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LindaRabbit

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Veröffentlicht am 04.06.2022

so unglaublich skurril, fremdartig und doch irgendwie bekannt

Die dunklen Geheimnisse von Heap House
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„Ich liebte es, durch die verschiedenen Einzelteile von London zu streifen, es musste demnach viele Lücken in der Stadt geben. Vielleicht ganz ähnlich, wie wenn jemand einen Zahn verliert, dachte ich oft, ...

„Ich liebte es, durch die verschiedenen Einzelteile von London zu streifen, es musste demnach viele Lücken in der Stadt geben. Vielleicht ganz ähnlich, wie wenn jemand einen Zahn verliert, dachte ich oft, nur dass London so unglaublich viele Zähne haben muss, dass man vielleicht gar nicht alle kennt.“
(So wie ich dieses Zitat nicht so richtig verstehe, denn Clod war, außer in Heap House auf dem Müllberg, noch nie in London, so wenig versteht man viele Zeilen in diesem Buch. Und doch ist es unglaublich faszinierend das Buch zu lesen!)

Das ist das skurrilste Buch, was ich je gelesen habe: Clod oder Clodius Iremonger gehört zu dem reichen Klan der Iremonger, die alles beherrschen. Die Müllberge von London, hier wird der ganze Müll von London abgeladen, auch Menschen werden abgeladen (die angeblich auch alle Iremongers sind, aber zu den Unteren gehören und die mit den Oberen keinen Kontakt haben dürfen). Da gibt es dieses Mädchen, Lucy Pennant, Vollwaise, weil ihre Eltern an der Krankheit erstarrten.
Ich vermute, dass dieses sonderbare, aber doch auf seine Art und Weise faszinierende Buch uns etwas zu dem Müll sagen will, dass die Welt produziert, jede:r Einzelne von uns. Es ist eine seltsame Welt, vollkommen hierarchisch durchstrukturiert, auf Furcht und Gesetzen basierend. Voller bösartiger Menschen.

Der Text ist so fremd und gleichzeitig kommt er einem so bekannt vor. Die Namen sind fremdartig – Odem (für Adam), Eeva (für Eva)….und doch bekannt. Clod ist etwas Besonderes und so ist das mit besonderen Menschen, sie werden für krank gehalten...und er trifft auf die entführte Lucy Pennant, Kaminputzerin, die sich nicht unterkriegen lassen will. Sie verlieben sich ineinander…

Aber das Buch beschreibt eigentlich in seiner bizarren Art die Welt so wie sie ist… Großartig, ich finde dass sich das Buch toll lesen lässt. Wie Jugendliche ab 12 Jahren das Buch sehen, muss ich noch eruieren … Die schwarzweiß Zeichnungen sind hervorragend gelungen und unterstützen dieses schwarz Humorige der Erzählung.

(Weil ich nicht alles verstehe, habe ich lediglich vier Sterne vergeben)

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Veröffentlicht am 15.04.2022

Nachkriegszeit, nach einer wahren Begebenheit

Ein Präsident verschwindet
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„Jeder Schurke ist in seiner eigenen Geschichte ein Held“ (S. 290)

Im Juli 1954 verschwindet Verfassungsschutzpräsident Otto John. Kurze Zeit darauf taucht er in Ost-Berlin auf und gibt eine Presserklärung ...

„Jeder Schurke ist in seiner eigenen Geschichte ein Held“ (S. 290)

Im Juli 1954 verschwindet Verfassungsschutzpräsident Otto John. Kurze Zeit darauf taucht er in Ost-Berlin auf und gibt eine Presserklärung ab. Ist er freiwillig dort? Oder wurde er von ostdeutschen Agenten entführt? Auf Wunsch von Bundeskanzler Konrad Adenauer übernimmt der BKA Polizist Philipp Gerber die Ermittlungen. Zeitgleich ist auch die Journalistin Eva H. verschwunden, zufälligerweise die Freundin von Gerber. Doch dann sieht man sie, zusammen mit John, in Ost-Berlin. Was für eine Sache läuft da? Gerber leidet darunter, dass seine Freundin, in die er sehr verliebt ist, in diese seltsame Angelegenheit verwickelt ist. Nun sollen BKA und die Organisation Gehlen zusammen arbeiten, was beiden Seiten nicht passt. Schlag auf Schlag passieren mehrere Morde...Selbst Eva soll einen Barbesitzer getötet haben.

Wieder ein gelungenes Buch von Ralf Langroth:
Allein schon das Umschlagsbild – in grünlichschwarz zwei Grenzer, ‚Achtung, Sie verlassen den Sektor West-Berlin‘, kontrollieren eine schwarze Limousine, die mit der Schnauze Richtung Osten steht. Diese beängstigende Situation, die viele erleben mussten, die zwischen Ost und West pendelten. Auf dem Umschlagsinnenbild – die Karte von Berlin mit den Sektorengrenzen. Der Roman, geschrieben nach einer wahren Begebenheit, dazu im Schlussteil ein informatives Nachwort des Autors.

Der Romanheld, Philipp Gerber, ein sympathischer und verliebter Polizeikommissar mit Vergangenheit, hält auf knapp 360 Seiten auf Trab. Es sind große Leistungen von Autor:innen, Wahres mit Fiktion zu verbinden und kleine Meisterwerke zu schaffen. Langroth ist das auch zum zweiten Mal (nach der ‚Akte Adenauer‘) gelungen.

Hier in seinem zweiten Buch in der Adenauer Zeit, „Ein Präsident verschwindet“, hat Langroth eine Geschichte ausgegraben, die in Vergessenheit geraten ist. Wie beim ersten Buch der Serie hat der Autor punktgenau recherchiert. Ein spannender Thriller, der an die grausame Historie der deutsch-deutschen Geschichte erinnert.

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Veröffentlicht am 06.04.2022

Japan, kulinarisch; Japan, sexistisch

Butter
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Rika (Journalistin) lebt in Tokio. Sie will ein Exklusivinterview mit Manako Kajii. Diese sitzt als angebliche Serienmörderin ein (sie soll mehrere Männer, die sie mit ihrer Kochkunst verführt hat und ...

Rika (Journalistin) lebt in Tokio. Sie will ein Exklusivinterview mit Manako Kajii. Diese sitzt als angebliche Serienmörderin ein (sie soll mehrere Männer, die sie mit ihrer Kochkunst verführt hat und dazu gebracht ihr den Lebensunterhalt zu finanzieren, ermordet haben). Manako hat bisher jegliche Interviewanfragen abgewehrt. Rika schafft es zu Manako vorzudringen, indem sie vorgibt an ihren Rezepten interessiert zu sein. Doch innerhalb kurzer Zeit wird daraus eine Faszination für Manako und auch für die Rezepte. Manako Kajii erwartet von Rika ein gewisses Eingehen auf ihre Lebensphilosophie. Dadurch hinterfragt Rika zunehmend ihr eigenes Leben und das der japanischen Gesellschaft (was ist wichtig, was will ich als Frau in meiner Gesellschaft, etc.).

Es geht nicht mehr darum, hat Manako diese Männer ermordet, sondern es geht zunehmend darum, was macht die Gesellschaft in Japan aus den Frauen.
Die Einblicke in die japanische Kultur können schockieren: Fleiß und Gehorsam stehen an erster Stelle (sich für die Firma fast umbringen, eine Frau muss schlank sein, diszipliniert und eher dem alten Ideal einer Geisha entsprechen). Bodyshaming ist in Japan noch schlimmer als in Europa.

Bei den interessanten Gesprächen über Essen und dem Austausch der Rezepte erwischen den Lesenden natürlich auch Hungerattacken. Nicht umsonst heißt das Buch ‚Butter‘, denn die Butter spielt eine große Rolle. So wie der Roman keine leichte Lektüre ist und durchaus seine Pausen braucht, so gibt es dann die anderen Pausen, um zwar die Rezepte nicht unbedingt nachzukochen, aber doch etwas Japanisches zu sich zu nehmen. Also man decke sich rechtzeitig mit genügend Butter, Reis, Sojasauce und den anderen Köstlichkeiten der japanischen Küche ein.

Der ungewöhnliche Titel macht neugierig, ebenso das Aufsehen erregende Umschlagsbild. Den Einstieg in den Roman fand ich etwas schwierig - denn so wie sich die ersten Personen, die einem im Roman begegnen, benehmen – da hat sich bei mir zuerst einmal alles gegen das Buch gesträubt. Anscheinend ist der Roman ein Buch, was es der Leserschaft nicht einfach macht: Manche lehnen den Roman ab, andere sind ganz vernarrt in ihn. Ich stehe wohl dazwischen, schwieriger Einstieg, tolle Rezepte, fremde Kultur, unverständliches Verhalten aus (meiner) europäischen Sicht.

Bei den zahlreichen kulinarischen Ereignissen musste ich jedoch passen, weil mir diese Gerichte und Zutaten unbekannt sind. Wer Lust an der Kulinarik hat, muss vieles nachschlagen. Es sind Begriffe, die wohl in Fernost üblich sind, bei uns eher unbekannt. Der Roman eignet sich als Vorbereitung für eine Japan-Reise, um kulinarisch, aber auch gesellschaftlich sich darauf einzustellen, was einem in Japan erwartet.

Es ist ein modernes Buch über Japan, das noch ziemlich in seiner traditionellen Warteschleife hängt. Angesichts der Tatsache, dass die Selbstmordrate in Japan, vor allem unter jungen Leuten, hoch ist – sollte wohl ein Umdenken beginnen. Vielleicht können solche Bücher wie das von Asako Yuzuki dazu verhelfen.

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Veröffentlicht am 30.03.2022

Eine Großstadt und ihre geheimen Ecken

Großstadtgeheimnisse
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Eine Stadt, so wie Berlin, besteht aus vielen Facetten. Und Geheimnissen, verworrenen Ecken und Irrgängen. 26 Kurzgeschichten, die von der Tristesse einer solchen Großstadt erzählen. Berlin ist bestimmt ...

Eine Stadt, so wie Berlin, besteht aus vielen Facetten. Und Geheimnissen, verworrenen Ecken und Irrgängen. 26 Kurzgeschichten, die von der Tristesse einer solchen Großstadt erzählen. Berlin ist bestimmt eine schillernde Stadt, aber im Nordosten, kalt, und bevölkert von vielen Menschen. Lebt es sich angenehm in so einer großen Stadt? Es gibt viel Kultur, Museen, es gibt die Politik, die Regierung, viel Internationales, es gibt aber auch die erbärmlichen Schattenseiten: Einige davon sind in dieser Kurzgeschichtssammlung vorgestellt…. Einsamkeit. Alter. Wandel. Depressionen

Es sind Geschichten vom Abschiednehmen (nach einem langen Arbeitsleben), über Einsamkeit, über Queersein, Alleinsein und doch nicht einsam sein wollen…von den Gedanken, die jemand hat, wenn man in der Nacht unterwegs ist oder einfach nur die Menschen um sich herum betrachtet. Manchmal sind die Geschichten verstörend, oft aber machen sie nachdenklich (ist mir das auch in dieser Weise schon passiert?).

Ich empfehle auf jeden Fall diese Geschichten. Das Titelbild ist natürlich schön berlinerisch – Museumsinsel im Dunkeln mit Lichtschimmer vor der Linse

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Veröffentlicht am 30.03.2022

Zukunftsszenario?

Liquid
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"... Wir saßen an einem Abend zusammen, als Anna sagte, es gäbe demnächst kein Bargeld mehr, davon sei sie überzeugt, und technisch sei es kein Problem. Technisch ist es sicher kein Problem, aber politisch ...

"... Wir saßen an einem Abend zusammen, als Anna sagte, es gäbe demnächst kein Bargeld mehr, davon sei sie überzeugt, und technisch sei es kein Problem. Technisch ist es sicher kein Problem, aber politisch kaum durchsetzbar, sagte ich damals. Sie ließ sich nicht überzeugen und paraphrasierte ein Zitat von Jean Claude Junker: Man beschließt etwas und wartet ab, welche Reaktionen es daraufhin in der Gesellschaft gibt. Die meisten wissen gar nicht, worum es genau geht und kümmern sich nicht darum. Erfolgen keine Reaktionen, macht man weiter, bis es kein Zurück mehr gibt. An dem Punkt begann ich darüber nachzudenken, wer in einer Gesellschaft an der Beibehaltung des Bargelds interessiert ist und was es für ein System bedeutet, wenn es kein Bargeld mehr gibt und wie es davon profitieren kann. So entstand dieses Buch (Danksagung des Autors)"

Im Jahr 2029 arbeitet die Biochemikerin Madeleine Alberti in einem künstlich geschaffene Agrarort in der Wüste New Mexicos, in einem Kaff namens Esperanza (fiktiv). Sie soll dort bei einem Bewässerungsprojekt neue Genstrukturen mitentwickeln. Alberti spricht Spanisch und versteht sich mit den Arbeitern gut. Taco erzählt ihr Dinge, denn an diesem Ort und seinen mexikanischen Arbeitern wird experimentiert: mit neuen, bargeldlosen Zahlungsmethoden mittels eines liquiden Chips. Einmal implantiert in den Menschen ist der gesamte Mensch transparent und kontrollierbar (als Kredit- und Informationsträger). Alberti nimmt Kontakt auf mit einer Organisation „Gedruckte Freiheit“ in Frankfurt und Richard Weigelt. Bald wird durch die permanente Überwachung bekannt, dass Albertine das System erkannt hat und sie wird zum Feind der Firma (die weltweit ein gutes Ansehen hat). Madeleine Alberti flieht über den Rio Grande nach Mexiko. Dort kann sie Tacos Kontakte nutzen, ein einheimischer Drogenboss löscht ihre alte Existenz aus (auf die üblich von solchen Kartellen benutzten Wegen) und vermittelt ihr eine neue Identität, unter der sie nach Europa reist. Ausgerechnet ein Drogenboss, aber die Kriminellen haben Geld, Verbindungen und sind skrupellos.

In diesem Roman (ein Polit Thriller!) geht es um die Abschaffung des Bargeldes und um die totale Kontrolle der Bürger:innen. Es tauchen auch Namen auf, die in der momentanen Politszene negativ bekannt sind und denen man genau solche Machenschaften auch zutrauen kann. Dass die Abschaffung des Bargeldes nicht unrealistisch ist sondern ein Fakt, zeigt die Aussage von Juncker, von Griechenland und von Schweden. Es geht um Naturkatastrophen, die den Regierenden gerade richtig kommen, denn damit kann man die Bevölkerung kontrollieren. Angesichts von Überschwemmungen, Seuchengefahren und Angst um Leib und Seele lassen sich alle impfen.

Es ist ein Roman, der mit Spannung aufrütteln soll. Denn das ist kein Zukunftsszenario, sondern es passiert jetzt und könnte noch schlimmer werden. Auch pandemische Momente wurden in den Roman eingearbeitet. 2019 hat sich noch niemand vorstellen können, dass das passiert, was passiert ist. Doch das mit dem Impfen ist so eine Sache, denn Impfen hilft (wer mit Polio kämpft, wäre dankbar gegen Polio geimpft worden zu sein. Wer im Mittelalter dem Schwarzen Tod erlag, wäre dankbar gewesen gegen diese Zoonose, von Eichhörnchen übertragen denen man das Fell über die Ohren gezogen hatte, geimpft worden zu sein). Besser ist natürlich der Natur ihren Raum zu lassen. Doch mit acht Milliarden Menschen weltweit…
Schlusskapitel: ... und trotz der grauen Unausweichlichkeit der Situation, auf die das Land und große Teile der Welt zutreiben, verspürte jeder von ihnen etwas wie einen Anflug unbändiger Unabhängigkeit. Sie waren erregt und dachten an das, was vor ihnen lag und jeder malte sich aus, wohin die Reise sie führen könnte …

(es besteht also noch Hoffnung… )

Teilweise ist der Romanablauf nicht nachvollziehbar, warum passieren bestimmte Abläufe in dieser Weise? Manchmal hektisch schnell und dann wieder sehr langandauernd. Dass sich die geflüchtete Madeleine von einem Drogenboss helfen lassen muss, verursacht natürlich zuerst einmal einen ziemlichen Schluckauf. Doch der Teufel frisst in der Not auch Fliegen...

Ich habe das eBook gelesen. Fesselnd! Die angesprochenen Themen sind sehr wichtig. Daher: Augen auf, Gehirn einschalten und sich nicht unterkriegen lassen!

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