht Elina sich daran, einen Hecht aus einem Teich zu angeln – eine Aufgabe, die alles für sie bedeutet. Daran hindern sie nicht nur einige mannigfaltige Wesen, sondern auch ihre Weigerung, sich ihrer Vergangenheit und ihren eigenen Taten zu stellen.

Der Zauber von „Der Fluch des Hechts“ besteht darin, dass alles ganz selbstverständlich geschieht. Das Wundersame kommt in alltäglicher Gestalt daher und vermag niemanden so recht zu verwundern. Auf unaufgeregte Weise erzählt Juhani Karila ein absolut phantastisches Hirngespinst und vermag seine Leserschaft so direkt und unmittelbar in ein mystisches Lappland zu versetzen. Ein Wahnsinnsbuch!

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Veröffentlicht am 23.04.2022

Atemlos spannend und brillant konstruiert

Schwarzlicht
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„Schwarzlicht“ ist der Auftakt einer vielversprechenden neuen Reihe und ein Kooperationsprojekt der ganz besonderen Art: Wenn eine Krimiautorin und ein Mentalist ihre Kräfte bündeln, kann offenbar ein ...

„Schwarzlicht“ ist der Auftakt einer vielversprechenden neuen Reihe und ein Kooperationsprojekt der ganz besonderen Art: Wenn eine Krimiautorin und ein Mentalist ihre Kräfte bündeln, kann offenbar ein echtes Meisterwerk von einem Kriminalroman dabei herauskommen. Camilla Läckberg und Henrik Fexeus stellen in „Schwarzlicht“ ein verschroben-sympathisches Ermittler-Duo vor, das sich einem Fall widmet, der zu fesseln vermag wie kein zweiter, und sich dabei den eigenen Abgründen stellen muss.

Mina Dabiri ist eine begnadete Polizistin, eckt aber mit ihrer verschlossenen Art, hinter der eine ausgeprägte Keimphobie steckt, häufig an. Sie findet sich deshalb in einer Spezialeinheit der Stockholmer Kriminalpolizei wieder, deren erster Fall gleich äußerst brisant ist: ein Mordopfer, das in einer Zaubertrickbox ums Leben gekommen ist. Als sich keine Ermittlungserfolge einstellen wollen, greift Mina zu drastischen Mitteln und holt den schwedenweit berühmten Mentalisten Vincent Walder ins Boot, der ihr dabei helfen soll, die Psyche des Mörders zu verstehen. Auch er verbirgt menschliche Schwächen hinter der Fassade eines selbstbewussten Entertainers, und so fühlen sich die beiden auf Anhieb miteinander verbunden – was anfangs nicht für Minas Team gilt, sodass zwischenmenschliche Unstimmigkeiten die Ermittlungen weiter erschweren.

„Schwarzlicht“ ist ein ungewöhnlich langer Krimi, wird aber keine Sekunde langweilig. Die über 600 Seiten nutzt das Autor*innen-Duo hervorragend aus, um nicht nur den Fall detailliert und in stimmigem Tempo zu entwickeln, sondern auch seinen Figuren deutlich mehr Leben einzuhauchen, als das bei anderen Vertretern des Genres meist der Fall ist. Nicht nur Mina und Vincent sind dreidimensionale, ausgereifte Charaktere, sondern auch viele der Nebenfiguren, was dem Roman eine ungewohnt lebensnahe, emotionale und mitreißende Dynamik verleiht. Zu diesen durchdachten Charakteren kommt ein brillant konstruierter Kriminalfall, der genau das richtige Maß an Spannung, Geheimnis und wie zufällig hingeworfenen Hinweisen enthält. Als Leserin kann ich stetig mitermitteln, Theorien aufstellen und wieder verwerfen und werde am Ende mit einem echten Aha-Erlebnis belohnt, das sich in genau dem richtigen Maße ankündigt. Die spezielle Konstellation eines Mentalisten als Ermittler gibt dem Buch zusätzlich einen besonderen Touch, denn Vincent kann teils verblüffende Hinweise geben, die dennoch immer fest in der Realität verankert sind. Allein das sorgt für viele kleine Überraschungsmomente auf der Strecke.

Camilla Läckberg und Henrik Fexeus haben hier einen Krimi der Extraklasse vorgelegt, der große Lust auf die kommenden Bände der Reihe macht. Eine frische Idee, gepaart mit einer herausragenden Fallkonstruktion und überzeugenden Charakteren machen diesen Roman zu einem echten Lesegenuss.

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Veröffentlicht am 02.04.2022

Hilfreicher Ratgeber in lockerem Tonfall

Genderleicht
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Mit dem neuen Ratgeber „Genderleicht. Wie Sprache für alle elegant gelingt“ kommt endlich ein sinnvoller Leitfaden aus dem DUDEN-Verlag zum Thema Gendern. Christine Olderdissen macht auf humorvoll-sympathische ...

Mit dem neuen Ratgeber „Genderleicht. Wie Sprache für alle elegant gelingt“ kommt endlich ein sinnvoller Leitfaden aus dem DUDEN-Verlag zum Thema Gendern. Christine Olderdissen macht auf humorvoll-sympathische Art die Notwendigkeit des Genderns und seine vielen Möglichkeiten deutlich und weist auf Fallstricke hin. Nicht nur für Text-/Buchmenschen ein absolut hilfreicher Ratgeber!

„Genderleicht“ wartet mit einer guten Kombination aus linguistischem Hintergrundwissen, gesellschaftlichen Beobachtungen und praktischen Tipps zum Gendern auf. In kurzen, knappen Artikeln, versehen mit aussagekräftigen Beispielen und optisch hervorgehobenen besonders wichtigen Punkten, vermittelt die Autorin Wissen, gibt aber häufig auch Anregungen zum Nachdenken oder Futter für Argumentation. Wie viel Kompromiss muss man wirklich eingehen? Was kann das Gendern in den Köpfen wirklich verändern? Warum wehrt sich so manche*r vehement dagegen? Dabei betrachtet Christine Olderdissen bei Weitem nicht nur die Sprache selbst, sondern auch die Gesellschaft, die sie abbildet – mit allen Implikationen, die das mit sich bringt.

Der kompakte Ratgeber versteht sich nicht als Maß aller Dinge, sondern als Hilfswerkzeug und Anregung zum Experimentieren und Ausprobieren. Es ist erstaunlich, wie viele Möglichkeiten zur Geschlechtergerechtigkeit Platz auf diesen 200 Seiten finden: von Genderstern und Gendergap bis zu Synonymen, geschlechtsneutralen Formulierungen und Partizipialkonstruktionen ist alles vertreten. Besonders interessant für Menschen, die schon vertrauter mit dem Thema sind: das Kapitel zu Zweifelsfällen und zum Einschluss nichtbinärer Personen. Hier lässt sich viel lernen, denn jeder Text ist mit aussagekräftigen und vielfältigen Beispielen gespickt, die so manchen Aha-Moment produzieren.

„Genderleicht“ ist ein absolutes Muss für alle, die mehr Geschlechtergerechtigkeit in ihre Sprache integrieren und sich einfach mal etwas trauen wollen. Denn, wie die Autorin selbst sagt: „Gendern bedeutet ausprobieren und mit Worten spielen.“

Veröffentlicht am 27.03.2022

Wohlfühl-Krimi mit Augenzwinkern – Agatha Christie im 21. Jahrhundert

Mrs Potts' Mordclub und der tote Nachbar
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Robert Thorogood, der geniale Schöpfer der Cosy-Crime-Serie „Death in Paradise“, ist zurück – und im Gepäck hat er einen herrlich schrulligen neuen Roman. „Mrs Potts’ Mordclub und der tote Nachbar“ brilliert ...

Robert Thorogood, der geniale Schöpfer der Cosy-Crime-Serie „Death in Paradise“, ist zurück – und im Gepäck hat er einen herrlich schrulligen neuen Roman. „Mrs Potts’ Mordclub und der tote Nachbar“ brilliert mit einer kauzigen Ermittlerin und einer spektakulären Mordserie, die das beschauliche englische Landleben aufwirbelt.

Judith Potts, Kreuzworträtselautorin, Whisky-Connaisseuse und Nacktbade-Enthusiastin, wird beinahe Zeugin eines Mordes an ihrem kunstaffinen Nachbarn. Zumindest hört sie einen Schuss. Leider will der rüstigen über 70-Jährigen zunächst niemand Glauben schenken, und so macht sie sich auf eigene Faust ans Ermitteln, bald tatkräftig unterstützt von Hundesitterin Suzie und der perfektionistischen Pfarrersfrau Becks. Neben einer Reihe unsympathischer Gestalten im örtlichen Kunstbusiness wird der Mordclub zunächst nicht fündig, als jedoch eine weitere Leiche auftaucht, muss die Polizei einsehen, dass Judiths Riecher nicht ganz daneben lag …

„Mrs Potts’ Mordclub und der tote Nachbar“ ist ein durch und durch britischer Roman voll schwarzem Humor, exzentrischen Charakteren und schier unlösbaren Rätseln. Robert Thorogood führt uns Lesende meisterhaft an der Nase herum und wirft uns immer gerade genügend Informationshäppchen zu, um eine Theorie zu bilden – die zwei Seiten später unweigerlich über den Haufen geworfen wird. Seine Figuren sind auf eine sympathische Art verschroben, aber keine Heldinnen. Sie alle haben ihre Schwächen und ihre Geheimnisse, und was schiefgehen kann, geht schief. Beinahe jede Seite entlockt mir als Leserin ein Schmunzeln, und die Spannung ist dauerhaft hoch, obwohl die Umgebung so beschaulich und der Action-Faktor eher niedrig ist. Es bleibt zu hoffen, dass weitere Bände um Judith und den Mordclub in der Mache sind!

Ein großartig schwarzhumoriges Lesevergnügen für Fans von britischen Krimis, die gerne mit den Füßen unter einer Wolldecke und einer schönen Tasse Tee einen spannenden Kriminalfall lösen möchten. Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 19.02.2022

Poetisch, vulgär, rasant – ein Buch wie das echte Leben

Wir
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Zoran Drvenkar ist dafür bekannt, dass er in seinen Romanen kein Blatt vor den Mund nimmt. Seine Figuren sind nicht brav und angepasst, sondern wild und voller Leben, und das tritt in seinem neuesten Roman ...

Zoran Drvenkar ist dafür bekannt, dass er in seinen Romanen kein Blatt vor den Mund nimmt. Seine Figuren sind nicht brav und angepasst, sondern wild und voller Leben, und das tritt in seinem neuesten Roman „Wir – die süßen Schlampen“ ganz deutlich zutage. In gewohnter erzählerischer Brillanz setzt er nach und nach aus verschiedenen Puzzleteilen eine wilde Geschichte über Freundschaft, Verbrechen, Drogen, Gewalt und das echte Berlin zusammen.

Schnappi, Stinke, Nessi, Rute und Taja sind beste Freundinnen. Echt und unverfälscht, mit allem, was dazugehört. Gerade sind sie von der Realschule abgegangen, und die Welt liegt ihnen zu Füßen. Sie wollen ein wildes, freies Leben, sie fühlen sich unbesiegbar. Eines Tages verschwindet Taja spurlos. Die Suche nach ihrer Freundin führt die Clique in einen tiefen Abgrund aus Drogen und Gewalt, durch den sich die zähe Truppe stets mit einem flotten Spruch auf den Lippen und mit einer guten Portion rauem Charme durchbeißt.

Dabei gelingt es Drvenkar, all seine toughen Mädels zugleich auch verwundbar wirken zu lassen. Sie alle haben Träume und Ängste, sie alle sehnen sich nach etwas und bereuen Dinge. Sie sind keine schablonenartigen „starken jungen Frauen“, sondern echte Persönlichkeiten. Ebenso wie unter der Oberfläche seiner Figuren Verwundbarkeit schlummert, lauert unter der rauen, teils derben Sprache, der sich der Autor bedient, immer auch etwas Zartes, Poetisches, was seinen ganz besonderen Erzählstil ausmacht. Die Spannung entsteht nicht nur aus der Handlung, sondern auch aus der fragmentarischen Erzählweise: Nach und nach erst entsteht ein vollständiges Bild der Geschehnisse, das sich aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zusammensetzt.

Mit „Wir“ ist Zoran Drvenkar wieder einmal ein Roman wie ein Rauschzustand gelungen: heftig, wild, bunt, teils vulgär, oft poetisch und immer mit einem Blick für das Menschliche, Echte, Unverfälschte. Ein Jugendbuch, das ganz sicher nicht nur ein Jugendbuch ist, sondern Lesende aller Altersgruppen in seinen Bann ziehen kann.

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