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Veröffentlicht am 28.03.2022

Spannender 5. Fall

Nebelopfer
8

Ein Selbstmörder hängt an einem Galgenbaum. Schnell wird klar: Der Selbstmord ist fingiert und der Tote hat eine Nachricht bei sich. Vor 15 Jahren hat er bei einem tödlichen Familiendrama falsch ausgesagt. ...

Ein Selbstmörder hängt an einem Galgenbaum. Schnell wird klar: Der Selbstmord ist fingiert und der Tote hat eine Nachricht bei sich. Vor 15 Jahren hat er bei einem tödlichen Familiendrama falsch ausgesagt. Stimmt das? Und wenn ja, ist der Verurteilte tatsächlich unschuldig? Sind weitere Zeugen in Gefahr? Alles Fragen, denen sich in Itzehoe Frida und ihre Kollegen stellen müssen. Und das Team bekommt Zuwachs von einem früheren SEKler. Es lauern so manche Spannungen…

Schon der Prolog lässt erahnen, dass dieses Buch einfach spannend werden muss. Ein Mann ist gefangen und es scheint keinen Ausweg zu geben. Dann springt die Handlung einige Tage zurück, doch es geht nicht minder spannend weiter. Ein vermeintlicher Selbstmörder wird gefunden und schnell ist klar: Hier hat jemand eine Nachricht hinterlassen. Was geschah damals wirklich und warum musste der Zeuge, der falsch ausgesagt habe soll, ausgerechnet jetzt sterben? Und welchen Zweck verfolgt der Täter? Wird es bei dem einen Opfer bleiben und sollten die Ermittlungen in dem an sich schon abgeschlossenen Fall wieder aufgerollt werden? Gab es etwa einen folgenschweren Justizirrtum? Das sind nur einige der Fragen, denen sich das Team um Frida Paulsen und Bjarne Haverkorn stellen muss. Gerade für Haverkorn ist es wichtig, denn er hatte im Fall damals ausgesagt.

Was habe ich mich auf das Wiedersehen mit Frida und Haverkorn gefreut! Und ich kann direkt verraten, dass es mir auch wirklich beim Lesen eine Freude war. Allein schon die Charaktere wieder zu „treffen“, die Fans der Reihe schon längst in ihr Bücherherz geschlossen haben, ist toll. Nicht minder gelungen ist natürlich das Setting in Schleswig-Holstein. Mittlerweile kenne ich es aus eigener Anschauung so gut, dass ich noch mehr Kopfkino habe, als das bei den ersten Fällen war. Dazu dann der runde, leicht zu lesende Schreibstil der Autorin und ich bin zufrieden. Oder zumindest ziemlich zufrieden, denn den einen oder anderen Kritikpunkt gibt es schon. Nicht am Fall als solchem der ziemlich spannend war und vor allem so nicht vorhersehbar, sondern eher an den Charakteren und manchem Ermittlungsversäumnis. Ich kann und will an der Stelle nicht zu viel verraten, aber in dem Team läuft es aktuell einfach nicht ganz rund.

Es ist der fünfte Teil einer Reihe. Da die Fälle immer abgeschlossen werden, ist ein Einstieg in die Reihe quasi überall möglich, jedoch spielt in den Büchern auch das Privatleben eine nicht ganz zu vernachlässigende Rolle und an der Stelle könnten (Verständnis-)Lücken bleiben, steigt man erst hier ein. Die Charaktere haben sich in diesem Buch weiterentwickelt, wie ich finde ist das gerade bei Frida und Torben in der Form jedoch eher eine Rückentwicklung. Die beiden haben ordentlich Stress, benehmen sich nicht selten wie Teenager und ja, ich muss einfach sagen, dass mich das doch oft genervt hat und für den einen Stern Abzug sorgt gerade dieses Trauerspiel. Ich hoffe, dass sich das im kommenden Band regelt, denn natürlich werde ich die Reihe fortsetzen und empfehle auch dieses Buch.

Denn mich haben die Irrungen und Wirrungen, die falschen Fährten und der Schreibstil ansonsten wieder vollends überzeugt. Besonders gefiel mir, dass ich der Autorin oft auf den Leim ging und als Leser wie ein „Nebelopfer“ oft keinen Durchblick hatte.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 24.03.2022

1923 spannend und unterhaltsam präsentiert

Im Rausch des Aufruhrs
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1923 – ein spannendes Schicksalsjahr in Deutschland. Die junge Weimarer Republik, das von Frankreich besetzte Ruhrgebiet, Kommunisten, Nationalsozialisten und die Inflation haben Spuren in diesem Jahr ...

1923 – ein spannendes Schicksalsjahr in Deutschland. Die junge Weimarer Republik, das von Frankreich besetzte Ruhrgebiet, Kommunisten, Nationalsozialisten und die Inflation haben Spuren in diesem Jahr hinterlassen. Armut und Hunger auf der einen Seite, rauschende Feste auf der anderen. Dazu politische Verwicklungen, die es in sich haben. All das wird in diesem Buch interessant und spannend präsentiert.

Das Buch ist ähnlichem einem Jahreskalender, in zwölf Kapitel unterteilt, die nur so strotzen von historischen Informationen. Die Einleitungen in den jeweiligen Monat mit einer kurzen Zusammenfassung, dem steigenden Brotpreis (der die Inflation verdeutlicht) und den Bildern fand ich sehr gelungen. Es gibt die großen politischen Geschichten, Anekdoten von bekannten und (heute) unbekannten Menschen, die die Lebenssituation deutlich machen. Die politischen Extreme werden veranschaulicht, ihr Aufeinandertreffen. Deutlich wird, wie es ein Hitler schaffen konnte die Zeit für sich zu nutzen und die Grundlagen für sein späteres Führerdasein zu bereiten. Gleichermaßen interessant fand ich jedoch die Geschichten des kleinen Mannes.

Der Schreibstil ist eingängig und ansprechend, die Zusammenstellung der Geschichten, Ausschnitte und Anekdoten gut gewählt, sodass es mir nie langweilig wurde. Und dennoch liest man dieses Buch nicht mal so eben nebenbei oder in einem Rutsch. Vieles recherchiert man weiter, nachdem der Autor den Leser aufmerksam gemacht hat. Selbst wer glaubt, dass er einiges weiß, wird immer noch Neues entdecken können, denn es findet wirklich ein Querschnitt der Gesellschaft ihren Platz, nicht nur die Größe aus Politik, Kultur und dergleichen. Es ist zwar ein historisches Sachbuch, jedoch nie angestaubt, sondern kurzweilig und unterhaltsam.

Ich empfehle dieses offensichtlich sehr gut recherchierte Buch gerne weiter. Interesse für die Geschichte muss man mitbringen, aber ohne das wird man sowieso wohl kaum zu diesem Buch greifen. Hat man dieses, wird man sicher gut unterhalten.

Veröffentlicht am 11.03.2022

Historischer Krimi

Die Akte Adenauer
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Nach dem zweiten Weltkrieg ist vieles in Deutschland noch unsicher, die junge Bundesrepublik ist noch in einem Findungsprozess, während auf der einen Seite die Amerikaner, auf der anderen die „Roten“ stehen ...

Nach dem zweiten Weltkrieg ist vieles in Deutschland noch unsicher, die junge Bundesrepublik ist noch in einem Findungsprozess, während auf der einen Seite die Amerikaner, auf der anderen die „Roten“ stehen und mittendrin gibt es natürlich noch den einen oder anderen Nazi. Der deutschstämmige Phillip Gerber, dessen Familie vor Hitlers Machtergreifung in die USA emigrierte, war amerikanischer Geheimdienstagent und ermittelt nun mit dem BKA. Es wird ganz schön gefährlich, denn die „Wölfe Deutschlands“ scheinen noch aktiv zu sein und politische Ränkespiele kurz vor der Bundestagswahl sorgen für Zündstoff.

Als ich den Klappentext gelesen hatte war es schnell um mich geschehen, denn ich finde das Setting (also die junge Bundesrepublik) interessant und es hat viel Potenzial. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich direkt sage, dass mich das Buch nach einer kurzen Eingewöhnung gut unterhalten hat. Es gab einen spannenden Fall und die geschichtlichen Verwicklungen sind mindestens genauso spannend. Natürlich weiß man schon vieles, wenn man in Geschichte nicht komplett geschlafen hat, allerdings gibt es dann doch Details, die einem vielleicht entfallen waren und/oder deren Zusammenhänge hier einfach verständlich deutlich werden. Mir erscheint der Roman sehr gut recherchiert, die junge Demokratie gut dargestellt und auch die Protagonisten haben mir weitgehend gut gefallen. Allen voran natürlich Gerber, dessen Zerrissenheit zwischen deutsch – amerikanisch man gut spüren kann. Wobei ich manche der Actionszenen fast schon ein bisschen zu amerikanisch angehaucht fand. Gut gelungen hingegen ist, dass der Westen nicht klischeehaft als ausschließlich „gut“ beschrieben wird und zudem auch auf manches Problem hingewiesen wird, dass sich durchgezogen hat (die alten Nazis haben sich ja nicht in Luft aufgelöst). Dass ein Polizist und eine Journalistin zusammenarbeiten ist nicht neu, aber mir gefällt sowas, weil hier zwei Welten aufeinandertreffen – hier nicht nur beruflich, sondern auch „ideologisch“, denn Eva Herter ist bei einem rot angehauchten Blatt beschäftigt. Dafür sind die amourösen Sachen zwischen Gerber und Eva ein bisschen arg Klischee und fast schon überflüssig, aber das ist wohl Geschmackssache. Mir hätte es einfach besser gefallen, hätten die beiden nur eine freundschaftliche Basis und würden dann gemeinsam arbeiten. Denn das hätte auf jeden Fall gereicht, denn lange ist man als Leser wirklich am überlegen, was gespielt wird. Bei mir machte es dann irgendwann Klick und ich kam der Sache auf die Spur und dennoch habe ich das Buch gerne weitergelesen. Und am Ende wurde ich dann auch noch das eine oder andere Mal doch noch überrascht…

Nur würde ich hier von einem politischen Krimi statt einem Thriller sprechen – aber wirklich gestört hat mich das nicht. Auch wenn ich doch den einen oder anderen Kritikpunkt hatte, gefiel mir das Buch, denn in habe mir direkt auch Teil zwei besorgt.

Veröffentlicht am 02.03.2022

In vino veritas est?!

Kaiserstuhl
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1962: Es sind die Wirtschaftswunderjahre, Deutschland geht es gut, den Franzosen ebenfalls. Und in Kürze soll der Vertrag der Deutsch-Französischen Freundschaft von Adenauer und de Gaulle unterzeichnet ...

1962: Es sind die Wirtschaftswunderjahre, Deutschland geht es gut, den Franzosen ebenfalls. Und in Kürze soll der Vertrag der Deutsch-Französischen Freundschaft von Adenauer und de Gaulle unterzeichnet werden. Paul hat dafür einen besonderen Auftrag. Er soll eine ganz bestimmte Flasche Champagner aus dem Jahr 1937 besorgen… Auf der Suche danach trifft er auf alte Bekannte, nicht immer ist es eine Freude. Henny führt recht erfolgreich eine Weinhandlung in Freiburg, ihre Schwiegermutter kümmert sich um den mittlerweile erwachsenen Sohn Kaspar und auch bei denen liegt so einiges im Argen – sowohl aktuell, als auch in der Vergangenheit.

Zu Beginn hatte ich meine Schwierigkeiten die Personen zu greifen zu bekommen und auch in die Geschichte kam ich nicht so richtig rein – und dass bei einer Autorin, die ich doch sehr schätze, weil sie Geschichten und Historie immer so greifbar, lebensnah und authentisch gestaltet. Gerade als ich befürchtet hatte, dass ich einfach nie in das Buch finde machte es „Klick“ und es war wie umgewandelt. Während die ersten 100 Seiten irgendwie nur zäh vorangingen, hatte ich dann das Buch kaum mehr weglegen wollen. Sowohl die Geschichte, als auch die Personen, die allesamt gut charakterisiert waren, hatten es mir sehr angetan, nachdem ich erst einmal alle richtig kennenlernte. Es gab gerade zu Beginn einiges an Personal kennenzulernen, dazu ständige Perspektivwechsel und auch manchen Rückblick. Nach der ersten Phase fand ich aber sowohl die Personen, als auch der Schreibstil und die Geschichte gefiel mir richtig gut und irgendwann wird es auch wirklich spannend. Ich denke meine Probleme lagen zum Teil auch darin, dass es viel um Kinos ging, die ich nicht besuche und ich auch mit dem ganzen Weinthema und Champagner wenig anfangen kann. Weder trinke ich das Zeug, noch interessiert es mich sonderlich was Anbau, Vertrieb etc. angeht. Das ist nicht mal uninteressant gestaltet, aber einfach nicht so meins.

Als das Thema zwar noch präsent, aber nicht mehr so im Fokus war, habe ich richtig Spaß an der Geschichte gefunden. Wie die Autorin Fakt und Fiktion verbindet ist einfach immer wieder aufs Neue toll. Man lernt so viel, sieht Dinge genauer oder aus einem anderen Blickwinkel. Die deutsch-französische Nachkriegsgeschichte ist sehr interessant, gerade die Situation im Elsass, welches ich gerne besuche, interessiert mich immer wieder. Und ich fand auch die Idee, wie zig Leute einer ganz bestimmten Flasche auf der Spur sind und warum sie das tun, wirklich spannend und unterhaltsam. Darunter Paul, aber auch Henny und so mancher (früherer?) Nazi. Die Idee und die Recherche sind extrem gelungen, die Umsetzung zu aus meiner Sicht etwa zu ¾ - wie schon erwähnt fand ich den Start weniger gut und auch das Ende hat mich nicht ganz überzeugt. Die anderen Romane der Autorin hatten mich auch einfach noch mehr überzeugt, dennoch gebe ich gerne 4 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 11.02.2022

Gepimpter Held

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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Michael Hartung ist eigentlich schon immer alles gewesen – nur nicht erfolgreich. Schon als junger Mann suchte er im Osten eher den leichten Weg. Der Ex-Eisenbahner und wenig erfolgreiche Videothekenbesitzer ...

Michael Hartung ist eigentlich schon immer alles gewesen – nur nicht erfolgreich. Schon als junger Mann suchte er im Osten eher den leichten Weg. Der Ex-Eisenbahner und wenig erfolgreiche Videothekenbesitzer bekommt urplötzlich Besuch von einem Journalisten. Dieser glaubt, dass Hartung für die spektakuläre Massenflucht per S-Bahn in der DDR gesorgt hat. Ganz so war das nicht, aber gegen schnell und leicht verdientes Geld hat Hartung nichts einzuwenden, also beharrt er nicht zu sehr auf den Fakten und das Schicksal nimmt seinen Lauf.

Held werden ist nicht schwer; Held sein dagegen sehr – das ist zumindest in diesem Buch der Fall. Eher ein Missverständnis, dann noch falsche Infos und hier und da mal nicht die ganze Wahrheit sagen, schon kann man in einer Geschichte landen, die man selbst nie für möglich gehalten hätte. Das passiert einem Menschen, der mir zu Beginn der Geschichte alles andere als sympathisch erschien. Einem Journalisten nach dem Mund reden, nur damit die Moneten für die fällige Miete fließen? Fragwürdig. Auch das er gerne einen über den Durst trinkt, seine Tochter mehr oder weniger vergessen hat und so einiges mehr. Alles – nur nicht heldenhaft. Doch dann steht er da, dieser Journalist, der schon im Vorfeld weiß, was er schreiben will, um endlich erfolgreich zu werden. Er schreibt die Reportage und die Menschen lieben den Helden, der so unter der Stasi-Diktatur zu leiden hatte und dennoch tat, was er für richtig hielt. Die Hochstaplergeschichte nimmt immer mehr ihren Lauf und ist nicht mehr aufzuhalten. Gelungen fand ich, dass in der Wahnsinnsgeschichte nicht alles komplett erlogen ist, sondern nur medial aufgepimpt. Wie genau all das ist, dass müsst ihr selbst lesen- denn es lohnt sich. Zunächst genießt Hartung die Aufmerksamkeit, doch es gibt einen Wendepunkt. Eine neue Liebe… Doch wie sollen der immer sympathischere Hartung und der Journalist aus dieser Nummer noch rauskommen?

Mir gefällt sehr gut, wie die Politik und Medienwelt auf die Schippe genommen werden. Da steckt doch das eine oder andere wahre drin, dazu die Ost-West-Geschichte, die immer ein Garant ist – zumindest, wenn man es umsetzt wie der Autor. Sehr unterhaltsam, gut lesbar, interessant, vielschichtig und humorvoll. Ich habe oft geschmunzelt, manchmal den Kopf geschüttelt, unter dem Strich hat es mich einfach sehr gut unterhalten. Und es birgt auch einiges zum Nachdenken, über die Mauern in Köpfen, die Frage, wie genau man es mit der Wahrheit nehmen muss, was Wahrheit genau ist.

Ich empfehle das Buch gerne weiter und werde mal schauen, was ich von dem Autor noch so finde, denn der Stil war einfach klasse und hat mich überzeugt.