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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.05.2022

Schwieriges Thema kindgerecht umgesetzt

Jede*r kann die Welt verändern! - Ich bin Anne Frank
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Die Geschichte von Anne Frank sollte jeder kennen, warum also nicht schon Kindern davon berichten? Der Holocaust und Nationalsozialismus sind sicher keine leichten Themen, aber noch immer - und vielleicht ...

Die Geschichte von Anne Frank sollte jeder kennen, warum also nicht schon Kindern davon berichten? Der Holocaust und Nationalsozialismus sind sicher keine leichten Themen, aber noch immer - und vielleicht heute mehr als noch vor einigen Jahren - ist es wichtig #GegendasVergessen etwas zu tun.
Ich hatte schon gewisse Zweifel, ob ein Comic die Geschichte des jüdischen Mädchens gut erfassen und kindgerecht darstellen kann. Einer der Gründe, warum ich das Buch auch gekauft habe. Und mich hat die Umsetzung wirklich sehr positiv überrascht. Die Bilder/Illustrationen sind einfach wunderschön und die Geschichte so präsentiert, dass Kinder sie auch wirklich lesen können. Verständlich, aber auch auf das beschränkt, was Kinder verarbeiten können. Und das Beste: Annes positive, menschenfreundliche, mutige Grundhaltung wird sehr deutlich. Auch die Verfolgung durch die Nazis und das Leben im Versteck wird thematisiert, aber im Fokus steht ein beeindruckendes Kind, dass sich von nichts unterkriegen lässt.
Vielleicht würde ich das Buch eher ab zehn Jahren empfehlen (aber Kinder sind verschieden, daher kommt manches mit sieben vielleicht schon mit der Geschichte klar, während ein elfjähriges Kind vielleicht noch Probleme haben könnte), aber in jedem Fall sollte man es einmal gemeinsam lesen. Und vielleicht sollten es die Erwachsenen vorher schon einmal allein durchgeblättert haben, um sich auf Fragen vorzubereiten.
Ich kann mir gut vorstellen weitere Bücher der Reihe zu lesen.

Veröffentlicht am 11.04.2022

Facettenreicher zweiter Band

Das Mädchen und der Totengräber (Die Totengräber-Serie 2)
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Wien, 1894 – Im Kulturhistorischen Museum wird ein brisanter Fund gemacht. Ein führender Ägyptologe taucht plötzlich als Mumie auf. Leo Herzfeldt ermittelt in diesem Fall. War das ein Mord oder etwa doch ...

Wien, 1894 – Im Kulturhistorischen Museum wird ein brisanter Fund gemacht. Ein führender Ägyptologe taucht plötzlich als Mumie auf. Leo Herzfeldt ermittelt in diesem Fall. War das ein Mord oder etwa doch ein Fluch? Derweil werden junge Männer, offensichtlich Stricher, entmannt und dazu stirbt auch noch ein Tierpfleger nach einer vermeintlichen Raubtierattacke im Tiergarten, der aktuell auch eine sogenannte Völkerschau zeigt. Herzfeldts Freundin Julia muss all das fotografieren und auch für den Totengräber Augustin Rothmayer läuft nicht alles rund.

Nach dem sehr überzeugenden ersten Teil der Reihe musste ich dieses Buch unbedingt haben und ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass ich auf weitere Bände hoffe. Auch dieser zweite Teil hatte all das, was ich im ersten schätze. Eine sehr interessante, brisante Geschichte, ein spezielles Setting in einer anderen Zeit. Wie Herzfeldt und Kollegen ermitteln ist einfach spannend. Die modernen Ermittlungsmethoden sind gerade erst am kommen und das macht die Sache sehr interessant. Die Geschichte ist extrem facettenreich und es gibt nicht nur den einen Fall, sondern ein ganzes Bündel an größeren oder kleineren Dingen, die Herzfeldt und Co aufzuklären und zu regeln haben. Dabei wird es nicht nur spannend, sondern auch teils brandgefährlich. Interessant sind auch die sozialen Unterschiede, die in diesem Buch wieder sehr schön ausgearbeitet sind. Herzfeldt sieht wirklich alles auf der Suche nach der Wahrheit, von den herrschaftlichen Villen bis hin zu in der Kanalisation lebenden Menschen.

Das Buch ist, wie man es von dem Autor nicht anders kennt, sehr gut recherchiert und er bringt auch wieder sehr viele Aspekte unter, bei denen man echt etwas lernen kann. Hier zu nennen sind beispielsweise die verschiedensten Bestattungsarten aus aller Welt, die kurz angerissen werden. Aber auch der Zeitgeist wird gut dargestellt und man hat einfach immer das Gefühl mit Leo unterwegs zu sein, ob im Kommissariat oder sonst wo. Dazu tragen auch die gut ausgearbeiteten und interessanten, teils skurrilen Charaktere bei, die das ganze Bild rund machen. Das Buch liest sich gut und schnell, es gibt zahlreiche Überraschungen und Wendungen, sowie ein überzeugendes Ende, dass einfach Lust auf mehr macht. Die Kombination aus historischem Buch und Krimi ist dem Autor einfach wieder richtig gut gelungen, daher muss ich einfach fünf Sterne vergeben.

Ich empfehle die Reihe gerne weiter und auch wenn man theoretisch ohne Vorkenntnisse mit diesem Buch zurechtkommen sollte, so würde ich mit Band eins starten.

Veröffentlicht am 29.03.2022

Toller Abschluss der Trilogie

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein wilder Tanz
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Eine Frau wird verletzt aus einem Hafenbecken gefischt und von der Polizeiärztin untersucht. Die Frau meldet sich kurz darauf bei der Ärztin, alles scheint in Ordnung, doch dann wird ihre Leiche gefunden. ...

Eine Frau wird verletzt aus einem Hafenbecken gefischt und von der Polizeiärztin untersucht. Die Frau meldet sich kurz darauf bei der Ärztin, alles scheint in Ordnung, doch dann wird ihre Leiche gefunden. Was ist geschehen? Wie ergeht es den anderen Frauen? Wird Doris Traum ein Star zu werden wahr und wird Celia in ihrer Rolle als Mutter und Ehefrau aufgehen?

Als Fan der Reihe musste ich natürlich auch bei diesem Abschluss schnell zugreifen – und ich habe es nicht bereut. Wie erwartet konnte ich das Buch kaum mehr aus den Händen legen, auch weil es quasi nahtlos an den Vorgänger anschließt. Polizeiärztin Magda Mehring und ihr Mann Kommissar Kuno ermitteln in dem Fall einer reichen toten Frau und suchen noch immer nach dem kleinen Otto, derweil hat Celia mit ihrem Mann Edgar und vor allem ihrer Schwiegermutter den einen oder anderen Kampf auszufechten. Edgar führt mittlerweile das Familienimperium und hat viel Stress, was auch zu Spannungen in der Beziehung führt, besonders weil Celia ihren eigenen Kopf hat und neben der Pension noch das eine oder andere Projekt startet. Es sind zwei Handlungsstränge, die aber gekonnt Schnittmengen aufweisen und mal da, mal dort überlappen. Ich kann nicht einmal sagen, dass der Fall um die reiche Holländerin besonders spannend gewesen wäre, jedoch hat mich das Buch in Summe sehr gut unterhalten. Die Entwicklung der Frauen fand ich gelungen, es gibt überhaupt einige sehr interessante Personen in diesem Buch, dazu ist natürlich Berlin in den 20er-Jahren ein sehr interessantes Setting mit enormem Potenzial, dass das Autorenpaar auch für die Geschichte zu nutzen weiß. Wie in den Vorgängern ist das Privatleben der Protagonistinnen im Fokus und genau das habe ich im Vorfeld auch so erwartet. Der Mix aus (historischem) Roman mit politischer Einfärbung und Krimi ist einfach wunderbar gelungen.

Man merkt: Der Abschluss der Trilogie hat mir sehr gut gefallen, jedoch ist es schade, dass das Abenteuer mit Magda und Co enden. Die Charaktere waren überzeugend, authentisch und vor allem der Zeitgeist gut dargestellt. Alle wichtigen offenen Fragen wurden geklärt und es wurde auch nicht zu kitschig, denn ehrlich gesagt hatte ich das befürchtet.
Ich empfehle die gesamte Reihe und zwar der Reihenfolge entsprechend, sonst könnte der Lesespaß doch arg leiden, da gewisse Hintergründe ohne die Vorgänger einfach fehlen würden.

Veröffentlicht am 16.03.2022

Gekonnte Verbindung von Fakt und Fiktion

Ein Präsident verschwindet
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Der Name Otto John sagte mir etwas, aber nicht so richtig. Das machte die Geschichte für mich aber nur umso interessanter. Im Jahr 1954 verschwand der Präsident des Verfassungsschutzes und frühere Widerstandskämpfer. ...

Der Name Otto John sagte mir etwas, aber nicht so richtig. Das machte die Geschichte für mich aber nur umso interessanter. Im Jahr 1954 verschwand der Präsident des Verfassungsschutzes und frühere Widerstandskämpfer. Wurde er entführt? Ist er übergelaufen? Das BKA soll die Ermittlungen aufnehmen, mittendrin Phillip Gerber, denn seine Freundin, die Journalistin eines kommunistischen Blatts, Eva Herder scheint ihre Finger im Spiel zu haben. Was treibt sie um? Hat sie Gerber etwas vorgemacht?

Der Kalte Krieg, die politischen Irrungen und Wirrungen der jungen Bundesrepublik und die noch immer zahlreich in Behörden agierenden (früheren) Nazis bieten einfach ein interessantes Setting. Die Anpassung zwischen West und Ost ist in diesem Buch quasi von Seite eins an greifbar. Was mag John in den Osten verschlagen haben oder ist er entführt worden und nun eine Marionette des Ostens? Und wie wird für Gerber die Zusammenarbeit mit Reinhard Gehlen, der einen Auslandsgeheimdienst aufbaute, dem späteren BND? Fragen über Fragen, auf die das Buch nach und nach Antworten liefert und neue Fragen aufwirft. Doch zunächst geht es noch in Bonn richtig rund, Gerber trifft auf einen ganz speziellen Mann, auf den er auch später in Berlin wieder treffen wird. Ein viel größeres Problem für Gerber ist jedoch, dass ihm Evas Verhalten viele Rätsel aufgibt…

Ich finde die Kombination von historischem Fakt und unterhaltender Fiktion hier sehr gut gelungen. Das Grundgerüst des Buches basiert auf wahren Begebenheiten, die der Autor gekonnt und interessant mit fiktionalen Elementen unterfüttert. Mir erscheint auch dieser Band wieder sehr gut recherchiert. Ein gewisses politisches Grundinteresse sollte man für diesen Krimi schon mitbringen, größere Vorkenntnisse hingegen sind nicht notwendig.
Der Schreibstil ist gleichbleibend gut und nicht selten überschlagen sich Ereignisse, was es mir kaum möglich machte das Buch aus der Hand zu legen, sodass ich es binnen zweier Tage gelesen hatte.

Erst kürzlich hatte ich Band eins gelesen und kritisiert, dass Eva und Gerber eine Beziehung eingingen. Damals erschien sie mir einfach ein wenig überflüssig – in Band zwei ergab das Ganze dann deutlich mehr Sinn. Und auch insgesamt sagte mir Band zwei noch deutlich mehr zu. Ich würde dringend empfehlen die Reihenfolge einzuhalten, da man sonst vielleicht zu Beginn etwas ins Schwimmen gerät, empfehle ansonsten ich dieses Buch geschichtsinteressierten Krimilesern aber auf jeden Fall.

Veröffentlicht am 14.03.2022

Unterhaltsame, aktuelle Gesellschaftskritik vom Feinsten

Die Kinder sind Könige
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Melanie wollte schon immer bekannt werden. Ihre ersten Versuche schlugen fehl, aber mehr oder weniger zufällig entdeckt sie, was in den sozialen Medien möglich ist und beginnt sehr erfolgreich ihre Kinder ...

Melanie wollte schon immer bekannt werden. Ihre ersten Versuche schlugen fehl, aber mehr oder weniger zufällig entdeckt sie, was in den sozialen Medien möglich ist und beginnt sehr erfolgreich ihre Kinder in Szene zu setzen. Anfangs noch überrascht von der schnell steigenden Zahl der Follower, versteht Melanie immer mehr, wie Algorithmen funktionieren und verfeinert ihr „Business“. Zahllose Stories, Videos, Bilder und Co sind alltäglicher Bestandteil des Familienlebens. Eines Tages jedoch verschwindet ihr kleines Mädchen Kimmy beim Spielen spurlos. Unter anderem ermittelt Clara, eine engagierte Polizistin, die allerdings auch einigen Kummer kennt. Wird die Kleine gesund gefunden? Wer hat sie sich geschnappt?

Das Buch beginnt relativ langsam, erklärt die Lebenswege der beiden Protagonistinnen, um ihre Handlungsweisen und Gedankengänge in die Zukunft zu verstehen. Wer die Autorin kennt, weiß, dass diese Einführung wichtig ist und schnell wird es dann auch spannend. Die Kleine ist vom einen auf den anderen Moment verschwunden. Es gibt quasi keinerlei Spuren, jeder könnte Kimmy entführt haben. Auch die Motive sind völlig unklar, denn eine Lösegeldforderung oder dergleichen bleibt aus. Was zunächst wie ein „normaler“ Fall für die Beamten aussieht, stellt sich schnell als etwas anderes heraus. Besonders durch Clara, die sich stundenlang Videos, Stories und Challenges der Familie ansieht, bekommt der Leser eine Vorstellung, wie Melanie ihre Kinder instrumentalisiert. Da man die Geschichte auch durch Melanies Augen sieht, erkennt man, dass ihre Weltsicht eine völlig andere ist und sie tatsächlich zu glauben scheint, dass es nicht nur ihr, sondern auch den Kindern nutzt, dabei haben sie mit allerhand Problemen zu kämpfen. Mobbing, Missgunst und Neid sind an der Tagesordnung, aber auch Menschen, die versuchen auf die Schwierigkeiten der Online-Kinderstars hinzuweisen und deren Eltern an den Pranger stellen.

Ich kann gar nicht alles notieren, was mich an diesem Buch wütend machte und wie wichtig dieses Buch zugleich ist. Es ist ein sehr unterhaltsamer Pageturner, der ohne Blut auskommt, und dennoch ganz tiefe Verletzungen zeigt. Nein, er zeigt die Verletzungen nicht nur, er legt die Finger tief in die Wunde und wühlt dann noch darin rum. Der Stil der Autorin ist einfach richtig gut. Das Buch liest sich schnell und flüssig, es weckt eine ganze Palette von Emotionen und ich habe mich dabei ertappt, wie ich Clara immer wieder zunickte, während Melanie mich mit ihrer Blindheit für die Gefahren und das Leid ihrer Kinder wirklich wütend machte.

Dieses Buch sollten entsprechende Insta-/Youtube-/w. (a-)soziale Medien-Familien erhalten und zum Lesen regelrecht gezwungen werden. Vielleicht – nur vielleicht, würde es den einen oder anderen Mal zum Nachdenken anregen und im besten Fall verhindern, dass Kinder so schamlos ausgebeutet werden. Vielleicht ist das aber auch nur naives Wunschdenken von mir, denn die Aussicht auf Ruhm und Geld lässt manchen wohl wirklich – ganz ähnlich wie in Melanies Fall- das Kindeswohl vergessen oder so weit dehnen, dass es in die Vorstellung und die soziale Medien-Bubble passt. Problem sind ja nicht nur die Pädos, die sich an den Kinderbildern „erfreuen“, sondern auch die psychischen Schäden, die verursacht werden können. Ersteres haben wahrscheinlich noch die meisten Eltern auf dem Schirm, aber für letzteres sind wahrscheinlich viele blind. Sie müssen blind sein, wenn man sieht, wie Kinder teilweise präsentiert werden. Hier im Buch mag manches auf die Spitze getrieben sein (da ich solche Influencer nicht unterstütze, kann ich nicht ganz beurteilen), aber dennoch fühlt es sich „logisch“ an, wenn man die Macht der Algorithmen und nicht der Menschlichkeit als Maßstab anlegt.

Ich könnte mich gefühlt endlos in Rage schreiben, belasse es aber dabei und bin einfach nur froh, dass ich dieses Buch gelesen habe, denn es hat mir noch einmal mehr vor Augen geführt, wie schlimm dieses ausbeuterische System für Kinder sein kann/ist, und zumindest mit Likes oder gar Follows wird das in keinem Fall von mir belohnt. Es ist zwar nur wenig, aber immerhin besser als den Irrsinn noch aktiv zu unterstützen und Kinderrechte mit Füßen zu treten.

Unter dem Strich ist die Geschichte aus meiner Sicht eine unterhaltsame, aktuelle Gesellschaftskritik vom Feinsten – absolute Empfehlung und nicht nur für jene, die mit dem Gedanken spielen ihre Kinder im Netz zu präsentieren.